Die zweite Pandemie-Katechese von Papst Franziskus

Strenge Corona-Auflagen für die Teilnahme an Generalaudienzen mit Volk


Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz im Apostolischen Palast.
Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz im Apostolischen Palast.

(Rom) Eigent­lich hät­te es bereits vor einem Monat soweit sein sol­len. Heu­te wur­de zum zwei­ten Mal, die­ses Mal durch das Pres­se­amt des Vati­kans, ange­kün­digt, daß die Gene­ral­au­di­en­zen wie­der mit Volk statt­fin­den wer­den, und das ab dem 2. September.

Die Mit­tei­lung erfolg­te durch die Num­mer zwei der Prä­fek­tur des Päpst­li­chen Hau­ses, Msgr. Leo­nar­do Sapi­en­za. Seit Jah­res­be­ginn ist der Prä­fekt, Kuri­en­erz­bi­schof Georg Gäns­wein, von sei­nem Amt „beur­laubt“. Grund dafür war, daß Bene­dikt XVI. zusam­men mit Kar­di­nal Robert Sarah, Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung, uner­war­tet die päpst­li­chen Plä­ne zu Zöli­bat und sakra­men­ta­lem Prie­ster­tum durch­kreuz­te. Erz­bi­schof Gäns­wein wur­de zum Blitz­ab­lei­ter des päpst­li­chen Zorns.

Nach einem hal­ben Jahr der „Coro­na-Pau­se“ wer­den die Gene­ral­au­di­en­zen am Mitt­woch wie­der in der übli­chen Form auf­ge­nom­men. Zumin­dest fast. Das Volk wird wie­der zuge­las­sen sein, doch wer­den stren­ge „Gesund­heits­auf­la­gen“ gel­ten. Dazu gehört, daß sie im Frei­en statt­fin­den muß. Die Gene­ral­au­di­en­zen fin­den ohne­hin in der war­men Jah­res­zeit, also in Rom fast das gan­ze Jahr, auf dem Peters­platz statt. Doch auch dies­be­züg­lich gibt es eine Ände­rung. Ab 2. Sep­tem­ber wer­den sie im Dama­sus­hof des Apo­sto­li­schen Pala­stes stattfinden.

Bereits am 29. Juli war von vati­ka­ni­schen Medi­en die Wie­der­auf­nah­me der Gene­ral­au­di­en­zen mit Volk ange­kün­digt wor­den, damals ab 5. August und in der gro­ßen Audi­enz­hal­le. Doch dann blieb alles so, wie es seit März der Fall ist. Den gan­zen August hin­durch wur­den die Mitt­wochs­ka­te­che­sen von Fran­zis­kus in der Biblio­thek des Apo­sto­li­schen Pala­stes gehal­ten.

Ende Juli begann gera­de für die Poli­ti­ker die fik­ti­ve „zwei­te Wel­le“ des Coro­na­vi­rus zu rol­len. Die Wie­der­auf­nah­me der Gene­ral­au­di­en­zen konn­te die­se Absicht kon­ter­ka­rie­ren. Aller­dings sieht die Situa­ti­on der­zeit eigent­lich noch schlech­ter aus als vor einem Monat. Das Coro­na­vi­rus pro­vo­ziert zwar kaum mehr Kran­ke und fak­tisch kei­ne Toten mehr, doch laut Regie­run­gen neh­me die Zahl der „Infi­zier­ten“ (gemeint sind aller­dings „posi­tiv“ Gete­ste­te) wie­der zu. Na und, möch­te man sagen: Wenn es kei­ne Fol­gen hat, ist das ja einerlei.

Denkt sich das auch Papst Fran­zis­kus plötz­lich? Seit sechs Mona­ten ver­ord­net er sei­nem Bis­tum die welt­weit streng­sten Coro­na­maß­nah­men und fand bis­her kein Wort zu Sinn oder Unsinn der restrik­ti­ven Regierungsmaßnahmen.

Die Wie­der­auf­nah­me der Gene­ral­au­di­en­zen mit Volk wäre ein Signal, die zwei­fel­haf­ten Regie­rungs­maß­nah­men ein­zu­brem­sen. Aller­dings ist mit so stren­gen Auf­la­gen zu rech­nen, daß die posi­ti­ve Wir­kung dadurch wie­der stark ein­ge­eb­net wird.

Die Pandemie und die „Ungleichheit und Ausgrenzung“

Das Kir­chen­ober­haupt setz­te heu­te die „Pan­de­mie-Kate­che­se“ fort, die es ver­gan­ge­ne Woche begon­nen hatte. 

Der dabei vor­ge­tra­ge­ne Para­dig­men­wech­sel ist revo­lu­tio­när, wenn auch kaum beach­tet. Nicht die Sün­de, folgt man Fran­zis­kus, ist der Ursprung allen Übels, son­dern „Ungleich­heit und Aus­gren­zung“. Die „Sün­de“, die sie her­vor­brin­gen, sind „sozia­le Krankheiten“.

Daß Fran­zis­kus damit ernst ist, die Koor­di­na­ten von Sün­de und Schuld zu ver­schie­ben, ver­deut­licht eine wei­te­re Formulierung:

„Dass eini­ge weni­ge sehr Rei­che mehr besit­zen als der Rest der Mensch­heit ist ein him­mel­schrei­en­des Unrecht.“

Die Hei­li­ge Schrift kennt das him­mel­schrei­en­de Unrecht, die Sün­de, die zum Him­mel nach Rache schreit. Es sind die schwer­sten Sün­den nach jener gegen den Hei­li­gen Geist. Daß weni­ge sehr Rei­che mehr besit­zen als der Rest der Mensch­heit, ist aus ver­schie­de­nen Grün­den zwar bekla­gens­wert, wie jüng­ste bedenk­li­che Ent­wick­lun­gen und All­machts­al­lü­ren zei­gen, eine „zum Him­mel schrei­en­de Sün­de“ ist es aber nicht. 

Die him­mel­schrei­en­den Sün­den sind Mord, Homo­se­xua­li­tät, die Unter­drückung des Vol­kes Got­tes, die Aus­nut­zung von Frem­den, Wit­wen und Wai­sen und der den Arbei­tern vor­ent­hal­te­ne gerech­te Lohn. 

Die Hei­li­ge Schrift for­mu­liert sie als Kla­gen und Ankla­gen. Die Kla­gen der Betrof­fe­nen, die Opfer von Unge­rech­tig­keit und Sün­de wer­den, drin­gen in ihrer Not zu Gott, den sie um Abhil­fe und die Wie­der­her­stel­lung der Gerech­tig­keit bitten.

Nein, der Kapi­ta­lis­mus ist nicht schuld am Elend der Men­schen. Die Wirt­schaft ist auch nicht schuld an dem, was Black Lives Mat­ter, jener radi­ka­le ras­si­sti­sche Anti­ras­sis­mus in den USA, vor­gibt zu bekämp­fen. Black Lives Mat­ter und ande­re Grup­pie­run­gen, die sich soli­da­ri­sie­ren, recht­fer­ti­gen mit „struk­tu­rel­len Unge­rech­tig­kei­ten“ und „Aus­beu­tung“ ihr radi­ka­les Han­deln. Statt zu beru­hi­gen und den Blick auf Sün­de, Schuld und Eigen­ver­ant­wor­tung zu len­ken, scheint Fran­zis­kus Öl ins Feu­er zu gießen.

Will Fran­zis­kus die­sem Den­ken das Wort reden? Wenn er Kri­tik am Ein­fluß einer Hand­voll Super­rei­cher wie Geor­ge Sor­os und Bill Gates üben möch­te, wozu es Anlaß gäbe, müß­te er sie anders formulieren. 

Das weiß auch Fran­zis­kus. Statt­des­sen ließ er sich von Sor­os 2015 sei­nen USA-Besuch mit­fi­nan­zie­ren, und eine Audi­enz für Bill Gates wur­de 2016 nur durch den mas­si­ven Pro­test der afri­ka­ni­schen Bischö­fe verhindert.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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