(Rom) Für sein neues Buch „Die Gesundheit der Päpste“ erhielt der argentinische Journalist Nelson Castro ein Interview von Papst Franziskus, der darin bekanntgab, „nicht nach Argentinien zurückkehren“ zu wollen. Seinen Tod stelle er sich „als Papst“ vor, „ob im Amt oder emeritiert“.
Nelson Castro gehört in der Heimat des Papstes zu den bekanntesten Journalisten. Eigentlich studierte Castro Medizin und übte zehn Jahre den Beruf eines Neurologen aus. Dann verzichtete er auf die Berufsausübung zugunsten seiner journalistischen Tätigkeit. Im Kabelfernsehen moderiert er für den Nachrichtensender Todo Noticias (TN) der Mediengruppe Clarín eine eigene Sendung zu aktuellen Fragen.
Auf der Internetseite des Senders wurde ein Vorabdruck seines neuen Buches „La Salud de los Papas“ veröffentlicht. Der vollständige Titel lautet in deutscher Übersetzung: „Die Gesundheit der Päpste. Medizin, Verschwörungen und Glauben. Von Leo XIII. bis Franziskus“. In einem dazu veröffentlichten Interview mit Nelson Castro schildert dieser, daß die Idee zum Buch nicht von ihm kam, sondern von Papst Franziskus. Dieser habe ihm gesagt, „ich sollte ein Buch über die Gesundheit der Päpste schreiben und mit ihm beginnen“.
Die von Castro für den Vorabdruck gewählte Überschrift nimmt eine zentrale und für seine Landsleute wahrscheinlich überraschende Aussage des exklusiven Franziskus-Interviews vorweg:
„Ich vermisse Argentinien nicht.“
Es seien die Probleme des Landes, die das Kirchenoberhaupt jedoch besorgen.
In dem ausführlichen Interview erzählt Franziskus von seiner Gallenblasenentzündung, als er Provinzial der Jesuiten war. Die Operation sei „heikel und riskant“ gewesen. „ ‚Ein Tag länger und ihr Zustand wäre extrem ernst geworden‘, erklärte mir der Chirurg später. Glücklicherweise verlief die postoperative Phase ohne Komplikationen und ich konnte mich vollständig erholen“, so Franziskus.
Castro wollte auch wissen, ob Jorge Mario Bergoglio psychoanalytisch untersucht wurde.
„Ich habe mich nie selbst psychoanalytisch analysiert. Als Provinzial der Jesuiten mußte ich in den schrecklichen Tagen der Diktatur, in denen ich Menschen verstecken mußte, um sie außer Landes zu bringen und damit ihr Leben zu retten, mit Situationen umgehen, mit denen ich nicht umgehen konnte. Ich ging dann zu einer Frau – einer großartigen Frau –, die mir bereits bei der Auswertung einiger psychologischer Tests der Novizen geholfen hatte. Also habe ich sie sechs Monate lang einmal pro Woche konsultiert.“
Die Schilderung erstaunt, da Papst Franziskus diese Behandlung im Alter von 42 Jahren durch eine Psychologin in einen ganz anderen Kontext stellt als im Gesprächsbuch „Politique et société“ (Politik und Gesellschaft) des französischen Soziologen Dominique Wolton, das im September 2017 veröffentlicht wurde und zwölf Gespräche mit Franziskus enthält. Die Enthüllung, daß der Papst eine Psychoanalyse in Anspruch nahm, sorgte damals in kirchlichen Kreisen für Erstaunen und einige Diskussionen. Damals brachte sie Franziskus mit dem Konflikt innerhalb der Jesuitenprovinz in Verbindung.
Castro fragte nach: „Sie haben mehrmals mit mir über Ihre Neurosen gesprochen. Wie bewußt sind Sie sich ihrer?
Franziskus: Neurosen muß man füttern. Nicht nur das, du mußt sie auch streicheln. Die Neurosen sind Gefährten des Menschen während seines ganzen Lebens.
Nelson Castro: Vermissen Sie Argentinien?
Franziskus: Nein, ich vermisse es nicht. Ich habe dort 76 Jahre gelebt. Was mich schmerzt, sind seine Probleme.
Nelson Castro: Benötigen oder benötigten Sie jemals Medikamente zum Schlafen?
Franziskus: Zum Glück nie. Ich gehe jeden Abend um neun ins Bett. Ich lese eine Stunde bis zehn. Zu dieser Zeit mache ich das Licht aus und schlafe schnell ein. Ich schlafe ohne Unterbrechung bis vier Uhr morgens. Mein Wecker ist darauf eingestellt, aber ich wache immer drei Minuten vor dem Auslösen auf. Sie können sehen, daß meine biologische Uhr sehr gut funktioniert.
In einer weiteren Frage wollte Castro schließlich wissen: Wie stellen Sie sich Ihren Tod vor?
Franziskus: Als Papst, ob im Amt oder emeritiert. Und in Rom. … Ich gehe nicht zurück nach Argentinien. Addendum.
Der Nachtrag, nicht mehr in seinen Heimat zurückkehren zu wollen, scheint dem Papst wichtig gewesen zu sein, wie sein Zusatz „addendum“ zeigt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: TN (Screenshots)
Damit erklärt sich, warum Franziskus sein Heimatland noch nie besucht hat. Er „vermisst“ Argentinien nicht. Er will aber als Papst sterben, „ob im Amt oder emeritiert“. Auch viele Katholiken würden ihn nicht vermissen, wenn er als Papst abdanken würde. Traurig, aber wahr. Soweit ist es gekommen. Besser: Soweit hat Franziskus die Kirche gebracht.