Ist der neue Glaubenspräfekt „häretisch“?

Kardinal Fernández: „Papst Franziskus hat mich mit dieser Ernennung überrascht“


Victor Manuel "Tucho" Fernández wurde von Papst Franziskus sechs Jahre nach dem ersten Anlauf zum Glaubenspräfekten der katholischen Kirche ernannt.
Victor Manuel "Tucho" Fernández wurde von Papst Franziskus sechs Jahre nach dem ersten Anlauf zum Glaubenspräfekten der katholischen Kirche ernannt.

Ein Über­blick von Giu­sep­pe Nar­di

Die Ernen­nung von Erz­bi­schof Vic­tor Manu­el Fernán­dez, genannt Tucho, zum neu­en Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, nun­mehr Glau­bens­dik­aste­ri­um genannt, läßt intern in Rom die Wogen hoch­ge­hen (sie­he Die Kar­rie­re des päpst­li­chen Ghost­wri­ters). Der Unmut über die jüng­ste Per­so­nal­ent­schei­dung des Pap­stes hat in der Kir­che wie eine Bom­be ein­ge­schla­gen. Der Ein­druck ist dabei wort­wört­lich zu neh­men, denn so wie Bom­ben eine Wüste der Zer­stö­rung hin­ter­las­sen, so wird die Wei­chen­stel­lung gese­hen. Tucho Fernán­dez selbst gibt sich „über­rascht“, doch in Wirk­lich­keit wur­de er bereits 2017 als mög­li­cher Nach­fol­ger des damals von Fran­zis­kus auf unfei­ne Art vor die Tür gesetz­ten Kar­di­nals Ger­hard Mül­ler genannt.

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Fran­zis­kus hat­te sich den ersten Feri­en­tag im Vati­kan als Zeit­punkt aus­ge­sucht, um die Über­ra­schung plat­zen zu las­sen. Eine Über­ra­schung war es aller­dings weni­ger für sei­nen älte­sten „Pupil­lo“, wie in Rom ein Pro­te­gé genannt wird, son­dern für jenen Teil der Kir­che, in Rom wie in der Welt, der noch nicht berg­o­glia­nisch umge­baut wur­de. Selbst für Berei­che des berg­o­glia­ni­schen Lagers kam die Beru­fung wie ein har­ter Schlag. Fernán­dez’ Name wur­de zwar seit Jah­ren ganz hoch gehan­delt, doch gab es erheb­li­che Wider­stän­de gegen ihn, auch unter Berg­o­glia­nern. Die Moti­ve dafür sind sehr unter­schied­li­cher Art.

Unter glau­bens­treu­en Katho­li­ken, ob Prä­la­ten, nie­de­rer Kle­rus oder Lai­en, herrscht blan­kes Ent­set­zen. Tucho Fernán­dez hängt seit 2013 der Ruf des Pro­t­ober­go­glia­ners nach. Anders aus­ge­drückt: Er gilt als Nega­tiv­bei­spiel schlecht­hin für eine wich­ti­ge Per­so­nal­ent­schei­dung des regie­ren­den Papstes.

Beim Ein­zug des neu­en Kir­chen­ober­haup­tes fand sich die Per­so­na­lie Fernán­dez gleich ganz oben auf der päpst­li­chen Agen­da und war mit einem Vor­ge­hen ver­bun­den, das zu einem „Mar­ken­zei­chen“ des aktu­el­len Pon­ti­fi­kats wer­den soll­te, näm­lich mit einer Säuberung.

Tucho Fernán­dez gehör­te bereits in Bue­nos Aires zum eng­sten Kreis um den dama­li­gen Kar­di­nal Berg­o­glio. Mehr noch, er war des­sen rech­ter Arm und eng­ster Mit­ar­bei­ter. Fernán­dez stieg zum wich­tig­sten Bera­ter und vor allem zum Reden­schrei­ber des Pri­mas von Argen­ti­ni­en auf. Sei­nen Ghost­wri­ter nahm Fran­zis­kus 2013 mit nach Rom. Es war ein Umzug mit einer Vorgeschichte. 

Fran­zis­kus woll­te sei­nen Pro­te­gé als Rek­tor der Päpst­li­chen Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Argen­ti­ni­en ein­set­zen. Auf­grund der schwa­chen und defi­zi­tä­ren theo­lo­gi­schen Lei­stun­gen, die „Tucho“ an den Tag gelegt hat­te, beson­ders sei­ner teils gera­de­zu als „schräg“ ange­se­he­nen Publi­ka­tio­nen (sein Haupt­werk han­delt vom Küs­sen), stuf­te ihn die dafür zustän­di­ge römi­sche Bil­dungs­kon­gre­ga­ti­on für eine so wich­ti­ge Füh­rungs­po­si­ti­on als unge­eig­net ein, immer­hin ging es um die rang­höch­ste katho­li­sche Bil­dungs­ein­rich­tung Argen­ti­ni­ens mit Ein­fluß auf den spa­nisch­spra­chi­gen Raum. 

Die­se Ableh­nung brach­te Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio zur Weiß­glut. So kon­se­quent und eisern er Freun­de nicht fal­len läßt, selbst wenn sie tief stür­zen, so uner­bitt­lich und nach­tra­gend ist sei­ne Ver­gel­tung gegen jene, die sich ihm in den Weg stel­len. Kar­di­nal Berg­o­glio beharr­te mit sol­chem Nach­druck und ließ über sei­ne römi­schen Arme ent­spre­chen­de Lob­by­ar­beit betrei­ben, bis Rom nach­gab. Die Ope­ra­ti­on nahm mehr als zwei Jah­re in Anspruch, doch am Ende erhielt Tucho Fernán­dez die Bestä­ti­gung für das Rek­to­ren­amt. Berg­o­glio hat­te sich durch­ge­setzt. Das genüg­te aber nicht.

Kaum war Berg­o­glio zum Papst Fran­zis­kus gewählt, erhob er Fernán­dez zum Titu­lar­erz­bi­schof. Der Akt gehört in die lan­ge Rei­he demon­stra­ti­ver Hand­lun­gen. Fran­zis­kus ließ alle Welt, jeden­falls die kirch­li­che, wis­sen, was er für gro­ße Stücke auf jenen Mann hält, den Rom unter Papst Bene­dikt XVI. nicht nur als ein zu klei­nes Licht am Theo­lo­gen­him­mel betrach­te­te, son­dern viel­mehr für höhe­re Ämter für nicht geeig­net erach­te­te. Die Ernen­nung zum Titu­lar­erz­bi­schof war an kein neu­es Amt gebun­den. Es war eine rei­ne Aus­zeich­nung, wie das Umhän­gen eines Ordens nach dem Mot­to: ‚Seht her, wer nun etwas zählt‘. 

Fran­zis­kus woll­te noch mehr damit signa­li­sie­ren, was eine Vor­ah­nung auf das erlaub­te, was unter sei­nem Pon­ti­fi­kat auf die Kir­che zukom­men soll­te. Er demon­strier­te damit sei­nen Sieg über das Rom jenes „lan­gen Pon­ti­fi­kats“, jener „restau­ra­ti­ven Pha­se“, als wel­che die bei­den Pon­ti­fi­ka­te von Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. in pro­gres­si­ven Krei­sen ver­ach­tet wur­den. Kurz dar­auf ließ Fran­zis­kus jene Kuri­en­be­am­ten vor die Tür setz­ten, die in der römi­schen Bil­dungs­kon­gre­ga­ti­on – mit gutem Grund – Wider­stand gegen die Ernen­nung von Tucho Fernán­dez gelei­stet hat­ten. Das war noch, kuri­en­in­tern, das weit deut­li­che­re Signal. Es gab allen, die es sehen woll­ten – und an der Kurie war man damals beson­ders hell­hö­rig, wie sich der neue Papst ori­en­tie­ren wür­de – zu ver­ste­hen, daß Fran­zis­kus nicht nur sei­nen Wil­len durch­zu­set­zen gedenkt, son­dern Ver­gel­tung an jenen üben wird, die sich ihm ent­ge­gen­stel­len. Seit­her weiß man an der Kurie, wie man sich ein­zu­rich­ten hat. Die Fol­gen blie­ben nicht aus und waren nicht zum Vor­teil für die Kirche.

Tucho Fernán­dez schrieb nach dem Umzug Berg­o­gli­os nach Rom auch wei­ter­hin des­sen Reden. 

Bezeich­nend für die­se Koope­ra­ti­on ist das Schluß­do­ku­ment der Voll­ver­samm­lung der Kon­fe­renz der Bischofs­kon­fe­ren­zen von Latein­ame­ri­ka (CELAM) 2007 in Apa­re­ci­da, für das Kar­di­nal Berg­o­glio ver­ant­wort­lich zeich­ne­te. Fran­zis­kus kam als Papst wie­der­holt dar­auf zu spre­chen und dabei gera­de­zu ins Schwär­men. Wenn das Stich­wort Apa­re­ci­da fällt, dringt bei Fran­zis­kus durch, daß er die­ses Doku­ment als sei­ne bedeu­tend­ste pro­gram­ma­ti­sche Lei­stung erach­tet. Daher ist es von Bedeu­tung zu wis­sen, daß das Apa­re­ci­da-Doku­ment von Fernán­dez geschrie­ben wur­de, natür­lich nach den Wün­schen und Vor­ga­ben Berg­o­gli­os. Auf der­sel­ben Grund­la­ge funk­tio­niert die Zusam­men­ar­beit auch in Rom.

Vor sie­ben Jah­ren kam es dann zu einem Zwi­schen­fall, der sich heu­te als ein Schlüs­sel­er­eig­nis der jüng­sten Kir­chen­ge­schich­te erweist, auf das man in Zukunft wohl noch oft zurück­ge­kom­men wird. Als die Posi­tio­nen zum nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia zusam­men­prall­ten, fäll­te der dama­li­ge Glau­bens­prä­fekt Kar­di­nal Mül­ler ein ver­nich­ten­des Urteil, indem er den päpst­li­chen Haupt­be­ra­ter Tucho Fernán­dez als „häre­tisch“ bezeich­ne­te. Ein Jahr spä­ter war Mül­ler, der wegen der sprung­haf­ten Lau­nen des Pap­stes sich immer mehr als Gegen­ge­wicht posi­tio­nier­te und dies auch zu sagen begann, nicht mehr Glaubenspräfekt.

Als Fran­zis­kus 2017 Mül­ler von einem Tag auf den ande­ren ent­ließ, nach­dem des­sen fünf­jäh­ri­ges Man­dat abge­lau­fen war, für das Mül­ler von Papst Bene­dikt XVI. nach Rom beru­fen wor­den war, ging sofort das Gerücht um, daß Fran­zis­kus nun sei­nen argen­ti­ni­schen Ghost­wri­ter an die Spit­ze der in pro­gres­si­ven Krei­sen, auch in der Bischofs­re­si­denz von Bue­nos Aires, so unge­lieb­ten Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on set­zen wer­de. Dazu kam es nicht, weil es star­ke Beden­ken gegen einen so radi­ka­len Affront gege­ben hat­te. Der stets tak­tie­ren­de Fran­zis­kus schreck­te schließ­lich zurück. Die Ent­las­sung Mül­lers, der Bene­dikt XVI. so nahe­stand, auch noch mit der Ernen­nung von Tucho Fernán­dez zu krö­nen, schien ihm selbst zu gewagt. Immer­hin leb­te Bene­dikt XVI. noch, und so lan­ge das der Fall war, war Fran­zis­kus von einer fast para­no­iden Angst beseelt, der deut­sche Papst könn­te sich an die Spit­ze einer Gegen­be­we­gung stel­len oder eine sol­che zumin­dest unter­stüt­zen. Im Sprach­ge­brauch von San­ta Mar­ta wur­de damals ein sol­ches Sze­na­rio als „Miß­brauch“ bezeich­net. Um zu ver­mei­den, Bene­dikt direkt zu kri­ti­sie­ren, hieß es, der ehe­ma­li­ge Papst könn­te von „unver­ant­wort­li­chen“, „restau­ra­ti­ven“ Kräf­ten „miß­braucht“ werden.

Im Früh­jahr 2021 kamen aus dem Umfeld des päpst­li­chen Hof­staa­tes jedoch erste Signa­le der Ent­span­nung, will sagen: Fran­zis­kus war zur Mei­nung gelangt, daß der Ver­fall von Bene­dikt XVI. so weit fort­ge­schrit­ten war, daß von sei­ner Sei­te kein Wider­stand mehr zu erwar­ten war. Der Alp­traum, der über dem berg­o­glia­ni­schen Pon­ti­fi­kat laste­te, begann sich zu ver­flüch­ti­gen. So kam es im Juli 2021 zum Stoß in das Herz­stück des Vor­gän­ger­pon­ti­fi­kats, indem Fran­zis­kus die Motu­pro­prien Eccle­sia Dei von Johan­nes Paul II. von 1988 und Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Bene­dikt XVI. von 2007 auf­hob und durch Tra­di­tio­nis cus­to­des ersetz­te, das den über­lie­fer­ten Ritus und die Tra­di­ti­on seit­her an der Gur­gel packt.

Seit dem Tod von Bene­dikt XVI. zum Jah­res­schluß 2022 ist das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat „unbe­la­stet“ und „schat­ten­frei“.

Glau­bens­prä­fekt Luis Lada­ria Fer­rer, damals schon Sekre­tär der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, rück­te 2017 ins Amt des Prä­fek­ten auf. Fran­zis­kus erhob ihn zum Kar­di­nal und begnüg­te sich mit die­ser „klei­nen“ und „inter­nen“ Rocha­de, um die Mül­ler-Nach­fol­ge zu regeln. Es genüg­te ihm des­halb, weil Glau­bens­prä­fekt Lada­ria Jesu­it wie Fran­zis­kus ist, der Papst von ihm also unbe­ding­ten Gehor­sam erwar­ten konn­te – und dar­in nicht ent­täuscht wur­de. Kar­di­nal Lada­ria ver­such­te zwar Wider­stand zu lei­sten, wo es ihm von der Sache her unbe­dingt gebo­ten schien, wie zum Bei­spiel gegen das eigen­mäch­ti­ge deut­sche Vor­pre­schen für Homo-Seg­nun­gen, schwieg aber, als ihn Fran­zis­kus damit im Regen ste­hen ließ. Lada­ri­as Wider­stand ver­puff­te so, wenn es ihn wirk­lich gab, weit­ge­hend im Nichts.

Tucho Fernán­dez ist ein berg­o­glia­ni­scher Sol­dat – man­che spre­chen lie­ber von einem Lakai­en – jeden­falls ist er nicht irgend­ei­ner, son­dern jener, der Fran­zis­kus am näch­sten steht. Er war es, der die „Öff­nun­gen“ des umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia nicht nur ver­tei­dig­te, son­dern die Kat­ze aus dem Sack ließ, was ohne Zustim­mung von oben und genaue Kennt­nis der päpst­li­chen Inten­tio­nen undenk­bar gewe­sen wäre – und schließ­lich war „Tucho“ ja auch der Schat­ten­au­tor von Amo­ris lae­ti­tia. Er unter­stütz­te die öko-femi­ni­sti­schen Ama­zo­nas-Wen­dun­gen und nahm den Schlag gegen die Tra­di­ti­on vor­weg, den Fran­zis­kus längst geplant hatte.

Zuvor stand Tucho Fernán­dez aber erneut im Mit­tel­punkt einer Per­so­nal­ent­schei­dung, wie sie Fran­zis­kus gefal­len: Ent­schei­dun­gen, die hoch­sym­bo­lisch auf­ge­la­den sind. Fran­zis­kus eme­ri­tier­te 2018, sobald es das Kir­chen­recht erlaub­te, sei­nen ein­sti­gen Gegen­spie­ler im argen­ti­ni­schen Epi­sko­pat, Erz­bi­schof Hec­tor Ruben Aguer, den Erz­bi­schof von La Pla­ta. Msgr. Aguer und Jor­ge Mario Berg­o­glio waren bei­de Weih­bi­schö­fe von Anto­nio Kar­di­nal Quar­ren­ci­no, dem ein­sti­gen Erz­bi­schof von Bue­nos Aires, gewe­sen. Bis heu­te wird von man­chen dar­über gerät­selt, war­um sich Quar­ren­ci­no für Berg­o­glio als sei­nen Nach­fol­ger ent­schied und von Rom als Koad­ju­tor erbat und nicht für Aguer. Die Ant­wort ist jedoch nicht so kom­pli­ziert, wie argen­ti­ni­sche Quel­len bestä­tig­ten: Quar­ren­ci­no stand der pro­gres­si­ve­ren Posi­ti­on Berg­o­gli­os ein­fach näher als der kon­ser­va­ti­ven Aguers. So begann Berg­o­glio den Auf­stieg, der ihn 2013 in das Kon­kla­ve nach Rom führ­te, wäh­rend Aguer „nur“ Erz­bi­schof des zweit­wich­tig­sten Bischofs­sit­zes von Argen­ti­ni­en wurde.

2018 begnüg­te sich Fran­zis­kus aber nicht, Aguer die für Metro­po­li­ten kir­chen­üb­li­che Ver­län­ge­rung zumin­dest bis zur Voll­endung des 77. Lebens­jah­res zu gewäh­ren. So wie er 2013 mit der Erhe­bung von Tucho Fernán­dez zum Titu­lar­erz­bi­schof zu ver­ste­hen gege­ben hat­te, wie sehr er die­sen schätzt, gab er 2018 der Welt zu ver­ste­hen, wie wenig er hin­ge­gen Aguer achtete. 

Des­sen Eme­ri­tie­rung ver­lief weit dra­ma­ti­scher, als nach außen bekannt wur­de. Die Zahl der Sti­che­lei­en, Feind­se­lig­kei­ten und Demü­ti­gun­gen, die Msgr. Aguer dabei über sich erge­hen las­sen muß­te, wur­de noch nicht geschrieben.

Doch nicht genug damit: Zum Nach­fol­ger Aguers ernann­te Fran­zis­kus aus­ge­rech­net Tucho Fernán­dez und voll­zog damit jenen dop­pel­ten Affront, vor dem er im Jahr zuvor bei der Ent­las­sung von Kar­di­nal Mül­ler noch zurück­ge­schreckt war.

Als Erz­bi­schof von La Pla­ta hoff­ten eini­ge in Rom, den päpst­li­chen Ghost­wri­ter „ver­sorgt“ zu wis­sen und los zu sein. Nur weni­ge Mona­te nach sei­ner Amts­ein­füh­rung nahm Tucho Fernán­dez als Erz­bi­schof von La Pla­ta jenen Schritt vor­weg, der bald für die gan­ze Welt­kir­che fol­gen soll­te. 2019 eli­mi­nier­te er das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum für sei­ne Diö­ze­se. Eine Begrün­dung dafür lie­fer­te er nicht wirk­lich. Knapp zusam­men­ge­faßt läßt sich das Vor­ge­hen sinn­ge­mäß wohl im Satz fest­hal­ten: „Die Katho­li­ken brau­chen kei­nen über­lie­fer­ten Ritus und die Kir­che braucht kei­ne tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katholiken“.

Der Voll­stän­dig­keit hal­ber hier die Reak­ti­on von Erz­bi­schof Aguer auf das päpst­li­che Motu pro­prio: „Tra­di­tio­nis cus­to­des ist ein bekla­gens­wer­ter Rück­schlag“.

Es war klar, daß Tucho Fernán­dez einen so radi­ka­len Ein­griff nicht ohne Wis­sen und Zustim­mung von Fran­zis­kus vor­ge­nom­men hät­te. Viel­mehr sahen Beob­ach­ter hin­ter der Maß­nah­me Fran­zis­kus selbst, der in dem argen­ti­ni­schen Bis­tum einen Ver­suchs­bal­lon stei­gen ließ – und sie soll­ten recht behalten.

Zu den „Errun­gen­schaf­ten“ des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats gehört eine end­lo­se Spur homo-freund­li­cher Signa­le. 2020 ließ Fernán­dez von Argen­ti­ni­en aus wis­sen, daß Fran­zis­kus in der Homo-Fra­ge „schon immer“ so gedacht habe.

Damit war auch klar, daß sich Tucho Fernán­dez seit 2018 zwar vor­wie­gend in Argen­ti­ni­en auf­hielt, aber kei­nes­wegs an „die Rän­der“ zurück­ge­kehrt war, aus denen Berg­o­glio und sei­ne Entou­ra­ge der ersten Stun­de gekom­men waren.

Er galt im Früh­jahr 2023 als aus­sichts­reich­ster Kan­di­dat für die Nach­fol­ge von Kar­di­nal Mario Poli als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires. Der Weg zum Kar­di­nals­pur­pur wäre damit vor­aus­sicht­lich für eini­ge Jah­re ver­sperrt. Als am ver­gan­ge­nen 26. Mai bekannt wur­de, daß Fran­zis­kus nicht ihn, son­dern Jor­ge Igna­cio Gar­cía Cuer­va zum neu­en Erz­bi­schof von Bue­nos Aires ernannt hat­te, raun­ten Stim­men, daß Tucho Fernán­dez für eine römi­sche Auf­ga­be aus­er­ko­ren sei, wie es schon ursprüng­lich gehei­ßen hat­te. Das kur­ze Zwi­schen­spiel in Argen­ti­ni­en, mit der Zer­schla­gung der Tra­di­ti­on in sei­nem Bis­tum, dien­te der Erstel­lung eines for­mal lupen­rei­nen Cur­ri­cu­lum vitae. Es fehl­te „Tucho“ an pasto­ra­ler Lei­tungs­er­fah­rung, dem berühm­ten „Geruch der Scha­fe“, oder was jeden­falls in San­ta Mar­ta dafür gehal­ten wird. Die­se Lücke wur­de geschlos­sen und der Auf­stieg ging wei­ter, bis an die Spit­ze der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on. In der berg­o­glia­ni­schen Vor­stel­lungs­welt gibt es für den päpst­li­chen Pro­te­gé ‒ neben der nun greif­ba­ren Kar­di­nals­wür­de und Ehren­po­si­tio­nen ‒ als ech­ten Auf­stieg nur mehr … das Petrus­amt. Berg­o­glio lo vult.

Nach fünf Jah­ren an der Spit­ze der argen­ti­ni­schen Erz­diö­ze­se am Rio de la Pla­ta kehrt Tucho Fernán­dez tri­um­phie­ren­der denn je nach Rom zurück. Damit rückt auch ein bal­di­ges Kon­si­sto­ri­um näher, von dem schon seit weni­gen Wochen in Rom die Rede ist. Der neue Prä­fekt des Glau­bens­dik­aste­ri­ums wird im kom­men­den Sep­tem­ber sein Amt antre­ten. Mit dem Kar­di­nals­pur­pur wird ihn Fran­zis­kus bald schmücken, wodurch er in den Kreis der Papst­wäh­ler auf­stei­gen wird. 

Tucho Fernán­dez bleibt somit das Nega­tiv­bei­spiel der Per­so­nal­ent­schei­dun­gen, die Fran­zis­kus der Kir­che auf­zwingt. So hat das Pon­ti­fi­kat begon­nen, so bleibt es auch heu­te, im elf­ten Jahr. Fran­zis­kus, der Sozio­lo­ge – viel­mehr der Poli­ti­ker ‒ auf dem Stuhl Petri wird künf­tig flan­kiert durch den Theo­lo­gen „ohne Eigen­schaf­ten“ in der Funk­ti­on des Glau­bens­prä­fek­ten der hei­li­gen Mut­ter Kirche.

Eine nicht nur in Regie­rungs­ak­te gegos­se­ne, son­dern per­so­ni­fi­zier­te Katastrophe.

Bild: MiL

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