(Rom) Am Samstag, dem 14. Mai, bekam Papst Franziskus innerhalb von neun Tagen zum zweiten Mal Besuch aus Argentinien. Dieses Mal suchte ihn sein Protegé und Ghostwriter Msgr. Víctor Manuel Fernández, Erzbischof von La Plata, in Santa Marta auf. Das verstärkt jüngste Gerüchte.
Víctor Manuel Fernández, genannt „Tucho“, gehörte bereits zu den engsten Mitarbeitern von Jorge Mario Bergoglio, als dieser Erzbischof von Buenos Aires war. Es gibt wenige schriftliche Texte von Kardinal Bergoglio, die von Relevanz sind. Jene, die es gibt, Vorwörter für einige Bücher und vor allem das Dokument von Aparecida, das Schlußdokument der Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik von 2007, werden „Tucho“ zugeschrieben.
Im Gegenzug förderte Kardinal Bergoglio/Papst Franziskus dessen Aufstieg. Die bisher jüngste Etappe war 2018 die Ernennung zum Erzbischof von La Plata, die Franziskus für eine doppelte Ohrfeige nützte.
Vier Jahre später könnte der nächste Karrieresprung bevorstehen, gleich ein doppelter. Der von Franziskus wenige Tage nach seiner Wahl zum Papst eingesetzte Nachfolger als Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Mario Aurelio Poli, wird kirchenintern demontiert – mit Hilfe von Santa Marta, wie es heißt.
Kardinal Poli wird im kommenden November sein 75. Lebensjahr vollenden und muß dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Unter Benedikt XVI. galt es für Metropoliten als selbstverständlich, daß sie zumindest weitere zwei Jahre im Amt belassen wurden, unter Franziskus gilt das in der Regel nur für bergoglianische Bischöfe. Obwohl Kardinal Poli Metropolit und Purpurträger ist, scheint eine Verlängerung nicht mehr sicher zu sein.
Neun Tage, nachdem Kardinal Poli nach Rom zitiert worden war, um Rechenschaft zu geben, war am vergangenen Samstag Erzbischof Fernández in Santa Marta zu Gast.
Argentinische und vatikanische Quellen sagten schon vor diesem Besuch, daß Msgr. Fernández für die Nachfolge als Erzbischof von Buenos Aires in Stellung gebracht wird. Damit würde er nicht nur an die Spitze der argentinischen Kirche treten, sondern in einem nächsten Konsistorium auch die Kardinalswürde erhalten.
Die Rede ist vom selben Víctor Manuel Fernández, dessen Ernennung zum Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität von Argentinien, die vom damaligen Kardinal Bergoglio betrieben wurde, unter Papst Benedikt XVI. vom Vatikan wegen mangelnder Eignung abgelehnt wurde. Bergoglio setzte sich nach zweijährigem Widerstand durch und rächte sich nach seiner Wahl zum Papst an der römischen Bildungskongregation für ihren Widerstand.
Der Besuch von Erzbischof Fernández in Santa Marta befeuert die Gerüchte. Es war Tucho Fernández selbst, der den Besuch auf Twitter publik machte:
„Ich bin zu Besuch bei Franziskus. Er erfreut sich bester Gesundheit und ist wie immer sehr klar im Kopf. Er hat ein Problem in einem seiner Knie, aber ich sehe, daß er jeden Tag mehr als zwei Stunden Rehabilitationsmaßnahmen absolviert, die zu Ergebnissen führen. Ansonsten geht es ihm besser als je zuvor.“
Auf der Internetseite des Erzbistums La Plata veröffentlichte Erzbischof Fernández eine ausführlichere, wenn auch nicht erhellende Erklärung an die Gläubigen. Darin bekräftigte er jedoch, daß sich Papst Franziskus „in einer optimalen Verfassung befindet“:
„Wie Sie wissen, bin ich in Rom zu Besuch bei Papst Franziskus, mit dem ich einige Momente des vertrauensvollen Dialogs geführt habe, um ihn zu konsultieren und seine Ratschläge zu hören. Ich fühlte mich durch seine Worte und seine Kriterien sehr getröstet, ermutigt und erleuchtet. Wir sprachen auch über die Realität Argentiniens und der Welt, aber vor allem fühlte ich mich durch seine Figur des Vaters und Hirten wieder gestärkt.
Seine Freude, sein hoffnungsvoller Geist und sein Sinn für Humor sind unversehrt. Es hat mich sehr getröstet zu sehen, daß es ihm sehr gut geht und er wie immer sehr klar denkt. Es stimmt, daß er ein Problem in einem seiner Knie überwinden muß, das ihn schon in Buenos Aires geplagt hat und das nun wieder aufgetreten ist. Aber ich kann bezeugen, daß er jeden Tag mehr als zwei Stunden Reha-Maßnahmen absolviert, und seine Betreuer sind von der Wirksamkeit der Behandlung überzeugt, die in der Tat erste Erfolge zu zeigen beginnt.
Abgesehen von dieser Schwierigkeit kann ich sagen, daß es ihm gesundheitlich besser geht als zu der Zeit, als er in Argentinien lebte, und daß er sich in einer optimalen Verfassung befindet, um weiterhin mit seiner Klarheit und seinem Zeugnis, das so viel Gutes bewirkt, zur Welt beizutragen.“
Ob nun als Erzbischof von La Plata oder künftiger Erzbischof von Buenos Aires (2017 wurde Fernández auch als möglicher Präfekt der Glaubenskongregation genannt): Die Gerüchte beharren vor allem auf einer Kardinalserhebung von Tucho Fernández. Papst Franziskus arbeite daraufhin, daß mindestens zwei Drittel der Papstwähler, die sich in einem Konklave versammeln werden, um seinen Nachfolger zu bestimmen, von ihm ernannt sind oder jedenfalls „seiner Richtung“ angehören.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Twitter/Tuchofernandez (Screenshot)