
(Rom/Buenos Aires) Am 9. Juni nahm Papst Franziskus den Rücktritt von Msgr. Pedro Daniel Martínez Perea als Bischof von San Luis in Argentinien an. In der Sprachregelung des Vatikans ist von „Rücktritt“ die Rede. Da Bischof Martínez Perea erst 64 Jahre alt ist, ist zutreffender davon zu sprechen, daß er von Franziskus zurückgetreten wurde.
Der 1956 in der Stadt Mendoza geborene Msgr. Martínez Perea wurde 1981 für sein Heimatbistum zum Priester geweiht. 1986 wechselte er in das Nachbarbistum San Rafael, in das er inkardiniert wurde. San Rafael entstand 1961 durch Aufteilung des Bistums Mendoza. Bischof von San Rafael war seit 1973 der ukrainischstämmige Msgr. León Kruk, der das diözesane Priesterseminar gründete und die nationale Identität und den christlichen Glauben als untrennbare Einheit sah. In den unruhigen Jahren des Übergangs von der Militärdiktatur zur Demokratie war Bischof Kruk eine Anlaufstelle für kirchentreue Priester, die sich den subversiven Umtrieben der Anhänger der marxistischen Befreiungstheologie widersetzten. Bischof Kruk kam 1991 bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Der Sonderfall San Luis
2009 ernannte Papst Benedikt XVI. Don Pedro Martínez Perea zum Bischofkoadjutor mit Nachfolgerecht für Bischof Jorge Luis Lona von San Luis. Der Vorgänger von Bischof Lona war der Kapuziner Juan Rodolfo Laise (1971–2001), der hochbetagt im Juli 2019 in San Giovanni Rotondo in Süditalien verstorben ist. Das besondere Anliegen von Bischof Laise, einem Kirchenrechtler, war die Förderung des ehrfürchtigen Verständnisses der heiligen Eucharistie, weshalb er bestimmten nachkonziliaren Paradigmenwechseln keine Folge leistete. Bei der Kommunionspendung stellte er sich offen gegen sie. Sowohl in seinem Handeln als Bischof als auch in seinem pastoralen und publizistischen Wirken setzte er sich zeitlebens für die kniende Mundkommunion ein. Den Lebensabend verbrachte er auf eigenen Wunsch als Beichtvater am Ort des langjährigen Wirkens seines heiligen Ordensmitbruders Pater Pio von Pietrelcina. Der Bischof, der nur im überlieferten Ritus zelebrierte, konnte das in San Giovanni Rotondo nur in privater Form tun, da ihm die Ordensoberen die öffentliche Zelebration untersagten. Bis kurz vor seinem Tod meldete er sich zur Verteidigung des überlieferten Ritus und gegen Bestrebungen der Interkommunion zu Wort.

Als Papst Benedikt XVI. 2009 einen Nachfolger suchte, der im Bistum San Luis das Erbe von Bischof Laise und dem erkrankten Bischof Lona fortsetzen würde, fand er ihn in Don Martínez Perea. Als Bischof Lona 2011 mit Vollendung des 75. Lebensjahres emeritiert wurde, trat Martínez Perea seine Nachfolge an.
Das Dekret von 2019
Am 29. Oktober 2019 erließ der Bischof ein Dekret, von dem Beobachter in Argentinien als auch in Rom überzeugt sind, daß es der Auslöser für die nun erfolgte Emeritierung ist.
Bischof Martínez Perea untersagte mit dem Dekret den Einsatz von weiblichen Ministranten. Wörtlich legte er darin fest:
„(…) in der Diözese von San Luis den liturgischen Brauch beizubehalten, nur männliche Ministranten für den Altardienst zu akzeptieren.“
Zugleich bestimmte der Bischof, daß jede gegenteilige Praxis zu unterbleiben hatte und wieder aufzugeben war, wo sie bereits Einzug gehalten hatte.

Der Bischof verwies auf seine im Kirchenrecht verankerte Jurisdiktion im Bereich der Liturgie und die entsprechende Auslegung durch die Päpstliche Kommission für die Interpretation der Gesetzestexte, auf die einschlägigen Rundschreiben und Instruktionen der römischen Gottesdienstkongregation von 1994 und 2004 sowie auf die Entscheidungen seiner Amtsvorgänger Laise und Lona, die sich „ausdrücklich“ für ausschließlich männliche Meßdiener ausgesprochen hatten. 1994 hatte die römische Gottesdienstkongregation den Ortsbischöfen die Möglichkeit eingeräumt, bei Notwendigkeit auch Ministrantinnen einzusetzen. Es gibt keine generelle Genehmigung, sondern eine Notfallregelung. In der Nachkonzilsära wurden solche Sonderregelungen in manchen Ländern jedoch zur „Regel“ gemacht, weil der Antrieb keine „Notlage“, sondern eine andere Theologie ist.
Bischof Martínez Perea verwies im Zusammenhang mit seinem Dekret ausdrücklich darauf, in seiner Diözese keinen Bedarf für diese Ausnahme zu haben.
Die Situation im Bistum San Luis stellte sich im Herbst 2019 wie folgt dar:
- In der Diözese ist nur die überlieferte Form des Kommunionempfangs, die Mundkommunion, erlaubt.
- Zum Altardienst sind nur männliche Meßdiener zugelassen.
- Im Gegensatz zu den Empfehlungen der Argentinischen Bischofskonferenz zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia von 2017 sind wiederverheiratete Geschiedene nicht zu den Sakramenten zu gelassen.
- Konservative und traditionsverbundene Gemeinschaften und Orden fanden willkommene Aufnahme im Bistum und können ungestört ihr Apostolat entfalten.
Es gibt weltweit nur wenige Bistümer dieser Art. Und das scheint einige in der Argentinischen Bischofskonferenz und im Vatikan gestört zu haben.
Die Gegenreaktion
Die Gegenreaktion ließ nicht lange auf sich warten. 37 Tage nach dem Dekret, am 5. Dezember 2019, mußte Bischof Martínez Perea den Priestern, Ordensleuten und Gläubigen seines Bistums mitteilen, daß Papst Franziskus „eine Apostolische Visitation des Bistums San Luis“ angeordnet hatte.
Zum Apostolischen Visitator ernannte Franziskus Msgr. Milton Luis Troccolli Cebedio, den er fünf Monate zuvor zum Bischof von Maldonado-Punta del Este in Uruguay berufen hatte. Er visitierte das argentinische Bistum vom 10.–13. Dezember.
Katholisches.info schrieb am 9. Dezember 2019:
„Das Schreiben von Bischof Martínez nennt keine Gründe für die Visitation. Solche wurden ihm auch nicht mitgeteilt. Ein vergleichbares Vorgehen unter Papst Franziskus bedeutete in einigen anderen Bistümern, daß auf den Visitator der Kommissar folgte. Die zeitliche Abfolge der Ereignisse läßt wenig Spielraum für andere Interpretationen. Obwohl Bischof Martínez nur bekräftigte, was die Kirche lehrt, wird ihm wenige Tage später der Visitator geschickt. Ein eindeutiges Signal, daß sein Handeln von Rom offensichtlich nicht gewünscht ist.“
Vor drei Tagen wurde Bischof Martínez Perea von Papst Franziskus emeritiert. Laut offizieller vatikanischer Verlautbarung habe der Papst nur dem Wunsch des Bischofs um Entbindung vom Amt entsprochen. Dabei handelt es sich aber nur um eine Floskel, wie Msgr. Martínez selbst zu verstehen gab. In einer Stellungnahme auf Facebook schrieb er, daß ein Bischof dem Papst mit der Ernennung einen Blankoscheck unterschreibt, in den das Kirchenoberhaupt das Datum eintragen kann, wie lange die Ernennung gilt. Auf sehr zurückhaltende Weise sagte er damit, daß ihm von Franziskus das Mandat entzogen wurde.
Zum Nachfolger ernannte Franziskus den Bergoglianer Msgr. Gabriel Bernardo Barba, der dem päpstlichen Vertrauten und Ghostwriter Victor Manuel Fernández, Erzbischof von La Plata, nahesteht. Msgr. Fernández ist jener Erzbischof, der wenige Monate nach seiner Amtseinführung das Motu proprio Summorum Pontificum in seinem Erzbistum eliminierte. Bischof Barba, 1989 für sein Heimatbistum Morón zum Priester geweiht, war Vize-Direktor der dortigen Caritas und für die Ausbildung von Ständigen Diakonen zuständig. Im Dezember 2013 ernannte ihn Papst Franziskus zum Bischof von Gregorio de Laferrère und nun zum Bischof von San Luis. Am Fronleichnamsfest 2017 hielt Msgr. Barba in seiner Predigt ein Plädoyer gegen die Mundkommunion und für die Handkommunion. Wörtlich sagte er:
„Die Geste der Handkommunion scheint mir eine viel bedeutungsvollere und reifere Geste zu sein als die Mundkommunion.“
Bischof Martínez gab seinem Nachfolger in der erwähnten Stellungnahme auf Facebook dennoch einen Rat mit auf den Weg: die Traditionen des Bistums San Luis zu respektieren. Er kleidete sein Anliegen in die Sprache der kirchlichen Hierarchie, weshalb es zumindest von Msgr. Barba sicher verstanden wurde. Ob dieser ihn beherzigen wird, ist allerdings eine andere Frage. Bischof Martínez Perea schrieb wörtlich: „Er wird die Traditionen respektieren, obwohl er anders geformt ist als ich“.
Die Säuberung des argentinischen Episkopats, in dem es nur mehr wenige Nicht-Bergoglianer gibt, geht weiter. Man kann es daran ablesen, wie viele der Bischöfe, die Msgr. Martínez Perea zum Bischof weihten, noch im Amt sind. Und die Säuberung betrifft nicht nur Argentinien.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Diocesis San Luis/Vatican.va (Screenshot)
Mein Gott, gibt es keine Möglichkeit diesen Papst zum Rücktritt zu bewegen.
Wenn es stimmt, dass bei Bischofsernennungen eine Art Blankoscheck ausgestellt werden muss, in den der Papst nachträglich jederzeit nach Belieben eintragen kann, wie lange die Ernennung gilt, dann ist das starker Tobak.
Und zu @Sancta: Vielleicht sollten Päpste vom Konklave nur noch auf Zeit – sagen wir auf fünf Jahre – gewählt werden. Natürlich mit der Möglichkeit einer (auch mehrmaligen) Verlängerung ihrer Amtszeit durch ein neuerliches Konklave. Eine Möglichkeit, den amtierenden Papst zum freiwilligen Rücktritt zu bewegen, gibt es m.W. leider nicht.