Ein Benediktiner und der nächste Erzbischof von Wien

Wiener Verhältnisse


Seit dem 22. Januar wird das Erzbistum Wien von einem Apostolischen Administrator verwaltet. Im Bild Erzbischof Christoph Schönborn und der Administrator Josef Grünwidl
Seit dem 22. Januar wird das Erzbistum Wien von einem Apostolischen Administrator verwaltet. Im Bild Erzbischof Christoph Schönborn und der Administrator Josef Grünwidl

Das Erz­bis­tum Wien ist auf der Suche nach einem neu­en Erz­bi­schof und es über­schla­gen sich die Gerüch­te. Hin­ter den Kulis­sen wird am rau­hen Stein noch hart gearbeitet.

Am 22. Janu­ar wur­de Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born von Papst Fran­zis­kus eme­ri­tiert. Der argen­ti­ni­sche Papst hat­te den aus deut­schem Uradel stam­men­den und in Böh­men gebo­re­nen Domi­ni­ka­ner bis zum Tag sei­nes 80. Geburts­tags im Amt belas­sen. Damit zeig­te Fran­zis­kus bis zur maxi­mal denk­ba­ren Gren­ze, wen er schätzt und für das ein­fluß­reich­ste Kir­chen­amt in Öster­reich am besten geeig­net sah. Doch alles hat ein­mal ein Ende. Die bio­lo­gi­sche Uhr tickt. Mit 80 ver­lie­ren die Pur­pur­trä­ger das Wahl­recht im Kon­kla­ve. Seit Ein­füh­rung von Alters­be­schrän­kun­gen unter Papst Paul VI. gilt das als Obergrenze.

Der Scheidende: Kardinal Christoph Schönborn

Schön­born, der 1991 Weih­bi­schof und 1995 Erz­bi­schof von Wien wur­de, erhielt 1998 von Papst Johan­nes Paul II. die Kar­di­nals­wür­de. Lan­ge Zeit war Schön­born Vor­sit­zen­der der Öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz, vor allem aber der bei wei­tem ein­fluß­reich­ste Kir­chen­mann Öster­reichs. Jede der tat­säch­lich erfolg­ten Bischofs­er­nen­nun­gen ging über sei­nen Schreib­tisch. Er hat auch maß­geb­li­ches Gewicht bei der Nach­fol­ge­re­ge­lung. Wäh­rend er unter Papst Bene­dikt XVI. Mit­glied des Schü­ler­krei­ses von Joseph Ratz­in­ger wur­de, obwohl er nie des­sen Schü­ler war, mutier­te der Kar­di­nal nach dem Kon­kla­ve von 2013 schnell zum Bergoglianer. 

Fran­zis­kus wuß­te die Par­tei­nah­me zu schät­zen und ließ Schön­born 2016 das umstrit­te­ne nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia der Öffent­lich­keit prä­sen­tie­ren. Von Schön­born stammt die nicht min­der umstrit­te­ne Gra­dua­li­täts­theo­rie in der Moral­leh­re. Von den eif­ri­gen Ver­nei­gun­gen vor Homo­se­xu­el­len ganz zu schwei­gen. Ins­ge­samt betä­tig­te sich Schön­born als auf­ge­klär­ter Kir­chen­fürst, der dem Staat zu Dien­sten ist. Er misch­te sich nicht nur flei­ßig in poli­ti­sche Debat­ten ein, fast immer zur Unter­stüt­zung des herr­schen­den Macht­sy­stems, fast immer ein­sei­tig und treff­si­cher für die fal­sche Sache.

Wäh­rend der unsäg­li­chen Pseu­do­pan­de­mie namens Coro­na ließ er im Ste­phans­dom eine mobi­le Impf­sta­ti­on ein­rich­ten, um in der Bischofs­kir­che dem „Impf­kult“ zu frö­nen (sie­he auch Die Des­in­fi­zie­rung der Kir­che). Von den Homo-Spek­ta­keln, die er in sei­ner Bischofs­kir­che insze­nie­ren ließ, erst gar nicht zu reden. Zu Kar­di­nal Schön­born sie­he auch hier, hier und hier. Der Theo­lo­ge und Phi­lo­soph Wolf­ram Schrems zog bereits 2019 zum 75. Geburts­tag von Schön­born Bilanz über des­sen Amts­zeit: Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born – Was wird blei­ben? Danach kam es noch schlimmer.

Im Erz­bis­tum Wien, das erst auf das Spät­mit­tel­al­ter zurück­geht, also für die Kir­che ein „jun­ges“ Bis­tum ist, kann nicht das Dom­ka­pi­tel dem Papst einen Drei­er­vor­schlag vor­le­gen. In Wien wie in den aller­mei­sten Diö­ze­sen der Welt sam­melt der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us Infor­ma­tio­nen über geeig­ne­te Kan­di­da­ten und über­mit­telt die­se an das römi­sche Bischofs­dik­aste­ri­um. Die­ses stellt dar­aus einen Drei­er­vor­schlag zusam­men und legt ihn dem Papst vor. Die­ser kann, muß aber aber nicht dar­aus wäh­len. Der Papst ist frei zu ernen­nen, wen er für rich­tig hält. Um wel­che Namen es sich im Drei­er­vor­schlag für Wien han­delt, dar­über gibt es unter­schied­li­che Anga­ben. Kei­ne wur­de offi­zi­ell bestä­tigt. So ist das üblich. 

Der nicht Kommende: Pater Bernhard Eckerstorfer

Immer genannt wur­de in Medi­en­be­rich­ten und auch infor­mell der Bene­dik­ti­ner Pater Bern­hard Eckers­tor­fer aus dem ober­öster­rei­chi­schen Stift Kremsmünster.

Eckers­tor­fer wur­de 2005 zum Prie­ster geweiht und über­nahm im Stift zahl­rei­che Auf­ga­ben, dar­un­ter auch jene des Novi­zen­mei­sters und Pro­fes­sors am Stifts­gym­na­si­um. Ab 2013 lehr­te der pro­mo­vier­te Theo­lo­ge an der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät Linz und an der Uni­ver­si­tät Salz­burg. 2017 erfolg­te sei­ne Beru­fung an die Bene­dik­ti­ner­hoch­schu­le in Rom, das Päpst­li­che Athe­nae­um Sant’Anselmo, wo er 2019 zum Rek­tor gewählt und vom Hei­li­gen Stuhl bestä­tigt wur­de. 2022 ernann­te ihn Papst Fran­zis­kus zum Con­sul­tor des Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung.

Am 25. Janu­ar wur­de Eckers­tor­fer nun aber zum Abt von Krems­mün­ster gewählt. Da die­se Wen­de für man­che über­ra­schend kam, gibt es zahl­rei­che Spe­ku­la­tio­nen, war­um der von eini­gen katho­li­schen und kon­ser­va­ti­ven Medi­en als „aus­sichts­reich­ster“ Kan­di­dat genann­te Bene­dik­ti­ner damit als mög­li­cher näch­ster Erz­bi­schof von Öster­reich aus dem Ren­nen ist. Pater Eckers­tor­fer muß durch sei­ne Wahl auch das Rek­to­rat an der Uni­ver­si­tät der Bene­dik­ti­ner in Rom zurück­le­gen. So sehen es die dor­ti­gen Sta­tu­ten vor. Ein Ter­min für die Abt­wei­he (Bene­dik­ti­on) wur­de noch nicht bekanntgegeben.

Inter­net­sei­te des Stifts Krems­mün­ster mit der Bekannt­ga­be der Wahl des neu­en Abtes

Die Abtei Krems­mün­ster wur­de im Jahr 777 von Tas­si­lo III., Her­zog des bai­ri­schen Stam­mes­her­zog­tums, gegrün­det und war ursprüng­lich wohl von Mön­chen der iro-schot­ti­schen Tra­di­ti­on besie­delt, ehe sie die Bene­dikts­re­gel annah­men. Dort befin­det sich der berühm­te Tas­si­lo­kelch, heu­te auch als Tas­si­lo-Liut­pirc-Kelch bekannt, da der Her­zog und sei­ne Frau, eine lan­go­bar­di­sche Königs­toch­ter, gemein­sam auf dem Kelch ver­ewigt sind. In Krems­mün­ster befin­det sich auch das 1742 errich­te­te älte­ste Hoch­haus der Welt. 

Spekulationen der Enttäuschten

Für die Spe­ku­la­tio­nen der nun Ent­täusch­ten wird sogar ein Homo-Skan­dal in Bel­gi­en her­an­ge­zo­gen, wo ein dor­ti­ger Bene­dik­ti­ner einen Novi­zen sexu­ell belä­stigt haben soll. Die bel­gi­sche Justiz ermit­telt. Der Vor­fall soll auf das Jahr 2018 zurück­ge­hen. Eckers­tor­fer hat­te einem Mit­bru­der und Lands­mann die Koor­di­nie­rung eines Bil­dungs­pro­gramms von Sant’Anselmo über­tra­gen. Als Ko-Koor­di­na­tor die­ses Pro­gramms wur­de 2020 der genann­te bel­gi­sche Bene­dik­ti­ner beauf­tragt. Das, so heißt es nun, sei wohl der Grund, wes­halb Rom die Hand­brem­se gezo­gen und Eckers­tor­fer sei­ne Chan­ce ver­lo­ren habe, Erz­bi­schof von Wien zu werden.

Die Din­ge schei­nen jedoch anders zu lie­gen. Der Umweg mit der Skan­dal­ge­schich­te aus Bel­gi­en geht um zu vie­le Ecken und der Zusam­men­hang mit Eckers­tor­fer ist zu mar­gi­nal, als daß sie für die Per­so­nal­ent­schei­dung in Wien tat­säch­lich rele­vant sein hät­te kön­nen. Laut vor­lie­gen­den Infor­ma­tio­nen lie­gen die Din­ge viel ein­fa­cher und haben mit den „Wie­ner Ver­hält­nis­sen“ in Kir­che und Staat zu tun.

„Wiener Verhältnisse“

Die Ernen­nung von Pater Eckers­tor­fer war die Wunsch­vor­stel­lung eini­ger kon­ser­va­ti­ver Krei­se in Öster­reich. Tat­säch­lich scheint der ober­öster­rei­chi­sche Bene­dik­ti­ner gera­de des­halb nie rea­le Aus­sich­ten auf den Bischofs­stuhl gehabt zu haben. Er war viel­mehr das Fei­gen­blatt im Vor­feld der eigent­li­chen Ernen­nung. Die kirch­li­chen und welt­li­chen Ver­hält­nis­se in Wien, gemeint sind jene Krei­se, die Ein­fluß haben und auch neh­men, las­sen der­zeit offen­bar bestimm­te Ent­schei­dun­gen gar nicht zu. Wir spre­chen vom Roten Wien, der Hoch­burg der Sozi­al­de­mo­kra­ten und vom High-Socie­ty-Wien des Dom­pfar­rers Toni Faber, der mit oder ohne Beglei­tung auf­tritt und beste Kon­tak­te in die Rau­hen­stein­gas­se pflegt, wo sich der Sitz der Groß­lo­ge von Öster­reich der Alten, Frei­en und Ange­nom­me­nen Mau­rer befin­det. Das Ver­hält­nis von Kir­che und Frei­mau­re­rei ist in Wien seit Kar­di­nal Franz König ein eige­nes Kapi­tel. Von den ÖVPlern des Umlan­des nicht zu spre­chen, die zwar schon das christ­li­che Eti­kett wol­len, aber ja nur kei­nen Bischof, der es mit der katho­li­schen Moral­leh­re zu ernst nimmt.

Pater Eckers­tor­fer scheint in der Sache immer auf ver­lo­re­nem Posten gestan­den zu haben. Das schei­nen eini­ge, die auf ihn gehofft hat­ten, nicht wahr­ha­ben zu wol­len. Sei­ne Wahl zum Abt von Krems­mün­ster ent­spricht einer rea­li­sti­schen Ant­wort darauf.

Wäh­rend hin­ter den Kulis­sen wei­ter um den „geeig­ne­ten Kon­sens­kan­di­da­ten“ gefeilscht wird.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
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