Begegnung … mit dem aktuell reichsten Mann der Welt

Die "Kultur der Begegnung" und ihre Grenzen


Elon Musk wurde mit vier Söhnen von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen.
Elon Musk wurde mit vier Söhnen von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen.

(Rom) Bill Gates war es 2016 nicht ver­gönnt, ein Erin­ne­rungs­fo­to mit Papst Fran­zis­kus in sei­ne Samm­lung auf­neh­men zu kön­nen. Afri­ka­ni­sche Bischö­fe hat­ten die bereits in Pla­nung befind­li­che Audi­enz für den neo­mal­thu­sia­ni­schen US-Mul­ti­mil­li­ar­där durch ihre ener­gi­sche Inter­ven­ti­on in San­ta Mar­ta ver­hin­dert. Kurz zuvor hat­te Fran­zis­kus eini­ge Bil­der­ber­ger emp­fan­gen. 2018 schick­te er dann sei­nen Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin zum Bil­der­ber­ger­tref­fen. Der damals zweit­reich­ste Mann der Welt, der Mexi­ka­ner Car­los Slim, war schon vor eini­gen Jah­ren beim Papst. Nun ist es auch Elon Musk, dem aktu­ell reich­sten Mann der Welt, gelun­gen, Fran­zis­kus einen Besuch abstat­ten zu kön­nen. Dar­an ist grund­sätz­lich wenig aus­zu­set­zen, wür­de die Emp­fangs­po­li­tik von San­ta Mar­ta nicht zugleich stän­dig neue, schmerz­li­che Wun­den unter Katho­li­ken schla­gen.
Von Car­los Slim ist bekannt, daß er maro­ni­ti­scher Katho­lik ist. Von Elon Musk weiß man, daß er wohl christ­li­chen Fami­li­en aus Eng­land und der Schweiz ent­stammt, aber was ihn betrifft, nichts Kon­kre­tes. Selbst das spricht nicht gegen eine Audi­enz. Der Haken fin­det sich viel­mehr in San­ta Marta.

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Die Müt­ter von Prie­stern der Tra­di­ti­on, die nicht im Pri­vat­jet geflo­gen kamen, son­dern unter Stra­pa­zen in einer Fuß­wall­fahrt von Paris nach Rom zogen, erhiel­ten von Fran­zis­kus kei­ne Pri­vat­au­di­enz, son­dern ledig­lich eine kur­ze Begeg­nung am Ran­de einer Gene­ral­au­di­enz gewährt. Um genau zu sein: Nur eine von ihnen wur­de stell­ver­tre­tend auf dem Peters­platz bis zu Fran­zis­kus vor­ge­las­sen, um ihm eini­ge tau­send Brie­fe von Gläu­bi­gen zu über­ge­ben, die ihn dar­in bit­ten, das unsäg­li­che Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des zurückzunehmen.

Die Brie­fe nah­men die Sekre­tä­re des Pap­stes ent­ge­gen und das war es auch schon. Ein „Über­den­ken“ von Tra­di­tio­nis cus­to­des fand dahin­ge­hend statt, daß Fran­zis­kus sich mehr­fach recht­fer­tig­te, indem er das Motu pro­prio ver­tei­dig­te. Erst vor einer Woche ver­öf­fent­lich­te er mit Desi­de­rio desi­dera­vi eine „Medi­ta­ti­on“ gegen den über­lie­fer­ten Ritus und die Tradition.

Es klingt nach einem har­ten Urteil, ist jedoch nur ein nüch­ter­ner Blick auf die Wirk­lich­keit, wenn gesagt wird, daß Fran­zis­kus ein „Poli­ti­ker“ auf dem Stuhl Petri ist, der in man­chen Din­gen in Starr­heit Ideo­lo­ge­men anhängt. Dazu gehö­ren dia­lek­ti­sche Wen­dun­gen, die dem Gegen­über zum Vor­wurf machen, was man sel­ber kul­ti­viert. Die erwähn­ten Prie­ster­müt­ter wur­den von Fran­zis­kus vor und nach der Begeg­nung – ohne sie je beim Namen zu nen­nen – aus­rei­chend oft als „starr“ kri­ti­siert.

Ein ande­res Bei­spiel: Der neun­zig­jäh­ri­ge Kar­di­nal Joseph Zen, die graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che, die vom tota­li­tä­ren Regime der KPCh ver­folgt wird, rei­ste im Sep­tem­ber 2020 unter Schwie­rig­kei­ten – wegen der Coro­na-Ein­schrän­kun­gen – aus Hong­kong an, wur­de von Fran­zis­kus aber nicht emp­fan­gen. Der Kar­di­nal warn­te in der Ver­gan­gen­heit den Hei­li­gen Stuhl wie­der­holt vor zuviel Blau­äu­gig­keit gegen­über den Kom­mu­ni­sten. Sol­che Zwi­schen­ru­fe waren in Rom unerwünscht.

Man den­ke an abge­setz­te Bischö­fe, die Fran­zis­kus vor ver­schlos­se­ner Tür war­ten ließ, ohne ihnen die Mög­lich­keit zu geben, sich recht­fer­ti­gen zu kön­nen. Zu jenen, die noch immer vor der Tür war­ten, gehö­ren zum Bei­spiel die Gläu­bi­gen, die sich für die Reha­bi­li­tie­rung des von Fran­zis­kus abge­setz­ten Msgr. Dani­el Fernán­dez, Bischof von Are­ci­bo auf Puer­to Rico, ein­set­zen. 30.000 Gläu­bi­ge bit­ten Fran­zis­kus, ihren Bischof wie­der in sein Amt ein­zu­set­zen, der sich nur „zuschul­den“ kom­men ließ, unver­hält­nis­mä­ßi­ge und radi­ka­le Coro­na-Maß­nah­men nicht mit­zu­tra­gen, sei­nen Prie­stern und Dia­ko­nen kei­ne Impf­pflicht auf­ge­zwun­gen und in sei­ner Diö­ze­se kei­ne Segre­ga­ti­on der Unge­impf­ten umge­setzt zu haben. Welch wir­re Ansich­ten Fran­zis­kus nach wie vor zu Coro­na ver­tritt, wur­de vor weni­gen Tagen in sei­nem Mega-Inter­view mit der argen­ti­ni­schen Pres­se­agen­tur Télam deutlich.

Die „Kul­tur der Begeg­nung“, die Fran­zis­kus ein­for­dert, hat bei ihm sel­ber ihre Gren­zen – sehr prä­zi­se Gren­zen, die Sym­pa­thien und Anti­pa­thien erken­nen las­sen. Man erin­ne­re sich an die fin­ste­re Mie­ne neben US-Prä­si­dent Donald Trump und das strah­len­de Gesicht neben Barack Oba­ma und Joe Biden. Man den­ke an die Bereit­wil­lig­keit, sozia­li­sti­sche Dik­ta­to­ren zu emp­fan­gen, aber demo­kra­ti­schen west­li­chen Regie­rungs­ver­tre­tern Audi­en­zen zu ver­wei­gern, weil sie der poli­ti­schen Rech­ten ange­hö­ren, wie dem dama­li­gen ita­lie­ni­schen Innen­mi­ni­ster Matteo Sal­vi­ni (Lega).

Die Liste jener, die die Mög­lich­keit hat­ten, mit Fran­zis­kus zu spre­chen, ist lang. Dazu gehö­ren, um die bekann­te­sten Fäl­le zu nen­nen, vor allem Homo­se­xu­el­le und Ver­tre­ter der poli­ti­schen Lin­ken, bevor­zugt aus Latein­ame­ri­ka. Einen ziem­lich bit­te­ren Bei­geschmack bekommt die­se Tat­sa­che für vie­le, wenn sie die­ser Liste jene der nicht Emp­fan­ge­nen gegenüberstellen.

Elon Musk, dem der­zeit reich­sten Mann der Welt, war es jeden­falls mit vier sei­ner fünf Kin­der mög­lich, eine Pri­vat­au­di­enz bei Fran­zis­kus zu bekom­men. Musk selbst ver­öf­fent­lich­te ein Bild von der Begeg­nung im Inter­net. Der fünf­te Sohn fehl­te, weil er mit sei­nem Vater und auch mit sei­nem eige­nen Geschlecht nichts zu tun haben will, wes­halb er sich amt­lich von männ­lich in „weib­lich“ umde­kla­rie­ren ließ. 

Laut Court­ney Mares, Rom-Kor­re­spon­den­tin von CNA, „hat der Vati­kan noch nicht öffent­lich bestä­tigt, daß das Tref­fen statt­ge­fun­den hat. Die Pri­vat­au­di­enz stand nicht im Ter­min­ka­len­der des Pap­stes, der die Pri­vat­au­di­en­zen vor­sieht, und das Pres­se­amt des Hei­li­gen Stuhls hat noch nicht auf die Bit­te um einen Kom­men­tar zu die­sem Tref­fen reagiert“. Das ist im Zusam­men­hang mit Pri­vat­au­di­en­zen unter Fran­zis­kus aller­dings durch­aus üblich. Er über­läßt es exklu­siv sei­nen Besu­chern der Öffent­lich­keit mit­zu­tei­len, was er ihnen gesagt hat. So konn­te US-Prä­si­dent Joe Biden bekannt­ge­ben, daß der Papst, im Gegen­satz zu den US-Bischö­fen, ganz und gar nichts gegen sei­nen Kom­mu­nion­emp­fang habe. Impli­zit mein­te Biden damit auch, daß er als US-Prä­si­dent wei­ter­hin eine men­schen­feind­li­che Poli­tik vor­an­trei­ben kön­ne, die im offe­nen Wider­spruch zur Leh­re der Kir­che steht. So bezeich­ne­te er das Jahr­hun­der­tur­teil des Ober­sten Gerichts­ho­fes der USA als „tra­gi­schen Feh­ler“, obwohl damit eine Wen­de für das Leben und gegen die Abtrei­bung ein­ge­lei­tet und das infa­me Urteil Roe gegen Wade von 1973 gekippt wurde.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Twitter/​Elon Musk (Screen­shot)

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