
(Rom) Kardinal Joseph Zen, emeritierter Bischof von Hongkong und graue Eminenz der chinesischen Untergrundkirche, reiste eigens nach Rom, um mit Papst Franziskus über die Lage in Hongkong und in der Volksrepublik China zu sprechen – doch Franziskus ist „zu beschäftigt“, um den Kardinal zu empfangen.
Papst Franziskus wird am Dienstag (29. September) auch US-Außenminister Mike Pompeo nicht empfangen. Auch dafür wurde vom Heiligen Stuhl eine „originelle“ Begründung genannt: Der Papst wolle sich nicht in den US-Wahlkampf einmischen. Nun weiß man, daß Franziskus in der Vergangenheit keinerlei Probleme hatte, sich in die Wahlkämpfe aller möglichen Länder einzumischen, auch in jenen der USA vor vier Jahren durch einen beispiellosen Bannstrahl gegen Donald Trump und den Empfang des Linksaußen-Bewerbers Bernie Sanders in Santa Marta.
Pompeo hatte im Vorfeld den Vatikan davor gewarnt, das Geheimabkommen mit den kommunistischen Machthabern in Peking zu verlängern. Genau das aber steht in Santa Marta an. Wer daran gezweifelt haben sollte, wurde durch die Ausladung Pompeos eines „Besseren“ belehrt.
Papst Franziskus signalisiert zudem gleich zwei starken Mächten, auf wessen Seite er nicht steht, nämlich nicht der – unschwer zu erraten – von US-Präsident Donald Trump. Die beiden starken Mächte sind das demokratische Establishment in den USA und deren Vasallen in der westlichen Welt sowie Xi Jinping und die Kommunistische Partei Chinas. Es gibt Belege für eine Kooperation zwischen diesen beiden Mächten. Dabei geht es nicht nur um die Erzeugung des Coronavirus, das dazu führt, daß die Regierungen die westliche Welt knebeln, sondern auch um Bereiche wie die Tötung ungeborener Kinder durch Abtreibung.
Der genannte Kontext päpstlicher Globalpolitik erklärt auch, folgerichtig, daß Franziskus „zu beschäftigt“ ist, um Kardinal Joseph Zen zu empfangen, gilt der 89jährige Salesianer, der in Shanghai geboren wurde, im päpstlichen Hofstaat ja als „Querulant“, der die glorreiche Neue Ostpolitik stört.
„Was für ein Desaster!“
Kardinal Zen weiß, wovon er spricht. Er mußte vor den Kommunisten nach Hongkong flüchten. Deshalb ist er auch hartnäckig in seinem Einsatz zugunsten der verfolgten Kirche in der Volksrepublik China. Er ist auch hartnäckig darin, blauäugigen Prälaten im Vatikan die wahre Natur des Kommunismus vor Augen zu führen. Unter Papst Franziskus mußte er deshalb bereits zahlreiche Enttäuschungen einstecken. In Santa Marta werden Bedenken gegen eine Annäherung an das kommunistische Regime einfach vom Tisch gefegt.
Der politische Arm von Franziskus, der Argentinier und Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo, lobte den volkschinesischen Totalitarismus bereits so über den grünen Klee, daß er erklärte, die kirchliche Soziallehre sei heute nirgendwo besser verwirklicht als im kommunistischen Großreich.
Kardinal Zen scheut, trotz seines Alters, keinen Einsatz. Er erbat eine 120-Stunden-Erlaubnis, um nach Rom reisen und von Papst Franziskus empfangen zu werden. Die Erlaubnis wurde erteilte, die Reise ermöglicht, doch in Rom angekommen, stand der Kardinal vor verschlossenen Türen. Papst Franziskus hatte „keine Zeit“ für ihn. So mußte der Purpurträger unverrichteter Dinge wieder die Heimreise antreten, ohne mit dem Kirchenoberhaupt gesprochen zu haben.
Wie könnte man diese Behandlung der grauen Eminenz der chinesischen Untergrundkirche anders interpretieren denn als eine weitere Geste von Franziskus, sich beim kommunistischen Regime in Peking einzuschmeicheln.
Kardinal Zen machte den Vorfall durch den Vatikanisten Aldo Maria Valli bekannt, der am vergangenen Sonntag die Gelegenheit hatte, sich mit dem Kardinal zu treffen. Der Vatikanist Marco Tosatti berichtete kurz darauf von der Begegnung eines Kollegen mit Kardinal Zen, ohne zu sagen, ob es sich dabei um Valli oder um einen anderen Vatikanisten handelte. Dessen zusätzliche Informationen sind zu ergänzen. Valli zitiert den Kirchenfürsten mit den Worten:
„Was für ein Desaster!“
Dennoch traf der Vatikanist weder einen „traurigen“ noch einen „mutlosen“ Kardinal. Aufgeben scheint ein Wort sein, das eine starke Persönlichkeit wie Kardinal Zen nicht kennt. Im vergangenen Januar beging er seinen 88. Geburtstag. Sein Gehör läßt nach und die Beine wollen nicht mehr so ganz wie früher. Der Gesamteindruck ist aber nach wie vor geradezu „jugendlich“.
Seit anderthalb Jahren ist das Bistum Hongkong ohne Bischof. Für den Kardinal gibt es keine Zweifel, daß Peking in der Sache interveniert. Hongkong ist der einzige noch halbwegs freie Teil der Volksrepublik China. Deshalb kommt dem Bistum Hongkong seit 1949 eine ganz besondere Bedeutung für die verfolgte Kirche in China zu. Kardinal Zen nennt auch Namen. Es gebe einen Bischofsvikar, Peter Choi, der Peking nahesteht. Auf ihn scheinen die Machthaber zu setzen. Kardinal Zen warnt den Papst vor einer solchen Ernennung.
Tosatti schreibt, daß laut Kardinal Zen anfangs Weihbischof Joseph Ha Chi-shing, ein Franziskaner, als Nachfolger vorgesehen war. Er habe die Regierung kritisiert, „ohne laut zu werden“. Doch „plötzlich“ hieß es, der neue Bischof brauche die Zustimmung Pekings. Da wurde Peter Choi ins Gespräch gebracht, „den viele von uns nicht für geeignet halten. Die Gemeinschaft hat sich gespalten“.
Kardinal Zen kam in der Frage nach Rom und ließ Papst Franziskus wissen, einige Tage in der Ewigen Stadt zu sein und bat ihn um eine Audienz: „Aber ich wurde nicht gerufen“. Seine Denkschrift konnte er nur dem Papstsekretär Gonzalo Aemilius übergeben.
„Es wird schrecklich, wenn sie Peter Choi ernennen. Es ist lächerlich, wenn man ihn nur nimmt, weil er Peking gefällt. Peking ist ein Tyrann.“
Der Kardinal empörte sich gegenüber Valli auch, daß das Geheimabkommen noch immer geheim ist. „So kann es nicht weitergehen.“ In Peking gebe es den harten Flügel der Kommunistischen Partei, der das Abkommen nicht verlängern will, weil deren Vertreter überhaupt kein Abkommen wollen. Für sie ist die Kirche einfach zu überwachen und unter Kontrolle zu bringen. Xi Jinping verfüge über viel Macht, aber er habe auch viele interne Feinde. Es gebe schonungslose Richtungskämpfe.
Was ein Abkommen mit den Kommunisten angeht, dazu hat der Kardinal klare Vorstellungen:
„Man schließt keinen Pakt mit dem Teufel. Der Teufel ist zu bekämpfen und Punkt. Die Kirche ist kein Befehlsempfänger der Regierungen, welche es auch immer sein mögen.“
„Einfallsreich, brillant, ehrlich“, so beschreibt Valli seinen Gesprächspartner: ein „unbändiger Verteidiger des Glaubens und der Kirche“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)
Wie traurig! Einen wahren Bruder vor verschlossener Tür stehen zu lassen. Wo ist hier die Nächsten/Bruderliebe? Allein schon, weil der wunderbare Diener Christi all diese Mühe auf sich genommen hat und nach Rom gereist ist und das in dem Alter – vorbildliches Engagement von Kardinal Zen, armselige Reaktion des Vatikans…
Verstörend und sehr traurig. Wie weit reicht Pekings Einfluss durch Geld, Drohungen und Erpressungen in den Vatikan?