Nimmt Papst Franziskus heute zum Viganò-Dossier Stellung?

Weihnachtsempfang für die Römische Kurie - erneut mit einer Kopfwäsche?


Weihnachtsempfang 2017 für die Römische Kurie - mit einer Überraschung.
Weihnachtsempfang 2017 für die Römische Kurie - mit einer Überraschung.

(Rom) Heu­te hat der Win­ter begon­nen, und das sei nach Mei­nung von man­chen vati­ka­ni­schen Kuria­len „sehr tref­fend“. Heu­te mor­gen hält sich im Vati­kan die Weih­nachts­vor­freu­de in Gren­zen. Sie ist getrübt. Für 10 Uhr ist näm­lich der jähr­li­che Weih­nachts­emp­fang des Pap­stes für die Römi­sche Kurie ange­setzt. In den ver­gan­ge­nen fünf Jah­ren die­ses Pon­ti­fi­kats wur­de die Weih­nachts­bot­schaft regel­mä­ßig zur Ankla­ge gegen sei­ne eng­sten Mitarbeiter.

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Um 12 Uhr folgt anschlie­ßend der Weih­nachts­emp­fang für die Ange­stell­ten des Hei­li­gen Stuhls und der Vatikanstadt. 

Päpstliche Weihnachtsschelten

Vor allem die erste Begeg­nung wird von Medi­en­ver­tre­tern und Beob­ach­tern mit erheb­li­cher Span­nung erwar­tet. Deut­lich weni­ger gespannt dar­auf sind offen­bar die Adres­sa­ten der päpst­li­chen Bot­schaft, die Mit­ar­bei­ter der Römi­schen Kurie. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hagel­te es aus dem päpst­li­chen Mund nur so Vor­wür­fe, Anschul­di­gun­gen und Schel­ten. Papst Fran­zis­kus liste­te bereits „Krank­hei­ten“ der Kurie auf und sprach von einem „Krebs­ge­schwür“.

Unter­neh­mens­be­ra­ter und Per­so­nal­trai­ner zeig­ten sich ent­setzt über den Umgang, den Fran­zis­kus mit sei­nen eng­sten Mit­ar­bei­tern, aber offen­sicht­lich nicht eng­sten Ver­trau­ten pflegt. „Mit­ar­bei­ter­mo­ti­va­ti­on“ sehe anders aus, lau­te­te die Ana­ly­se von außen.

Papst Fran­zis­kus pflegt mit sei­nen anti-kuria­len Tira­den das Kli­schee der „bösen Kurie“, ein Topos, der in moder­ni­sti­schen Kir­chen­krei­sen seit vie­len Jahr­zehn­ten beson­ders beliebt und fest ver­an­kert ist. Die pro­gres­si­ve Rhei­ni­sche Alli­anz zog bereits beim Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil aus, „die Macht der Kurie“ zu bre­chen. Das Kon­text mutet Beob­ach­tern frei­lich selt­sam, da mit Papst Fran­zis­kus ein Papst regiert, der die­sen Topos selbst ver­in­ner­licht zu haben scheint, nun aber selbst ober­ster Dienst­herr und Rich­ter der Kurie ist. Er könn­te sie also ent­spre­chend umge­stal­ten. Und tat­säch­lich nahm er in den ver­gan­ge­nen fünf­ein­halb Jah­ren zahl­rei­che und teils tief­grei­fen­de Neue­run­gen und Neu­be­set­zun­gen vor. Meh­re­re der höch­sten Kuri­en­kar­di­nä­le ent­hob er ihrer Ämter. Erst vor weni­gen Tagen beauf­trag­te er sei­nen Haus­va­ti­ka­ni­sten, Andrea Tor­ni­el­li, mit der Richt­li­ni­en- und Koor­di­nie­rungs­be­fug­nis für die inhalt­li­che Aus­rich­tung aller Vatikanmedien. 

Um 12 Uhr folgt anschlie­ßend der Weih­nachts­emp­fang für die Ange­stell­ten des Hei­li­gen Stuhls und der Vatikanstadt. 

„Klima der Angst“

Meh­re­re Aspek­te wer­den dazu genannt, vor allem der Ver­such von Fran­zis­kus den Druck zu erhö­hen, um die Mit­ar­bei­ter zu dis­zi­pli­nie­ren. Seit der ersten „Tira­den­bot­schaft“ an Weih­nach­ten 2013 ist von einem „Kli­ma der Angst“ und einem „Kli­ma der Ein­schüch­te­rung“ die Rede, das Fran­zis­kus zum Regie­rungs­stil gemacht habe. Neben die­sen nega­ti­ven Dis­zi­pli­nie­rungs­maß­nah­men, mit denen Fran­zis­kus die Kurie sich gefü­gig machen will, scheint die Außen­wir­kung der Akti­on aber min­de­stens von eben­so gro­ßer Bedeutung. 

Durch die jähr­li­che Kopf­wä­sche, so ein Insi­der, signa­li­sie­re Fran­zis­kus pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen außer­halb Roms, daß er immer noch einer von ihnen sei, obwohl er in Rom regiert. Dabei regiert Fran­zis­kus auto­kra­ti­scher und auto­ri­tä­rer als alle sei­ne Vor­gän­ger der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit zusam­men. Das ist eine Ein­schät­zung, die nicht Hen­ry Sire äußert, der Autor des Best­sel­lers „Der Dik­ta­tor­papst“.

Fran­zis­kus nütz­te die Weih­nachts­bot­schaf­ten bis­her auch, um gene­rell tat­säch­li­che oder ver­meint­li­che Geg­ner zu kri­ti­sie­ren. Der heu­ti­ge Weih­nachts­emp­fang wird auch unter die­sem Blick­win­kel mit Inter­es­se zu beob­ach­ten sein. Seit Jah­res­be­ginn steht Papst Fran­zis­kus uner­war­tet selbst unter star­kem Druck. Dabei geht es um sei­nen Umgang mit Bischö­fen, die in den sexu­el­len Miß­brauchs­skan­dal ver­wickelt sind. Bereits anläß­lich sei­ner Weih­nachts­bot­schaft 2017 geschah aber Unerwartetes. 

2018: Das Jahr dunkler Schatten

Am sel­ben Tag, als Fran­zis­kus ver­bal auf die Kurie ein­prü­gel­te und Ver­schwö­run­gen wit­ter­te, ver­öf­fent­lich­te das ita­lie­ni­schen Wochen­ma­ga­zin L’Espresso Ent­hül­lun­gen über einen der eng­sten Ver­trau­ten des Pap­stes, über Kar­di­nal Oscar Rodri­guez Mara­dia­ga, der sich jähr­lich 600.000 Dol­lar extra von der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Hon­du­ras zah­len ließ. Der Fall zog sich das gan­ze Jahr 2018 hin, und das letz­te Wort scheint noch nicht gespro­chen. Ende Juli muß­te Mara­dia­gas rech­te Hand, sein Weih­bi­schof in Tegu­ci­gal­pa, den Stuhl räu­men. Der Kar­di­nal selbst konn­te sich mit Hil­fe des Pap­stes bis­her halten. 

Die Espres­so-Ent­hül­lun­gen ver­mit­tel­ten den Ein­druck, daß Fran­zis­kus ins einer Weih­nachts­bot­schaft viel­leicht ganz die Fal­schen kri­ti­sier­te, oder nicht beim Namen nann­te, was in Rom wirk­lich kri­tik­wür­dig wäre.

Ende Janu­ar folg­te der Fall Bar­ros in Chi­le. Fran­zis­kus war eigens in das süd­ame­ri­ka­ni­sche Land gereist, um die Sache ein für alle Mal zu beru­hi­gen. Bar­ros soll­te im Amt blei­ben. Es kam aber ganz anders. Erst­mals wur­de auch in welt­li­chen Medi­en lei­se Kri­tik am argen­ti­ni­schen Kir­chen­ober­haupt geübt. Bar­ros muß­te im Juni zurücktreten. 

Am 26. August folg­te ein noch viel här­te­rer Schlag. Der ehe­ma­li­ge Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in den USA, Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, ver­öf­fent­lich­te ein Dos­sier, das er „Zeug­nis“ nann­te. Dar­in liste­te er auf, daß Fran­zis­kus im Fall McCar­ri­ck spä­te­stens seit Juni 2013 detail­liert infor­miert war, aber nichts unter­nahm. McCar­ri­ck war Kar­di­nal und zuletzt Erz­bi­schof von Washing­ton. Ihm wird vor­ge­wor­fen jahr­zehn­te­lang ein homo­se­xu­el­les Dop­pel­le­ben geführt und sei­ne eige­nen Semi­na­ri­sten und Prie­ster sexu­ell kor­rum­piert zu haben. Er gilt als Wäh­ler von Papst Fran­zis­kus und genoß des­sen Ver­trau­en. Die von Papst Bene­dikt XVI. gegen McCar­ri­ck ver­häng­ten Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men hat­te Fran­zis­kus auf­ge­ho­ben. McCar­ri­ck selbst wuß­te sich lan­ge Zeit, durch üppi­ge Geld­flüs­se nach, Rom über die von ihm gegrün­de­te Papst­stif­tung, dort den Rücken freizuhalten.

Viganò for­der­te den Papst auf, zu den Vor­wür­fen Stel­lung zu neh­men und zurück­zu­tre­ten. Fran­zis­kus schweigt jedoch und ver­sucht die Sache aus­zu­sit­zen. Dabei kann er offen­sicht­lich auf die Unter­stüt­zung der welt­li­chen Pres­se rech­nen, die ihn schont. 

Wir Fran­zis­kus heu­te etwas zum Fall McCar­ri­ck und zu den Vor­wür­fen gegen ihn sagen?

Starker Personalabbau geplant

Der zwei­te Weih­nachts­emp­fang um 12 Uhr wird unter ande­ren Gesichts­punk­ten mit Span­nung erwar­tet, näm­lich von den Ange­stell­ten der Vati­kan­stadt. Fran­zis­kus plant laut inter­nen Infor­ma­tio­nen einen star­ken Per­so­nal­ab­bau. Zahl­rei­che Mit­ar­bei­ter sol­len vor­zei­tig in den Ruhe­stand geschickt wer­den. Man wird sehen, ob er die­se Plä­ne bestä­tigt und dazu Stel­lung neh­men wird.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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