Zeichen eines Wandels – Papst Leo XIV. und der Fall Marko Ivan Rupnik

Die entfernten Bilder


Kardinal O'Malley, der Vorsitzende der Päpstlichen Kinderschutzkommission, mit Papst Leo XIV.
Kardinal O'Malley, der Vorsitzende der Päpstlichen Kinderschutzkommission, mit Papst Leo XIV.

Papst Leo XIV. traf sich in der ver­gan­ge­nen Woche mit der Päpst­li­chen Kin­der­schutz­kom­mis­si­on unter dem Vor­sitz von Kar­di­nal Sean O’Mal­ley. Par­al­lel wur­den die Abbil­dun­gen der Wer­ke des Künst­ler­prie­sters und ehe­ma­li­gen Jesui­ten Mar­ko Ivan Rup­nik von der offi­zi­el­len Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls ent­fernt. Leo XIV. setzt im Bereich des Miß­brauchs neue Zeichen.

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Der Vati­kan hat, „in aller Stil­le“, wie Life­Si­teNews berich­tet, Bil­der von Mosai­ken Rup­niks von sei­ner offi­zi­el­len Inter­net­sei­te ent­fernt. Gegen Rup­nik läuft ein Miß­brauchs­ver­fah­ren bei der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on (heu­te Glau­bens­dik­aste­ri­um). Bereits zuvor war er auf­grund der gegen ihn erho­be­nen Vor­wür­fe aus dem Jesui­ten­or­den aus­ge­schlos­sen wor­den. Es hat­te bereits ein frü­he­res Ver­fah­ren gegen ihn gege­ben, in dem sogar sei­ne Exkom­mu­ni­ka­ti­on fest­ge­stellt wor­den war. Doch die schüt­zen­de Hand von Papst Fran­zis­kus bewahr­te ihn vor irgend­wel­chen Kon­se­quen­zen. Erst als der Fall öffent­lich wur­de, muß­te Rup­nik ledig­lich Rom ver­las­sen und in einer ande­ren Diö­ze­se Wohn­sitz neh­men. Auch sein Künst­ler­zen­trum ver­ließ zwar Rom, ließ sich jedoch mit höch­ster Unter­stüt­zung des Fran­zis­kus-Ver­trau­ten und ehe­ma­li­gen Kar­di­nal­vi­kars von Rom Kar­di­nal Ange­lo De Dona­tis in der Nähe der Ewi­gen Stadt nie­der, und auch Rup­nik ging wei­ter­hin in Rom ein und aus.

Papst Fran­zis­kus zeig­te sich wei­ter­hin demon­stra­tiv vor einem Bild eines Rup­nik-Kunst­werks, das in sei­nem Arbeits­zim­mer hing. Auf der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls wur­den bevor­zugt Rup­nik-Bil­der zu bestimm­ten Anläs­sen gezeigt, was bis­lang auch für Vati­can News, das Nach­rich­ten­por­tal des Vati­kans, galt. Der Umgang mit den bela­sten­den Rup­nik-Wer­ken fällt bis­her unter­schied­lich aus, man­che ver­hül­len sie (auch hier), ande­re belas­sen sie an Ort und Stel­le. Sie­he zum Fall Rup­nik auch: Das Rät­sel der zwei­fach neu­ge­stal­te­ten päpst­li­chen Kapel­le.

Par­al­lel zur Audi­enz für die Kin­der­schutz­kom­mis­si­on wur­den die Bil­der von Rup­nik-Wer­ken von der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls entfernt

Das Arbeits­zim­mer Fran­zis­kus’ in San­ta Mar­ta wur­de mitt­ler­wei­le auf­ge­löst, womit sich die­se Fra­ge von selbst erle­dig­te. Von der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls ist Rup­nik inzwi­schen ent­fernt wor­den. Bei Vati­can News wird sich zei­gen, ob der Künst­ler­prie­ster wei­ter­hin gedul­det wird. Der Papst­wech­sel brach­te jene Kehrt­wen­de, auf die die Opfer seit Jah­ren gehofft und gedrängt hatten.

Die Ent­fer­nung der Rup­nik-Bil­der könn­te ins­ge­samt eine Rich­tungs­än­de­rung bedeu­ten. Zwar hat­te Papst Fran­zis­kus 2014 die Päpst­li­che Kin­der­schutz­kom­mis­si­on ein­ge­rich­tet und sich in der Spra­che des Skan­dals des sexu­el­len Kin­des­miß­brauchs durch Kle­ri­ker ange­nom­men. Von sei­nem Umfeld und den ihm nahe­ste­hen­den Medi­en wur­de es gar so dar­ge­stellt, als sei er der erste Papst, der tat­säch­lich dage­gen vor­ge­he und eine Null­to­le­ranz-Poli­tik betreibe.

Die Rea­li­tät jedoch sah dra­ma­tisch anders aus. Fran­zis­kus ver­mied jede Erwäh­nung, geschwei­ge denn eine kon­kre­te Aus­ein­an­der­set­zung mit dem homo­se­xu­el­len Miß­brauch durch Kle­ri­ker – die­ser macht jedoch min­de­stens 80 Pro­zent aller Miß­brauchs­fäl­le aus. Dem argen­ti­ni­schen Papst gelang es, den ersten welt­wei­ten Miß­brauchs­gip­fel der Kir­che im Vati­kan abzu­hal­ten, zu dem Ver­tre­ter aller Bischofs­kon­fe­ren­zen gela­den wur­den, ohne dabei den weit­aus größ­ten Täter­be­reich auch nur zu erwähnen.

Zudem schütz­te er Miß­brauchs­tä­ter, sofern sie ihm per­sön­lich oder ideo­lo­gisch nahe­stan­den. In allen bekann­ten Fäl­len han­del­te es sich um homo­se­xu­el­le Täter – wie etwa den argen­ti­ni­schen Bischof Óscar Gustavo Zanchetta.

Auch Rup­nik zähl­te zu jenen, über die Papst Fran­zis­kus sei­ne schüt­zen­de Hand hielt. Rup­nik bil­de­te dabei eine Aus­nah­me: Er war der ein­zi­ge von Fran­zis­kus pro­te­gier­te Täter, gegen den kei­ne Vor­wür­fe des homo­se­xu­el­len Miß­brauchs vor­la­gen. Er wird beschul­digt, über einen Zeit­raum von 30 Jah­ren Dut­zen­de Frau­en – zumeist Ordens­frau­en – sexu­ell, psy­cho­lo­gisch sowie durch seel­sorg­li­che und sakra­men­ta­le Aus­nut­zung miß­braucht und mani­pu­liert zu haben. Der sexu­el­le Miß­brauch war offen­bar Teil eines „krea­ti­ven Pro­zes­ses“, wie Rup­nik es gegen­über sei­nen Opfern, laut deren Aus­sa­gen, dar­ge­stellt habe.

In kras­sem Gegen­satz hier­zu steht der Fall Kar­di­nal Geor­ge Pells, der unschul­dig ange­klagt und durch die öffent­li­che Mei­nung gezerrt wur­de. Fran­zis­kus ließ ihn fal­len und lie­fer­te ihn sei­nen Ver­fol­gern aus – allein des­halb, weil Pell weder zum päpst­li­chen Hof­staat gehör­te noch ein Berg­o­glia­ner war.

In jenen römi­schen Krei­sen, die den sexu­el­len Miß­brauch in der Kir­che ernst­haft bekämp­fen wol­len, war ein Seuf­zer der Erleich­te­rung zu ver­neh­men, als die Ära Berg­o­glio zu Ende ging. Mit Leo XIV. scheint in die­sem Bereich eine neue Zeit ange­bro­chen zu sein.

Am Don­ners­tag, dem 5. Juni, emp­fing Leo XIV. die Päpst­li­che Kin­der­schutz­kom­mis­si­on in Audienz

Ende 2022 wur­de der Fall Rup­nik durch das von römi­schen Prie­stern betrie­be­ne Nach­rich­ten­por­tal Sile­re non pos­sum publik gemacht. Sie deck­ten auf, daß Rup­nik bereits als exkom­mu­ni­ziert gegol­ten hat­te, die Exkom­mu­ni­ka­ti­on aber auf wun­der­sa­me Wei­se ver­schwand – was nur durch Papst Fran­zis­kus gesche­hen sein konn­te. Im Juni 2023 folg­te der Aus­schluß aus dem Jesui­ten­or­den, und im Herbst des­sel­ben Jah­res ord­ne­te Fran­zis­kus, unter dem anhal­ten­den Druck der Medi­en, ein erneu­tes Ver­fah­ren gegen Rup­nik an – bis­lang jedoch ohne Ergeb­nis. Das aber könn­te sich nun ändern.

Noch im Juni 2024 ver­tei­dig­te Pao­lo Ruf­fi­ni, der Prä­fekt des römi­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dik­aste­ri­ums, die Ver­wen­dung von Moti­ven aus Rup­niks Werk durch den Hei­li­gen Stuhl mit den Wor­ten: „Wir spre­chen hier nicht über den Miß­brauch von Min­der­jäh­ri­gen.“ Das ist im Fall Rup­nik tat­säch­lich kor­rekt, zeugt jedoch von einem ekla­tan­ten Man­gel an Sen­si­bi­li­tät gegen­über den Opfern.

Die Ent­fer­nung der Rup­nik-Bil­der war auch in der Ver­gan­gen­heit von Kar­di­nal Seán O’Malley gefor­dert wor­den, dem Vor­sit­zen­den der Päpst­li­chen Kin­der­schutz­kom­mis­si­on. Bei Fran­zis­kus jedoch stieß der US-ame­ri­ka­ni­sche Kapu­zi­ner auf tau­be Ohren. Am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag Woche hat­te der Kar­di­nal nun gemein­sam mit der Kom­mis­si­on Gele­gen­heit, Leo XIV. ihre Anlie­gen bei der Audi­enz per­sön­lich vorzutragen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va/​V​a​t​i​can News (Screen­shots)

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