„Ich denke an Gustavo“

Papst Franziskus, die Befreiungstheologie und die ganz "Großen"


Papst Franziskus reihte den am Dienstag verstorbenen "Vater der Befreiungstheologie" unter die "Großen" ein

Papst Fran­zis­kus ließ in den sozia­len Netz­wer­ken eine Video­bot­schaft zum Tod des perua­ni­schen Domi­ni­ka­ners Gustavo Gut­iérrez, des „Vaters der Befrei­ungs­theo­lo­gie“, ver­öf­fent­li­chen. P. Gut­iérrez, Jahr­gang 1928, war am 22. Okto­ber in sei­ner Hei­mat­stadt Lima in Peru im Alter von 96 Jah­ren verstorben.

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Der latein­ame­ri­ka­ni­sche Domi­ni­ka­ner war nicht der Erfin­der der Befrei­ungs­theo­lo­gie, aber ihr Namens­ge­ber. Die Ver­su­che, den Mar­xis­mus, sprich Sozia­lis­mus, mit dem Chri­sten­tum zu ver­ei­nen, rei­chen wei­ter in der Geschich­te zurück und wühl­ten durch den anschei­nend unauf­halt­sa­men Vor­marsch des von der Sowjet­uni­on ange­führ­ten Kom­mu­nis­mus ganz Latein­ame­ri­ka auf. Beson­ders die Jesui­ten hat­ten sich der Qua­dra­tur des Krei­ses ange­nom­men, aber auch in ande­ren Orden fehl­te es nicht an Kle­ri­kern, die mit den besten Absich­ten vom „Para­dies auf Erden“ träumten.

Johan­nes Paul II., der als erster und bis­her ein­zi­ger Papst aus einem Land stamm­te, in dem der Rea­le Sozia­lis­mus herrsch­te, hielt sich mit gutem Grund auf Distanz und ver­such­te den mar­xi­sti­schen Ein­fluß zurück­zu­drän­gen. Bene­dikt XVI., der maß­geb­lich zur Abwehr die­ser Gefahr für die Kir­che bei­getra­gen hat­te, konn­te das The­ma weit­ge­hend als erle­digt betrach­ten, zumin­dest an der Oberfläche.

Papst Fran­zis­kus hin­ge­gen sand­te eine gan­ze Rei­he von Signa­len aus, um sei­ne Sym­pa­thie für die Befrei­ungs­theo­lo­gie zu bekun­den, ohne sich je direkt zu ihr zu beken­nen. Er reha­bi­li­tier­te meh­re­re bekann­te Befrei­ungs­theo­lo­gen, beson­ders auf der Ebe­ne der Gesten. Bevor­zugt galt dies für Jesui­ten, aber nicht nur. Das Spek­trum reicht von Erne­sto Car­denal über Leo­nar­do Boff bis zu Miguel D’Escoto, von Luis Espi­nal über Hél­der Câma­ra bis Enri­que Angel­el­li, von Pedro Arru­pe über Jero­ni­mo Pode­s­tà bis Enri­que Alve­ar, von Josè Maria Castil­lo bis… usw.

Zum 90. Geburts­tag hat­te Fran­zis­kus dem perua­ni­schen Ordens­mann eigens Glück­wün­sche über­mit­telt. Mit sol­chen Gesten mar­kiert der regie­ren­de Papst sei­nen Kurs. Gustavo Gut­iérrez wur­de vier­mal von Fran­zis­kus in Rom emp­fan­gen, zuletzt im Som­mer 2019, als der Domi­ni­ka­ner als Kon­fe­renz­red­ner in den Vati­kan ein­ge­la­den wur­de. In sei­ner Video­bot­schaft zum Tod des Befrei­ungs­theo­lo­gen nann­te Fran­zis­kus Gustavo Gut­iérrez „einen Gro­ßen“. Damit nahm er den perua­ni­schen Theo­lo­gen in das berg­o­glia­ni­sche Pan­the­on auf, sei­ne per­sön­li­che Ruh­mes­hal­le, die eine ziem­lich skur­ri­le Ansamm­lung von leben­den und ver­stor­be­nen Zeit­ge­nos­sen ist – mit einem gewis­sen Leit­fa­den. Dabei gilt es zu beach­ten, daß die Wirk­lich­keit eine Sache, die kol­lek­ti­ve Wahr­neh­mung eine ande­re ist. Wobei Fran­zis­kus letz­te­re fest im Blick hat.

Nun fin­det sich der „Vater der (mar­xi­sti­schen) Befrei­ungs­theo­lo­gie“ neben Gior­gio Napo­li­ta­no, dem frei­mau­re­ri­schen Kom­mu­ni­sten und ehe­ma­li­gen Staats­prä­si­den­ten Ita­li­ens, neben Emma Boni­no, der femi­ni­sti­schen Cla­queu­rin, Mas­sen­mör­de­rin (die laut eige­nen Anga­ben selbst unzäh­li­ge unge­bo­re­ne Kin­der getö­tet hat) und glo­ba­li­sti­schen Ein­peit­sche­rin, neben Mar­co Pan­nella, dem homo­se­xu­el­len Radi­kal­li­be­ra­len, des­sen ein­zi­ger zu bekämp­fen­der Feind die katho­li­sche Kir­che war, neben Euge­nio Scal­fa­ri, dem Frei­mau­rer und Doy­en des lin­ken Main­stream-Jour­na­lis­mus, und neben Pedro Arru­pe, dem Ordens­ge­ne­ral des Jesui­ten­or­dens, der Jor­ge Mario Berg­o­glio zum Pro­vin­zi­al der argen­ti­ni­schen Jesui­ten­pro­vinz beför­dert hatte.

In sei­ner Video­bot­schaft beklagt Fran­zis­kus den Tod von Gut­iérrez. Der Blog Secre­tum meum mihi schrieb dazu:

„Was uns ein wenig beun­ru­higt, ist, daß Fran­zis­kus, der eine Vor­lie­be dafür hat, für die Sün­den ande­rer um Ver­ge­bung zu bit­ten, bis­her nicht um Ver­ge­bung für die Übel gebe­ten hat, die die­ser Mann mit sei­ner ver­derb­li­chen ‚Theo­lo­gie‘ ver­ur­sacht hat.“

Das Gegen­teil ist der Fall. Die Gewalt­ta­ten, Ter­ror­ak­tio­nen, Toten, Kir­chen­ver­fol­gun­gen, die auch unter Beru­fung auf die Befrei­ungs­theo­lo­gie die Geschich­te säu­men, erwähn­te Fran­zis­kus nicht. In sei­ner Video­bot­schaft rühm­te Fran­zis­kus die Gut­iérrez-Theo­lo­gie als „so viel rei­che Theo­lo­gie“. Wört­lich sag­te der Papst:

„Heu­te den­ke ich an Gustavo, Gustavo Gut­iérrez, einen gro­ßen Mann, einen Mann der Kir­che, der es ver­stand, still zu sein, wenn er still sein muß­te, der es ver­stand zu lei­den, wenn er lei­den muß­te, der es ver­stand, so viel apo­sto­li­sche Frucht und so viel rei­che Theo­lo­gie weiterzutragen.“

Die Video­bot­schaft wur­de in der gro­ßen Audi­enz­hal­le „Pao­lo VI“ des Vati­kans auf­ge­nom­men, offen­bar in einer Pau­se wäh­rend der Synodalitätssynode.

Das Video vom Papst zum Tod des Befrei­ungs­theo­lo­gen Gustavo Gutiérrez

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Arzo­bis­pa­do de Lima/​Youtube (Screen­shot)

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2 Kommentare

  1. Das glau­be ich, dass der Papst an „Gustavo“ denkt und dass ein „Befrei­ungs­theo­lo­ge“ den ande­ren schätzt. Immer­hin bringt es Fran­zis­kus ja fer­tig, Anspra­chen zu hal­ten, die so poli­tisch, sozia­li­stisch und „befrei­ungs­theo­lo­gisch“ auf­ge­la­den sind, dass es nur wie eine Neben­sa­che erscheint, dass JESUS CHRISTUS gar nicht mehr vor­kommt. – Aber: Wie an alles, hat man sich inzwi­schen wohl auch dar­an gewöhnt.

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