![Traditionis custodes: Einige Diözesanbischöfe, wie jener von Le Havre, Msgr. Brunin (Bild), überbieten sich mit repressiven Maßnahmen gegen die Tradition. Traditionis custodes: Einige Diözesanbischöfe, wie jener von Le Havre, Msgr. Brunin (Bild), überbieten sich mit repressiven Maßnahmen gegen die Tradition.](https://katholisches.info/tawato/uploads/2021/09/Bistum-Le-Havre-Traditionis-custodes-1030x438.jpg)
(Paris/Wigratzbad) Die Berichte über restriktive Maßnahmen gegen die Tradition häufen sich. Grund dafür ist die Umsetzung des Motu proprio Traditionis custodes durch Diözesanbischöfe in verschiedenen Ländern. Es scheint erst der Anfang zu sein. Und es steht noch die Reaktion der Ordenskongregation aus. Welche Antwort ist geboten, welche erfolgt darauf?
Jüngstes bekanntgewordenes Beispiel für die Repression ist das Dekret des Bischofs von Le Havre, Msgr. Jean-Luc Brunin. In seinem Bistum dürfen Katholiken künftig weder im überlieferten Ritus getauft noch gefirmt werden und auch nicht heiraten. Das Dekret bewegt sich inhaltlich auf der Ebene des Erzbischofs von Guadalajara. Die Chronologie ist aber seitenverkehrt. Das Dekret von Le Havre stammt vom 11. September, jenes von Gudalajara vom 21. September. Anders am Fall Le Havre ist, daß ein Diözesanbischof seine repressiven Maßnahmen gegen die Tradition mit dem herrschenden Priestermangel im Novus Ordo begründet. Für die in einigen Bistümern versiegten Priesterberufungen im neuen Ritus können der überlieferte Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften aber wohl kaum verantwortlich gemacht werden.
Bemerkenswert ist zudem, daß sich das Dekret von Bischof Brunin, wie jenes von Guadalajara, ausdrücklich an die Petrusbruderschaft richtet. Die Priesterbruderschaft St. Petrus (FSSP) ist die älteste und zahlenmäßig stärkste Klerikergemeinschaft der Tradition, die in der Einheit mit dem Heiligen Stuhl steht. Zusätzlich zu den Restriktionen von Guadalajara wurde ihr durch Bischof Brunin auch der Katecheseunterricht für Kinder und Erwachsene verboten. Das aber ist ein Widerspruch im Widerspruch.
Das gesamte Motu proprio Traditionis custodes ist ein Widerspruch, wie aus Artikel 1 desselben hervorgeht, den Franziskus als Prämisse dem Gesetz voranstellte. Franziskus begründet seinen Eingriff zudem mit der Unterstellung – einer von mehreren verzerrenden Annahmen –, Priester der Tradition seien keine oder keine guten Seelsorger. Deshalb dürfe die Zelebration im überlieferten Ritus nur dann erlaubt werden, wenn sie mit einer seelsorglichen Betreuung der Gläubigen einhergehe. Genau diese aber – dazu gehört die Unterweisung im Glauben für Kinder und Erwachsene – wurde vom Bischof von Le Havre verboten. Daraus wird ein Teufelskreis, denn dieser repressiven Logik zufolge müßte der Petrusbruderschaft dann in einem nächsten Schritt die Anwesenheit im Bistum untersagt werden, weil sie – laut Traditionis custodes – die von Franziskus definierte seelsorgliche Grundvoraussetzung außerhalb der Liturgie nicht erfüllt.
Außerhalb der Liturgie? Selbst das erfaßt in dem von Franziskus entfachten Verbotseifer die Sache nicht mehr. In Le Havre wie in Guadalajara ist nur mehr, eingeschränkt, die Zelebration des Meßopfers im überlieferten Ritus erlaubt. Die Spendung aller anderen Sakramente aber nicht mehr. In einer Zuschrift heißt es: „Das auserkorene Opfer wird zwar nicht erschlagen, aber weitgehend amputiert.
Guadalajara als Präzedenzfall?
Nachdem Franziskus im April 2016 das umstrittene nachsynodale Schreiben Amoris laetitia veröffentlicht hatte, beeilten sich besonders gefälligkeitsbeflissene Bischöfe um seine Umsetzung. Als dies schließlich auch die Bischöfe der Kirchenprovinz Buenos Aires taten, applaudierte ihnen der Papst mit dem Hinweis, deren Modell allein sei die authentische Interpretation seiner Intentionen.
Ein solches Signal von Franziskus fehlt zu Traditionis custodes noch. Vorerst ist das Dekret des Erzbischofs von Guadalajara als Santa-Marta-freundliche Richtschnur zu betrachten, da Francisco Kardinal Robles Ortega als Purpurträger der ranghöchste Hierarch ist, der das Motu proprio buchstäblich restriktiv auslegte.
Für einen Präzedenzfall spricht auch, daß Gudalajara eine Hochburg der Petrusbruderschaft, also der bedeutendsten Ecclesia-Dei-Gemeinchaft, ist und sich direkt an bzw. gegen diese richtet.
Die Diözesanbischöfe können zwar nicht, auch Kardinal Robles nicht, in die inneren Angelegenheiten der Petrusbruderschaft oder anderer Ecclesia-Dei-Gemeinschaften eingreifen. Der Hinweis im Dekret des Erzbischofs von Guadalajara, daß sich deren Innenleben nach den Anweisungen der Ordenskongregation zu richten habe, darf jedoch als zusätzliche Drohung aufgefaßt werden. Solche Anweisungen gibt es nämlich noch nicht, da der Ordenskongregation erst durch das Motu proprio die Zuständigkeit für die Ecclesia-Dei-Gemeinschaften übertragen wurde. Beobachter befürchten, daß die durch Traditionis custodes ausgelösten Angriffe erst begonnen haben.
Die Quadratur des Kreises?
Damit stellt sich die Frage an die Ecclesia-Dei-Gemeinschaften, allen voran die in Guadalajara und in Le Havre namentlich genannte Petrusbruderschaft, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Bietet ein Blick in das Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus die nötige Antwort? Im Editorial der soeben erschienenen Oktober-Ausgabe nimmt der neue Distriktsobere für den deutschen Sprachraum Stellung. Pater Stefan Dreher schreibt:
„Wie wollen wir als gute Christen auf diese Prüfung antworten? Indem wir unser Kreuz annehmen und die Treue zur traditionellen Messe mit der Treue zum Stuhl Petri und dem Wohl der ganzen Kirche verbinden!“
Was aber heißt das genau? Wird die Quadratur des Kreises erwartet? Was ist mit den Gläubigen, die im Erzbistum Guadalajara und im Bistum Le Havre ihre Kinder nicht mehr im überlieferten Ritus taufen und firmen lassen können? Die nicht mehr im überlieferten Ritus heiraten dürfen? Die aller Voraussicht nach nicht einmal mehr im überlieferten Ritus begraben werden dürfen?
Auf der geistlichen Ebene wird vom Distriktsoberen zum Lebendigen Rosenkranz aufgerufen. Das ist konkreter als die vorgenannte Antwort.
Beobachter sprechen davon, daß es in den kommenden Monaten, noch in diesem Jahr und in den ersten Monaten des nächsten Jahres, zu weiteren Paukenschlägen durch Bischöfe und durch Rom kommen dürfte, aber auch zu Reaktionen darauf.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Juventus-traditionis.com/Youtube (Screenshots)