(New York) 60 Bischöfe haben dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz der USA einen Brief geschrieben und dazu aufgefordert, auf ein Kommunionverbot für Abtreibungspolitiker zu verzichten. Die „McCarrick-Partei“ unter den Bischöfen mobilisiert, so der Vatikanist Marco Tosatti.
Seit der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten steht die Frage, wie mit Abtreibungspolitikern umzugehen ist, auf der Tagesordnung der US-Bischofskonferenz ganz oben. Der Vorsitzende, Erzbischof José Horacio Gómez von Los Angeles, setzte noch im November 2020 eine Kommission ein, um die Frage zu studieren und für die Bischofskonferenz eine Entscheidungsgrundlage für eine Klärung vorzubereiten. Dagegen regte sich bald der Widerstand progressiver Bischöfe, die Bidens Demokratischer Partei nahestehen. Diese Gruppe wird von drei Kardinälen angeführt, die von Papst Franziskus kreiert und auf wichtige Erzbischofsstühle berufen wurden: Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, Kardinal Joseph William Tobin, Erzbischof von Newark, und Kardinal Wilton Gregory, Erzbischof von Washington.
Progressive Bischöfe kontrollierten die US-Bischofskonferenz in den 70er Jahren und bis tief in die 80er Jahre hinein. Dann begann sich das Blatt zu wenden. Unter Benedikt XVI. schließlich schienen sie dem Verschwinden nahe. Sein unerwarteter Amtsverzicht bewahrte sie davor. Papst Franziskus baut sie seither wieder auf.
Die Bischöfe einer progressiven Agenda stehen nicht nur Biden nahe, sondern auch Santa Marta. Diese beiden Aspekte stehen in einem direkten Zusammenhang. Der Vatikanist Marco Tosatti spricht zudem von der „McCarrick-Partei“, um das Gesamtbild abzurunden.
Bischöfe dieser Fraktion unterstützten nach Bidens Vereidigung die Homo-Agenda des neuen Präsidenten. Noch befinden sie sich in der Minderheit. Allerdings ernannte Franziskus allein in den vergangenen sechs Monaten 16 neue Bischöfe.
60 US-Bischöfe haben nun ein Schreiben an Erzbischof Gómez gerichtet und ihn aufgefordert, auf der bevorstehenden Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz die Frage des Kommunionverbots für Abtreibungspolitiker, zu denen in erster Linie US-Präsident Joe Biden und die Vorsitzende des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi gehören, nicht zum Thema zu machen. Unter den Unterzeichnern befinden sich nicht nur bekannte Progressive wie die Kardinäle Cupich und Gregory. Auch andere Bischöfe wie Kardinal Sean O’Malley scheinen die Konfrontation mit der derzeitigen US-Führung meiden zu wollen. Das gilt umso mehr, als die päpstlichen Sympathien für die neue Linksregierung bekannt sind. Kardinal O’Malley ist Vorsitzender der Päpstlichen Kinderschutzkommission und Vertreter Nordamerikas im derzeit siebenköpfigen Kardinalsrat, der Franziskus berät. Diese Positionen machen es für ihn offenbar zum persönlichen Problem, sich gegen den Wunsch des Papstes zu stellen.
Die USA gliedern sich in 196 Diözesen mit einer Bischofskonferenz, die 274 Mitglieder zählt.
Der demontierte Konsens
Der Brief der 60 erfolgte vor dem Hintergrund eines Schreibens der Glaubenskongregation vom 7. Mai. Kardinalpräfekt Luis Ladaria SJ übermittelte Erzbischof Gómez „Hinweise“, wie die Bischofskonferenz bei der Entscheidungsfindung in der Frage der Abtreibungspolitiker vorgehen solle. Im Namen des Papstes betonte Ladaria, daß die Bischöfe eine Konsensentscheidung treffen sollten – und zwar nur eine Konsensentscheidung. Damit wurde eine kaum zu überwindende Hürde errichtet. Nancy Pelosi zeigte sich entsprechend zufrieden, während Erzbischof Salvatore Cordileone von San Francisco twitterte: „Ich zittere bei dem Gedanken“.
Mit dem Schreiben gegen ein Kommunionverbot haben die 60 Unterzeichner drei Wochen vor Beginn der Frühjahrsvollversammlung deponiert, daß dieser Konsens nicht möglich ist. Die Frühjahrsvollversammlung wird vom 16. bis 18. Juni stattfinden.
Laut der katholischen Internetseite The Pillar habe Kardinal Cupich in Rom sogar angeregt, das vatikanische Staatssekretariat solle der US-Bischofskonferenz die Behandlung der Frage untersagen, wie es bereits im November 2018 geschehen ist, als die Bischofskonferenz mit einem klaren Vorgehen auf den McCarrick-Skandal reagieren wollte. Die geplanten Regeln schreckten andere Bischöfe der „McCarrick-Partei“ auf, die in Rom intervenierten und bei Papst Franziskus Gehör fanden. Unter dem Vorwand, der Papst plane ohnehin für Februar 2019 einen Anti-Mißbrauchs-Gipfel, wurde der Bischofskonferenz vom Staatssekretariat die Behandlung des Tagesordnungspunktes untersagt. Für die Bischöfe bedeutete der päpstliche Maulkorberlaß einen schweren Ansehensverlust in den Augen der US-Katholiken und der US-amerikanischen Öffentlichkeit, die Antworten forderte. Beim Anti-Mißbrauchsgipfel im Vatikan wurde dann das eigentliche Hauptproblem, der sexuelle Mißbrauch durch homosexuelle Kleriker, nicht etwa angegangen, sondern ausgeklammert. Die festgelegten Regeln blieben zudem hinter jenen zurück, die von der Führung der US-Bischofskonferenz vorgesehen waren.
Eine zweite Intervention Roms fand im vergangenen Januar statt. Zur Angelobung Bidens wollte Erzbischof Gómez im Namen der Bischofskonferenz eine kritische Stellungnahme abgegeben und den neuen Präsidenten ermahnen, seine Abtreibungshaltung aufzugeben. Das vatikanische Staatssekretariat ordnete Erzbischof Gómez an, auch in diesem Fall auf Wunsch von Kardinal Cupich, seine Erklärung zurückzuhalten. Am Tag der Angelobung gab dann Papst Franziskus eine Stellungnahme ab, die Biden-freundlicher war. Erst danach durfte Gómez seine Erklärung veröffentlichen, die durch jene des Papstes nicht nur neutralisiert war, sondern auch weniger Beachtung fand.
Mit dem Bekanntwerden des Ladaria-Schreibens zeichnete sich ab, daß US-Präsident Joe Biden trotz seiner Abtreibungsagenda aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Hilfe Roms auch weiterhin die Kommunion empfangen wird können. Mit dem Schreiben der 60 Bischöfe haben Biden, Pelosi und andere Abtreibungspolitiker bereits Wochen vor Beginn der Vollversammlung der Bischöfe vorerst nicht mehr viel zu befürchten. Die Bischofskonferenz tagt nur alle halben Jahre. Wird die Frage nicht im Juni behandelt, erscheint es unwahrscheinlich, daß sie in Bidens-Amtszeit bis Januar 2025 noch behandelt wird. Zudem: Neben den derzeit vier vakanten Bischofsstühlen kann Papst Franziskus, so er will, allein in den nächsten zwölf Monaten weitere 27 Bischöfe ernennen.
Die USA sind für Papst Franziskus aus kirchlichen und politischen Gründen ein Schlüsselland.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/VaticanMedia (Screenshots)
Man sollte sich durch die Zahl „60 US-Bischöfe“ nicht zu sehr beeindrucken lassen. Die USA haben 176 römisch-katholische territoriale Diözesen, dazu kommen andere Teilkirchen (Militär u. ä.) und 18 Diözesen von katholischen Ostkirchen. Die USA haben 290 aktive katholische Bischöfe.
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte 2019 gerade mal 67 Mitglieder aus 27 deutschen Diözesen.
Politikern, die „eine generelle Freigabe“ der Abtreibung befürworten, die Hl. Eucharistie zu geben, ist meines Erachtens ein absolutes Sakrileg.
Wenn „sogenannte“ Bischöfe meinen, dass es ein Unrecht wäre, einem solchen Politiker die Hl. Eucharistie vorzuenthalten, dann kann ich daraus nur schließen, dass sich besagte „Herren“ innerlich und äußerlich bereits von der Botschaft Jesu verabschiedet haben. Denn Freistellung des Lebensrechtes von ungeborenen Kindern, was einer Förderung von Tötung ungeborener Kinder gleichkommt, ohne dass eine medizinische Indikation dafür gegeben ist, das disqualifiziert m.E. vom würdigen Empfang der Hl. Eucharistie.