Erzbischof Cordileone: „Ich zittere bei dem Gedanken“

Und wie steht es mit Santa Marta?


Mit einem Tweet reagierte Erzbischof Cordileone auf das Schreiben der römischen Glaubenskongregation, mit der ein Kommunionverbot für US-Präsident Biden auf Jahre versenkt werden soll.
Mit einem Tweet reagierte Erzbischof Cordileone auf das Schreiben der römischen Glaubenskongregation, mit der ein Kommunionverbot für US-Präsident Biden auf Jahre versenkt werden soll.

(Washing­ton) Am Tag, an dem Rom mit einem Schrei­ben des Glau­bens­prä­fek­ten Kar­di­nal Luis Lada­ria SJ bei der US-Bischofs­kon­fe­renz gegen ein Kom­mu­ni­on­ver­bot für Abtrei­bungs­po­li­ti­ker inter­ve­nier­te, ver­öf­fent­lich­te Erz­bi­schof Sal­va­to­re Cor­di­leo­ne ein bri­san­tes Tweet.

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Das Schrei­ben von Kar­di­nal Lada­ria datiert vom 11. Mai. Eben­falls gestern schrieb Erz­bi­schof Cor­di­leo­ne von San Fran­cis­co auf Twitter:

„Ich spre­che für mich selbst … Ich zit­te­re bei dem Gedan­ken, daß, wenn ich die Katho­li­ken unter mei­ner Seel­sor­ge, die die Abtrei­bung unter­stüt­zen, nicht offen her­aus­for­de­re, sowohl sie als auch ich, wir alle uns vor Gott für das unschul­di­ge Blut ver­ant­wor­ten müssen.“

Der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti kom­men­tier­te das Tweet mit den Worten:

„Mein Ein­druck ist, daß die­ses am 11. Mai gepo­ste­te Tweet, falls sie es zufäl­lig lesen soll­ten, jemand ganz ande­ren, jemand, der dem hei­li­gen Fran­zis­kus fern­steht, zit­tern las­sen müß­te, in San­ta Mar­ta und an der Piaz­za del Sant’Uffizio.“

Die Anspie­lung auf den hei­li­gen Fran­zis­kus und San­ta Mar­ta ist offen­kun­dig. An der Piaz­za del San­t’Uf­fi­zio befin­det sich der Amts­sitz von Kar­di­nal Lada­ria und der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, des ehe­ma­li­gen Hei­li­gen Offi­zi­ums. Das Schrei­ben von Kar­di­nal Lada­ria wäre ohne Auf­trag und Ein­wil­li­gung von Papst Fran­zis­kus so nicht zustan­de gekommen.

Ange­sichts des bei­spiel­lo­sen Angriffs des „from­men Katho­li­ken“ Joe Biden gegen das Lebens­recht der unge­bo­re­nen Kin­der und gegen die Gewis­sens­frei­heit, so Tosat­ti, waren „der Jesui­ten­papst und der Jesui­ten­prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on nur imstan­de ein Pila­tus-Doku­ment her­vor­zu­brin­gen, das im wesent­li­chen die ele­men­tar­sten Grund­sät­ze der Kir­che verleugnet“.

Der Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che ist in den drei Para­gra­phen 2270–2272 ziem­lich ein­deu­tig, was die Abtrei­bung und ihre Unter­stüt­zung betrifft:

2270 Das mensch­li­che Leben ist vom Augen­blick der Emp­fäng­nis an abso­lut zu ach­ten und zu schüt­zen. Schon im ersten Augen­blick sei­nes Daseins sind dem mensch­li­chen Wesen die Rech­te der Per­son zuzu­er­ken­nen, dar­un­ter das unver­letz­li­che Recht jedes unschul­di­gen Wesens auf das Leben [Vgl. DnV 1,1.]. „Noch ehe ich dich im Mut­ter­leib form­te, habe ich dich aus­er­se­hen, noch ehe du aus dem Mut­ter­schoß her­vor­kamst, habe ich dich gehei­ligt“ (Jer 1,5) [Vgl. Ijob 10,812; Ps 22,10–11.]. „Als ich geformt wur­de im Dun­keln, kunst­voll gewirkt in den Tie­fen der Erde, waren mei­ne Glie­der dir nicht ver­bor­gen“ (Ps 139,15).

2271 Seit dem ersten Jahr­hun­dert hat die Kir­che es für mora­lisch ver­werf­lich erklärt, eine Abtrei­bung her­bei­zu­füh­ren. Die­se Leh­re hat sich nicht geän­dert und ist unver­än­der­lich. Eine direk­te, das heißt eine als Ziel oder Mit­tel gewoll­te, Abtrei­bung stellt ein schwe­res Ver­ge­hen gegen das sitt­li­che Gesetz dar:
„Du sollst … nicht abtrei­ben noch ein Neu­ge­bo­re­nes töten“ (Dida­ché 2,2) [Vgl. Bar­na­bas­brief 19,5; Dio­gnet 5,5; Ter­tul­li­an, apol. 9].
„Gott, der Herr des Lebens, hat näm­lich den Men­schen die hohe Auf­ga­be der Erhal­tung des Lebens über­tra­gen, die auf eine men­schen­wür­di­ge Wei­se erfüllt wer­den muß. Das Leben ist daher von der Emp­fäng­nis an mit höch­ster Sorg­falt zu schüt­zen. Abtrei­bung und Tötung des Kin­des sind ver­ab­scheu­ens­wür­di­ge Ver­bre­chen“ (GS 51,3).

2272 Die for­mel­le Mit­wir­kung an einer Abtrei­bung ist ein schwe­res Ver­ge­hen. Die Kir­che ahn­det die­ses Ver­ge­hen gegen das mensch­li­che Leben mit der Kir­chen­stra­fe der Exkom­mu­ni­ka­ti­on. „Wer eine Abtrei­bung vor­nimmt, zieht sich mit erfolg­ter Aus­füh­rung die Tat­stra­fe der Exkom­mu­ni­ka­ti­on zu“ (CIC, can. 1398), „so daß sie von selbst durch Bege­hen der Straf­tat ein­tritt“ 1463 (CIC, can. 1314) unter den im Recht vor­ge­se­he­nen Bedin­gun­gen [Vgl. CIC, cann. 1323–1324.]. Die Kir­che will dadurch die Barm­her­zig­keit nicht ein­engen; sie zeigt aber mit Nach­druck die Schwe­re des began­ge­nen Ver­bre­chens und den nicht wie­der gut­zu­ma­chen­den Scha­den auf, der dem unschul­dig getö­te­ten Kind, sei­nen Eltern und der gan­zen Gesell­schaft ange­tan wird.

Zahl­rei­che US-Bischö­fe, dar­un­ter Erz­bi­schof Cor­di­leo­ne von San Fran­cis­co, haben erkannt, daß es ein ern­stes Pro­blem ist, wenn ein katho­li­scher US-Prä­si­dent sich einer­seits als „from­mer Katho­lik“ prä­sen­tiert, aber ande­rer­seits mit gro­ßem Nach­druck die Abtrei­bungs­agen­da vor­an­treibt. Sie dis­ku­tie­ren des­halb ein Kom­mu­ni­on­ver­bot für Biden und ande­re Abtrei­bungs­po­li­ti­ker, weil die­se durch ihre Poli­tik die Gemein­schaft der Kir­che ver­las­sen haben. Erz­bi­schof Cor­di­leo­ne leg­te dazu einen Hir­ten­brief vor. Eine Min­der­heit von Biden-freund­li­chen Bischö­fen will das ver­hin­dern. Im Gegen­satz zu ande­ren Kir­chen­ver­tre­tern, die teils Jah­re ver­ge­bens dar­auf war­ten, von Papst Fran­zis­kus emp­fan­gen zu wer­den, fand die­se Min­der­heit schnel­len Zugang zu San­ta Mar­ta. Das Schrei­ben von Kar­di­nal Lada­ria an den Vor­sit­zen­den der US-Bischofs­kon­fe­renz ist das Ergeb­nis davon.

Ric­car­do Cascio­li, der Chef­re­dak­teur der Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na, faß­te den Inhalt des Schrei­bens in drei Punk­ten zusammen:

  1. Jede „natio­na­le Poli­tik zum wür­di­gen Kom­mu­nion­emp­fang“ bedarf der Ein­hel­lig­keit der Bischöfe.
  2. Sie darf in die­sem Bereich weder die Auto­ri­tät eines Bischofs usur­pie­ren noch die Vor­rech­te des Hei­li­gen Stuhls präjudizieren.
  3. Ihr muß ein Dia­log in zwei Pha­sen vor­aus­ge­hen, zuerst zwi­schen den Bischö­fen und dann zwi­schen den Bischö­fen und den katho­li­schen Politikern.

Glau­bens­prä­fekt Lada­ria mahn­te zudem den Kon­sens aller Bischö­fe an und for­der­te dazu auf, die Men­schen nicht glau­ben zu machen, daß Abtrei­bung und Eutha­na­sie die ein­zi­gen wich­ti­gen Ele­men­te sei­en, die ein katho­li­scher Poli­ti­ker bei sei­nen öffent­li­chen Akti­vi­tä­ten zu beach­ten habe.

Vor die­sem Inhalt der römi­schen Inter­ven­ti­on ist das Tweet von Erz­bi­schof Cor­di­leo­ne zu lesen – auch zwi­schen den Zei­len. Mar­co Tosat­ti über­nahm die­se Aufgabe:

„Es ist nicht schwer, hin­ter den Zei­len des vati­ka­ni­schen Doku­ments die Händ­chen zu erken­nen, die sich dafür in Bewe­gung gesetzt haben; und das sind – sieh einer an – immer jene der poli­ti­schen Rie­ge von McCar­ri­ck, Wuerl, Cupich, Tobin und Far­rell; alles Anhän­ger und Freun­de der Demo­kra­ten, die ängst­lich besorgt sind, jene Ban­de nicht zu ärgern, die zuerst Clin­ton (Freund von McCar­ri­ck), dann Oba­ma, dann Frau Clin­ton und jetzt Joe Biden her­vor­ge­bracht hat. Und sie hüten sich davor, die Heu­che­lei eines ‚from­men‘ Katho­li­ken auf­zu­decken, der von Plan­ned Paren­thood, dem größ­ten Abtrei­bungs­kon­zern der Welt, unter­stützt wird und ein akti­ver För­de­rer der Abtrei­bungs­po­li­tik ist.“

Tosat­ti wird noch deutlicher:

„Der Kate­chis­mus spricht von Exkom­mu­ni­ka­ti­on, doch Lada­ria & Co. for­dern Dialog!“

Ric­car­do Cascio­li, der Chef­re­dak­teur der Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na, brach­te im Zusam­men­hang mit dem jüng­sten Schrei­ben der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on an die US-Bischö­fe Pila­tus ins Spiel. Das Schrei­ben des Glau­bens­prä­fek­ten könn­te von Pila­tus stam­men, so Cascioli.

Tosat­ti kom­men noch „ande­re Gestal­ten der Pas­si­ons­ge­schich­te in den Sinn“, deren Han­deln weni­ger gerecht­fer­tigt sei und die „akti­ver“ han­del­ten als der römi­sche Staatsvertreter.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Twit­ter (Screen­shot)

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