(Rom) Am Dienstag wurde der Entwurf für den Schlußbericht der Jugendsynode vorgelegt, zumindest den Synodalen. Für die Öffentlichkeit liegt er noch unter Verschluß. In diesen Tagen haben die verschiedenen Sprachgruppen, in denen die Synodenväter tagen, die Möglichkeit Änderungsvorschläge einzubringen. Die Endabstimmung, nach Paragraphen getrennt, ist für Samstag vorgesehen.
Kritische Stimmen warnten unter Verweis auf zahlreiche Hinweise, daß die Jugendsynode ein Vorwand sein könnte, um der Kirche eine neue Haltung zur Homosexualität zu verordnen. Mit anderen Worten: Die Synode diene homophilen Kirchenkreisen, aus einer himmelschreienden Todsünde einen anerkannten „Lebensstil“ zu machen.
Am Dienstag ließ Kardinal Luis Antonio Tagle, ein Vertrauter des Papstes, gegenüber der Presse durchblicken, daß „die Annäherung der Kirche an die LGBT-Welt auf der Synode präsent“ sei.
Gelenkte Synoden
Zu einem anderen Schluß gelangte inzwischen der Vatikanist Sandro Magister, der Doyen der Zunft. Die beiden Familiensynoden von 2014 und 2015 seien für viele Katholiken zum abschreckenden Beispiel geworden, weshalb sie Befürchtungen hegen, sobald Franziskus eine neue Synode einberuft. Die Familiensynoden, so Magister, seien „die am meisten gelenkten“ Kirchenversammlungen der Geschichte gewesen. Kurzum: Von der Synodenregie bis zum gewieften Griff in die Trickkiste sei ein breites Programm an Manipulationen angewandt worden. Magister geht nicht soweit, Papst Franziskus persönlich dafür verantwortlich zu machen. Er erwähnt jedoch das Schreiben der dreizehn Kardinäle an Papst Franziskus, die zum Beginn der zweiten Familiensynode gegen eine Manipulation der Synode protestierten. Franziskus und sein Umfeld reagierten empört und sprachen von einer „Hermeneutik der Verschwörung“.
Magister läßt keinen Zweifel daran, daß das Ergebnis der Synode, niedergelegt im umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia, bereits vor Synodenbeginn feststand, und daß Franziskus dieses Ergebnis definiert und entschieden hatte.
Daß es dennoch zu Manipulationen kam, gab der Vorsitzende des Redaktionskomitees für das Schlußdokument, Erzbischof Bruno Forte, unbeschwert zu. Msgr. Forte wurde von Franziskus auch für die Jugendsynode mit demselben Amt betraut. Wenig verwunderlich, daß Beobachter ähnliche Manöver befürchten.
Das Thema der Familiensynode, das stand bereits von Anfang an fest, war die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommission, oder noch genauer aller Personen, die in einer irregulären Beziehung leben.
Das Zweitthema war bereits damals die Anerkennung der Homosexualität, das jedoch wegen der zu großen Widerstände der Synodalen fallengelassen wurde, um nicht das Hauptthema zu gefährden.
Jugendsynode als Bühne für die Homo-Agenda
Die Homosexualität war nun der rote Faden während der Vorbereitungen der Jugendsynode. Die Signale in diese Richtung waren zahlreich. Kritiker sprechen davon, daß Papst Franziskus das Instrument der Bischofssynode mißbrauche, um durch die Hintertür eine andere Agenda durchzusetzen, nämlich die kirchliche Haltung zu „Reizthemen“ für den Mainstream einem „aggiornamento“ zu unterziehen. Anders ausgedrückt: Die kirchliche Haltung der Welt anzupassen.
Die Jugendsynode, so Magister, die am kommenden 28. Oktober abgeschlossen wird, scheint aber „die friedlichste Synode aller Zeiten“ zu werden.
Sie sei so friedlich, daß selbst das „explosivste Argument“, das zur Diskussion gestellt wurde, obwohl das offiziell bisher nicht deutlich zugegeben wurde, nämlich die Haltung zur Homosexualität, „faktisch entschärft“ wurde.
Ganz anders als unter seinen Vorgängern, verordnet Franziskus den von ihm einberufenen Synoden eine Geheimhaltungspflicht. Die Informationen, die nach außen dringen, werden von seinen Gefolgsleuten kontrolliert. Unliebsame Meinungen, etwa die Verteidigung der überlieferten Ehelehre während der Familiensynoden, existierten für die Öffentlichkeit nicht. Die Meinung der Synodalen, die das Ehesakrament und die traditionelle Kommunionpraxis verteidigten, kam gegenüber der Öffentlichkeit einfach nicht zu Wort.
Abgestecktes Synodenprogramm
Warum also sollte Franziskus bei einer so kontrollierten Synodenregie plötzlich bei der Jugendsynode die Zielsetzung ändern?
Dazu Magister:
„Folgt man dem, was öffentlich bekannt wurde, gab es keine Wortmeldung, die sich für eine Änderung der katholischen Lehre zur Homosexualität aussprach.“
Das erstaunt, denn im Vorbereitungsdokument, dem Instrumentum laboris, das Grundlage der Synodenarbeit ist, werden die Synodenväter im Paragraph 197 aufgefordert, über die Homosexualität zu diskutieren. Die Vorgabe gebraucht erstmals in einem kirchlichen Dokument die aus dem Homo-Milieu stammende Selbstbezeichnung als LGBT. Dagegen erhob sich einiger energischer Protest, darunter der von Erzbischof Charles Chaput von Philadelphia, der von den US-Bischöfen als Synodale entsandt wurde. Chaput hatte nicht nur die Anbiederung in der Sprache kritisiert, sondern Papst Franziskus wegen des (homo-)sexuellen Mißbrauchsskandals in der Kirche aufgefordert, die Jugendsynode abzusagen und auf einen unbestimmten Zeitpunkt zu vertagen.
Das Vorbereitungsdokument konnte nur mit Zustimmung von Franziskus zur Arbeitsgrundlage der Synode werden. Zudem kam Franziskus der Aufforderung von Erzbischof Chaput nicht nach. Es sah alles danach aus, daß Franziskus den abgesteckten Fahrplan in Sachen Homosexualität durchziehen wollte.
„Doch dann nichts. Als es in der dritten Synodenwoche zur Diskussion des genannten Paragraphen kam, wagten sich nicht einmal jene Synodenväter aus der Deckung, deren reformerische Haltung bekannt war.“
Unter den 14 Circuli minores wurde vom Anglicus B, der zweiten englischsprachigen Synodalen-Gruppe, der gewagteste Vorstoß erwartet, da sie von Kardinal Blase Cupich geleitet wird. Cupich gilt als „der Mann“ des Papstes in der US-Bischofskonferenz. Papst Franziskus hatte den progressiven Außenseiter auf den renommiertesten Bischofsstuhl der USA berufen und zum Kardinal erhoben. Cupich wird dem Kreis um McCarrick zugerchnet, dem er noch im Vorjahr einen Preis verliehen hatte. Bei dieser Gelegenheit bezeichnete er McCarrick als „Vorbild“ für einen Bischof. Cupich war in der Vergangenheit durch homophile Äußerungen aufgefallen. Beobachter nahmen an, daß Franziskus ihm den eigentlichen Vorstoß in Sachen Homosexualität anvertrauen werde.
Kardinal Cupich ließ staunen
Cupich erstaunte auf der Synode jedoch mit einer Aussage, in der er in Sachen Homosexualität ausdrücklich auf die im Katechismus enthaltene Lehre verwies.
Am 20. Oktober faßte Cupich im Zusammenhang mit Jugendlichen, „die eine Anziehung für dasselbe Geschlecht empfinden“, die Position des Anglicus B zusammen:
„Wir schlagen für dieses Thema eine getrennte Sektion vor, deren Hauptziel die pastorale Betreuung dieser Jugendlichen ist, die den Linien der betreffenden Sektion des Katechismus der Katholischen Kirche folgt.“
Die Paragraphen 2357–2359 des Katechismus sprechen davon, Menschen mit homosexuellen Neigungen „mit Respekt, Mitgefühl und Takt zu begegnen“. Der Katechismus stellt aber auch klar, daß Homosexualität eine „schlimme Abirrung“ ist. Homosexuelle Handlungen „verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit.“ Die sind „in sich nicht in Ordnung“. Die deutsche Übersetzung wirkt an dieser Stelle schwächer als beispielsweise die italienische die Homosexualität an dieser Stelle als „objektiv ungeordnet“ bezeichnet.
Und vor allem:
„Sie sind in keinem Fall zu billigen“ (KKK, 2357)
Der Katechismus fordert daher Menschen mit dieser Neigung auf, keusch zu leben:
„Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen“ (KKK, 2359).
Franziskus selbst scheint die Handbremse gezogen zu haben
Unter diesen Vorzeichen, so Magister, sei es „unwahrscheinlich“, daß das seit Dienstag diskutierte Schlußdokument „eine Wende beim Thema Homosexualität“ bringen werde.
Da nicht zuletzt die dem Papst besonders nahestehenden Synodalen die Handbremse gezogen haben, vermutet Magister, daß dies nicht „ein Mißerfolg der päpstlichen Erwartungen ist, sondern vielmehr das Ergebnis einer Entscheidung“ des Papstes.
„Wahrscheinlich wurde diese Entscheidung angesichts des dramatischen Augenblicks getroffen, den die katholische Kirche und selbst das Papsttum auf der Weltbühne inmitten einer Katastrophe durchmacht, die ihre Spitze genau in den ungeordneten homosexuellen Praktiken zahlreicher Kleriker hat.“
Laut den Statuten der Synode, greift ein Papst nicht in die Abfassung des Schlußberichts ein, das ihm vielmehr von den Synodenväter zu seiner Bewertung dargeboten wird.
„Diesmal brach Franziskus jedoch damit, um so nahe als möglich die Formulierung des Textes mitverfolgen zu können. Der Osservatore Romano, der am Nachmittag des 23. Oktober in Druck ging, enthüllte, daß an den letzten Redaktionsarbeiten am Dokument „am Montag abend auch Papst Franziskus persönlich teilgenommen hat“.
Die Aussagen der papstnahen Kardinäle Tagle und Marx
Magister interpretiert die Aussagen von Kardinal Tagle, „einem führenden Vertreter der bergoglianischen Richtung“, als Hinweis, daß die kritisierte Bezeichnung „LGBT“ im Schlußbericht nicht mehr enthalten sein werde. Eine vielleicht etwas gewagte Auslegung. Tagle sprach zwar nicht von „LGBT-Jugendlichen“ wie das Vorbereitungsdokument, oder gar von „LGBT-Katholiken“, wie es unter homophilen Kirchenkreisen besonders beliebt ist, aber immerhin von einer „LGBT-Welt“. Die Bezeichnung gebrauchte er also sehr wohl. Der philippinische Kardinal betonte zugleich, jedoch nicht sagen zu können, in welcher Form die Homosexualität im Schlußdokument enthalten sein werde.
Zur Frage, ob Homosexuelle Priester werden können, verteidigte Tagle die kirchliche Praxis, darin einen Hinderungsgrund für die Aufnahme in ein Priesterseminar und besonders für die Priesterweihe zu sehen, wenn er dies auch mit sehr zurückhaltenden und schwachen Worten tat.
Magister nennt als weiteren Beleg für seine Annahme, daß Papst Franziskus zum Thema Homosexualität zurückrudert, eine Aussage von Kardinal Reinhard Marx vom Mittwoch: „Die Frage der Homosexualität gehörte nie zu den Hauptargumenten der Synode“. Immerhin erklärte Marx, daß die Bezeichnung LGBT mit Sicherheit nicht Eingang in das Schlußdokument finden werde.
„Wir dürfen uns weder von ideologischem Druck bedingen lassen noch Formulierungen verwenden, die instrumentalisiert werden könnten.“
Gegen den „ideologischen Druck und die Gefahr einer Instrumentalisierung“ wehrt sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz zu anderen zeitgeistigen Themen nicht immer mit einer solchen Deutlichkeit.
Erst in wenigen Tagen wird mit der Veröffentlichungen des abgestimmten Schlußberichts feststehen, ob Papst Franziskus nach dem McCarrick-Skandal, dem Pennsylvania Report und dem Viganò-Dossier die geplante Homo-Agenda wirklich gestoppt hat. Vorerst zumindest.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)