Zweite Verlängerung des Geheimabkommens China–Vatikan unter Dach und Fach

Verbesserungen sind nicht spürbar


Kirche im kommunistischen China
Kirche im kommunistischen China

(Peking) Obwohl es am 14. Sep­tem­ber in Nur-Sul­tan zu kei­ner Begeg­nung zwi­schen Papst Fran­zis­kus und Chi­nas Staats­prä­si­den­ten Xi Jin­ping kom­men wird, scheint eine zwei­te Ver­län­ge­rung des pro­vi­so­ri­schen Geheim­ab­kom­mens zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Volks­re­pu­blik Chi­na unter Dach und Fach zu sein.

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Das Geheim­ab­kom­men, das Ende Sep­tem­ber 2018 unter­zeich­net wur­de, regelt, soweit bekannt, die Bischofs­er­nen­nun­gen für Chi­na. 2020 wur­de es für wei­te­re zwei Jah­re ver­län­gert. Eine zwei­te Ver­län­ge­rung, vom Vati­kan sehr gewünscht, scheint nun sicher zu sein.

Der Text des Geheim­ab­kom­mens soll jedoch auch wei­ter­hin nicht ver­öf­fent­licht wer­den. Über die Details, wie die Bischofs­er­nen­nun­gen erfol­gen, muß auch wei­ter­hin spe­ku­liert wer­den. Die Ver­län­ge­run­gen bestä­ti­gen, daß die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber in Peking einen Nut­zen dar­in sehen.

Laut Indis­kre­tio­nen wur­de die Dau­er des Abkom­mens im Zuge einer Begeg­nung von Dele­ga­tio­nen bei­der Sei­ten, die ver­gan­ge­ne Woche statt­fand, bis Ende Sep­tem­ber 2024 ver­län­gert. Eine offi­zi­el­le Bestä­ti­gung steht noch aus, doch scheint die Ange­le­gen­heit zur Zufrie­den­heit des Hei­li­gen Stuhls beim Besuch der vati­ka­ni­schen Ver­tre­ter in Peking erle­digt wor­den zu sein.

Die jüng­sten Äuße­run­gen von Papst Fran­zis­kus, den höch­sten Ver­tre­tern der päpst­li­chen Diplo­ma­tie (Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin, Außen­mi­ni­ster Gal­lag­her) sowie dem Spre­cher des chi­ne­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums bestä­ti­gen die Indis­kre­tio­nen: Das Geheim­ab­kom­men sei „dank der Bemü­hun­gen bei­der Par­tei­en erfolg­reich umge­setzt worden“.

Was unter „erfolg­reich“ zu ver­ste­hen ist, dar­über schei­den sich in der Kir­che aller­dings die Gei­ster. In den zurück­lie­gen­den vier Jah­ren wur­den sechs Bischö­fe auf der Grund­la­ge des Abkom­mens ernannt. Ohne auf die­se im Detail ein­zu­ge­hen, zeigt sich, daß die Beset­zung der vakan­ten Bischofs­stüh­le trotz des Abkom­mens nur schlep­pend vor­an­kommt. Der Hei­li­ge Stuhl erkennt fak­tisch die neu­en vom kom­mu­ni­sti­schen Regime gezo­ge­nen Diö­ze­san­gren­zen an. Selbst nach die­sen sind noch immer 40 Pro­zent der chi­ne­si­schen Diö­ze­sen ohne Bischof.

Wäh­rend Papst Fran­zis­kus 2018 als Vor­be­din­gung für das Geheim­ab­kom­men die vom Regime ein­ge­setz­ten, schis­ma­ti­schen Bischö­fe aner­kann­te, fehlt nach wie vor die Aner­ken­nung der recht­mä­ßi­gen Unter­grund­bi­schö­fe durch das Regime. Die­se Ein­sei­tig­keit wird von Kri­ti­kern des Abkom­mens, allen vor­an Kar­di­nal Joseph Zen, ange­pran­gert. Der 90jährige Kar­di­nal, seit Jah­ren die graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che, wird vom kom­mu­ni­sti­schen Regime schwer unter Druck gesetzt. Im ver­gan­ge­nen Mai wur­de er sogar ver­haf­tet. Durch Straf­ver­fol­gung wegen sei­ner Unter­stüt­zung der Demo­kra­tie­be­we­gung in Hong­kong soll der Kar­di­nal mund­tot gemacht wer­den. Der Hei­li­ge Stuhl wür­de dadurch von einem kom­pro­miß­lo­sen Kri­ti­ker „befreit“. Ab 19. Sep­tem­ber wird Kar­di­nal Zen der Pro­zeß gemacht. Das Ver­fah­ren ist auf meh­re­re Tage bis zum 23. Sep­tem­ber anbe­raumt. Sei­ne Ver­ur­tei­lung wird nicht aus­ge­schlos­sen und wür­de den Hei­li­gen Stuhl unter Druck set­zen, sei­ne Hal­tung gegen­über Peking doch noch zu über­den­ken. Das wäre ein her­ber Rück­schlag für die Annä­he­rung, die Papst Fran­zis­kus betreibt. Dabei hat­te das vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­ta­ri­at soeben erst die jüng­sten Ernen­nun­gen an der Spit­ze der regi­me­hö­ri­gen Chi­ne­si­schen Katho­li­schen Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung begrüßt. Dabei han­delt es sich um eine vom Regime in den 1950er Jah­ren eta­blier­te schis­ma­ti­sche Kir­che. Durch die Aner­ken­nung ihrer Bischö­fe ver­such­te Fran­zis­kus 2018 das Schis­ma zu überwinden.

Die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber setz­ten Ende August Joseph Li Shan, den Erz­bi­schof von Peking, und Joseph Shen Bin, den Bischof von Hai­men, an die Spit­ze der Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung und des Chi­ne­si­schen Bischofs­rats (des regi­me­hö­ri­gen Pen­dants zur Bischofs­kon­fe­renz). Bei­de Orga­ni­sa­tio­nen sind vom Hei­li­gen Stuhl nicht aner­kannt. Die Bischö­fe Li Shan und Shen Bin wur­den in jener kur­zen Ent­span­nungs­zeit unter Bene­dikt XVI. mit Zustim­mung des Regimes und des Pap­stes ernannt.

Im Umfeld von Fran­zis­kus hat­te man ins­ge­samt gehofft, die Rege­lung der Bischofs­er­nen­nun­gen sei ein erster Schritt, dem wei­te­re fol­gen wür­den, sodaß auch ande­re bren­nen­de Fra­gen einer Klä­rung zuge­führt wer­den könn­ten. Davon ist man nach vier Jah­ren noch immer weit ent­fernt. Fra­gen zu Diö­ze­san­gren­zen, Prie­ster­aus­bil­dung, Ordens­häu­sern und vor allem der Auf­he­bung repres­si­ver Maß­nah­men kamen bis­her nicht ein­mal auf die Tages­ord­nung. Erleich­te­run­gen für die ver­folg­ten Chri­sten sind kei­ne spürbar.

Dis­ku­tiert wur­de ver­gan­ge­ne Woche, laut den Indis­kre­tio­nen, immer­hin der Fort­be­stand der vati­ka­ni­schen Nie­der­las­sung in Hong­kong. Die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber möch­te die­se schlie­ßen. Ob ein sol­cher Schritt abge­wen­det wer­den konn­te, ist nicht bekannt.

Die päpst­li­che Maxi­me lau­tet: Der Dia­log müs­se fort­ge­setzt wer­den, auch wenn kei­ne Ver­bes­se­run­gen spür­bar sei­en. Kar­di­nal Zen wider­sprach ent­schie­den einer sol­chen Hal­tung bereits vor der Unter­zeich­nung des Geheim­ab­kom­mens: Es dür­fe „kei­nen Dia­log um jeden Preis“ geben.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Civil­tà Cat­to­li­ca (Screen­shot)

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