(Rom) Das Pontifikat von Papst Franziskus geht seinem Ende zu, wie am Karfreitag der Vatikanist von Le Figaro, Jean-Marie Guénois, in seinem Artikel „Das Ende der Herrschaft im Vatikan“ schrieb. Guénois ist nicht der einzige, der längst Ausschau nach einem möglichen Nachfolger hält. Auf wen fällt sein Blick?
In seiner Analyse nennt Guénois drei mögliche Pontifikate, darunter das von Kardinal Anders Arborelius, Bischof von Stockholm in Schweden.
Der schwedische öffentlich-rechtliche Fernsehsender SVT Nyheter (Nachrichten) berichtete über die Nennung von Arborelius in der Figaro-Analyse. Versuche von SVT Nyheter den Kardinal in der Sache zu kontaktieren, um eine Reaktion von ihm zu bekommen, blieben allerdings erfolglos.
Agnes Eggertz, die Assistentin von Bischof Arborelius, sagte gegenüber SVT Nyheter, er wolle die Spekulationen von Le Figaro nicht kommentieren: „Es gibt nichts zu kommentieren, der Papst ist am Leben.“
Kardinal Arborelius, der 1949 eher zufällig in der Schweiz geboren wurde, entstammt einer schwedischen Familie von lutherischen Priestern und Künstlern. Sein Vater Lars Arborelius und sein Großvater Rudolf Arborelius waren Architekten. Alle anderen männlichen Vorfahren bis ins 17. Jahrhundert waren lutherische Pastoren. Die Frauen oft Pastorentöchter, so auch noch seine Großmutter Emmy Glantzberg.
Anders Arborelius, der lutherisch aufwuchs, konvertierte im Alter von 20 Jahren zur katholischen Kirche. Er wäre der seit den frühchristlichen Jahrhunderten erste Konvertit auf dem Stuhl Petri und damit Ausdruck eines wachsenden Phänomens, das die Kirche auch in der westlichen Welt erlebt. Mit 21 Jahren trat er bei Landskrona in ein Kloster des Karmelitenordens ein. Er studierte in Lund, Rom und Brügge. 1977 legte er seine Ordensgelübde ab und wurde 1979 zum Priester geweiht. 1998 ernannte Papst Johannes Paul II. den Karmeliten zum Bischof von Stockholm. Das heutige Bistum Stockholm wurde erst 1953 errichtet. Vor der Reformation gehörte das Gebiet zum Bistum Uppsala. Papst Franziskus kreierte Arborelius schließlich 2017, anläßlich der 500-Jahr-Feiern der lutherischen Reformation, die Franziskus im schwedischen Lund beging, zum Kardinal, vielmehr zum ersten Kardinal, den Schweden überhaupt je hatte. Im selben Jahr wurde er zum „Schweden des Jahres“ gekürt, als erster katholischer Kirchenmann überhaupt. Arborelius selbst wertete diese Auszeichnung als Signal, daß die katholische Kirche wieder als Teil der schwedischen Kultur gesehen und anerkannt wird, aus der sie die gesamte Neuzeit hindurch ausgeschlossen worden war.
Die Entwicklung an der Spitze der katholischen Kirche würde mit einem Papst Arborelius eine neue Etappe zurücklegen. In den vergangenen 50 Jahren führte sie in einer ersten Etappe weg von Italien, das 450 Jahre lang ein Monopol auf den Stuhl Petri hatte, dann zu einem Papst aus dem kommunistischen Ostblock, schließlich einen Papst „von den Rändern“. Wird der nächste Schritt ein Papst aus einer Diaspora-Kirche sein?
Guénois schrieb im Le Figaro Magazine über die Nachfolge von Franziskus:
„Unter den möglichen Nachfolgern: Kardinal Anders Arborelius
Sein Name kursiert sowohl in konservativen als auch in progressiven Kreisen. Der bald 75jährige Anders Arborelius ist in erster Linie ein Mann des Gebets, aber auch ein viel beachteter Theologe, der sich in der Ökumene engagiert. Der Schwede, Erzbischof von Stockholm, war nicht immer katholisch. Er wählte diese Religion nach einer Konversion im Alter von 20 Jahren im Jahr 1969, bevor er im Alter von 21 Jahren in den Karmeliterorden eintrat, der von der heiligen Teresa von Avila gegründet wurde und das innere Leben und den geistlichen Kampf fördert. Mit 49 Jahren wurde er von Johannes Paul II. zum Bischof von Stockholm, der Hauptstadt Schwedens, ernannt, eines stark säkularisierten Landes, in dem der Katholizismus eine Minderheit darstellt. Dies verleiht seinem Profil einen starken Trumpf. Er ist wenig geprägt von ideologischen Kämpfen, ob konservativ oder progressiv, die er schon lange hinter sich gelassen hat. Aufgrund seiner Minderheitenposition und ‑kultur betrachtet er die kirchlichen Herausforderungen mit einem neuen Blick, ohne traditionalistische Kräfte gegen andere auszuspielen. Er versucht, eine aktive Evangelisierung im Geist des Karmel neu zu denken, die tief im geistlichen Leben verankert ist, sehr anspruchsvoll und flexibel zugleich, aber lebenswichtig, zu der alle Katholiken ungeachtet ihrer Sensibilitäten aufgerufen sind. Er ist ein Mann des Gebets, aber auch ein Manager, den Papst Franziskus 2020 in den Rat für wirtschaftliche Angelegenheiten der Kirche berufen hat und der durch seine regelmäßigen Besuche in Rom die Zwänge und Feinheiten des Vatikans kennenlernt, mit denen er wenig vertraut ist. Dennoch ist ihm die Internationalität der Kirche nicht fremd, die er seit seiner Bekehrung durch seine Zugehörigkeit zum Karmeliterorden praktiziert. Dieser noch wenig bekannte Kardinal verfügt auch über ein offensichtliches Charisma, das für das päpstliche Amt unerläßlich ist.“
Ein Blick auf die Schlagzeilen, die in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit Kardinal Arborelius stehen, zeigt folgendes Bild:
- „Arborelius: Demokratie gut für die Welt, nicht für die Kirche“ (Vatican News, 28.04.2023)
- „Kardinal Arborelius: Die deutsche Stimme ist nicht die wichtigste“ (Die Tagespost, 03.05.2023)
- „Frauenordination sollte nicht im Mittelpunkt der Synode stehen, sagt schwedischer Kardinal“ (CNA, 15.09.2023)
- „Kardinal Arborelius fordert Ende des Polarisierungstrends“ (Domradio, 27.04.2023)
- „Für Kardinal Arborelius ist die Demokratie für die Kirche ein Irrweg“ (Watson, 06.05.2023)
- „Kardinal Arborelius über Polarisierung beim Synodalen Weg besorgt“ (Katholisch.de, 09.10.2022)
Der Wunsch nach einem ausgleichenden Vermittler, fern der Frontstellungen und der Konfrontationen, könnte nach dem „radikalen“ Pontifikat von Franziskus groß sein und das kommende Konklave beherrschen. Dieser Wunsch ist traditionell vor allem an der Römischen Kurie verankert, hat inzwischen aber wegen der ständigen Unruhe, die Franziskus stiftet, weit größere Teile der Kirche erfaßt.
Im Gegensatz zu seinem Nachbarn, Msgr. Czeslaw Kozon, dem Bischof von Kopenhagen, mit dem zusammen Arborelius in der Nordischen Bischofskonferenz sitzt, ist von ihm nichts über eine Nähe zum überlieferten Ritus bekannt, obwohl dieser gerade im säkularisierten und lutherischen Norden große Strahlkraft hat. 2023 spielte Arborelius die Bedeutung des überlieferten Ritus in Schweden herunter. Es seien nur „ganz wenige“ Schweden, „meist Konvertiten“, die sich für den überlieferten Ritus interessieren würden. Er erteilte einigen Priestern die in Traditionis custodes vorgesehene Erlaubnis zu dessen Zelebration, aber nicht in Pfarrkirchen, da das Motu proprio von Papst Franziskus dies ausschließe. 2007 hatte er das Motu proprio Summorum Pontificum von Benedikt XVI. im Sinne der „verschiedenen Sprachen und Riten“ in der Kirche als Ausdruck der Vielfalt begrüßt und gefördert.
Was bedeutet das? „Für einige mag es nichts bedeuten, aber wenn man einfach auf dem Radar der Päpste auftaucht, obwohl man es vorher nicht war, dann sagt das etwas aus“, schreibt dazu der Blog Secretum meum mihi. Guénois verrät nicht, welcher hochrangige Kirchenmann ihn auf Arborelius aufmerksam machte. Es ist jedenfalls jemand, der den schwedischen Karmeliten und Kardinal ins Gespräch bringen will, was erfolgreich gelungen ist.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)
Ich persönlich fände Msgr. Prof. DDr Rudolf Michael Schmitz vom Institut Christus König und Hohepriester den besten Kandidaten. Er ist weder Bischof noch Kardinal, aber ein wirklich geeigneter tief gläubiger Priester.
Kandidaten für ein Petrusnachfolge gibt es viele. Aber wer sucht den Kandidaten aus? Bei der Papstwahlwird immer wieder von der Wahl und Kraft des Heiligen Geistes gesprochen? Aber bei Durchsicht der Wahlen des 20. Jahrnunderts muss ich daran zweifeln, dass die Wahl auch eine Wahl des Heiligen Geistes war. Dass beispielhaft Kardinal Guiseppe Siri, der in seiner Spititualität erkennbar ein Kandidat des Heiligen Geistes gewesen wäre, nicht gewählt wurde und statt dessen primär politisch denkende Kandidaten, lässt erkennen,dass der Heilige Geist primär den Ausgang der Wahl alleine nicht bestimmt. Es bedarf des Gebetes der katholischen Christenheit zum Heiligen Geist für die Wahl des zukünftigen Nachfolgers Christi. Dann ist es gleichgültig, ob dieser Arborelius oder Erdö heisst oder ob er sogar ein Afrikaner/Asiat ist.