
(Rom) Am vergangenen 11. Juli veröffentlichte der Heilige Stuhl das jüngste Motu proprio Maiorem hac dilectionem von Papst Franziskus über die Hingabe des Lebens (de oblatione vitae). Bedenken über dieses für die gesamte Kirche geltende Gesetz, das bisher kaum öffentliche Beachtung fand, äußerte hingegen der Kirchenhistoriker Roberto de Mattei: Das neue Pantheon der Märtyrer von Papst Franziskus.
Franziskus modifizierte mit dem Motu proprio unter anderem die Novae Leges pro causis sanctorum von 1983. Der dortige Artikel 36 lautet nun wie folgt:
„De Servis Dei, quorum sanctitas vitae adhuc legitimo examini subiecta est, quaelibet sollemnia vel panegyricae orationes in ecclesiis prohibentur. Sed etiam extra ecclesiam abstinendum est ab iis actis quibus fideles induci possint ad falso putandum inquisitionem ab Episcopo factam de Servi Dei vita et virtutibus vel vitae oblatione vel martyrio certitudinem secum ferre futurae eiusdem Servi Dei canonizationis.“
„In den Kirchen ist jegliche Art von Zelebrationen oder Lobreden zu Dienern Gottes verboten, deren Heiligkeit des Lebens noch Gegenstand legitimer Untersuchungen ist. Auch außerhalb der Kirche hat man sich solcher Handlungen zu enthalten, die die Gläubigen veranlassen könnten, fälschlicherweise zu meinen, daß die vom Bischof über das Leben und die Tugenden, das Martyrium oder die Hingabe des Lebens des Dieners Gottes angestellten Untersuchungen die Gewißheit einer künftigen Heiligsprechung des Dieners Gottes bedeuten.“
Eine offizielle deutsche Übersetzung liegt derzeit nicht vor, weshalb die Übersetzung selbst vorgenommen wurde.
Im Nachwort zum Motu proprio von Papst Franziskus heißt es wie bei solchen Rechtsakten üblich:
„Alles aber, was von Uns durch dieses als Motu Proprio erlassene Apostolische Schreiben beschlossen wurde, ist – so bestimmen Wir – ab dem Tag seiner Verlautbarung im Osservatore Romano in allen seinen Teilen zu befolgen, ungeachtet jeder anderen gegenteiligen Anordnung.“
Die Verlautbarung in der Tageszeitung des Papstes erfolgte am selben 11. Juli, seither ist das Motu proprio verbindliches Gesetz der Kirche.
Franziskus und der „Heilige“ Martin Luther
Papst Franziskus bekräftigte berechtigterweise und vernünftigerweise das Verbot, daß in der Kirche – aber auch außerhalb – keine Feiern für Verstorbene stattfinden sollen, selbst wenn diese im Ruf der Heiligkeit gestorben sein sollten, aber das Seligsprechungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Damit soll jeder falsche Eindruck vermieden werden, daß der Entscheidung der zuständigen kirchlichen Stellen vorgegriffen werden soll. Vor allem soll damit auch sondergläubigen Formen einzelner Gruppen und Gemeinschaften in der Kirche vorgebeugt werden. Dabei handelt es sich um eine alte Praxis der Kirche, die von Franziskus um seinen „vierten Weg“ zur Heiligsprechung, die „Hingabe des Lebens“ erweitert wurde. Das Verbot betrifft vor allem Handlungen in der Kirche, „aber auch außerhalb“.
Kritiker äußern ihr Unverständnis, warum dann ausgerechnet Franziskus selbst dieses Verbot mißachtet und das gerade zur Person von Martin Luther. Luther, der Initiator der protestantischen Reformation, ist weder ein Diener Gottes noch ein Katholik, sondern wurde 1520 als Häretiker exkommuniziert.
Papst Franziskus hingegen lobte Luther ausdrücklich, als er Ende Juni 2016 auf dem Rückflug aus Armenien mit den Journalisten sprach. Wörtlich wiederholte der Papst sinngemäß, was sein Hoftheologe, Kardinal Walter Kasper, bereits in einem Buch geschrieben hatte: „Luther hatte recht“
„Ich glaube, daß die Absichten Luthers nicht falsch waren. Er war ein Reformator. Vielleicht waren einige Methoden nicht richtig, aber zu jener Zeit, wenn wir die Geschichte von [Ludwig von] Pastor lesen – einem deutschen Lutheraner, der sich bekehrte und katholisch wurde – dann sehen wir, daß die Kirche nicht gerade ein nachahmenswertes Vorbild war: es gab Korruption, Weltlichkeit, Anhänglichkeit an Geld und Macht. Deshalb hat er protestiert. Er war intelligent und machte einen Schritt vorwärts und rechtfertigte, warum er es tat. Heute sind wir Protestanten und Katholiken uns einig über die Rechtfertigungslehre: zu diesem so wichtigen Punkt lag er nicht falsch. Er machte eine Medizin für die Kirche, dann hat sich diese Medizin konsolidiert, zu einer Disziplin, in eine Art, zu machen, zu glauben. Aber dann waren auch Zwingli, Calvin …“
Zum 31. Oktober 2016 reiste der Papst eigens in das schwedische Lund, um an einer ökumenischen Gedenkfeier für Luther teilzunehmen, bei der es kein kritisches Wort zum von der Kirche verurteilten Kirchenspalter und seinen häretischen Thesen gab.
Mußte bei diesen und weiteren Gelegenheiten der vergangenen Jahre nicht der Eindruck unter den Gläubigen entstehen, Luther sei nicht ein Häretiker, sondern ein verkannter „Heiliger“ der Kirche?
Ein ähnlicher, wenn auch weniger bedeutsamer Eindruck konnte am vergangenen 20. Juni entstehen, als Papst Franziskus das Grab von Don Lorenzo Milani (1923–1967) aufsuchte, den sogar Papst Johannes XXIII. einen „Irren, der aus dem Irrenhaus entflohen ist“, nannte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Cronica de Papa Francisco (Montage) (Screenshots)
Gibt es diese Einigung in der Rechtfertigungslehre tatsächlich, oder besteht die nur auf dem Papier?
Diese Vereinbarung ist eine Schummelei beider Gruppen mit dem Ziel, irgendeine Vereinbarung zu treffen.
Das katholische Verständnis der Rechtfertigungslehre ist nicht dasjenige der Protestanten.
Eine Kirche ist eine organisierte Gemeinschaft der Gläubigen. Luthers Anliegen war die Reformation, also Wiederherstellung einer solchen Gemeinschaft. Einem solchen Menschen in einem Nebensatz ohne weiteres seinen Dienst an Gott absprechen zu wollen, ist unendlich arrogant und zeugt gewiss nicht von Gottesfurcht. Es ist schon zweifelhaft genug, besonders angesichts der Kirchengeschichte, Menschen einzuteilen in Diener Gottes und solche, die dies nicht seien. Meines Erachtnes ein zutiefst unchristlicher Artikel.
Ach was…
Was die Kirche ist, ist klar definiert; es ist nicht Ihre Definition.
Und was die Luthersche Reformation anbelangt, so ist diese von ihm selbst nie als solche angesehen worden. Luther wollte eine andere Kirche!
Siehe auch das lesenswerte Buch: „Das ICH im Glauben von Martin Luther“
Reform heißt zurück zum Original, das verlassen worden ist. Reformation heißt Neues im Glauben – Revolution.
Der Geist Martin Luthers lastet auf Deutschland.