(Rom/Washington) Vor wenigen Tagen warf Kardinal Gerhard Müller der derzeitigen Kirchenführer ziemlich unverhohlen vor, Häresien zu verbreiten. Gleiches tat nun auch Erzbischof Charles Joseph Chaput von Philadelphia, im Zusammenhang mit dem Vorbereitungsdokument der bevorstehenden Jugendsynode, die am 3. Oktober beginnen soll.
Anläßlich der Priesterweihe eines Neupriesters des birituellen Ordens der Servi Jesu et Mariae (SJM) bezeichnete es Kardinal Müller in seiner Predigt als unmöglich, die überlieferte Lehre beizubehalten, aber „eine neue Pastoral“ einzuführen. Das sei „nicht Reform, sondern eine Irrlehre“. Ebenso kritisierte er die Bestrebungen als „christologische Häresie“, Christus den Lehrer der göttlichen Wahrheit und Christus den guten Hirten gegeneinander auszuspielen und in einen Gegensatz zu stellen.
Msgr. Charles Joseph Chaput, Kapuziner und Erzbischof von Philadelphia, vor allem aber einer der profiliertesten Bischöfe der USA, veröffentlichte heute in der US-Zeitschrift First Things den Text eins namentlich nicht genannten Theologen, der einen Häresievorwurf (ohne den Begriff Häresie zu gebrauchen) gegen das Instrumentum laboris erhebt, das Grundlage der Arbeiten der bevorstehenden Bischofssynode über die Jugend sein soll. Mit der Veröffentlichung machte sich der Erzbischof faktisch die Analyse des Theologen zu eigen.
Der Erzbischof hatte Papst Franziskus bereits Ende August aufgerufen, die Jugendsynode abzusagen, weil die Bischöfe wegen des sexuellen Mißbrauchsskandals derzeit nicht die nötige Glaubwürdigkeit hätten, zum Thema Jugend Stellung zu nehmen.
Franziskus reagierte auf die Empfehlung nicht. Vielmehr ernannte er persönlich jene US-Kirchenführer zu Synodalen, die am meisten mit Ex-Kardinal McCarrick verbunden sind und in der Vergangenheit bereits zweifelhafte Positionen zur katholischen Morallehre, besonders zur Homosexualität erkennen ließen.
Chaput wirft dem Vorbereitungsdokument „Naturalismus“, „Luthertum“ und „Relativismus“ vor.
Auch Erzbischof Chaput wird im Dossier des ehemaligen Apostolischen Nuntius in den USA, Msgr. Carlo Maria Viganò, erwähnt, allerdings in ganz anderem Zusammenhang als andere Kirchenvertreter, die der Vatikandiplomat der „Homo-Lobby“ zurechnet. Chaput wird von Erzbischof Viganò als Beispiel für jenen Typus von Bischof erwähnt, den Papst Franziskus nicht mag.
Geeignete Kandidaten für das Bischofsamt und die Kardinalswürde sind für Papst Franziskus die Angehörigen des McCarrick-Freundeskreises wie Blase Cupich, Kevin Farrell und Joseph Tobin. Letztere ernannte Franziskus zu Kardinälen, Chaput, dessen Kardinalserhebung unter Papst Benedikt XVI. unmittelbar erwartet wurde, wird von Franziskus ignoriert.
Detailliert analysiert Chaput in seinem Aufsatz, warum das von Kardinal Baldisseri, dem Generalsekretär der Bischofssynode und engen Vertrauten von Papst Franziskus, vorgestellte Arbeitspapier in gleich mehreren Punkten schwerwiegende Defizite aufweise und mit der kirchlichen Lehre nicht übereinstimme.
Das Vorbereitungsdokument für die Jugendsynode reflektiere einen Naturalismus, so Chaput, da jeder Bezug zur übernatürlichen Wirklichkeit fehle, als wären alle Ursachen und Konsequenzen des menschlichen Seins und Handelns nur psychologischer und physischer Art.
Das Dokument setze dem instrumentalisierten Verständnis des Körpers nichts entgegen. Wo das Papier Promiskuität, Pornographie, Online-Prostitution und Sextourismus erwähne, werde lediglich beklagt, daß dieses Fehlverhalten die „Schönheit und Tiefe des affektiven und sexuellen Lebens entstellt“. Teile des Dokuments könnten genauso gut von einem Psychologen oder einem Angehörigen einer anderen oder auch keiner Religion geschrieben worden sein. Besonders schwerwiegend sei, so der Erzbischof, daß im Dokument hingegen „nichts gesagt wird“, über die Auswirkungen auf die Seele, deren Entstellung, ihre konsequente geistige Blindheit und die negativen Konsequenzen auf das Annehmen des Evangeliums.
Erzbischof Chaput wirft den Verfassern des Dokuments, letztlich aber Papst Franziskus vor, sich mehr um politische Korrektheit zu bemühen als um die geistliche Entwicklung der Jugend. Die Jugendlichen zu „verantwortungsbewußten Bürgern“ zu erziehen, sei aber keine primäre Aufgabe der Kirche Jesu Christi, ebensowenig die Förderung der „Globalisierung“ oder „weltlicher Erziehungsziele“ wie sie in den Paragraphen 149 und 152–154 des Vorbereitungsdokuments genannt sind. Problematisch sieht der Erzbischof angesichts der fehlenden geistlichen Dimension auch die Aufforderung zu „sozialem und politischem Engagement“, die als echte „Berufung“ bezeichnet wird. Selbstmord hingegen sei laut dem Dokument so etwas wie ein „unglückliches“ Ereignis.
Das Dokument weise bezüglich der Autorität der Kirche als Mutter und Lehrerin eine gefährliche Zweideutigkeit auf. Es werde sehr stark der „Dialog“ mit den Jugendlichen betont und als „ein Prozeß des gegenseitigen Lernens“ dargestellt. Wörtlich heißt es im Vorbereitungsdokument:
„Die Kirche wird den Dialog als Stil und Methode annehmen … Keine Berufung, insbesondere keine innerhalb der Kirche angesiedelte, kann sich außerhalb dieser Dynamik von Aufbruch und Dialog stellen“.
Chaput sieht darin eine große Gefahr. Dadurch werde der Boden bereitet, elementarste Dinge auf den Kopf zu stellen. Dialog sei gut und recht, aber entscheidend sei, daß jene, die von Christus den Auftrag zur Verkündigung erhalten haben, ihren Auftrag erfüllen. Es müsse also klar sein, wer lehrt und wer hört. Die beiden Aspekte seien nicht austauschbar. Wenn die Kirche die Lehrtätigkeit und Unterweisung aufgebe, werde die gesamte kirliche Hierarchie in Frage gestellt. Statt des Weihepriestertums bliebe nur mehr ein Taufpriestertum.
„Kurzum, wir würden zu Lutheranern.“
Nicht zuletzt verbreite das Dokument einen Relativismus, wenn es nur von der „persönlichen Heiligkeit“ und der „eigenen Wahrheit“ spricht, so als gebe es nur eine subjektive, aber keine objektive Wahrheit.
Zur Jugendsynode siehe auch:
- Jugendsynode: Die Agenda ist bereits geschrieben
- Die Jugendsynode und ihr Schatten
- Franziskus lädt auch Kardinal Tobin zur Jugendsynode
- David und Salomon und die Jugendsynode
- Jugendsynode nicht auf politische Korrektheit reduzieren
- War Brüssel der Vorgeschmack auf die Jugendsynode 2018?
- „Positive Homosexualität“ bei Vorsynode
- Jugendarmut ist Grund für IS-Terror
- Gelenkte Synoden?
- Synode über die Jugend – Für Vorbereitungsdokument gibt es keine kirchen- und glaubenstreue Jugend
Text: Giuseppe Nardi
Bild: First Things
Die synodale Kirche ist schon selbst Häresie.