„Unerklärliche Ernennungen“ von Papst Franziskus

War es das mit der päpstlichen Absicht, seine Heimat Argentinien zu besuchen?


Der ehemalige argentinische Höchstrichter Raúl Eugenio Zaffaroni wurde von Franziskus in den Gründungsvorstand eines von ihm neuerrichteten Instituts ernannt, was in seiner Heimat empörte Verwunderung auslöste.
Der ehemalige argentinische Höchstrichter Raúl Eugenio Zaffaroni wurde von Franziskus in den Gründungsvorstand eines von ihm neuerrichteten Instituts ernannt, was in seiner Heimat empörte Verwunderung auslöste.

(Rom) Nach­dem Papst Fran­zis­kus die gan­ze erste Deka­de sei­nes Pon­ti­fi­kats zu ver­ste­hen gege­ben hat­te, nicht an einem Besuch in sei­ner Hei­mat Argen­ti­ni­en inter­es­siert zu sein, änder­te sich das mit sei­nem zehn­ten Thron­ju­bi­lä­um. Seit­her heißt es, das Kir­chen­ober­haupt erwä­ge nicht nur einen Hei­mat­be­such, son­dern freue sich dar­auf. Doch kaum ange­kün­digt, scheint die Papst­rei­se nach Argen­ti­ni­en schon wie­der in wei­te Fer­ne zu rücken. Wie das?

Anzei­ge

Jüngst wur­den die Rei­se­ab­sich­ten noch bestä­tigt, indem Fran­zis­kus erklär­te, die­se aber erst nach den bevor­ste­hen­den Prä­si­dent­schafts- und Par­la­ments­wah­len im kom­men­den Herbst, also erst 2024, antre­ten zu wollen.

Bekannt ist auch, daß seit dem Früh­jahr von der Vati­kan­di­plo­ma­tie und der argen­ti­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz Vor­be­rei­tun­gen für einen Argen­ti­ni­en-Besuch getrof­fen wer­den. Die Absicht besteht also tat­säch­lich und es sol­len bereits Hei­lig­spre­chun­gen geplant sein, die Fran­zis­kus im Rah­men sei­nes Auf­ent­hal­tes in sei­ner Hei­mat vor­neh­men wer­de. Nun könn­te das Sze­na­rio jedoch plötz­lich wie­der anders sein.

La Nación, die bedeu­tend­ste argen­ti­ni­sche Tages­zei­tung ver­öf­fent­lich­te am 31. August einen Arti­kel mit der Über­schrift „Uner­klär­li­che Ernen­nun­gen durch Papst Fran­zis­kus“. Dar­in beka­men die Argen­ti­ni­er nicht die Mei­nung eines Kolum­ni­sten, den Bei­trag eines Redak­teurs oder gar einen Leser­brief zu lesen, son­dern die offi­zi­el­le Mei­nung des Blat­tes. Dabei geht es um die Beru­fung des ehe­ma­li­gen argen­ti­ni­schen Höchst­rich­ters Raúl Euge­nio Zaffaro­ni in ein von Fran­zis­kus neu­errich­te­tes Insti­tut, benannt nach dem berühm­ten spa­ni­schen Domi­ni­ka­ner Fray Bar­to­lo­mé de las Casas (1484–1566), „zur „Erfor­schung und För­de­rung der sozia­len Rech­te für aka­de­mi­sche, Lehr- und Aus­bil­dungs­zwecke zu den The­men sozia­le Rech­te, Migra­ti­on und Kolonialismus“.

Von „uner­klär­li­chen Ernen­nun­gen von Papst Fran­zis­kus“ spricht die größ­te argen­ti­ni­sche Tageszeitung

Die neuen Institutionen des Papstes für die „franziskanische Lehre“

Das neue Insti­tut ist der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten ange­schlos­sen, deren Kanz­ler seit 2022 Kar­di­nal Peter Turk­son ist. Zuvor hat­te die­ses Amt der mehr als umstrit­te­ne Kuri­en­bi­schof Mar­ce­lo Sanchez Sor­on­do inne, der argen­ti­ni­sche Lands­mann und poli­ti­sche Arm von Papst Fran­zis­kus. „Finan­ziert, gelenkt und ver­wal­tet“, so die argen­ti­ni­sche Nach­rich­ten­sei­te Info­bae, wird die neue Ein­rich­tung vom Pan-Ame­ri­ka­ni­schen Rich­te­rin­nen- und Rich­ter­ko­mi­tee für die sozia­len Rech­te und die fran­zis­ka­ni­sche Dok­trin (COPAJU), einem 2017 aus dem päpst­li­chen Umfeld her­aus in Bue­nos Aires gegrün­de­ten Gre­mi­um, das 2019 vom Hei­li­gen Stuhl aner­kannt wur­de. Am 18. August bau­te Fran­zis­kus mit einem Chi­ro­graph das Rich­ter­ko­mi­tee zur „inter­na­tio­na­len pri­va­ten Ver­ei­ni­gung von Gläu­bi­gen“ aus, errich­te­te das neue Stu­di­en­in­sti­tut und glie­der­te sei­ne Neu­grün­dun­gen in bestehen­de vati­ka­ni­sche Insti­tu­tio­nen ein. Die Initia­ti­ve zur Initi­al­zün­dung stamm­te von Msgr. Sanchez Sorondo.

Ob mit „fran­zis­ka­ni­scher Dok­trin“ die Leh­re des hei­li­gen Franz von Assi­si oder von Papst Fran­zis­kus gemeint ist, wird dabei, offen­bar absicht­lich, im Unkla­ren gelas­sen, sodaß selbst im Vati­kan kei­ne klä­ren­den Anwei­sun­gen vor­lie­gen und die Redak­teu­re von Vati­can­News die Fra­ge sicher­heits­hal­ber mei­den. Tat­säch­lich ist jedoch die Leh­re von Papst Fran­zis­kus gemeint, wie die Schrift des Grün­ders des Pan-Ame­ri­ka­ni­schen Rich­te­rin­nen- und Rich­ter­ko­mi­tees unmiß­ver­ständ­lich offenlegt.

Der Gründer und Vorsitzende: Richter Gallardo

Fran­zis­kus gegen den Moloch:
Ideen für eine öko­so­zia­le Revolution

Offi­zi­el­ler Grün­der des Komi­tees ist Rober­to Andrés Gall­ar­do, Rich­ter in Bue­nos Aires, der 2018 die Publi­ka­ti­on „Fran­zis­kus ver­sus Moloch. Ideen für eine öko­so­zia­le Revo­lu­ti­on“ vor­leg­te. Die Über­schrift hat es bereits in sich.

Ihm über­trug Fran­zis­kus mit dem 31. August den Vor­sitz für den Zeit­raum 2023–2028. Vom Komi­tee ging dann die Grün­dung des neu­en Insti­tuts Fray Bar­to­lo­mé de las Casas zur Erfor­schung und För­de­rung der sozia­len Rech­te für aka­de­mi­sche, Lehr- und Aus­bil­dungs­zwecke zu den The­men sozia­le Rech­te, Migra­ti­on und Kolo­nia­lis­mus“.

Zugleich ernann­te Fran­zis­kus den ehe­ma­li­gen argen­ti­ni­schen Höchst­rich­ter Raúl Euge­nio Zaffaro­ni für den glei­chen Zeit­raum zum Mit­glied des Grün­dungs­vor­stan­des des Instituts.

Die Per­so­nal­ent­schei­dun­gen waren im ver­gan­ge­nen März durch eine Tagung im Vati­kan zum The­ma „Kolo­nia­lis­mus, Deko­lo­ni­sie­rung und Neo­ko­lo­nia­lis­mus: eine Per­spek­ti­ve der sozia­len Gerech­tig­keit und des Gemein­wohls“ vor­be­rei­tet wor­den. Sie ging durch die Main­stream-Medi­en mit Über­schrif­ten wie: „Vati­kan distan­ziert sich von Kolo­nia­lis­mus-Dok­trin“ (Zeit online). Als Fol­ge zog der Vati­kan kurz dar­auf eine bereits gedruck­te Brief­mar­ke zum Welt­ju­gend­tag in Por­tu­gal zurück und kapi­tu­lier­te damit vor der lin­ken Can­cel Cul­tu­re. An der Tagung in der Casi­na Pio IV in den Vati­ka­ni­schen Gär­ten, dem Wohn­sitz von Msgr. Sanchez Sor­on­do, hat­ten Rich­ter, Staats­an­wäl­te, Aka­de­mi­ker und wei­te­re Per­sön­lich­kei­ten aus Latein­ame­ri­ka teil­ge­nom­men, dar­un­ter die Rich­ter Gall­ar­do und Zaffaroni.

La Nación nennt Gall­ar­do einen „mili­tan­ten Rich­ter“, der durch sei­ne hef­ti­ge und hart­näcki­ge Kri­tik an Ein­rich­tun­gen der Stadt Bue­nos Aires bekannt wur­de. Bue­nos Aires wird von einem Ver­tre­ter des rechts­bür­ger­li­chen Lagers regiert, den direk­ten Gegen­spie­lern der Link­spe­ro­ni­sten. Der Bür­ger­mei­ster tritt bei den Wah­len im Herbst als Kan­di­dat für das Amt des Vize­prä­si­den­ten an.

Meh­re­re Urtei­le Gall­ar­dos fan­den lan­des­wei­te Auf­merk­sam­keit, dar­un­ter die Aus­set­zung der erken­nungs­dienst­li­chen Erfas­sung von Flücht­lin­gen. Im August 2022 gab er der Kla­ge der amtie­ren­den Vize­prä­si­den­tin von Argen­ti­ni­en und ehe­ma­li­gen Staats- und Regie­rungs­chefin Cri­sti­na Kirch­ner im Zusam­men­hang mit einem Sicher­heits­zaun und ande­ren Sicher­heits­maß­nah­men der Poli­zei von Bue­nos Aires an Kirch­ners Haus recht. Es war ein vor Gericht fort­ge­setz­tes Tau­zie­hen der bei­den poli­ti­schen Lager. Das brach­te Gall­ar­do den Vor­wurf man­geln­der Unpar­tei­lich­keit ein.

Das Mitglied des Gründungsvorstands: Höchstrichter Zaffaroni

Doch die Ver­wun­de­rung von La Nación über die Per­so­nal­ent­schei­dun­gen von Papst Fran­zis­kus betrifft vor allem Raúl Euge­nio Zaffaro­ni, der eben­falls als Unter­stüt­zer Kirch­ners und der Link­spe­ro­ni­sten bekannt ist. Im Som­mer 2022 for­der­te er Staats­prä­si­dent Alber­to Fernán­dez auf, er müs­se Cri­sti­na Kirch­ner, soll­te sie wegen Kor­rup­ti­on ver­ur­teilt wer­den, sofort begna­di­gen, da sie das Opfer einer „poli­ti­schen Ver­fol­gung“ sei. Anfang Dezem­ber 2022 wur­de sie dann tat­säch­lich in erster Instanz zu sechs Jah­ren Haft ver­ur­teilt und lebens­lang von öffent­li­chen Ämtern aus­ge­schlos­sen. Das Urteil ist aber noch nicht rechts­kräf­tig, wes­halb Kirch­ner nach wie vor Vize­prä­si­den­tin des Lan­des ist.

Eben­so hat­te sich Zaffaro­ni als Mit­glied der Inter­ame­ri­ka­ni­schen Men­schen­rechts­kom­mis­si­on IACHR bereits für die Begna­di­gung des wegen Kor­rup­ti­on ver­ur­teil­ten ehe­ma­li­gen Vize­prä­si­den­ten Aman­do Bou­dou ein­ge­setzt. Bou­dou, der unter Kirch­ner Vize­prä­si­dent war, gehört wie auch Fernán­dez und Kirch­ner zu den Linksperonisten.

La Nación wirft Zaffaro­ni vor, als Straf­rich­ter und Mit­glied der Natio­na­len Beru­fungs­kam­mer für Straf­sa­chen und Straf­voll­zug der Bun­des­haupt­stadt Bue­nos Aires, „eine kata­stro­pha­le Bilanz hin­ter­las­sen“ zu haben. Den­noch wur­de er zum Rich­ter am Ober­sten Gerichts­hof ernannt. Die Ernen­nung erfolg­te 2004 durch den dama­li­gen Staats­prä­si­den­ten Nestor Kirch­ner, den inzwi­schen ver­stor­be­nen Ehe­mann von Cri­sti­na Kirch­ner, eben­falls ein Link­spe­ro­nist. Mit einem link­spe­ro­ni­sti­schen Ticket gelang­te Zaffaro­ni auch in die Inter­ame­ri­ka­ni­sche Men­schen­rechts­kom­mis­si­on, deren Mit­glied er bis 2022 war.

Päderasten, Prostitution, Drogenfreigabe und „Garantismo“

Die Tages­zei­tung erin­nert an den „skan­da­lö­sen Fall Tira­bo­schi“, als Zaffaro­ni als zustän­di­ger Rich­ter die Stra­fe für einen Päd­era­sten, der ein acht­jäh­ri­ges Mäd­chen sexu­ell miß­braucht hat­te, mit der Begrün­dung redu­zier­te, er hät­te es „in einem Spiel und bei aus­ge­schal­te­tem Licht“ getan, was den Miß­brauch „weni­ger trau­ma­tisch“ gemacht habe.

„Es war ein ent­lar­ven­des Ver­sa­gen einer per­ver­sen Wert­ska­la“ so dazu La Nación.

2011 brach­te eine Jour­na­li­sten­re­cher­che ans Licht, daß in sechs Eigen­tums­wo­hun­gen des Rich­ters, Pro­sti­tu­ti­on ange­bo­ten wur­de. Der Rich­ter erklär­te, von nichts gewußt zu haben, da für die Ver­mie­tung der Woh­nun­gen ein Bevoll­mäch­tig­ter ver­ant­wort­lich gewe­sen sei, der dann zu einer Geld­stra­fe ver­ur­teilt wur­de. Das pas­se, so die Zei­tung, nicht mit dem Ein­satz von Papst Fran­zis­kus gegen Pro­sti­tu­ti­on und Men­schen­han­del zusammen.

Zaffaro­nis Ernen­nung durch Fran­zis­kus sei zudem auch des­halb unver­ständ­lich, so La Nación, weil sich das Kir­chen­ober­haupt wie­der­holt gegen den Dro­gen­han­del aus­ge­spro­chen hat, wäh­rend Zaffaro­ni ein lei­den­schaft­li­cher Ver­fech­ter von des­sen Lega­li­sie­rung ist.

Als „viel­leicht schwer­wie­gend­sten Aspekt sei­ner Bilanz“ als Rich­ter nennt die Zei­tung, daß Zaffaro­ni ein Haupt­ver­fech­ter des soge­nann­ten „Garan­tis­mo“ ist, der zur fak­ti­schen „Abschaf­fung des Straf­rechts“ in Argen­ti­ni­en geführt habe, da sich zu vie­le Rich­ter von die­ser Leh­re beein­flus­sen las­sen, die dazu führ­te, daß Schwer­ver­bre­cher aus dem Gefäng­nis ent­las­sen und wie­der straf­fäl­lig wurden.

Cri­sti­na Kirch­ner, der­zeit Vize­prä­si­den­tin von Argen­ti­ni­en, mit dem ehe­ma­li­gen Höchst­rich­ter Zaffaroni

Doch hören wir La Nación in einem wei­te­ren Punkt im Original:

„Zu den oben genann­ten Hin­ter­grün­den, die aus­rei­chen, um sei­ne Ernen­nung als mehr als frag­wür­dig zu betrach­ten, kommt Zaffaro­nis vehe­men­te Ver­tei­di­gung der Theo­rie des ‚Law­fa­re‘ hin­zu, die sich auf angeb­li­che Ope­ra­tio­nen zur Mani­pu­la­ti­on der Justiz, der Poli­tik und der Medi­en bezieht, um wich­ti­ge [lin­ke] Per­sön­lich­kei­ten des öffent­li­chen Lebens zu dis­kre­di­tie­ren, straf­recht­lich zu ver­fol­gen und zu inhaf­tie­ren. Vor nicht all­zu lan­ger Zeit wur­de die­se Dok­trin in einer öffent­li­chen Rede von Papst Fran­zis­kus auf­ge­grif­fen, der erklär­te, daß die Anwen­dung von Law­fa­re dar­auf abzie­le, ‚die sozia­len Rech­te zu beschnei­den und ein Gefühl der Anti­po­li­tik zu för­dern, das den­je­ni­gen zugu­te kommt, die nach auto­ri­tä­rer Macht­aus­übung stre­ben‘. Es han­delt sich jedoch um eine Theo­rie, die von hoch­ran­gi­gen Amts­trä­gern, die zu Recht der Kor­rup­ti­on beschul­digt wer­den und über stich­hal­ti­ge Bewei­se ver­fü­gen, ver­brei­tet wur­de, um sich Straf­frei­heit zu sichern.“

Die Kampagne „Freiheit für Lula da Silva“

In der Tat wand­te Papst Fran­zis­kus die­se Theo­rie gegen­über Bra­si­li­en an. Als der ehe­ma­li­ge und heu­te wie­der amtie­ren­de Staats­prä­si­dent Luiz Iná­cio Lula da Sil­va wegen Kor­rup­ti­on ver­ur­teilt und ein­ge­sperrt wur­de, orga­ni­sier­te die latein­ame­ri­ka­ni­sche Lin­ke eine Kam­pa­gne für sei­ne Frei­las­sung. Dabei wur­de der Vor­wurf erho­ben, sei­ne Ver­ur­tei­lung sei eine insze­nier­te Akti­on poli­ti­scher Geg­ner, um Lula da Sil­va poli­tisch aus­zu­schal­ten. Papst Fran­zis­kus wur­de das pro­mi­nen­te­ste Gesicht die­ser Kam­pa­gne. Mehr­fach sprach er von einem „Staats­streich mit wei­ßen Hand­schu­hen“ und ließ durch­blicken, soll­te – wir sind im Jahr 2018 – der rech­te Kan­di­dat Jair Bol­so­n­a­ro gewählt wer­den, hand­le es sich um Wahlmanipulation.

Lula da Sil­va kam dann unter Ver­weis auf Ver­fah­rens­feh­ler frei, wie sie im Zen­trum des erwähn­ten „Garan­tis­mo“ ste­hen. Kri­ti­ker spra­chen von einer Gefäl­lig­keits­ent­schei­dung eines Gre­mi­ums, des­sen Mit­glie­der mehr­heit­lich von sei­ner sozia­li­sti­schen Arbei­ter­par­tei ernannt wor­den waren. Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de Lula jeden­falls erneut zum Staats­prä­si­den­ten gewählt. Bei Fran­zis­kus bedank­te er sich mit der bemer­kens­wer­ten Aus­sa­ge, der Papst „denkt wie wir“, also wie die poli­ti­sche Linke.

Papst Fran­zis­kus mit sei­nem poli­ti­schen Arm und Lands­mann Mar­ce­lo Sanchez Sorondo

Ent­spre­chend deut­lich wird La Nación am Ende ihres Artikels:

„Ernen­nun­gen die­ser Art, die nur als Bil­li­gung des Han­delns bestimm­ter Rich­ter durch den Papst über­setzt wer­den kön­nen, sind nicht zu recht­fer­ti­gen und tra­gen nicht dazu bei, wenn der Hei­li­ge Vater erneut einen so kla­ren Stand­punkt zu die­sem The­ma ein­nimmt, die tie­fe Kluft in der argen­ti­ni­schen Gesell­schaft zu über­win­den. Sie wei­chen sogar vom gesun­den Men­schen­ver­stand ab, da der Papst ange­sichts der bestehen­den aggres­si­ven Pola­ri­sie­rung wie­der­holt auf die Not­wen­dig­keit hin­ge­wie­sen hat, Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten zu för­dern, die zur Befrie­dung und Über­win­dung der Pola­ri­sie­rung beitragen.“

Die näherrückenden Wahlen

Eines steht fest: In Argen­ti­ni­en herrscht Wahlkampf.

Am kom­men­den 22. Okto­ber wird ein neu­er Staats­prä­si­dent gewählt wer­den, der nach US-ame­ri­ka­ni­schem Vor­bild, wie ins­ge­samt in Latein­ame­ri­ka üblich, zugleich auch Regie­rungs­chef ist. Bei den Vor­wah­len wur­den die regie­ren­den Link­spe­ro­ni­sten nur dritt­stärk­ste Kraft. Auf Platz zwei schaff­te es die rechts­bür­ger­li­che Koali­ti­on, der Mau­ricio Macrí ange­hör­te und für die der erwähn­te Bür­ger­mei­ster von Bue­nos Aires als Vize­prä­si­dent kan­di­diert. Den ersten Patz aber sicher­te sich mit 30 Pro­zent der Stim­men über­ra­schend ein Rechts­kan­di­dat, der als Alter­na­ti­ve zu den bei­den bis­her ton­an­ge­ben­den und ver­fein­de­ten Lagern antritt, was ins­ge­samt im poli­ti­schen System des Lan­des für gro­ße Auf­re­gung sorgt.

Soll­ten die Link­spe­ro­ni­sten die Wah­len ver­lie­ren, dürf­te ein Papst-Besuch in sei­ner Hei­mat Argen­ti­ni­en für die näch­sten vier Jah­re in wei­te Fer­ne rücken. Schon als von 2015 bis 2019 der rechts­bür­ger­li­che Mau­ricio Macrí (der bei den nun­meh­ri­gen Vor­wah­len zweit­plat­zier­ten For­ma­ti­on) als Staats­prä­si­dent regier­te, hat­te es Fran­zis­kus intern kate­go­risch aus­ge­schlos­sen, in sei­ne Hei­mat zu rei­sen. Sei­ne Ableh­nung der Regie­rung Macrí war von gera­de­zu bedenk­li­cher Offen­sicht­lich­keit (sie­he Tan­go argen­ti­no: Papst Fran­zis­kus & Fri­ends des­avou­ie­ren Staats­prä­si­dent Macrí).

Es ist daher nicht mehr unwahr­schein­lich, daß Fran­zis­kus gar nicht mehr nach Argen­ti­ni­en zurück­keh­ren könn­te. Man­che wun­dern sich über das Gewicht, das Fran­zis­kus der Poli­tik ein­räumt, doch das Kir­chen­ober­haupt sieht das anders und for­mu­lier­te dies 2021 wie folgt: „Poli­tik ist die höch­ste, die größ­te Form der Nächstenliebe“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wikicommons/​La Nación/​MiL (Screen­shots)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!