
(Rom) Papst Franziskus selbst hatte am 21. August 2023 verkündet, daß er an „einem zweiten Teil seiner Enzyklika Laudato si‘ schreibt, um „die aktuellen Probleme auf den neuesten Stand zu bringen“. Wer heute morgen die römische Tageszeitung Il Messaggero aufgeschlagen hat, konnte darin von der Vatikanistin Franca Giansoldati lesen, daß das neue Dokument, laut den Plänen von Santa Marta, am 4. Oktober, dem Fest des heiligen Franz von Assisi, veröffentlicht werden soll.
„Die Enzyklika Laudato si’, die ihren Namen vom Incipit des Gebetes des heiligen Franz von Assisi hat, erfährt eine Zugabe und wird am nächsten 4. Oktober, dem Fest des Poverello von Assisi, aktualisiert und erweitert, eine wichtige Ergänzung in Form eines Apostolischen Schreibens. Der Text, der sich noch in der Überarbeitung befindet, ist fast fertig und geht im Vergleich zum ersten Brief in besonderer Weise auf einige Aspekte ein, indem er sie weiterentwickelt und wichtige Ergänzungen vornimmt und die Teile verstärkt, die sich auf die Auswirkungen des Klimawandels beziehen, die in diesen sieben Jahren offensichtlich geworden sind.“
Spätestens an dieser Stelle möchte man bereits die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, bevor man den Text überhaupt gesehen hat. Wie es zu erwarten war, erweist sich Franziskus als Hilfsarbeiter der Lok-Führer dieses Zuges. Er will nicht wieder einmal auf einen fahrenden Zug aufspringen, denn er fährt schon die ganze Zeit auf diesem mit.
2015 machte er die Klimaagenda zur Kirchensache und, noch wichtiger, zur Moralfrage. Dafür ließ er die Fassade des Petersdoms entweder verdunkeln oder mit allerlei Bildern bestrahlen und ernannte Lobbyisten der Klima-Agenda und Überbevölkerungs-Strategen zu Mitgliedern päpstlicher Akademien (siehe Kritik an zweifelhaften Ideengebern der Öko-Enzyklika Laudato si‘). Genau diese „religiöse“ Unterstützung entspricht den Wünschen maßgeblicher mächtiger Kreise von der Kirche. Um genau zu sein, ist das in deren Augen der einzige sinnvolle Zweck der Kirche und der Religion überhaupt, der eines verlängerten Arms der weltlichen Macht.
Diese Rolle erfüllt Franziskus im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die sich auf Distanz von jenen Machtzirkeln und Institutionen hielten, die sie vereinnahmen und vor ihren Karren spannen wollten. Aus diesem Grunde wurde Franziskus im September 2015 die Rolle des obersten religiösen Führers bei der UNO-Hauptversammlung zuerkannt, als er die Eröffnungsrede vor der Abstimmung halten durfte, mit der die politische UN-Agenda für den Zeitraum 2015–2030 beschlossen wurde. Keinem Papst vor ihm wurde eine solche Rolle zuerkannt.
Nur in geopolitischer Hinsicht schert Franziskus aus der Reihe aus und präferiert gegenüber dem Alleinstellungsanspruch der USA als einzige Supermacht nicht erst seit dem Ukraine-Konflikt die Multipolarität. Die dadurch den USA gegenübergestellte Alternative ist die Volksrepublik China als zweite Supermacht, deren kommunistischer Totalitarismus nun aber alles andere als attraktiv ist. Die chinesischen Christen, allen voran die Katholiken, wissen, was es heißt, einem solchen Regime ausgeliefert zu sein. Franziskus scheint weniger Probleme damit zu haben, andere Menschen diesem System auszusetzen.
Zu einem Bruch ist es deshalb zwischen Santa Marta und den westlichen Machteliten aber nicht gekommen. Zu belanglos scheint der Ukraine-Konflikt im Spiel auf dem großen Schachbrett zu sein. Schließlich erweist sich Franziskus in anderen Agenden (Homosexualisierung, Beendigung des kirchlichen Widerstandes gegen die Abtreibung, Auflösung natürlicher Bindungen wie Familie und Volk, Massenmigration, Klima-Narrativ und Plandemien als eifriger und wertvoller Unterstützer). Als Teil des Erosions-Kontextes ist auch der Pachamama-Kult zu sehen.
Wenige Stunden nachdem heute morgen die Zeitungen ausgeliefert waren, sprach Papst Franziskus selbst das Thema bei der heutigen Generalaudienz in der großen Audienzhalle Paolo VI an:
„Übermorgen, am 1. September, wird der Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung begangen und damit die ‚Zeit der Schöpfung‘ eröffnet, die bis zum 4. Oktober, dem Fest des heiligen Franz von Assisi, dauern wird. Zu diesem Datum möchte ich eine Exhortatio [Ermahnung], ein zweites Laudato si‘, veröffentlichen. Schließen wir uns unseren christlichen Brüdern und Schwestern in der Verpflichtung an, die Schöpfung als heiliges Geschenk des Schöpfers zu bewahren. Wir müssen uns an die Seite der Opfer von Umwelt- und Klima-Ungerechtigkeit stellen und uns dafür einsetzen, daß der sinnlose Krieg gegen unser gemeinsames Haus beendet wird. Ich fordere alle auf, dafür zu arbeiten und zu beten, daß das Leben wieder im Überfluß vorhanden sein möge.“
Was aber genau meint „Umwelt- und Klima-Ungerechtigkeit“? Ist es eine „Diskriminierung“, wenn ein Volk in einem fruchtbareren Land lebt als ein anderes? Wie diskriminiert müßten sich die Isländer und Norweger gegenüber den Afrikanern am Äquator fühlen? Wie diskriminiert die Bergbauern im Hochgebirge gegenüber Bauern in den Ebenen?
Franziskus unterstützt höchst zweifelhafte Prämissen, die offensichtlich ideologisch unterfütterte Machtinstrumente sind, was die Relevanz des menschlichen Einflusses auf das Klima anbelangt, und fördert zugleich die Einführung regelrecht irrwitziger Kriterien, die bei nur annähernd konsequenter Umsetzung das größte Chaos erzeugen können. Die Bewahrung der Schöpfung ist ein wertvoller Ansatz, doch deren Interpretation im Sinne der Klima-Agenda bestimmter Machtzirkel und ihrer ideologisierten Fußtruppen ist nicht nur brandgefährlich, sondern wohl auch kaum die Aufgabe eines Papstes.
Will Franziskus wirklich genau das?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshots)
Wir erleben einen Papst, der sich um die Lehre der Kirche nicht mehr kümmert, der diese in Teilen sogar bekämpft oder ihr diametral entgegensteht. Dass das Umweltthema ein Hauptthema dieses inhaltsleeren Pontifikats geworden ist, kann eigentlich kaum verwundern; die „Theologie“, die Franziskus anzubieten hat, ist einfach insgesamt zu dünn, zu falsch und zu oberflächlich. Umweltthemen machen sich da natürlich besser, da schaut auch niemand so genau hin, ausgenommen ein paar „Konservative“ – und nicht zu vergessen: der Anschluss an den Zeitgeist, den wir im Zuge der Weltsynode erleben werden. Ja, es ist ein Desaster und eine einzige Katastrophe. Da gebe ich allen kritischen Beobachtern dieses Pontifikates uneingeschränkt recht!