
(Rom) Vier Personen stellten heute vormittag die Öko-Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus vor. Einer von ihnen war der deutsche Klimaforscher Hans Joachim „John“ Schellnhuber. Die Wirkung eines Dokuments erschließt sich nicht nur durch dessen Wortlaut, sondern mehr noch dadurch, wie es aufgenommen wird. Einer war heute ganz besonders zufrieden im Vatikan, und tat das auch sichtlich kund: Hans Joachim Schellnhuber.
Schnellnhuber, laut eigenem Bekunden Agnostiker, ist Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und Mitglied des Weltklimarats IPCC. Schellnhuber bezeichnete die Öko-Enzyklika heute als „historisches Ereignis“, denn es sei „nach fast zweitausend Jahren römischer Kirche“ die erste „Umweltenzyklika“. Das sei eine „Premiere“.
Der Klimaforscher erwartet sich von der Enzyklika „enormen Rückenwind“ für die internationale Klima-Agenda, um die Erderwärmung zu stoppen. „Es war ein hartes Stück Arbeit“, die katholische Kirche in das „mühsame Ringen um Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung“ einzubinden.
Es habe im Vatikan Kräfte gegeben, die in der Enzyklika die klimaskeptische Haltung fortschreiben wollten. Doch Papst Franziskus habe sich durchgesetzt und eindeutig „den wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel anerkannt“, so Schellnhuber, der zu verstehen gab, daß es seine Aufgabe war, die katholische Kirche in dieser Frage auf „Kurs“ zu bringen – auf den Kurs der internationalen Klima-Agenda.
Operation Einbindung der katholischen Kirche in Erderwärmungs-Agenda gelungen
Die Operation scheint vollends gelungen, denn Schellnhuber attestierte der Öko-Enzyklika von Papst Franziskus„totale Wissenschaftskonformität“. Wie Schellnhuber andeutete, habe es im Vatikan heftigen Widerstand gegen die Erderwärmungsthese gegeben. Er habe sich dagegen erst durchsetzen müssen.
Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von heute war Schellnhuber wie kein anderer von Anfang an am Zustandekommen der Enzyklika beteiligt gewesen. Er habe nicht nur an allen vier entscheidenden Treffen teilgenommen, sondern diese wesentlich mitgestaltet.
Laut Schellnhuber heute im Vatikan hängen „Klimawandel, Umweltverschmutzung und weltweite Armut eng zusammen“ und müßten daher gleichzeitig bekämpft werden. Die Öko-Enzyklika von Papst Franziskus mache diesen Zusammenhang „eindrucksvoll deutlich“, so Schellnhuber heute in Rom.
Verbrauch von fossiler Energie durch den Westen schuld an Erderwärmung
Schnellhuber nannte es als wissenschaftlich gesicherten Kenntnisstand, daß der Verbrauch von fossiler Energie die Klimaerwärmung verursache und dieser Verbrauch vor allem auf das Konto des Westens und der ostasiatischen Industriestaaten gehe. Opfer der dadurch verursachten Erderwärmung seien jedoch vor allem die Menschen auf der Südhalbkugel.
„Anders als von manchen behauptet, ist es nicht die Masse der Armen, die den Planeten zerstört, sondern der Konsum der Reichen“, so Schellnhuber, der das Ungleichgewicht der Vermögensverteilung mit dem Satz erläuterte: „Die 60 reichsten Menschen der Welt besitzen genausoviel wie die 3,5 Milliarden ärmsten“, also die Hälfte der Menschheit. Der Vergleich blieb jedoch im luftleeren Raum stehen.
„60 reichste Menschen besitzen soviel wie 3,5 Milliarden ärmste Menschen“
Schellnhuber erklärte nicht, in welchem Zusammenhang der gigantische Reichtum der 60 reichsten Menschen mit der Erderwärmung steht. Wenn die Armut durch die Erderwärmung verursacht wird, müßte dies im Umkehrschluß auch für den Reichtum der Reichsten gelten. Schellnhuber sagte nichts dazu, wie es dazu kommen konnte, daß 60 Menschen einen solchen Reichtum in die Hände bekommen konnten.
Der deutsche Klimaforscher nützte seinen ersten Auftritt im Vatikan um vor allem das zu tun, wofür er berufen worden war: er warnte vor einer Verharmlosung des Klimawandels. Zwar habe sich das Klima im Laufe der Erdgeschichte immer wieder verändert: „Aber was jetzt gerade passiert, ist etwas anderes.“
Die Durchschnittserwärmung um zwei Grad habe schwere Folgen für die gesamte Erde, so Schellnhuber, der gestern von Papst Franziskus zum Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften (PAS) berufen wurde. Dort nimmt nun neben dem Überbevölkerungsideologen Jeffrey Sachs ein zweiter UNO-Vertreter der Klima-Agenda Platz. Zur Erinnerung: Schellnhuber ist der Physiker, für den das ökologische „Gleichgewicht“ dann erreicht sein wird, wenn es nur mehr eine Milliarde Menschen auf der Erde gibt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NBQ