(Madrid) Unter Papst Franziskus werden vermehrt Visitatoren, Kommissare und ähnliches ausgesandt, was nicht selten dramatische Folgen zeitigt. Die jüngsten „Beglückten“ sind Spaniens Priesterseminare. Franziskus ordnete deren Apostolische Visitation an und wird dazu zwei uruguayische Bischöfe auf die iberische Halbinsel schicken .
Hintergrund der Visitation sind die Schließung einiger Ausbildungsstätten und die Auferlegung von Änderungen im Ausbildungsmodell der künftigen Priester.
Der Besuch der Apostolischen Visitatoren wird im Januar und Februar 2023 stattfinden, wie die Spanische Bischofskonferenz bekanntgab. Franziskus erteilte Kardinal Lazarus You Heung-sik, dem Präfekten des römischen Dikasteriums für den Klerus, den Auftrag, die Visitation vorzubereiten. Ausgangspunkt war der jüngste Ad-limina-Besuch der spanischen Bischöfe in Rom. Nach diesem hatte Franziskus den Entschluß gefaßt, die Priesterausbildung in Spanien einer Überprüfung zu unterziehen.
Die Visitation soll, wie es in einem Schreiben von Kardinal You Heung-sik an die Bischöfe heißt, dazu dienen, „die Entwicklung der Ausbildung der Priesteramtskandidaten zu fördern“. Konkreter gesagt: Santa Marta will wissen, ob von Spaniens Bischöfe die Ratio Studiorum, die neue Grundordnung für die Priesterausbildung, umgesetzt wurde, die von Papst Franziskus erlassen worden war.
Bei den beiden Visitatoren, die von Franziskus ernannt wurden, handelt es sich um zwei uruguayische Bischöfe, die vor ihrer Ernennung zu Bischöfen am selben interdiözesenan uruguayischen Priesterseminar tätig waren:
- Der erste ist Msgr. Milton Luis Tróccoli Cebedio, seit 2018 Bischof von Maldonado-Punta del Este-Minas. Er war ab 1997 Leiter des Philosophiestudiums am Interdiözesanen Priesterseminar Cristo Rey von Uruguay und leitete das Priesterseminar von 2001–2003 als Regens.
- Der andere ist Msgr. Arturo Eduardo Fajardo, seit 2020 Bischof von Salto. Er war zuvor geistlicher Leiter des Interdiözesanen Priesterseminars Cristo Rey von Uruguay und dann von 2005 bis 2007 ebenfalls dessen Regens.
Anzahl der Priesterseminare halbieren
Wie Religión Confidencial berichtete, wurde die Visitation bei der jüngsten Sitzung der Ständigen Kommission der Bischofskonferenz bekanntgegeben. Einige Bischöfe hätten ihr Erstaunen über diese Entscheidung des Heiligen Stuhls geäußert, insbesondere, weil weder ein Grund noch ein Ziel der Visitation genannt wird.
In der offiziellen Sprachregelung wird als Grund die Notwendigkeit genannt, die spanischen Priesterseminare wegen des Berufungsmangels neu zu organisieren. Das könnte die Schließung mehrerer Priesterseminare und die Konzentration der Seminaristen an interdiözesanen Seminaren wie jenem in Barcelona zur Folge haben.
Vor zwei Jahren hatte die römische Kleruskongregation, der Vorläufer des nunmehrigen Klerusdikasteriums, die spanische Bischofskonferenz wissen lassen, daß die Anzahl der Priesterseminare halbiert werden sollte. Nun will Rom offenbar wissen, was davon tatsächlich umgesetzt wurde.
Der Erklärung der Bischofskonferenz zufolge wird das Programm der Visitation Thema der bevorstehenden Herbstvollversammlung sein, die im November stattfinden wird.
Am 26. Oktober hatte sich Papst Franziskus mit Seminaristen und Priestern getroffen, die in Rom studieren. Bei dieser Gelegenheit sagte der Papst, daß Priesterseminare „eine bestimmte Anzahl“ von Seminaristen haben sollten, denn „wenn wir nur fünf in der Diözese sind, ist das kein Seminar, sondern eine Pfarrbewegung“.
„Das Priesterseminar muß eine gewisse Zahl umfassen – 25, 30 – eine angemessene Zahl. Wenn es 200 sind, dann aufgeteilt in kleine Gemeinschaften: eine menschliche Anzahl von Gruppen, von Gemeinschaften, das ist wichtig. Die großen Seminare, 300 an der Zahl, alle zusammen, gehen nicht mehr. Sie waren der Ausdruck einer anderen Zeit. Nein, kleine Gemeinschaften, in denen man arbeitet, aber kleine Gemeinschaften, die in eine größere Gemeinschaft eingebettet sind.“
Laut zuverlässiger Quelle haben Kardinal Juan José Omella, der von Franziskus ernannte Erzbischof von Barcelona und Vorsitzende der Spanischen Bischofskonferenz, und Jesuitenpater German Arana beim Papst darauf bestanden, daß diese Visitation stattfindet. Pater Arana wurde als „Papstflüsterer“ bekannt, der Franziskus die Ernennung von Msgr. Juan Barros Madrid zum Bischof von Osorno nahegelegt hatte, eine Ernennung, die fast den chilenischen Episkopat in die Luft gesprengt hätte und für die Kirche in Chile einen fatalen Vertrauens- und Ansehensverlust mit sich brachte. Katholisches.info schrieb am 2. Juli 2018:
„Arana wählt die künftigen Vatikandiplomaten aus. Das Diplomatische Korps bildet ein wichtiges Rückgrat des derzeitigen Pontifikats. Der Einfluß Aranas ist weit größer als bisher bekannt, weil er öffentlich kaum in Erscheinung tritt.“
Zu viel Dogmatik…, zu wenig soziale Dimension?
Hauptgrund für die Visitation sei, so Insider, daß laut Meinung einflußreicher Bergoglianer die Priesterausbildung in Spanien zu sehr auf „Dogmatik, Spiritualität und Liturgie“ ausgerichtet sei, aber „zu wenig die soziale Dimension“ berücksichtige. Kryptisch heißt es, daß sich „andere Probleme der Eignung und der sexuellen Identität verstärkt“ hätten. Es scheint aber zweifelhaft, wie ausgerechnet das derzeitige homophile Pontifikat ein Homo-Problem in den Griff bekommen sollte.
Religión Confidencial zitiert den Regens eines spanischen Priesterseminars, der ungenannt bleiben wollte. Er sieht das „Problem“ mit den Apostolischen Visitatoren darin, daß die Visitation:
„(…) mit der Auferlegung eines Prozesses der ‚Psychologisierung‘ der Seminaristen enden wird, der das Durchhalten noch komplizierter machen und eine Desorientierung in bezug auf das von der Kirche gewünschte Priestermodell verursachen wird“.
In Spanien geht in Teilen der Kirche die Sorge um, daß Papst Franziskus im Zuge der Visitation die Gelegenheit nützen könnte, die Missionspriesterseminare Redemptoris Mater des Neokatechumenalen Wegs und das Internationale Priesterseminar Bidasoa des Opus Dei in Pamplona abzudrehen. Die entsprechenden Hinweise wurden bereits 2020 im Schreiben der Kleruskongregation gegeben. Demnach sollen die Redemptoris-Mater-Seminare aufgelöst und die Seminaristen in interdiözesane Seminare übergeführt werden.
Seit dem Studienjahr 2018/2019 wurden von der Unterkommission für die Seminare der Spanischen Bischofskonferenz die Zahlen der Seminaristen in den einzelnen spanischen Priesterseminaren nicht mehr veröffentlicht. Geleitet wird die Unterkommission von Msgr. Jesús Vidal Chamorro, den Franziskus 2017 zum Weihbischof von Madrid ernannte und der seit September 2021 als Apostolischer Administrator auch das vakante Bistum Alcalá de Henares leitet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Divinavocacion/Wikicommons (Screenshots)