(Rom) Die Washington Post, Le Figaro und ANSA, drei führende Medien in den USA, Frankreich und Italien, berichten von Gerüchten über einen Rücktritt von Papst Franziskus. Solche Gerüchte machen bei „verschiedenen Bischofskonferenzen“ die Runde, so die staatliche italienische Presseagentur ANSA.
Le Figaro Magazine berichtete am 13. Mai über den „einsamen Papst“. Die Washington Post sekundierte am 8. Juni mit „Spekulationen“ zu „Franziskus’ Zukunft“. ANSA legte am selben Tag nach.
Es ist der inzwischen 85jährige Franziskus selbst, der im Laufe seines Pontifikats mehrfach Gerüchte in diese Richtung nährte, zuletzt am 23. Mai gegenüber den italienischen Bischöfen. Glaubwürdigkeit erhalten sie wegen des Amtsverzichts seines Vorgängers Benedikt XVI. Bis Februar 2013 galt der Rücktritt eines Papstes als überflüssiges Gedankenspiel, da ein solcher praktisch undenkbar war. In der Tat stellt die Abdankung von Benedikt XVI. einen beispiellosen Schritt in der Kirchengeschichte dar. Mehr oder weniger freiwillige Rücktritte hatte es zwar gegeben, allerdings genügt eine Hand, um sie abzuzählen. Jeder hatte einen triftigen, wenn nicht sogar schwerwiegenden Grund. Benedikt XVI. ist der erste Papst, der seinen Amtsverzicht damit begründete, in den Ruhestand treten zu wollen.
Seit neun Jahren ist er deshalb gezwungen, mitansehen zu müssen, welche weitreichenden und negativen Konsequenzen sein Schritt hatte. Er muß Zeuge sein, wie sein Nachfolger ihn für ausreichend handlungsunfähig erachtet, um sogar die Eliminierung des bedeutendsten Erbes seines Pontifikats, des Motu proprio Summorum Pontificum, vor Benedikts Augen zu vollziehen.
Wird in Rom von nicht-bergoglianischen Kreisen darauf hingewiesen, ist schnell von einer „Qual“ die Rede, die der gewesene Papst ertragen müsse. Mutige sprachen im persönlichen Gespräch auch schon von einem „Fegefeuer“.
Franziskus befeuert seit 2014 die Spekulationen
Bereits 2014 war es Franziskus, der kryptisch andeutete, in Zukunft könne es sein, daß Benedikt XVI. mit seinem Amtsverzicht „kein Einzelfall“ bleibe. Seither wechselten sich solche Hinweise, vatikanische Dementis und Rücktrittsforderungen ab. Die relevanteste Rücktrittsforderung kam im Sommer 2018 von Erzbischof Carlo Maria Viganò, dem ehemaligen Apostolischen Nuntius in den USA, im Zusammenhang mit dem McCarrick-Skandal. Sie veranlaßte Kardinal Walter Kasper gar von einem „Komplott“ zum Sturz von Franziskus zu sprechen. „Ein erzwungener Rücktritt wäre nicht gültig“, warnte der deutsche Kardinal zu einem Zeitpunkt, als noch nicht einmal alle Teile der Kirche davon überzeugt waren, daß Franziskus wirklich rechtmäßig gewählter Papst ist. Die Diskussion wird zudem von der Frage überschattet, ob Franziskus „nur“ ein schlechter Papst oder gar ein falscher Prophet sei, von denen in der Heiligen Schrift die Rede ist.
Andere blicken längst auf das kommende Konklave. Genau das wird auch Franziskus nachgesagt, der seit 2014 neue Kardinäle kreiert, um, wie es heißt, seine Nachfolge selbst zu entscheiden.
Am 23. Mai „scherzte“ Franziskus, wie es nachträglich hieß, daß er sich keiner Operation mehr mit Narkose unterziehen werde: „Lieber trete ich zurück“. Im Sommer 2021 war es im Zuge eines Eingriffs, dem sich der Papst in der römischen Gemelli-Klinik, der Universitätsklinik der Katholischen Universität Sacro Cuore von Mailand, unterzogen hatte, zu Komplikationen gekommen. Der Öffentlichkeit wurde darüber nichts mitgeteilt, es gab nur vereinzelte Gerüchte. Franziskus befürchtet seither, durch eine Narkose irreversibel handlungsunfähig zu werden, ein Risiko, das er vermeiden will. Zu sehr scheint er vom Gedanken getrieben, seinen Nachfolger direkt und unmittelbar auswählen und einsetzen zu wollen.
Befeuert werden die Rücktrittsgerüchte, weil Franziskus am 28. August die süditalienische Kaiserstadt L’Aquila besuchen wird. Es werden Erinnerungen wach, als Benedikt XVI. 2009 das Grab von Cölestin V. aufsuchte, dem ersten und bis dahin einzigen Papst, der 1294 tatsächlich aus freien Stücken abgedankt hatte. Sein Grabmal befindet sich in der Kathedrale von L’Aquila in den Abruzzen.
Will Franziskus, indem er es seinem Vorgänger gleichtut und das Grab Cölestins aufsucht, auch seinen beabsichtigten Rücktritt signalisieren?
Der bevorstehende Besuch von Franziskus ist im päpstlichen Kalender genau zwischen dem Konsistorium zur Kreierung der neuen Kardinäle am 27. August und dem Konsistorium über die Kurienreform am 30. August eingebettet. Grund genug, um entsprechende Spekulationen auszulösen.
Papstvertraute wiegeln ab
Aus dem Vatikan kommen die üblichen Dementis. Als Franziskus gegenüber den italienischen Bischöfen „scherzte“, war es der päpstliche Ghostwriter Msgr. Victor Manuel Fernández, Erzbischof von La Plata, der in die Öffentlichkeit ging, um zu erklären, daß der Papst in „optimaler Verfassung“ sei.
Vergleichbares tat gestern ein anderer Papstvertrauter, Kardinal Oscar Rodríguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa und Koordinator des Kardinalsrates, der Franziskus berät. Im Gegensatz zu anderen äußerte sich Maradiaga gewohnt „vornehm“, indem er gegenüber der spanischen Presseagentur EFE polterte, das Gerede von einem „Rücktritt des Papstes ist eine billige Seifenoper“. Die ganze „Aufregung“ seien „Fake News“, so der honduranische Salesianer, die aus Ländern wie den USA kommen, wo es einen „starken Widerstand“ gegen Franziskus gebe. Der argentinische Papst habe „nie darüber nachgedacht“ zurückzutreten, so der Primas von Honduras, der zumindest darin irrt. Franziskus selbst äußerte sich sogar mehrfach in diese Richtung, wenngleich jeweils unklar blieb, wie ernst er es meinen könnte. Kardinal Maradiaga hingegen ist dazu eindeutig:
„Er wird weder zurücktreten noch ist er krank. Es geht ihm vollkommen gut. Er hat nur ein Mobilitätsproblem aufgrund von Knieschmerzen. Aber er ist großartig und wird die Kirche weiter regieren.“
EFE insistierte und fragte den Kardinal und Papst-Vertrauten, ob der Termin Ende August nicht völlig ungewöhnlich sei, um an die 200 Kardinäle aus aller Welt zusammenzurufen. Im August war es üblich, daß die Päpste die Stadt Rom wegen der großen Hitze verließen und sich nach Castel Gandolfo oder einen höhergelegenen Sommerfrischort zurückzogen. In der Ewigen Stadt herrschten dann inoffiziell Ferien.
Kardinal Maradiaga hatte auch dafür, wie von ihm nicht anders gewohnt, „eine einfache Erklärung“. Wegen der Corona-Pandemie, die es bisher verhindert habe, werde Franziskus im Juli und September mehrere Auslandsreisen unternehmen, und überhaupt würden auch die Kardinäle im Herbst „sehr beschäftigt“ sein, weshalb man beschlossen habe, das Konsistorium „vorzuziehen“. Auch seien die Flugpreise dann „günstiger“. Man darf staunen, denn Flugpreise hatten bisher noch keine Rolle gespielt.
Fürchtet der Vatikan die Teuerungswelle, die seit Jahresbeginn rollt und immer mehr an Fahrt gewinnt, so sehr, daß er so relevante Termine danach ausrichtet? Oder befürchtet man hinter den Leoninischen Mauern (oder weiß schon etwas?), daß im Herbst die Pseudopandemie von den Regierungen weitergetrieben und erneut Reisebeschränkungen verhängt werden? Kardinal Maradiaga äußerte sich dazu nicht, wie die Kirchenführung unter Franziskus insgesamt seit mehr als zwei Jahren zum Marionettentheater im Interesse einiger Pharmakonzerne und ihrer globalistischen Herren schweigt.
Der Kardinal fügte gegenüber EFE aber hinzu, daß die Kirchenmänner, die Ende August mit dem Purpur bedacht werden, die repräsentative Vertretung der Katholiken in einem zukünftigen Konklave stärken werden. Beim vergangenen Konklave hatten Asien und Ozeanien elf Papstwähler, nun werden es 24 sein. Afrika hatte damals ebenfalls elf Wähler, ab dem 27. August werden es 17 sein.
Wie Erzbischof Fernández und Kardinal Maradiaga äußerte sich auch Gerard O’Connell, Rom-Korrespondent der US-Jesuitenzeitschrift America. Der Papst habe Knieschmerzen, „aber er hat keine Probleme, weiterhin die Kirche zu regieren“. Es gebe „keine Belege dafür, daß er zurücktreten will“. Auch O’Connell und America fühlen sich dem derzeitigen Pontifikat eng verbunden. Der aus Irland stammende Journalist widmete Franziskus ein Buch mit dem Untertitel: „Ein intimer Bericht über das Konklave, das die Geschichte veränderte“.
„Keine solide Grundlage“ haben die Rücktrittsgerüchte auch für Giovanni Tridente, den Leiter der Pressestelle der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom und dort Lehrbeauftragter für Kommunikationsethik. Die Gerüchte seien nur „Klatsch“. Bei Franziskus sei keine „Resignation“ festzustellen.
So sieht es auch Massimo Faggioli, Professor für die Geschichte des Christentums an der Universität Villanova in den USA. Das Konsistorium für die Kreierung neuer Kardinäle sei notwendig geworden, um die vorgesehene Zahl von 120 Papstwählern zu erreichen. Daß deren Gesamtzahl durch die Neuernennungen weit überschritten wird, erwähnte der Bergoglianer nicht.
Allerdings haben all die genannten Stimmen aus dem päpstlichen Umfeld dahingehend recht, daß es nicht die geringsten Anzeichen einer Rücktrittsabsicht von Franziskus gibt. Und sollte er solche Absichten hegen, würde er sie wie Benedikt XVI. ohnehin bis zuletzt geheimhalten. Der argentinische Papst ist in mehrerlei Hinsicht seit seiner Wahl persönlich „aufgeblüht“ – wenngleich es schwerfällt, darin einen Nutzen für die Kirche zu erkennen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Le Figaro Magazine/Wikicommons (Screenshot)
Benedikt XVI. hat nicht abgedankt. Er selbst hat es mehrmals gesagt so zu Peter Seewald. Er hatte sich lediglich von Diensten/ministerium entbunden, aber nicht vom Amt des Papstes.
Herr Rech ich muss Ihnen zupflichten. Beim genauen Lesen der lateinischen Rücktritssdeclaratio von Benedikt XVI. erkennen wir, dass Benedikt nicht in dem Sinne zurückgetreten ist, wie es vielfach verstanden wird. Dazu verweise ich auf folgende Punkte:
1. Gleich im ersten Satz beschreibt Benedikt XVI den wahren Grund seines „Rücktrittes: „ut vobis decisionem magni momenti pro Ecclesiae vita communicem.“ …damit ich Euch eine Entscheidung von großer Bedeutung für das Leben der Kirche vermittele. Benedikt sieht also diesen Schritt um das (weiere) Leben der Kirche zu sichern. Er macht diesen Schritt, obgleich der Gründer der Kirche, unser Herr, Jesus Christus, versprochen hat, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden. Diesen Schritt geht er als „Katechon“. (Die Form kommt in 2 Thess 2,6 EU im Neutrum und in 2,7 EU – nun also personalisiert – im Maskulinum vor.) Der nächste wichtige Punkt ist die unterschiedliche Bedeutung von munus und ministerium. Benedikt sagt: ad cognitionem certam perveni vires meas ingravescente aetate non iam aptas esse ad munus Petrinum aeque administrandum. Bene conscius sum hoc munus secundum suam essentiam spiritualem non solum agendo et loquendo exsequi debere, sed non minus patiendo et orando.Aber im Folgenden tritt er nicht vom Munus ( = Aufgabe, Pflicht daher auch munus petrinunm ) ‑so beschwerlich er es auch Empfunden hat – zurück, sondern vom ministerium ( = Amt, Dienst, Dienstleistung).