Welche Aufträge erteilte Papst Franziskus gestern?

Audienz für Andrea Riccardi und die neue Führungsspitze der Gottesdienstkongregation


Papst Franziskus mit Erzbischof Arthur Roche, seit Mai Präfekt der Gottesdienstkongregation.
Papst Franziskus mit Erzbischof Arthur Roche, seit Mai Präfekt der Gottesdienstkongregation.

(Rom) Papst Fran­zis­kus emp­fing gestern den Grün­der und ehe­ma­li­gen Vor­sit­zen­den der Gemein­schaft von San­t’E­gi­dio, Andrea Ric­car­di, und anschlie­ßend die neue Füh­rungs­spit­ze der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung.

Audienz für Andrea Riccardi von Sant’Egidio

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Die 1968 gegrün­de­te Gemein­schaft von San­t’E­gi­dio, benannt nach einer Kir­che im römi­schen Stadt­teil Tra­ste­ve­re, ver­fügt inzwi­schen mit dem Erz­bi­schof von Bolo­gna, Msgr. Matteo Zup­pi, über einen Kar­di­nal, der zudem als Papa­bi­le im kom­men­den Kon­kla­ve gilt.

Die Gemein­schaft, die am 1. Sep­tem­ber, dem Fest des hei­li­gen Ägi­di­us, ihren Grün­dungs­tag fei­ert, ist in ihrer von Anfang an auch poli­ti­schen Aus­rich­tung so ein­fluß­reich oder zumin­dest so macht­af­fin, daß selbst Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel ihr schon die Auf­war­tung mach­te. Ein wei­te­rer Ver­tre­ter der Gemein­schaft ist der ehe­ma­li­ge Fami­li­en- und nun­meh­ri­ge Lebens­rechts­mi­ni­ster des Hei­li­gen Stuhls, Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia. Auf sie geht der umstrit­te­ne inter­re­li­giö­se „Geist von Assi­si“ zurück.

Die Gemein­schaft berich­tet auf ihrer Inter­net­sei­te über die Audi­enz, greift dafür aber erstaun­li­cher­wei­se auf eine Mel­dung der staat­li­chen Pres­se­agen­tur ANSA zurück. Eige­ne Infor­ma­tio­nen über die Begeg­nung bie­tet sie keine.

ANSA nennt als Gesprächs­the­men „den Kampf gegen die wach­sen­de Armut und die Not­wen­dig­keit, ange­mes­se­ne Ant­wor­ten auf die Pro­ble­me zu geben, die mit der Covid-19-Pan­de­mie durch die Lei­den vie­ler Fami­li­en, der alten Men­schen und ande­rer ver­letz­li­cher Per­so­nen der Gesell­schaft ent­stan­den sind“.

Papst Fran­zis­kus gehört zu den Vor­rei­tern der glo­ba­len Impf-Kam­pa­gne und fand bis­her kein kri­ti­sches Wort zur fak­ti­schen Impf-Pflicht, die gesun­den Men­schen auf­er­legt wird, die von Coro­na gar nicht bedroht sind. Ihnen wird, wenn sie sich nicht imp­fen las­sen, mit der sofor­ti­gen Sus­pen­die­rung vom Dienst ohne Gehalt und mög­li­cher Ent­las­sung gedroht. Das Kir­chen­ober­haupt schaut weg und häm­mert auf die Impf-Trommel.

Die wirk­li­che Armut erleb­te bis zu den staat­li­chen Coro­na-Maß­nah­men einen ste­ti­gen Rück­gang. Es darf daher bezwei­felt wer­den, daß die genann­ten The­men allein im Mit­tel­punkt der Audi­enz stan­den. Die Gemein­schaft von San­t’E­gi­dio wird von Fran­zis­kus als Par­al­lel­di­plo­ma­tie genützt. Die­se Rol­le leg­te sich die Gemein­schaft bereits unter Johan­nes Paul II. zu. Wäh­rend Bene­dikt XVI. kaum dar­auf zurück­griff, viel­mehr die Arbeit des dama­li­gen Staats­se­kre­ta­ri­ats durch eini­ge Eigen­mäch­tig­kei­ten der Gemein­schaft, vor allem in Nord­afri­ka, kon­ter­ka­riert wur­de, kommt der infor­mel­le Cha­rak­ter der San­t’E­gi­dio-Diplo­ma­tie dem Hand­lungs­mu­ster von Papst Fran­zis­kus entgegen.

Audienz für die neue Führungsspitze der Gottesdienstkongregation

Anschlie­ßend gewähr­te Fran­zis­kus der neu­en, von ihm ernann­ten Füh­rungs­spit­ze der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung eine Audi­enz. Zu ihm vor­ge­las­sen wur­den Kuri­en­erz­bi­schof Arthur Roche, Kuri­en­erz­bi­schof Vitto­rio Vio­la und Kuri­en­bi­schof Aure­lio Gar­cía Mací­as. Alle drei wur­den von Fran­zis­kus am 27. Mai in ihre Spit­zen­äm­ter beru­fen: Msgr. Roche als Prä­fekt, Msgr. Vio­la als Sekre­tär und Msgr. Gar­cía als Untersekretär.

Zuvor hat­te Fran­zis­kus am 20. Febru­ar Kar­di­nal Robert Sarah wegen Errei­chens der Alters­gren­ze als Prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on ent­bun­den. Bereits unter Kar­di­nal Sarah, des­sen Ernen­nung durch Fran­zis­kus im Herbst 2014 als „Betriebs­un­fall“ galt, da der Kar­di­nal aus Afri­ka der lit­ur­gi­schen Sen­si­bi­li­tät von Bene­dikt XVI. weit näher stand als der von Fran­zis­kus, hat­te Msgr. Roche, der Sekre­tär, das eigent­li­che Sagen in der Kon­gre­ga­ti­on und den Zugang zum Papst.

Zum neu­en Sekre­tär ernann­te Fran­zis­kus den bis­he­ri­gen Bischof von Tor­to­na, Msgr. Vitto­rio Vio­la OFM, der den Bischofs­ring von Msgr. Anni­ba­le Bug­nini, dem „Bau­mei­ster“ des Novus Ordo Mis­sae, trägt, des­sen Schu­le er angehört.

Neu­er Unter­se­kre­tär ist der Spa­ni­er Msgr. Aure­lio Gar­cía Mací­as, des­sen Auf­trag dar­in bestehen soll, das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des umzusetzen.

Nicht emp­fan­gen wur­de von Fran­zis­kus P. Cor­ra­do Mag­gio­ni SMM. Der Mont­forta­ner war 2014, als Fran­zis­kus bis auf Msgr. Roche die gesam­te Füh­rungs­spit­ze der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on aus­wech­sel­te (den Prä­fek­ten, Kar­di­nal Anto­nio Cañi­zares, und zwei Unter­se­kre­tä­re) vom amtie­ren­den Papst zum Unter­se­kre­tär ernannt wor­den. Mag­gio­ni ent­stammt noch der Mann­schaft von Msgr. Pie­ro Mari­ni, dem Zere­mo­nien­mei­ster von Papst Johan­nes Paul II., und gilt als ent­schie­de­ner Bug­nini-Anhän­ger. Msgr. Pie­ro Mari­ni, nicht zu ver­wech­seln mit dem Zere­mo­nien­mei­ster von Papst Bene­dikt XVI., Msgr. Gui­do Mari­ni, der von Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen Sonn­tag sei­nes Amtes ent­bun­den und anstel­le von Msgr. Vio­la als Bischof nach Tor­to­na geschickt wur­de, war einer der eng­sten Mit­ar­bei­ter von Msgr. Anni­ba­le Bugnini.

P. Mag­gio­ni steht im Zusam­men­hang mit einer Kom­mis­si­on, deren Exi­stenz vom Hei­li­gen Stuhl weder ver­laut­bart noch bestä­tigt wur­de. Die­se Kom­mis­si­on, der Mag­gio­ni und Pie­ro Mari­ni ange­hör­ten, ver­faß­te das im Sep­tem­ber 2017 von Fran­zis­kus pro­mul­gier­te Motu pro­prio Magnum Prin­ci­pi­um, mit dem den Bischofs­kon­fe­ren­zen Zustän­dig­kei­ten zur Über­set­zung der lit­ur­gi­schen Tex­te über­tra­gen wur­den. Auf­trag der Kom­mis­si­on und Ziel die­ser „Dezen­tra­li­sie­rung“ war, die Instruk­ti­on Lit­ur­giam authen­ti­cam zu ver­sen­ken, die 2001 von der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on im Auf­trag von Johan­nes Paul II. ver­öf­fent­licht wor­den war.

Lit­ur­giam authen­ti­cam war den Bug­nini-Schü­lern von Anfang an ein Dorn im Auge, weil sie in die­ser Instruk­ti­on einen grund­le­gen­den Text für die lit­ur­gi­sche „Restau­ra­ti­on“ sahen. In der Tat läu­te­te sie den Ver­such einer „Kor­rek­tur der ideo­lo­gi­sier­ten lit­ur­gi­schen Über­set­zun­gen“ ein, um die „ver­wü­ste­te Lit­ur­gie“ wie­der zu ord­nen, wie Ripo­ste catho­li­que damals anmerk­te. Die Instruk­ti­on hat­te näm­lich defi­niert, daß die Über­set­zung der lit­ur­gi­schen Tex­te kein „krea­ti­ves Werk“ sein dür­fe, son­dern die Ori­gi­nal­tex­te „getreu und genau“ in die Volks­spra­che zu über­tra­gen habe. In die­sem Kon­text ist auch das auf hal­bem Weg stecken­ge­blie­be­ne Bestre­ben von Bene­dikt XVI. zu sehen, die Wand­lungs­wor­te „pro mul­tis“ als „für vie­le“ (und nicht „für alle“) über­set­zen zu las­sen. Ein Bestre­ben, das, wo noch nicht aus­rei­chend weit gedie­hen, durch sei­nen Amts­ver­zicht ver­senkt wur­de, wie die neue ita­lie­ni­sche Über­set­zung des Mis­sa­le Roma­num zeigt. Kar­di­nal Sarah war bemüht, durch Richt­li­ni­en die Trag­wei­te von Magnum Prin­ci­pi­um ein­zu­däm­men. 2017 kam es gleich mehr­fach zu einem öffent­lich wahr­nehm­ba­ren Schlag­ab­tausch zwi­schen Papst Fran­zis­kus und Kar­di­nal Sarah.

Die Abwe­sen­heit Mag­gio­nis ist auch vor dem Hin­ter­grund zu betrach­ten, daß Fran­zis­kus unmit­tel­bar nach der Ent­las­sung von Kar­di­nal Sarah eine Apo­sto­li­sche Visi­ta­ti­on der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on anordnete.

Natür­li­che läßt sich das Feh­len Mag­gio­nis bei der gest­ri­gen Audi­enz for­mal auch dadurch erklä­ren, daß Fran­zis­kus nur die am 27. Mai neu­ernann­ten oder beför­der­ten Spit­zen­ver­tre­ter der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on emp­fan­gen woll­te. Aller­dings ist ein sol­cher Emp­fang nicht üblich. Statt­des­sen gibt es rou­ti­ne­mä­ßi­ge Audi­en­zen, die aus­schließ­lich der jewei­li­ge Prä­fekt einer Kon­gre­ga­ti­on wahr­nimmt. Ein Sekre­tär wird nur vor­ge­las­sen, wenn der Prä­fek­ten­stuhl vakant ist. Ein Unter­se­kre­tär fak­tisch nie.

Die rou­ti­ne­mä­ßi­gen Audi­en­zen für den Prä­fek­ten der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on fin­den zudem an Don­ners­ta­gen statt, nicht am Mon­tag. Es ist daher anzu­neh­men, daß Fran­zis­kus der soeben von ihm ernann­ten Füh­rung die­ses Dik­aste­ri­ums eine wich­ti­ge Mit­tei­lung mach­te und einen kon­kre­ten Auf­trag erteilte.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­News (Screen­shot)

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