Franziskus überträgt Bischofskonferenzen Zuständigkeit für die Übersetzung der liturgischen Bücher in die Volkssprachen


Motu proprio Magnum principium - Zuständigkeitsübertragung vom Heiligen Stuhl auf die Bischofskonferenzen
Motu proprio Magnum principium - Zuständigkeitsübertragung vom Heiligen Stuhl auf die Bischofskonferenzen

(Rom) Wäh­rend Papst Fran­zis­kus in Kolum­bi­en weil­te, wur­de in Rom sein Motu pro­prio Magnum prin­ci­pi­um ver­öf­fent­licht, mit dem er den Bischofs­kon­fe­ren­zen die Zustän­dig­keit für die Über­set­zun­gen der lit­ur­gi­schen Bücher in die Volks­spra­che überträgt.

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Es wur­de vom Papst am 3. Sep­tem­ber unter­zeich­net und tritt am 1. Okto­ber in Kraft. Wäh­rend das Motu pro­prio vom Vati­kan noch nicht in deut­scher Spra­che ver­öf­fent­licht wur­de, liegt der dazu­ge­hö­ren­de „Lese­schlüs­sel“ der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung auch auf deutsch vor.

Änderung des Canon 838 des CIC

Das Motu pro­prio nimmt eine Ände­rung am Canon 838 des Codex Iuris Cano­ni­ci vor. Bis­her besag­te der Canon in vier Paragraphen:

  • 1. Die Rege­lung der hei­li­gen Lit­ur­gie steht allein der kirch­li­chen Auto­ri­tät zu: sie liegt beim Apo­sto­li­schen Stuhl und, nach Maß­ga­be des Rechts, beim Diözesanbischof.
  • 2. Sache des Apo­sto­li­schen Stuh­les ist es, die hei­li­ge Lit­ur­gie der gan­zen Kir­che zu ord­nen, die lit­ur­gi­schen Bücher her­aus­zu­ge­ben und ihre Über­set­zun­gen in die Volks­spra­chen zu über­prü­fen sowie dar­über zu wachen, daß die lit­ur­gi­schen Ord­nun­gen. über­all getreu ein­ge­hal­ten werden.
  • 3. Die Bischofs­kon­fe­ren­zen haben die Über­set­zun­gen der lit­ur­gi­schen Bücher in die Volks­spra­chen zu besor­gen und sie dabei inner­halb der in die­sen lit­ur­gi­schen Büchern fest­ge­leg­ten Gren­zen in ange­mes­se­ner Wei­se ihren Ver­hält­nis­sen anzu­pas­sen; die­se Über­set­zun­gen haben sie nach vor­gän­gi­ger Über­prü­fung durch den Hei­li­gen Stuhl herauszugeben.
  • 4. Dem Diö­ze­san­bi­schof steht es zu, in der ihm anver­trau­ten Kir­che inner­halb der Gren­zen sei­ner Zustän­dig­keit Nor­men für den Bereich der Lit­ur­gie zu erlas­sen, an die alle gebun­den sind.

Nun lau­ten die geän­der­ten Para­gra­phen gemäß der vom Vati­kan ver­öf­fent­lich­ten ita­lie­ni­schen Version:

  • 2. Sache des Apo­sto­li­schen Stuh­les ist es, die hei­li­ge Lit­ur­gie der gan­zen Kir­che zu ord­nen, die lit­ur­gi­schen Bücher her­aus­zu­ge­ben, die von den Bischofs­kon­fe­ren­zen nach Maß­ga­be des Rechts appro­bier­ten Anpas­sun­gen zu über­prü­fen sowie dar­über zu wachen, daß die lit­ur­gi­schen Ord­nun­gen über­all getreu ein­ge­hal­ten werden.
  • 3. Die Bischofs­kon­fe­ren­zen haben getreu die Ver­sio­nen der lit­ur­gi­schen Bücher in den Volks­spra­chen zu besor­gen, sie inner­halb der in die­sen lit­ur­gi­schen Büchern fest­ge­leg­ten Gren­zen in ange­mes­se­ner Wei­se ihren Ver­hält­nis­sen anzu­pas­sen, zu appro­bie­ren und die lit­ur­gi­schen Bücher für die Regio­nen ihrer Zustän­dig­keit nach der Bestä­ti­gung durch den Apo­sto­li­schen Stuhl herauszugeben.

Gesetzgebungskompetenz ab 1. Oktober bei Bischofskonferenzen

Die Ände­rung bedeu­tet eine Kom­pe­tenz­ver­schie­bung zugun­sten der Bischofs­kon­fe­ren­zen. War bis­her die Beschluß­fas­sung dem Hei­li­gen Stuhl vor­be­hal­ten, steht die­se nun den Bischofs­kon­fe­ren­zen zu. Dar­an ändert auch die Fuß­no­te zum Ter­mi­nus reco­gni­tio nichts, in der auf eine Note des Päpst­li­chen Rates für die Aus­le­gung der Geset­zes­tex­te vom 28. April 2006 ver­wie­sen wird. In der Note wird fest­ge­hal­ten, daß reco­gni­tio nicht nur eine all­ge­mei­ne Bil­li­gung und eben­so­we­nig eine blo­ße Auto­ri­sie­rung, son­dern eine genaue und detail­lier­te Prüfung.

Was wird aus dem „pro multis“?

Die Fra­ge ist von größ­ter Bedeu­tung seit mit den Refor­men von 1965 und 1969 die Hei­li­ge Mes­se in den Volks­spra­chen zele­briert wer­den kann. Über­ha­stet vor­ge­leg­te Über­set­zun­gen mach­ten mehr­fa­che Kor­rek­tu­ren not­wen­dig. Beson­ders Bene­dikt XVI. sah eine Not­wen­dig­keit für sol­che. Die bedeu­tend­ste Kor­rek­tur betrifft die Wandlungsworte.

Im Okto­ber 2006 erließ er die Bestim­mung, daß das „pro mul­tis“ nicht mehr als „für alle“, son­dern „für vie­le“ zu über­set­zen sei. Die Umset­zung schleppt sich seit­her hin. Der eng­lisch­spra­chi­ge Raum mach­te den ersten Schritt. Ande­re wich­ti­ge Sprach­räu­me folg­ten mit unter­schied­li­chem Rhyth­mus. Als beson­ders reni­tent erwie­sen sich die Bischö­fe des deut­schen Sprach­rau­mes und die Ita­lie­ner. Papst Bene­dikt XVI. setz­te im April 2012 mit einem Brief an die Bischö­fe nach, indem er die Über­set­zung „für vie­le“ ein­for­der­te. Um die Adres­sa­ten des Wider­stan­des zu ver­deut­li­chen, wur­de der Brief von ihm in deut­scher Spra­che geschrieben.

Bis heu­te hat sich jedoch nichts getan. Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus schei­nen die Bischö­fe die Sache auf Eis gelegt zu haben. Offen­sicht­lich zu Recht, wie das neue Motu pro­prio zeigt, das im Zei­chen der von Fran­zis­kus auf­ge­wor­fe­nen, aber umstrit­te­nen „Dezen­tra­li­sie­rung“ steht.

Am Motu pro­prio bzw. dem erklä­ren­dem Begleit­text der zustän­di­gen Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on fällt auf, daß jeder Hin­weis auf den Lei­ter die­ses Dik­aste­ri­ums, Kar­di­nal­prä­fekt Robert Sarah, fehlt. Der „Lese­schüs­sel“ wur­de vom Sekre­tär der Kon­gre­ga­ti­on, Kuri­en­erz­bi­schof Arthur Roche unter­zeich­net. Die Dampf­wal­ze rollt wei­ter: Wer sich in den Weg stellt wird, selbst wenn er die höch­sten Kir­chen­äm­ter inne­hat, weg­be­för­dert (Pia­cen­za, Cañi­zares, Bur­ke), nicht bestä­tigt (Mül­ler) oder mar­gi­na­li­siert (Sarah).

Andere Länder, andere Sitten … andere Moral und andere Wandlungsworte?

Die Fol­gen kön­nen nicht nur unter­schied­li­che Über­set­zun­gen in ver­schie­de­nen Spra­chen, son­dern auch inner­halb der­sel­ben Spra­che sein. Die Öster­rei­chi­sche Bischofs­kon­fe­renz könn­te ande­re Über­set­zun­gen beschlie­ßen als die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz. Papst Fran­zis­kus selbst exer­zier­te die­se Frak­tio­nie­rung der Hei­li­gen Lit­ur­gie bei sei­nem Pasto­ral­be­such auf Kuba und in den USA vor. Er sprach im Sep­tem­ber 2015 das Hoch­ge­bet bei der Eucha­ri­stie­fei­er in Kuba auf spa­nisch und die Wand­lungs­wor­te als „für alle“. Weni­ge Tages danach sprach er die­sel­ben Wand­lungs­wort bei einer auf spa­nisch zele­brier­ten hei­li­gen Mes­se in den USA als „für vie­le“. Der Grund: Im spa­nisch­spra­chi­gen Raum war die von Bene­dikt XVI. gefor­der­te Kor­rek­tur noch nicht erfolgt, von der Bischofs­kon­fe­renz der USA (eng­lisch­spra­chi­ger Raum) hin­ge­gen schon.

Für die Wand­lungs­wor­te könn­te mor­gen ganz offi­zi­ell gel­ten, was in der Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen durch Amo­ris lae­ti­tia ein­ge­führt wird: daß in einem Land etwas ande­res gilt als in einem anderen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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7 Kommentare

    • ‚Ein­heit der Kir­che‘ gibt es schon lan­ge nicht mehr!
      Apo­sta­sie, Ver­wir­rung, Glau­bens­ab­fall haben sich breit gemacht in unse­rer Kir­che! Nie­mand weis wie lan­ge das noch andauert.

  1. Auf sum-pont-de heißt es dazu u.a. „Auf die spä­ter ins­be­son­de­re von Johan­nes Paul II. erlas­se­nen Vor­ga­ben zur Ein­däm­mung lit­ur­gi­scher Eigen­wil­lig­kei­ten wie Pastor Bonus (1988) und vor allem Lit­ur­giam authen­ti­cam (2001) geht es nur inso­weit ein, daß es pau­schal ver­fügt, frü­he­re Doku­men­te sei­en im Licht der neu­en Rege­lun­gen zu inter­pre­tie­ren. Das kommt deren fak­ti­scher Auf­he­bung nahe, …“ Falls das stimmt, wäre es die Umkeh­rung des bis­her in der Kir­che ange­wand­ten Prin­zipes, dass die neue­ren Tex­te im Sin­ne der älte­ren zu inter­pre­tie­ren sind. Ich habe jetzt nicht das genaue Zitat zu die­ser Pas­sa­ge, aber es lie­fe m.M.n. letz­lich auf das Auf­ge­ben des apo­sto­li­schen Prin­zips hinaus!!!

    Bild­lich gespro­chen wäre es so, als ob ein Dach­decker auf­ge­for­dert wür­de die Posi­ti­on der Dach­lat­ten zu ihrer Befe­sti­gung so zu wäh­len, dass sie unter die aus­ge­leg­ten (und mit­hin frei schwe­ben­den) Dach­stei­ne pass­ten. Auch wenn die Dach­stei­ne in Schlan­gen­li­nie und mit Ver­satz her­um lie­gen. Abge­se­hen davon, dass das nicht funk­tio­nie­ren wür­de, wäre das Dach auch nicht dicht. Ich bevor­zu­ge das apo­sto­li­sche Prin­zip. Die Aso­zia­ti­on „Umkeh­rung des apo­sto­li­schen Prin­zips“ mit dem Begriff „Dach­scha­den“ ist selbst­ver­ständ­lich rein zufällig.

    • Wo das apo­sto­li­sche Prin­zip Fort­schritt und Moder­nis­mus im Wege steht, muß es eben wei­chen. Der neue Plu­ra­lis­mus der Kir­che meint dann Tra­di­tio­nen statt Tra­di­ti­on und vor allem Wahr­hei­ten statt Wahrheit.
      Das heißt in eigent­li­cher Kon­se­quenz, Petrus­amt, Kir­che und letzt­end­lich Chri­stus selbst sind „über­holt“.

  2. Dann wer­den wir dem­nächst wie­der eini­ge „Wun­der der Kom­mis­si­on“ erle­ben … Mir hat schon das neue Got­tes­lob gereicht!

  3. So, und jetzt kön­nen wir uns zurück­leh­nen und sagen: „Ja, wir haben es immer gewußt!“ Wirk­lich? Papst Fran­zis­kus ist wie sei­ne Vor­gän­ger Johan­nes XXIII und Johan­nes Paul II nach­weis­lich ein Cha­ris­ma­ti­ker und steht mit dem kirch­li­chen Dog­ma auf Kriegs­fuß. Nur hat er jetzt den Bogen über­spannt, da somit die Ein­heit des Römi­schen Ritus nicht nur zur Dis­po­si­ti­on gestellt ist, son­dern auf­ge­ge­ben wor­den ist. Nie­mand wacht über die „Über­set­zung“, die man­gels Kor­rekt­heit nur eine Über­tra­gung in allen Spra­chen ist, latei­ni­sche Aus­ga­ben wer­den nicht mehr ange­wandt und sowie­so dann nicht mehr ver­wend­bar sein, da die Vor­ga­ben aus dem Vati­kan feh­len. Somit gibt es den Römi­schen Ritus nicht mehr. Ist eigent­lich klar, daß die­ses eine schis­ma­ti­sche Hand­lung ist? daß der Papst ein for­mel­les Schis­ma her­vor­ruft. Mit der Ände­rung an c. 838 wird die Rechts­grund­la­ge des c. 2 auf­ge­ho­ben. Damit ist der Papst in ein for­mel­les Schis­ma begrün­det und damit sein Amt ver­liert. Und die­ses 10 Jah­re nach dem MP „Sum­morum Pontificum“!

    Was soll­te jetzt gesche­hen: Man soll­te die Kar­di­nä­le Sarah und ande­re Kar­di­nä­le öffent­lich und for­mell um die Abhal­tung eines Kon­kla­ve bit­ten und so einen Gegen­papst zu wäh­len, der dann fak­tisch in der Kir­che das Ruder über­nimmt. Ich bin mir sicher, daß dann Jor­ge Berg­o­lio den Vati­kan end­gül­tig ver­liert und daß die Schwei­zer Gar­de dem neu­en Papst die Treue schwö­ren wird, da Berg­o­glio die Schwei­zer Gar­de voll­kom­men des­avou­iert hat („Lie­ber gang ich in Legi­on als zur Gaard!“). „Tem­pus faci­en­di, dis­si­pa­verunt legem tuam!“

    Und an die FSSPX gerich­tet: Bit­tet erwähnt nicht mehr den Orts­bi­schof im Kanon son­dern S. E. Ber­nard Fel­lay als fak­ti­schen Ordi­na­ri­us. Man kann nicht davon aus­ge­hen, daß die Orts­bi­schö­fe noch „una cum“ sind.

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