(Rom) Mit dem Motu proprio Magnum Principium hat Papst Franziskus mit 1. Oktober die Zuständigkeit für die Übersetzung der liturgischen Bücher in die Volkssprachen den Bischofskonferenzen übertragen. Diese „Dezentralisierung“ rief besorgte Stimmen auf den Plan. Die Kirche riskiere ihre Einheit und Universalität, da die Bischofskonferenzen, derzeit sind es 120, über dieselbe Frage unterschiedlich entscheiden könnten. Der Papst beharrt aber darauf, wie er nun klarstellte.
Zwietracht und Spaltung durch Amoris laetitia abschreckendes Beispiel
Abschreckend wirkt auf Kritiker vor allem die Spaltung, die sich in den vergangenen Monaten durch das umstrittene nachsynodale Schreiben Amoris laetitia ausbreitet. In der Diözese Rom, auf Malta und in der Kirchenprovinz Buenos Aires dürfen wiederverheiratete Geschiedene (offiziell unter bestimmten Bedingungen, de facto uneingeschränkt) die heilige Kommunion empfangen. Im Bistum Triest, in den meisten Kirchenprovinzen Kanadas und der USA ist der Ehebruch weiterhin Sünde und schließt automatisch von den Sakramenten aus. Der geographische Bruch durch die Kirche wurde in den vergangenen Tagen entlang der Oder deutlich. Während die Deutsche Bischofskonferenz die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur heiligen Kommunion erlaubte, bekräftigte die Polnische Bischofskonferenz die überlieferte Lehre und Praxis.
Zu den besorgten Stimme in Liturgiefragen gehört Kardinal Robert Sarah der Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Er war am Zustandekommen des Motu proprio Magnum Principium nicht beteiligt. Ungewöhnlicherweise trägt es daher nur die Unterschriften von Papst Franziskus und des Sekretärs der Kongregation.
Kardinal Sarahs Sorge um die liturgische Einheit der Kirche
Kardinal Sarah meldete sich am 30. September mit einer Präzisierung zu Wort (öffentlich bekannt wurde sie erst gegen Mitte Oktober), mit der er die Wirkung von Magnum Principium abmilderte. Mit seinem „Leseschlüssel“ zum Verständnis des Motu proprio verweist er darin auf die Notwendigkeit und Pflicht zu einer treuen (fideliter) Übersetzung und nennt als Negativbeispiel die defizitäre französische Übersetzung des Begriffes consubtantialem im Glaubensbekenntnisses. Vor allem präzisierte er die zentralen Begriffe „recognitio“ und „confirmatio“, mit denen die neuen Zuständigkeiten festgeschrieben wurden.
Zudem bekräftigte Kardinal Sarah, daß die Instruktion Liturgiam authenticam (LA) unveränderte Gültigkeit besitze und der entscheidende Text sei, an den sich alle Übersetzungen zu halten hätten. Es gebe „keine Änderung“, was die nötigen Kriterien und das zwingende Ergebnis der Übersetzungen der liturgischen Bücher in die Volkssprachen anbelangt. Sie haben „fideliter“ dem lateinischen Original zu entsprechen.
Zudem seien die Begriffe „recognitio“ und „confirmatio“, was die Autorität des Heiligen Stuhls anbelangt, austauschbare Synonyme, die aber im Zusammenhang mit der Editio typica für die Heilige Messe eine unterschiedliche Wirkung entfalten. Diese Aussage wird vom Kardinal detailliert und ausführlich belegt. Die confirmatio des neu formulierten Canon 838 stelle bezüglich der Edtio typica keineswegs eine Abschwächung der römischen Entscheidungsautorität dar, sondern entspreche exakt der recognitio des alten Canon 838, denn sie stehe in direktem Zusammenhang mit der verlangten getreuen (fideliter) Übersetzung. Die Präzisierung stellt klar, daß die Autorität, über die liturgischen Bücher zu entscheiden, allein und weiterhin bei Rom liegt. Einzig der Zeitpunkt, zu dem die römische Autorität greift, scheint durch den Wechsel von recognitio zu confirmatio verschoben, der nun am Ende des Prozesses zu stehen scheine. Das schließe aber einen früheren gegenseitigen Austausch zwischen den Bischofskonferenzen und Rom nicht aus, so Kardinal Sarah.
Widerspruch durch Papst Franziskus
Dem widersprach nun Papst Franziskus mit einer „Correctio paternalis“ wie Riccardo Cascioli, der Chefredakteur der Nuova Bussola Quotidiana (NBQ), gestern nicht ohne Zweideutigkeit meinte.
Franziskus schrieb Kardinal Sarah am 15. Oktober einen vier Seiten langen Brief und forderte die Medien auf, die Kardinal Sarahs Präzisierung publiziert hatten, seine Zurechtweisung des Kardinals zu veröffentlichen. „So etwas hat es noch nicht gegeben“, so Cascioli, dessen Internetzeitung Kardinal Sarah als Forum gedient hatte. Gestern wurde das päpstliche Schreiben veröffentlicht.
- Das Schreiben von Papst Franziskus an Kardinal Robert Sarah vom 15. Oktober 2017 (PDF).
Franziskus will „wirkliche liturgische ‚Devolution‘ “
Cascioli betont in seinem Kommentar die Sorge von Kardinal Sarah, „die Einheit der Kirche auch in der Liturgie“ zu bewahren. Der NBQ-Chefredakteur weiter:
„Der Papst läßt nun aber wissen, daß das nicht der mens des Motu proprio entspricht, die hingegen in Richtung einer wirklichen liturgischen ‚devolution‘ geht.“
Gemeint ist eine echte Dezentralisierung mit Übertragung der primären Zuständigkeit für die liturgischen Bücher in den Volkssprachen an die derzeit weltweit 120 Bischofskonferenzen.
Papst Franziskus geht dabei ins Detail. Während Kardinal Sarah bekräftigte, daß die Instruktion Liturgiam authenticam weiterhin das grundlegende und verbindliche Dokument ist, erklärte Franziskus nun, daß einige Teile der Instruktion abgeschafft, andere neu zu verstehen seien. Konkret seien die Paragraphen 79–84 „neu zu verstehen“, die sich auf die Approbation der Übersetzungen der liturgischen Bücher in die Volkssprachen durch Rom beziehen. Als „abgeschafft“ nennt der Papst die Paragraphen 76 und 80. Letzterer bezieht sich auf die recognitio und wurde von ihm neu formuliert. Paragraph 76 verlangte bisher von der Gottesdienstkongregation eine Enge Mitwirkung an dem gesamten Übersetzungsvorgang, auch bereits an den Vorbereitungen.
Übersetzungen müssen sich nicht mehr an Liturgiam authenticam halten
Franziskus vollzieht einen weiteren Bruch, indem er nun erklärte, daß Magnum Principium „nicht mehr“ verlange, daß die Übersetzungen in allem den Normen von Liturgiam authenticam entsprechen müßten, „wie das in der Vergangenheit war“.
Während Kardinal Sarah darauf beharrte, daß die Übersetzung in die Volkssprache in Treue (fideliter) zum verbindlichen lateinischen Original zu erfolgen habe, verkündete Franziskus nun eine „dreifache Treue“. Die Übersetzungen müßten dem Original, der Volkssprache und der Verständlichkeit für die Adressaten entsprechen. Die „dreifache Treue“ meint damit nicht eine noch größere Treue, sondern eine Aufweichung der Treue gegenüber der lateinischen Editio typica des Missale Romanum. Dazu Cascioli:
„Das läßt verstehen, daß Magnum Principium als Beginn eines Prozesses verstanden wird, der sehr weit [weg] führen kann“.
Bemerkenswert in der ganzen Sache ist der Konflikt, den Papst Franziskus mit Kardinal Sarah sucht, der mit seiner Präzisierung vom 30. September nichts anderes getan hatte, als der von Papst Benedikt XVI. vorgegebenen Linie zu folgen. Als Präfekt der Glaubenskongregation war Kardinal Ratzinger für Liturgiam authenticam verantwortlich. Mit anderen Worten: Papst Franziskus will etwas anderes, als Kardinal Ratzinger mit Papst Johannes Paul II. und dann Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit der Liturgie anstrebten. Die öffentliche Zurechtweisung von Kardinal Sarah läßt erkennen, daß es Papst Franziskus ernst damit ist, die „Reform der Reform“ Benedikts XVI. zu beseitigen. Dazu Cascioli:
„Es besteht kein Zweifel, daß es mit dem ‚Geist‘ von Magnum Principium Tendenz sein wird, sich Richtung nationaler Missale zu bewegen, die immer mehr voneinander verschieden sein werden; sich Richtung eines ‚liturgischen Geistes‘ zu bewegen, der immer weniger von allen geteilt wird“.
Die Frage geht damit weit über die Liturgiefrage im engeren Sinn hinaus. In der Tat haben, so Cascioli, Kardinal Ratzinger und Papst Benedikt XVI. mehrfach darauf hingewiesen: Es geht um das Kirchenverständnis insgesamt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: InfoVaticana/NBQ/Wikicommons
Wen auf dieser Seite interessiert eigentlich das dümmliche NOM-Gezänk? Wahre Katholiken nehmen ohnehin nur an der wahren hl. Messe teil!
Das „dümmliche NOM-Gezänk“ interessiert diejenigen, die nicht nach der Devise leben und glauben wollen „Hauptsache ich weiß, was richtig ist“, sondern die die real existierende Kirche lieben: und zwar nicht aus Begeisterung, sondern dem Gebot der Nächsten-/Feindesliebe folgend. Nicht weil der Feind ein Feind ist soll man ihn lieben, sondern weil Gott will, dass er gerettet wird. Nicht weil die NOM-Kirche so gut ist, soll man sie lieben, etc.
Und zu Kardinal Sarah: Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich so geistlich wäre, wie er.
Jesus sagte: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. … damit alle eins seien wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass sie eins seien in uns, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. … auf dass sie vollkommen seien in Einheit und die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast.“ ( vgl. Joh 17,15.21.23)
Sollte es angesichts dieser Jesus-Worte tatsächlich berechtigte Zweifel an der weiterhin unveränderten Gültigkeit der Instruktion „Liturgiam authenticam“ geben?
Es hat Jahrhunderte und Jahrtausende gebraucht, um eine weltweit einheitliche Kirche aufzubauen. Dazu gehört Einheit und Klarheit in der Lehre und im Vollzug des Glaubens, insbesondere auch bei seinen liturgischen Vollzügen.
Ist Franziskus bei seinem Reformeifer nicht klar, was er auslöst? Ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass damit jeder natioanlen Strömung und jedem tehologischen Irrtum Tür und Tor geöffnet wird? Wohin führt er die Kirche? Etwa, dass die deutsche Bischofskonferenz ihre Latens zur Allerlösungslehre nun ungehindert in ihren liturgischen Vollzügen einfliessen lassen kann, über die Hintertür der „Übersetzung“? Während die nächste Bischofskonferenz schon das Gegenteil durch ihre anders pointierte Übersetzung vollzieht? Will er das? Und, warum die Bischofskonferenz, eine Instanz, die keinerlei biblische Grundlage und Autorität hat. Wenn, dann müsste jedem Bischof das Recht zugestanden werden. Zum Gesamtschaden der Kirche.
Diese Fragen, werter „Feuer und Flamme“ habe ich mir auch gestellt.
Ich wage es kaum, es hinzuschreiben, aber ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass er all das weiß und billigend in Kauf nimmt – nein, ehrlicherweise muss ich sagen, ich denke, dass er genau das beabsichtigt.
Ich glaube aber auch ganz fest, dass an dieser Sprachverwirrung der „Turmbau NOM“ schließlich scheitern und die wahre Kirche wieder auferstehen wird!
Ganz richtig, Feuer und Flamme: Warum die Bischofskonferenzen? Weil Franziskus eben etatistisch und demokratisch orientiert ist.
Ganz abgesehen davon, daß dies eine weltliche Orientierung ist, ist es auch noch eine falsche.
Die Fronten klären sich.
Interessant, daß Franziskus nun die v. SE Kard. Sarah hervorgehobene Differenz von recognitio und confirmatio aufgreift, um seine Präzisierung zu verdeutlichen.