Kirche in Nicaragua verfolgt von Freunden des Papstes

Sandinistische Diktatur weist katholische Priester aus


In Nicaragua wird die Kirche verfolgt. Schaut der Heilige Stuhl weg, weil es sich um ein sozialistisches Regime handelt?
In Nicaragua wird die Kirche verfolgt. Schaut der Heilige Stuhl weg, weil es sich um ein sozialistisches Regime handelt?

(Mana­gua) Das san­di­ni­sti­sche Regime hat vier katho­li­sche Prie­ster des Lan­des ver­wie­sen. Gestern wur­de bekannt, daß auch dem sal­va­do­ria­ni­schen Fran­zis­ka­ner­pa­ter José Javier Lemus die Rück­kehr nach Nica­ra­gua ver­wei­gert wur­de. In den ver­gan­ge­nen drei Mona­ten wur­den min­de­stens vier Prie­ster aus­ge­wie­sen oder ihnen die Ein­rei­se ver­wei­gert. „Die Stim­me der Kir­che, die Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen anpran­gert, soll zum Schwei­gen gebracht werden.“

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Pater José Javier Lemus ist seit 2018 Pfar­rer der Pfar­rei zum Unbe­fleck­ten Her­zen Mari­ens in Matag­al­pa. Sei­ne Pfar­rei wur­de zuvor sechs Jah­re lang von sei­nem Mit­bru­der Pater Rober­to Gon­za­lez gelei­tet, bevor die­ser zu sei­ner eige­nen Sicher­heit in die Pfar­rei Nue­stra Seño­ra de Fáti­ma in Mana­gua ver­setzt wurde.

Am 16. Mai 2018 zele­brier­te der Fran­zis­ka­ner Rober­to Gon­za­lez eine Mes­se im Bereich der Bar­ri­ka­den süd­west­lich der Stadt Matag­al­pa, wo die Bevöl­ke­rung sich gegen Angrif­fe von san­di­ni­sti­schen Para­mi­li­tärs und Poli­zei ver­schanzt hat­te. Damit geriet er ins Visier des sozia­li­sti­schen Regimes.

Ende Janu­ar die­ses Jah­res wur­de der sal­va­do­ria­ni­sche Fran­zis­ka­ner­pa­ter San­tos Fabián Mejía, Pfar­rer der Pfar­rei San Fran­cis­co de Asís de Jui­gal­pa in Chon­ta­les, nach einem Hei­mat­be­such an der Rück­kehr nach Nica­ra­gua gehindert. 

Pater Javier Lemus wur­de die Rück­kehr nach Nica­ra­gua verweigert

Gegen Ende des ver­gan­ge­nen Jah­res wur­den zwei aus­län­di­sche Prie­ster des Lan­des ver­wie­sen, der Kolum­bia­ner Luis Ari­lio Car­ri­l­lo und der Sal­va­do­ria­ner Julio Cesar Mel­gar. Bei­de wirk­ten für die Diö­ze­se Estelí unter der Lei­tung von Bischof Abel­ar­do Mata. Die Ein­wan­de­rungs­be­hör­den ent­zo­gen ihnen ohne Nen­nung von Grün­den die Auf­ent­halts­er­laub­nis. Sie muß­ten Nica­ra­gua inner­halb einer kur­zen Frist verlassen.

Ende der 70er Jah­re hat­te die sozia­li­sti­sche Gue­ril­la­be­we­gung Fren­te San­di­ni­sta de Libe­r­ación Nacio­nal (FSLN) die bewaff­ne­te „San­di­ni­sti­sche Revo­lu­ti­on“ gegen die von den USA unter­stütz­te Dik­ta­tur von Ana­sta­sio Somo­za begon­nen und sich gewalt­sam an die Macht geputscht. Im FSLN hat­ten sich sozia­li­sti­sche Revo­lu­tio­nä­re und mar­xi­sti­sche Befrei­ungs­theo­lo­gen zusam­men­ge­fun­den und wur­den von der Sowjet­uni­on und Kuba unter­stützt. Das Kom­man­do hat­ten die drei Brü­der Orte­ga, deren Groß­va­ter der Pri­vat­leh­rer von Dik­ta­tor Ana­sta­sio Somo­za sen. war. Alle drei Brü­der wur­den auf Kuba poli­tisch und mili­tä­risch geschult, um Nica­ra­gua zum sozia­li­sti­schen „Bru­der­land“ zu machen. Dani­el Orte­ga, der älte­ste von ihnen, wur­de zum poli­ti­schen und ideo­lo­gi­schen Kopf der San­di­ni­sten, sein Bru­der Hum­ber­to Orte­ga zum mili­tä­ri­schen Ober­kom­man­dan­ten. Der jüng­ste Bru­der, Cami­lo Orte­ga, wur­de 1978, als er einen bewaff­ne­ten Angriff anführ­te, bei einem Feu­er­ge­fecht getötet.

Mit der Macht­über­nah­me 1979 wur­de Dani­el Orte­ga zum Chef einer san­di­ni­sti­schen Revo­lu­ti­ons­jun­ta und ab 1985 auch for­mal Staats­prä­si­dent. Nach dem Zusam­men­bruch des kom­mu­ni­sti­schen Ost­blocks wur­de er 1990 gleich bei den ersten frei­en Wah­len abge­wählt. Die sozia­li­sti­sche Dik­ta­tur der San­di­ni­sten fas­zi­nier­te in den 80er Jah­ren die neo­mar­xi­sti­sche Neue Lin­ke in Euro­pa, aus der im deut­schen Sprach­raum die Grü­nen her­vor­gin­gen. Ein Wesens­merk­mal des san­di­ni­sti­schen Regimes war die star­ke Prä­senz von katho­li­schen Prie­stern der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie, dar­un­ter die Brü­der Erne­sto und Fer­nan­do Car­denal, die bei­de der Revo­lu­ti­ons­jun­ta als Mini­ster angehörten.

Kom­mu­ni­sti­sche Gue­ril­la in Nicaragua

Als sich die bür­ger­li­chen Mehr­heits­par­tei­en des Lan­des spal­te­ten, gelang Dani­el Orte­ga 2007 über­ra­schend mit 38 Pro­zent der Wäh­ler­stim­men die Wahl zum Staats­prä­si­den­ten, der zugleich auch Regie­rungs­chef ist. Mit Hil­fe von Wahl­rechts­än­de­run­gen, Repres­si­on, Ein­schüch­te­rung und Wahl­fäl­schung regie­ren die San­di­ni­sten seit­her Nica­ra­gua das zwei­te Mal und mit immer dik­ta­to­ri­sche­ren Zügen. Obwohl Orte­ga und der FSLN die Wäh­ler­ba­sis nicht erwei­tern konn­ten, wur­de er 2011 mit 56 Pro­zent und 2016 mit 72 Pro­zent wie­der­ge­wählt. Der FSLN, der 2006 mit 37 Pro­zent der Stim­men noch in der Min­der­heit blieb, kon­trol­liert dank des neu­en Wahl­rechts seit 2011 das Par­la­ment mit Zweidrittel-Mehrheit. 

2004 ent­schul­dig­te sich Orte­ga für die Ver­fol­gung der katho­li­schen Kir­che wäh­rend der ersten san­di­ni­sti­schen Herr­schaft, um sei­ne Chan­cen bei den Wah­len zu erhö­hen. Es kam tat­säch­lich zu einer Ent­span­nung des Ver­hält­nis­ses, das die San­di­ni­sten durch die Unter­stüt­zung des lebens­freund­li­chen Geset­zes der dama­li­gen libe­ral-kon­ser­va­ti­ven Regie­rung bekräf­tig­te, mit dem die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der ver­bo­ten wurde. 

Fah­ne des Fren­te Sandinista

Als Orte­ga und die San­di­ni­sten zum zwei­ten Mal an der Macht waren, änder­te sich ihr Ton­fall gegen­über der Kir­che suk­zes­si­ve und nahm immer kir­chen­feind­li­che­re Züge an, da die Orts­kir­che Rechts­ver­let­zun­gen und die Ver­let­zung der Men­schen­wür­de durch das Regime auf­zeigt und kri­ti­siert. Anfang Janu­ar pran­ger­te die Kom­mis­si­on Ius­ti­tia et Pax des Erz­bis­tums Mana­gua Fol­ter und Ver­fol­gung durch die san­di­ni­sti­schen Macht­ha­ber an. In den west­eu­ro­päi­schen Medi­en liest man davon kaum etwas. Die laten­ten Sym­pa­thien für sozia­li­sti­sche Expe­ri­men­te sind in den Redak­tio­nen, die heu­te noch stär­ker links bestimmt sind als in den 80er Jah­ren, ungebrochen.

Wie bru­tal das Regime vor­geht, ver­deut­lich­ten der Brand­an­schlag auf die Kathe­dra­le von Mana­gua im Som­mer 2020 und das Säu­re­at­ten­tat auf einen Prie­ster in der­sel­ben Kathe­dra­le. Die Kir­che befin­det sich in einem Dilem­ma: Die Orts­kir­che weiß um das wah­re Gesicht des sozia­li­sti­schen Regimes, aber San­ta Mar­ta in Rom hüllt sich gegen­über den Ver­bre­chen des Regimes in Schwei­gen, wäh­rend Papst Fran­zis­kus es indi­rekt unter­stützt, indem er Befrei­ungs­theo­lo­gen und ein­sti­ge san­di­ni­sti­sche Mini­ster wie Erne­sto Car­denal und Miguel d’Es­co­to reha­bi­li­tier­te. Dani­el Orte­ga selbst rühmt sich sogar öffent­lich, ein „Freund“ von Papst Fran­zis­kus zu sein.

Sie­he auch:

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Café con voz (Screenshot)/Wikicommons

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