
(Rom) Das Attentat auf die Kathedrale von Managua offenbarte das Dilemma, in dem sich die Kirche befindet.
Am 31. Juli wurde von „unbekannten Vermummten“ ein Brandanschlag auf die Kathedrale des Erzbischofs von Managua und Primas von Nicaragua verübt. Durch einen Molotowcocktail wurde ein Brand ausgelöst und ein kostbares Holzkruzifix aus dem 17. Jahrhundert zerstört.
VaticanNews sprach von einer „Tat aus Kirchenhass“ und berief sich dabei auf eine Erklärung des Erzbistums Managua. Darin ist von einer „vorsätzlichen und geplanten“ Tat die Rede.
Papst Franziskus sagte nach dem Angelus am Sonntag, dem 2. August:
„Ich denke an die Menschen in Nicaragua, die unter dem Attentat auf die Kathedrale von Managua leiden, wo das hochverehrte Christusbild, das das Leben der Gläubigen durch die Jahrhunderte begleitet und getragen hat, stark beschädigt – fast zerstört – wurde. Liebe Brüder und Schwestern in Nicaragua, ich bin euch nahe und bete für euch.“
Kirchenfeindliche Sandinisten
Hintergrund der „Aggression“, die „die katholische Gemeinschaft beleidigt und verletzt“, ist die Verfolgung der Kirche durch das sandinistische Regime von Staats- und Regierungschef Daniel Ortega. Nicaragua war mehrere Jahrzehnte das Privatreich der Familie Somoza, bis sie 1979 durch einen Aufstand gestürzt wurde. Getragen wurde dieser von verschiedenen Kreisen, doch die von Kuba und Moskau unterstützten Kommunisten setzten sich als am besten organisierte und entschlossenste Gruppe durch. Die Unterstützung der „sandinistischen Revolution“ wurde in den 80er Jahren für westeuropäische Neomarxisten zum Pflichtprogramm.
Teile der Kirche sympathisierten mit den Revolutionären. Die damalige Regierung des Sandinistenführers Daniel Ortega galt als „Priesterkabinett“. Zeitweise gehörten ihm drei Priester an, die allesamt Anhänger der marxistischen Befreiungstheologie waren.
Die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. versuchten diesem Treiben ein Ende zu bereiten, indem sie den marxistischen Einfluß auf das Denken und den realen Einfluß auf die Gesetzgebung der kommunistischen Diktatoren von Moskau und Havanna zurückdrängten, ohne den kirchlichen Auftrag für die Armen und Leidenden zurückzustellen oder sich vor den falschen Karren spannen zu lassen.
Neue Wege geht Papst Franziskus, der die Befreiungstheologen durch Rehabilitierung umarmt. Dazu gehörten auch zwei der genannten Priesterminister, die er kurz vor ihrem Tod von ihren Kirchenstrafen löste. 2017 geschah dies für den Marxisten, Befreiungstheologen und Revolutionär Miguel D‘Escoto, 2018 für Ernesto Cardenal. „Von Johannes Paul II. geschasst, von Franziskus rehabilitiert“ titelte Katholisch.de, das Internetportal der Deutschen Bischofskonferenz, im vergangenen Januar zu Ernesto Cardenal, dem „uneinsichtigen Revolutionär“
Zur Strategie von Santa Marta gehört auch die „Umarmung“ des zweiten sandinistischen Regimes, das Daniel Ortega nach einer Demokratisierungsphase errichtete. Die Kirche in Nicaragua, mit den Verhältnissen vertraut, hält sich auf Distanz zum sozialistischen Regime und übte in der Vergangenheit deutliche Kritik gegen kirchenfeindliche Handlungen und Einschränkungen der Menschenrechte. Die Sandinisten reagierten mit zunehmender Gewalt, die sich seit mehr als zwei Jahren auch direkt gegen die Kirche richtet. In dieser Zeit wurden rund zwei Dutzend Kirchen in Nicaragua durch Attentate zerstört.
Die Angriffe gegen die Bischofskirche von Managua
Die Kathedrale von Managua wurde bereits im vergangenen Jahr Zielscheibe eines sandinistischen Angriffs. Anhänger des Regimes stürmten die Kirche, weil darin Regimegegner einen Hungerstreik für die Freilassung politischer Gefangener begonnen hatten. Am 5. Dezember 2018 verübte eine lesbische Abtreibungs- und Homoaktivistin ein Säureattentat in der Kathedrale gegen einen Beichtvater. Das Attentat ereignete sich, zwei Tage nachdem ein Mann, der als Ramon Mercedes Cabrera identifiziert wurde, in sozialen Netzwerken ein Video mit schweren Drohungen gegen den Erzbischof von Managua Leopoldo José Kardinal Brenes Solórzano „und jeden, der katholisch ist“, veröffentlicht und zugleich für die Unterstützung der sandinistischen Regierungspartei FSLN geworben hatte.
Trotz der offenkundigen Feindseligkeit der Sandinisten, die Johannes Paul II. bereits 1983 erleben mußte, hielt sich Franziskus bisher mit jeder Form von Kritik zurück – auffallend zurück. 2018 schickte er Ortega Glückwünsche, die vom Regime gegen die Ortskirche ausgespielt wurden.
Tatsächlich klaffte in den vergangenen Jahren eine Kluft zwischen der Haltung der Kirche in Nicaragua, angeführt vom Erzbischof von Managua, Kardinal Brenes, und Santa Marta. Kritiker sprachen von einer „beschämenden“ Haltung des Papstes, wenn es um Nicaragua geht.
Das Attentat gegen die Kathedrale der Hauptstadt machte die Unterschiede in der Sichtweise erneut deutlich. Die Sympathien und globalen Strategien des argentinischen Papstes unterscheiden sich grundlegend von denen seiner beiden Vorgänger. An kaum einem anderen Land zeigt sich das so eklatant wie an Nicaragua. Wie lange ist der päpstliche Spagat zwischen Glückwünschen an Staatspräsident Ortega und Worten „an das Volk von Nicaragua“ durchzuhalten?
Derselbe Ortega, dessen Schergen die Attentate gegen die Kirche verüben und der die Bischöfe seines Landes bezichtigt, einen „Staatsstreich“ gegen ihn und die Sandinisten zu unterstützen, nennt sich ein „Freund“ von Papst Franziskus
Der Brandanschlag von vergangener Woche war weder ein Einzelfall noch ein „Betriebsunfall“, sondern Ausdruck des politischen Klimas, das von den Sandinisten geschaffen wurde.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanNews (Screenshot)