Das Pontifikat von Papst Franziskus ist reich an Kuriositäten. Eine neue Kuriosität ist, daß das Kirchenoberhaupt zur Verteidigung der höchst umstrittenen Erklärung Fiducia supplicans eine enge Mitarbeiterin des nicht minder umstrittenen Priesterkünstlers Marko Ivan Rupnik zu Hilfe holt.
Ein Foto (weiter unten) aus dem Jahr 2014 zeigt Franziskus mit Mitarbeitern des von Rupnik in Rom gegründeten Centro Aletti, dessen Hauptzweck es ist, die Rupnik-Kunst umzusetzen. Links, direkt an der Seite von Franziskus, ist Michelina Tenace zu sehen, eine von Rupniks engsten Weggefährten. Seit 2018 ist sie Consultorin des Glaubensdikasteriums (damals noch Glaubenskongregation). In der gestrigen Ausgabe der vatikanischen Tageszeitung L’Osservatore Romano veröffentlichte sie eine Verteidigung von Fiducia supplicans, jener Erklärung, die den bisher weltweit massivsten Widerstand gegen die Franziskus-Agenda auslöste. Die von Glaubenspräfekt Victor Manuel Fernández und Msgr. Armando Matteo, Sekretär für die doktrinäre Sektion der Glaubenskongregation, unterzeichnete Erklärung wurde von Franziskus am 18. Dezember 2023 ausdrücklich gegengezeichnet. In Santa Marta und im Palast des Heiligen Offiziums wurde also bereits vorab damit gerechnet, daß das Dokument Gegenwind ernten wird.
Mit der Erklärung Fiducia supplicans wurden Homosegnungen in der Weltkirche eingeführt, was eine enorme Welle der Empörung auslöste, denn die Kirche kann nicht auf der einen Seite ausdrücklich segnen, was sie gleichzeitig explizit als Sünde verurteilt. Der Widerspruch ist so groß, daß er die Autorität und Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage stellt und damit die Fundamente der Kirche Jesu Christi untergräbt. Kardinal Tucho Fernández, seit 25 Jahren das personelle Lieblingsprojekt von Jorge Mario Bergoglio/Papst Franziskus, bemühte sich, als der Sturm gegen Fiducia supplicans losbrach, durch allerlei rhetorische Tricksereien die Relevanz des Dokuments herunterzuspielen, ohne es jedoch zurückzunehmen oder substantiell zu korrigieren. Es wurden zur Beruhigung Bonbons an die Kritiker verteilt, doch die Revolution soll weitergehen. Aussitzen gehört zum festen Repertoire, mit dem Franziskus auf Kritik aus den Reihen der Kirche reagiert. Nur wenn die großen Mainstream-Medien Klage erheben, allen voran die New York Times, beginnt das Kirchenoberhaupt prompt und wirklich zu reagieren. In Sachen Homosexualisierung, der derzeit großen Mainstream-Mode, besteht diesbezüglich jedoch keine Gefahr. Deren Motto lautet aktuell jedoch, wie in diesen Tagen die Eröffnungsfeierlichkeiten der Sommerolympiade bestätigten: „Am Homo-Wesen soll die Welt genesen.“ Eine solche virtuelle Bauchpinselei mag zwar der kleinen Homo-Minderheit schmeicheln, geht aber abgrundtief an der Realität vorbei.
Doch in Rom will man nicht locker lassen: Mainstream ist schließlich Mainstream. Offenbar gibt es hier eine Bringschuld. So wurden die Spalten des Osservatore Romano, immerhin der einzigen Tageszeitung des Kirchenstaates und Teil der Vatikanmedien, geöffnet, um eine Verteidigung der Homo-Segnungen zu veröffentlichen. Um genau zu sein, wurde ein entsprechender Auftrag für diese Apologie erteilt. Das wird gleich an der Schwerpunktsetzung deutlich, denn die Rechtfertigung von Michelina Tenace gilt vor allem dem umstrittensten Teil, das heißt, dem dritten Teil von Fiducia supplicans.
Ist es Blindheit oder mangelnde Sensibilität, daß Santa Marta diese Verteidigung ausgerechnet die engste Mitarbeiterin eines Mannes schreiben läßt, der gerade wegen vielfältigen Mißbrauchs, auch wegen sexuellen Mißbrauchs, in Rom vor Gericht steht? Nur zur Klarstellung: Die eine Sektion des Tucho-Fernández-Dikasteriums veröffentlicht Fiducia supplicans, während gleichzeitig die andere Sektion desselben Dikasteriums über Marko Ivan Rupnik zu Gericht sitzt. Nun hatte der Ex-Jesuit Rupnik offenbar nie etwas mit Homosexualität am Hut, dennoch liegt die Brisanz auf der Hand. Es steht nämlich die Frage im Raum, wie es sein konnte, daß Rupniks Umgebung, Tenace war immerhin viele Jahre seine engste Mitarbeiterin, nichts von seinem Fehlverhalten gewußt haben will, obwohl seine Opfer ihm direkt oder indirekt untergeben waren.
In ihrem Artikel mit der Überschrift „Ein ‚Vertrauen‘, das zum Bitten einlädt“, eine Anspielung auf den Titel der Erklärung Fiducia supplicans, liefert Tenace keine neuen Elemente, sondern eine perfekte Apologie ohne den Funken einer kritischen Bewertung. So wiederholt sie auch die Tricksereien, die Tucho Fernández mit Hilfe von Papst Franziskus präsentierte, als sich ganze Bischofskonferenzen, ganze mit Rom unierte Kirchen, ja, ein ganzer Kontinent gegen Fiducia supplicans erhoben. Es sollen irreguläre Paare, konkret Homo-Paare als Paare gemeinsam gesegnet werden, aber, so der findige Winkeladvokat, der segnende Priester und alle eventuellen Zeugen müssen sich – faktenwidrig – vorstellen, als würden zwei Einzelpersonen gesegnet, die im Moment der Segnung in keinem Kontext ihrer Homosexualität und ihrer Homo-Verbindung zu sehen seien. Da dieses wahrheitswidrige Konstrukt natürlich unhaltbar ist, stolpert auch Michelina Tenace prompt im selben Artikel darüber. So schreibt sie winkeladvokatisch: „Die Begriffe ‚Verbindung‘ und ‚Beziehung‘ sind begrenzt. Es sei daran erinnert, daß Papst Franziskus klarstellen wollte, daß ‚wir nicht die Vereinigung segnen, sondern nur die Personen, die darum gebeten haben‘ (Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung des Glaubensdikasteriums, 26. Januar 2024)“, um nur wenige Zeilen später auszuführen: „Gerade weil die Menschen gesegnet sind, drückt sich das Gute im Leben der Beziehungen aus. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren fehlt es nicht an Elementen, die gesegnet werden können.“
Und da der Autorin wohl selbst bewußt sein mußte, daß sich der Hund in den eigenen Schwanz zu beißen beginnt, setzte sie sicherheitshalber – relativierend und wohl auch selbstentlastend – hinzu, „daß die Inanspruchnahme von Sex als Ausdruck einer ‚irregulären‘ Beziehung betrachtet wird und man von einer ‚Sünde‘ sprechen kann“. Bei der Beurteilung ist die Sünde demnach nur eine Option? Man kann homosexuelle Handlungen als Sünde bezeichnen, müsse es aber nicht? Um genau zu sein, schwächt Tenace noch mehr ab, denn sie redet gar nicht von einer Beurteilung, sondern nur davon, wie man über Homosexualität „sprechen“ könne, aber nicht müsse. Sprechen kann man über vieles, ohne daß sich daraus Konsequenzen welcher Art auch immer ergeben.
Nun wird man Tenace, bezogen auf den Gesamtartikel, nicht vorwerfen können, sich nicht bemüht zu haben – vor allem den Paradigmenwechsel zu verteidigen. Doch ihre Verteidigung krankt, denn die einzige Verteidigung, die im Osservatore Romano zu erfolgen hätte, ist die der immerwährenden kirchlichen Lehre. Tenaces Verteidigung krankt vor allem auch daran, die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Dieser Defekt gilt bei diesem Thema allerdings für das derzeitige Pontifikat. Die kirchliche Verkündigung in Sachen Homosexualität krankt schon länger, wurde aber unter und durch Franziskus auf die Spitze getrieben: die Dinge nicht mehr beim Namen zu nennen, um nicht mit dem Zeitgeist in Konflikt zu geraten, der seit der sexuellen Revolution mit immer größerer Intensität auf eine Homosexualisierung der Gesellschaft drängt. Franziskus sprach in seinem Pontifikat noch nie die Hintergründe dieser Entwicklung an, geschweige denn tadelte er sie. Er gab bisher nichts preis von der anthropologischen Weisheit, deren Hüterin die Kirche ist und auf die Tenace, wenn auch nur ganz am Rande, anspielt. Er will offenbar kein wirklicher Lehrmeister und Erzieher der Menschheit sein, was jedoch seine Aufgabe wäre. Da Rom es nicht sagt, soll der zentrale Hintergrund der Homo-Agenda in Erinnerung gerufen werden, der übrigens weder primär von Homosexuellen ausgeht noch in erster Linie von ihnen angetrieben wird. Sie freuen sich freilich daran, wie sich Karnevalisten über den Karneval freuen. Es geht bei dieser Agenda um eine seit Ende des 19. Jahrhunderts fanatisch angestrebte Geburtenkontrolle.
Die Homosexualisierung ist dabei neben Abtreibung, Verhütung, Trennung von Zeugung und Schwangerschaft, künstlicher Gebärmutter und zahlreichen weiteren Aspekten der Kinder‑, Geburten- und Familienfeindlichkeit ein Element dieser großen Agenda zur möglichst konsequenten Kontrolle, Beschränkung und Steuerung der Geburten. Um es mit den Eugenikern und Neomalthusianern zu sagen, die sich vor etwa 140 Jahren zu organisieren begannen und seither die Methoden zur Erreichung ihrer Ziele sowie ihre organisatorische Schlagkraft stetig und massiv erhöhten: Es geht um (planwirtschaftliche) Selektion und Höherzüchtung der Menschheit, kurzum, um die Entmenschlichung des Menschseins. In jüngster Zeit wird als Weiterentwicklung dafür auch das Wort Transhumanismus verwendet (siehe auch: EurOPA: Die wahren Hintergründe des demographischen Winters; Die Neomalthusianische Infiltration: Wenn der Club of Rome von der Kirche gefeiert wird; Die Öko-Gurus im Vatikan: weniger Kinder und weniger Fleisch – für den Planeten; Ist die sexuelle Revolution „zufällig“ passiert? Die Neomalthusianer und ihr Ziel).
Doch weder in Tenaces Artikel noch sonst in aktuellen Artikeln des Osservatore Romano oder in den Dokumenten und Ansprachen von Tucho Fernández oder von Papst Franziskus findet sich auch nur der Versuch, hinter diesen Vorhang zu blicken, geschweige denn den Vorhang wegziehen zu wollen. Den Menschen weltweit wird nicht geholfen, die Zusammenhänge zu erkennen und zu durchschauen. Dabei gibt es mehr als 1,4 Milliarden Katholiken auf der Welt, die zuhören würden. Die katholische Kirche ist die weltweit bei weitem größte und durchorganisierte Institution. Es gibt nicht annähernd Vergleichbares, weder im religiösen noch im weltlichen Bereich. Doch diese Abwesenheit verwundert nicht, denn Franziskus ist auch der Papst, der sich mit dem Satz in der Geschichte verewigt hat: „Katholiken sollen sich nicht wie Karnickel vermehren.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Centroaletti.com/osservatoreromano.va (Screenshots)
“ Fiducia“ ist ein häretisches Dokument und sowohl der Papst als auch der “ Glaubenspräfekt“ müssen es zurückziehen oder stehen im Verdacht offener Häresie und Blasphemie!