(Rom) In Turin tagen die Bilderberger. Was sie besprechen unterliegt der strikten Verschwiegenheit. Bekannt wurde hingegen, weil von ihm selbst bestätigt, daß erstmals auch der Regierungschef des Heiligen Stuhls, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, daran teilnimmt. Eine Sensation, die neue und weitreichende Weichenstellungen vor allem im Bereich der „nicht verhandelbaren Werte“ signalisiert. Rollt bereits eine neue Kampagne zur Förderung von Kinderlosigkeit, Verhütung, Abtreibung, Sterilisation, Homosexualität wegen angeblicher Überbevölkerung?
Die Wende unter Papst Franziskus und ihr Preis
Möglich macht den Umschwung das Pontifikat von Papst Franziskus. Dafür hat die Kirche einen hohen Preis zu bezahlen, vor allem den Verzicht auf die „nicht verhandelbaren Grundsätze“, wie sie von Papst Benedikt XVI. genannt wurden. Zum Preis gehört an erster Stelle, den „gesellschaftlichen Konsens“ zur Abtreibung zu akzeptieren. Die Kirche kann weiterhin ihre Stimme gegen die Tötung ungeborener Kinder erheben, allerdings nicht zu laut. Sie darf aber ffenbar nicht mehr ein gesetzliches Verbot der Abtreibung anstreben. Geschrieben steht das natürlich nirgends. Franziskus gab es allerdings deutlich zu verstehen, als er in seinem ersten Interview als Papst im September 2013 sagte, man solle nicht „immer“ über Abtreibung sprechen. Insgesamt spricht die Praxis des neuen Kirchenkurses, seit Franziskus gewählt wurde, eine deutliche Sprache. Eine Ermutigung der Lebensrechtsbewegung läßt sich davon schwerlich ableiten.
Unterdessen machen die Überbevölkerungsideologen schon für die nächste Runde mobil. Seit dem Auftreten des Sozialdarwinismus ist ein nicht unwesentlicher Teil der Eliten von einem Gespenst geplagt und einer regelrechten Angst getrieben, und das schon seit mehr als hundert Jahren. Es ist die Angst vor der Überbevölkerung, die Angst, von den Massen der Unterprivilegierten um den Platz an der Sonne gebracht zu werden. Die Angst vor der Masse der Menschen als unnötige Mitesser, als Sauerstoff- und Ressourcenverbraucher, die zudem wegen der zu hohen Bevölkerungsdichte lästig fallen, im Straßenverkehr, an Schaltern, am Strand. Die Luftverpestung durch die Industrialisierung, die den Reichtum der Eliten vermehrte oder erst grundgelegt hat, wirkte ebenso abschreckend. Hinzukam die Rassenfrage, die nicht primär mit den Unabhängigkeitsbestrebungen in den Kolonien der europäischen Kolonialmächte zu tun hatte, sondern mit der Niederhaltung der Afroamerikaner in den USA, die nach dem Sezessionskrieg formal gleichgestellt worden waren, sowie der Abwehr der katholisch-hispanischen Nachbarn Lateinamerikas, auf deren Kosten sich die USA zunächst territorial enorm ausgedehnt hatten, und dann – als dies nicht mehr realistisch war – den großen Rest mit der Monroe-Doktrin zur Kolonie sui generis reduzierten.
Wer die Last der Kinderlosigkeit tragen soll, ist unschwer erkennbar: Die Abtreibungssponsoren unter den Superreichen haben, wenn sie nicht gerade homosexuelle Praktiken pflegen, in der Regel weit mehr Kinder, als sie den Volksmassen zugestehen wollen.
Die Bevölkerungskontrolle erlebte durch die Sozialdarwinisten einen ungeahnten Höhenflug. Knappe Ressourcen würde eine Auslese verlangen, so der Tenor der Zwischenkriegszeit. Dabei erfolgte der Rückgriff auf die bereits damals widerlegten Thesen des anglikanischen Pastors Thomas Robert Malthus (1766–1834). Als Inhaber des ersten Lehrstuhls für politische Ökonomie, der von einem der Global Player der damaligen Zeit, der Britischen Ostindien-Kompanie finanziert wurde, spielte Malthus eine verblüffend ähnliche Rolle wie heute der Biologe Paul R. Ehrlich mit seinem ähnlich finanzierten Lehrstuhl an der Stanford University.
Thomas Malthus und Paul Ehrlich
War Malthus der „Vater“ der Überbevölkerungsthese, ist Ehrlich der „Vater“ der globalen Geburtenkontrolle, die er von der Malthus-These herleitet.
Fachlich beschäftigte sich Ehrlich eigentlich mit Schmetterlingen. Er wurde jedoch zum „wissenschaftlichen“ Feigenblatt der Neo-Malthusianer, was dem unbekannten Lepidopterologen ungeahnte Aufmerksamkeit und den Aufstieg in höchst illustre Kreise verschaffte. Ehrlich betätigte sich als Unglücksprophet und Panikmacher, ein probates Instrument, wie der Aufstieg der politischen Grünbewegung zeigt, deren Exponenten mit ständig neuen Katastrophen nicht nur Stimmung und Politik, sondern auch lukrative Geschäfte machen.
Paul R. Ehrlich war ein Prototyp dieser Katastrophen-Strategie, die in den 60er Jahre wegen des Kalten Krieges und der Angst vor dem nuklearen Super-Gau auf besonders fruchtbaren Boden fiel.
1968 veröffentlichte Ehrlich sein Buch The Population Bomb (deutsch 1971: „Die Bevölkerungsbombe“). Er war damit das Aushängeschild der Ängste einer elitären, neo-malthusianischen Richtung, die hinter den Kulissen schon ihre Strukturen geschaffen hatte, ehe Ehrlich mit seinen Thesen die Öffentlichkeit trat. Der weltgrößte Abtreibungskonzern Planned Parenthood ist als Teil dieser Strukturen zu sehen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA ausgehend in alle Welt exportiert wurden. Im selben Jahr 1968, einem Revolutionsjahr, war eigens dafür der Club of Rome entstanden. Der Kreis der dort Versammelten, läßt den Einfluß auf die öffentliche Meinung erkennen, der aufgeboten werden konnte und kann. Die offiziellen Partnerschaften des Club of Rome, dessen Barde Ehrlich wurde, sorgen für die nötige Akzeptanz. Sie reichen vom deutschen Bundeskanzleramt über die UNESCO, verschiedene Bundesministerien bis zum Club de Vienne, die Allianz Elementarversicherungs AG, den Österreichischen Rundfunk (ORF), die Österreichische Nationalbank, das Ökosoziale Forum Österreich, der Global Marshall Plan Initiative, dem Sustainable Europe Research Institute und zahlreiche Entwicklungshilfeorganisationen und Organisationen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ehrlich lieferte mit seinem Buch das Katastrophen-Narrativ, das zur gewollten Panik notwendig war. Das Ehrlich-Buch war die erste Publikation, die vom Club of Rome herausgegeben wurde.
Ehrlichs Bevölkerungsbombe
Viel wichtiger noch als das Buch war die bereitwillige mediale Weitergabe der Ehrlich-Thesen in einer volkstümlichen Fassung, um sie in die Köpfe der Massen gelangen zu lassen. Was verschiedene, „neutrale“ Medien berichten, ist für den Ottonormalbürger wahr. Und die Medien berichteten eifrig über die angeblich bevorstehende Bevölkerungskatastrophe. Die Manipulationsmechanismen funktionierten Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre im Westen nicht anders als heute. Dazu trat die institutionelle Flankierung: 1973 erhielt der Club of Rome für seine gezielte, aber wissenschaftlich haltlose Panikmache den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Buchpreis-Verleihung war die Bestätigung dafür, daß die Botschaft angekommen war.
Wie lautete aber die eigentliche Botschaft? Der Spiegel brachte es auf den Punkt: Aus „Macht keine Kinder mehr“ wurde bereits 1975 „Die Kinder wollen keine Kinder mehr“.
Paul R. Ehrlich sagte ein exponentielles Bevölkerungswachstum voraus, das nicht nur das Wirtschaftswachstum gefährde, sondern zu einer gigantischen Umweltkatastrophe führen werde, mit der das Überleben der Menschheit schlechthin auf dem Spiele stehe.
Damit machte sich der Club of Rome in seiner Öffentlichkeitsstrategie wachstums- und kapitalismuskritische Elemente in der damals aufbrechenden Studentenbewegung zunutze wie dann auch das aufkeimende Umweltbewußtsein. Aus dem Kreis der 68er rekrutierten sich in der Folge die lautstarken und energischen Verfechter von Ökowende und Abtreibung. Im Mund der Neo-Malthusianer war damit Ökowende durch Abtreibung gemeint. Die Tötung ungeborener Kinder wurde zum nicht in Frage zu stellenden Gradmesser der für notwendig befundenen Geburtenkontrolle zur Eindämmung der Weltbevölkerung.
Von der „Bombe“ zum Rohrkrepierer
Der Haken an der Sache: Kein von Ehrlich behauptetes Schreckensszenario bewahrheitete sich.
Ehrlichs malthusianische Prognose in seinem Buch von 1968 lautete: Bereits in wenigen Jahren werden Hunderte Millionen Menschen an Nahrungsmangel sterben. Das Massensterben, so Ehrlich, werde 1970 einsetzen. Bis 1990 werde die Hälfte der Einwohner der USA, Indiens und Chinas verhungert sein. Das wären nach dem damaligen Bevölkerungsstand allein schon 800 Millionen Menschen gewesen. Großbritannien, so Ehrlich, werde bis 2000 ganz ausgelöscht sein.
Ehrlich prognostizierte, daß sich die Weltbevölkerung von damals 3,5 Milliarden Menschen durch Hungersnöte in Summe auf höchstens anderthalb bis zwei Milliarden reduzieren werde.
Die Haltlosigkeit von Ehrlichs Behauptungen bedarf im Jahr 2018 eigentlich keines Beweises, dennoch einige Zahlen: Die Weltbevölkerung hat sich seit 1968 auf aktuell 7,6 Milliarden Menschen mehr als verdoppelt. Trotzdem sind Hungersnöte heute weit seltener als noch vor 50 Jahren. Auch die Armen haben sich im selben Zeitpunkt, anders als von Ehrlich prognostiziert, nicht exponentiell vermehrt, sondern halbiert.
Vatikan öffnete 2015 den Neo-Malthusianern die Tore
Obwohl Ehrlichs Behauptungen von den Fakten mit Pauken und Trompeten widerlegt wurden, halten er, der Club of Rome und die Neo-Malthusianer insgesamt ungerührt an ihrer Panikmache namens „Überbevölkerung“ fest. Sie ist sogar ein Hauptantrieb für das weltweite Bestreben, die Tötung ungeborener Kinder in allen Staaten legalisieren zu wollen. Dazu gehört auch die Verbreitung einer Verhütungsmentalität und die Förderung der Homosexualisierung.
Schwule und Lesben zeugen keine Kinder, sind aber nicht selten fanatische Abtreibungsbefürworter. Das macht sie im doppelten Sinn zu den besten Verbündeten der Überbevölkerungsideologen, wie das Beispiel der Erfinder der Gender-Theorie John Money und Gayle Rubin, der entwicklungspolitischen Sprecherin der SPÖ Petra Bayr, des irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar, der ehemaligen niederländischen Ministerin für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit Lilianne Ploumen, die Millionenerbin Marjan Sax und andere mehr zeigen. Jüngst kam noch Alice Schwarzer dazu, Deutschlands radikalster Abtreibungsbefürworterin, die sich als Lesbe „outete“.
Ehrlichs jüngster Anlauf: „Das 6. globale Massenaussterben“
In diesen Tagen meldete sich Ehrlich, hochbetagt, wieder zu Wort, um zu tun, was er seit mehr als 50 Jahren tut: Das Ende der Menschheit und des Planeten anzukündigen. Der britische Guardian führte ein Gespräch mit ihm, das gestern vom Wochenmagazin Focus übernommen wurde. Diese mediale Aufmerksamkeit ist kein Zufall. Sie ist Ehrlich vielmehr garantiert.
Es wird dabei gar nicht unterschlagen, daß er mit seinen Prognosen, die ihn berühmt machten, völlig daneben lag. Anstatt ihn deshalb für gänzlich disqualifiziert zu erklären, wird auch von Focus kulant darüber hinweggesehen. Das Wochenmagazin macht sich wie zahlreiche andere Massenmedien zum Sprachrohr der Überbevölkerungsideologen und ihrer tödlichen Thesen. Die neueste Warnung Ehrlichs lautet:
„Das 6. globale Massenaussterben ist in vollem Gang“.
Zählt man die Sintflut nicht, ist nicht einmal ein „Massenaussterben“ belebt. Der Nach-wie-vor-Stanford-Professor Ehrlich muß sich jedoch um einen wissenschaftlichen Qualitätsnachweis nicht kümmern. Er sitzt auf einem privat finanzierten Lehrstuhl gewissermaßen krisensicher fest im Sattel. Was er wahrscheinlich nicht darf, ist, die These zu wechseln.
Mit seiner neuen Wortmeldung breitet er, etwas ökologisch aufgepeppt, exakt die gleichen Behauptungen aus, die er seit Jahrzehnten faktenresistent von sich gibt.
- 1968: Was wird die Zukunft laut Ehrlich bringen? Hungersnöte.
- 2018: Was wird die Zukunft laut Ehrlich bringen? „Milliarden Menschen hungern oder sind unterernährt“.
Ehrlich ist sich nicht nur treu, sondern wie immer ganz sicher: „Der Kollaps ist gewiss“. Einer wie er, muß es ja wissen.
Überbevölkerungs-Lüge in den Köpfen verankert
Wie sehr aber die Überbevölkerungsthese durch die Kampagnen neo-malthusianischer Institutionen in die Köpfe eingepflanzt wurde, zeigt eine ebenfalls gestern vom US-Meinungsforschungsinstitut RasmussenReports veröffentlichte Umfrage. Rasmussen faßte das Ergebnis wie folgt zusammen:
„Amerikaner sehen Überbevölkerung als ein größeres Problem als Unterbevölkerung“.
Die Geburtenrate in den USA erreichte, so RasmussenReports, 2017 „den niedrigsten Stand seit 30 Jahren, was dazu führen könnte, daß eine Generation nicht in der Lage ist, sich selbst zu ersetzen“. Dennoch „sind die Amerikaner immer noch mehr besorgt, daß die Bevölkerung zu viel als zu wenig wächst“.
Laut Rasmussen-Umfrage denken 51 Prozent der befragten US-Bürger, daß „eine Bevölkerung, die zu schnell wächst, ein größeres Problem für die USA ist, als eine, die zu wenig wächst. Nur 22 Prozent halten eine zu wenig wachsende Bevölkerung für ein größeres Problem. 27 Prozent sind sich nicht sicher.“
Die Situation im deutschen Sprachraum und in allen westlichen Staaten ist demographisch identisch. Seit 44 Jahren werden in Deutschland weniger Kinder geboren als Menschen sterben. Seit Ehrlich und der Club of Rome – parallel zu Pille, sexueller Revolution und Abtreibung – ihre Thesen verbreiteten, schrumpft das Volk rapide. Dieser Prozeß nimmt ein zunehmend schnelleres Tempo an, da die nie geborenen Kinder ihrerseits keine Kinder und Kindeskinder zeugen können. Dazu ein aufschlußreicher Artikel des Spiegel vom 24. März 1975.
In den anderen europäischen Völkern sieht es ähnlich aus.
Die Bevölkerung schrumpft statistisch nur deshalb nicht, weil seit Jahrzehnten gleichzeitig die Masseneinwanderung gefördert wird, um den wirklichen „Kollaps“ zu verhindern: nicht den Kollaps der Überbevölkerung, von dem Ehrlich spricht, sondern den Kollaps der Unterbevölkerung.
Trotz seiner eigenen Analyse von 1975 bläute der Spiegel den Deutschen 1984 zum x‑ten Male ein, keine Kinder zu zeugen, obwohl sie bereits seit einem Jahrzehnt schrumpften.
„Hört auf, wir sind schon zu viele“.
Im Artikel wurde zugleich eine scharfe Anklage gegen die katholische Kirche formuliert. Sie sei schuld, wenn „zu viele“ Menschen geboren würden, weil die „Bevölkerungspolitik“ für die Kirche „eine Frage des Überlebens geworden“ sei.
Dazu zitierte der Spiegel Kandiah Kanagarathnam, der als „Bevölkerungsspezialist bei der Weltbank“ vorgestellt wurde. Er gab ausreichend deutlich zu verstehen, was die Weltbank schon damals wünschte: die weltweite Legalisierung dessen, was man heute „reproduktive Gesundheit“ nennt, sprich Verhütung und Abtreibung.
Die eingangs erwähnte Teilnahme von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin beim diesjährigen Bilderberger-Treffen scheint die logische Fortsetzung eines Kurses zu sein, der es möglich machte, daß ein wissenschaftlich desavouierter, verantwortungsloser Panikmacher wie Paul R. Ehrlich 2017 an einer Tagung im Vatikan teilnehmen konnte.
Beide Ereignisse sprechen Bände.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube/Wikicommons/MiL/Focus/Der Spiegel (Screenshots)