(Sydney) „Es wurde Gerechtigkeit geschaffen.“ Mit diesen Worten nahm Kardinal George Pell seinen Freispruch durch die australischen Höchstrichter auf. Der Freispruch durch die sieben Höchstrichter erfolgte einstimmig. Der Kardinal hatte immer seine Unschuld beteuert. Nach einer Odyssee durch drei Gerichtsinstanzen und über einem Jahr Gefängnis wurde der Kardinal unmittelbar nach der Urteilsverkündung freigelassen. Durch den Freispruch stehen nun allerdings gewichtige Fragen im Raum, deren Klärung erhofft werden darf, aber keineswegs sicher ist. An erster Stelle steht die Frage nach dem Verhalten der Medien und als Folge davon die Frage, wie sehr sich Richter – vor allem der unteren Instanzen – von Medien beeinflussen lassen. Der Blick richtet sich aber auch auf den Vatikan.
404 Tage mußte Kardinal George Pell unschuldig im Gefängnis sitzen. Um 4.30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit öffneten sich für ihn endlich die Gefängnistore von Barwon in Geelong. Um 2 Uhr unserer Zeit war er von den sieben Richtern des Obersten Gerichtshofs von Australien freigesprochen worden – und das einstimmig.
Durch den Freispruch gilt nun umso mehr, daß der Fall Pell ein neuer Fall Dreyfus ist.
„Die einzige Grundlage für eine dauerhafte Heilung ist die Wahrheit“, kommentierte der Kardinal. Dabei dürfte er nicht nur auf den Ankläger angespielt haben, sondern vielleicht mehr noch auf die Vorverurteilungen durch die Medien, die vor allem vor dem erstinstanzlichen Schuldspruch 2018 ein regelrechtes Kesseltreiben gegen Kardinal Pell inszeniert hatten.
Die Höchstrichter kassierten das Urteil erster Instanz, mit dem der Kardinal am 11. Dezember 2018 zu sechs Jahren Gefängnis wegen angeblichen sexuellen Mißbrauchs von zwei Jugendlichen verurteilt worden war. Während die Richter im Commonwealth Law Courts Building in Brisbane (Queensland) berieten, befand sich Kardinal Pell gut 1.800 Kilometer entfernt im Gefängnis Barwon bei Geelong (Victoria). Dorthin war er in einer Hauruckaktion „aus Sicherheitsgründen“ verlegt worden, als an seinem früheren Ort der Gefangenschaft eine Drohne gesichtet worden war.
Der Freispruch setzt einen Schlußstrich unter eine lange Justiz-Odyssee. Die Höchstrichter erteilten den Richtern erster und zweiter Instanz, die Pell verurteilt hatten, eine Schelte. Diese hätten bei nüchterner Betrachtung aller Fakten Zweifel an der Schuld des Angeklagten hegen müssen.
Die ganzen Zusammenhänge sprachen gegen eine Schuld, vor allem die zahlreichen Zeugenaussagen über den Ablauf nach einer Messe in der Sakristei. Auch die Ort-Zeit-Achse machte die dem Kardinal zur Last gelegte Tat unmöglich.
In der zweiten Instanz bröckelte die Verurteilung aber bereits. Von den drei Berufungsrichtern stellte sich am 21. August 2019 ein Richter, Mark Weinberg, gegen die Verurteilung erster Instanz. Er verfaßte gegen die Mehrheitsmeinung eine detaillierte Minderheitenposition, in der er seine Zweifel an der Schuld des Kardinals formulierte. Die dritte und letzte Instanz kippte nun das gesamte Urteil.
Der Freispruch ist rechtskräftig. Ein weiterer Instanzenweg ist nicht möglich.
Die Verantwortung(slosigkeit) der Medien
Der Freispruch läßt das Verhalten der Medien, nicht nur der australischen, in einem schlechten Licht erscheinen. Der gesamte Fall Pell war von einer medialen Feindseligkeit gegen die Person des Kirchenmannes und insgesamt gegen die katholische Kirche begleitet. Beobachter warnten schon vor Prozeßbeginn 2018, daß der Fall zu einem antikatholischen Angriff mißbraucht werde. Es schien, als wollte man mit Genugtuung in der Person von Kardinal Pell die katholische Kirche auf die Anklagebank zerren und verurteilen. Angeklagt werden sollte in der Person Pell natürlich ein konservativer Kirchenvertreter, kein progressiver. Ein scheinbar kleines, aber relevantes Detail.
Das wirft auch die Frage auf, wie sehr medialer Druck durch Vorverurteilung Einfluß auf Gerichtsurteile nehmen kann. Selbst im unmittelbaren Vorfeld der Verhandlung am Höchstgericht, die für gestern angesetzt war, wiederholten einige australische Medien ihre kirchenfeindlichen Seitenhiebe. Dabei handelte es sich nicht nur um Fehleinschätzungen im guten Glauben, sondern um offensichtliche Böswilligkeit. Das zeigte sich gerade in den letzten Tagen vor der gestrigen Letztverhandlung, als mit unseriösen Methoden Stimmung gemacht wurde.
Ob der Freispruch zu einer Gewissenserforschung von Journalisten und Herausgebern führt? Zweifel sind angebracht.
Rückblickend erhärtet sich der Eindruck, daß die Richter erster Instanz dem medialen Druck nicht ausreichend standhielten. Die indirekte Schelte durch die Höchstrichter verdeutlicht das. Es war eine Erwartungshaltung aufgebaut, der Kardinal längst als Schuldiger an den Pranger gestellt worden, noch ehe 2018 der erste Verhandlungstag begonnen hatte.
Der Kardinal äußerte sich auch nach dem Freispruch in der ihm eigenen Unaufgeregtheit. Er betonte, daß ihm „schweres Unrecht“ zugefügt worden war. Er hege aber keinen Groll gegen seinen Ankläger, dem er allerdings auch mitteilte, daß die Wahrheit die einzige Grundlage für eine dauerhafte Heilung sei, da sie die einzige Grundlage der Gerechtigkeit ist.
Wie wenig der Freispruch bestimmten Medien paßt, die sich in diesem Fall weit aus dem Fenster gelehnt hatten und nun abgestürzt sind, zeigt die Berichterstattung über den Freispruch. Dieser muß berichtet werden, doch es fehlt nicht an „Feinheiten“, die eine Enttäuschung nicht verbergen können. Das beginnt schon mit dem Wörtchen „überraschend“ in den Überschriften, wenn es heißt, der Kardinal sei „überraschend freigesprochen“ worden.
Die denunziatorische Sprache, wie die Bezeichnung von Pell als „erzkonservativ“ oder als „extrem konservativ“, gehört in manchen Redaktionsstuben inzwischen zum „guten Ton“, der in Wirklichkeit eine schwerwiegende Verrohung und berufsethische Barbarisierung darstellt.
Letztere Titulierung stammt übrigens nicht von irgendeinem Provinzblatt, sondern vom öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunk (ORF), in Österreich als „Rotfunk“ bekannt. Wie kirchenfern oder wie weit links muß ein vom Steuerzahler finanzierte Redakteur stehen, der einen Kardinal wie George Pell als „Extremisten“ bezeichnet?
Wie reagiert der Vatikan?
Neben dem denunziatorischen Verhalten von Medien und möglicherweise beeinflußbaren Richtern wirft der Fall Pell noch einen dritten Fragenkomplex auf, und der betrifft die Kirche selbst.
Kardinal Pell betonte, daß er seinen Freispruch nicht als Persilschein für den Umgang der Kirche mit sexuellen Mißbrauchsfällen verstanden wissen wolle. Der Freispruch betreffe nur seine Person und den ihm zur Last gelegten Vorwurf.
Papst Franziskus hatte Kardinal Pell an die Römische Kurie berufen und zum ersten Präfekten des neuerrichteten Wirtschaftssekretariats ernannt. Den unaufgeregten australischen „Briten“ stattete er zunächst mit weitreichenden Zuständigkeiten aus. Noch ehe dieser aber seine Behörde einigermaßen aufgebaut hatte, demontierte sie Franziskus auch schon wieder. Dabei kam es zu einigen unschönen Vorkommnissen im Vatikan. Als in Australien das Kesseltreiben gegen den Kardinal einsetzte, wurde der Verdacht geäußert, daß der Anstoß dazu aus dem Vatikan gekommen sein könnte.
Im Juni 2017 warf Kardinal Pell das Handtuch. Er verließ den Vatikan und kehrte nach Australien zurück, um sich den Anschuldigungen zu stellen. Seiner Position an der Römischen Kurie war durch die medialen Angriffe und die innervatikanischen Intrigen der Boden entzogen worden. Pell wurde das endgültig bewußt, als er sehen mußte, daß Papst Franziskus ihn fallenließ.
Für Papst Franziskus stellen sich nun auch einige Fragen. Kardinal Pell war vor mehr als zweieinhalb Jahren nach Australien zurückgekehrt, aber nicht von seinen Ämtern zurückgetreten. Es war Papst Franziskus, der ihn 2019 ersetzte, was auf Beobachter wirken mußte, als sei Franziskus von der Schuld des Kardinals überzeugt oder rechne zumindest nicht mehr mit einem Freispruch und dessen Rückkehr. Auch dadurch kann man die Position eines Angeklagten in einem laufenden Verfahren schwächen.
Am 12. Dezember 2018, bereits einen Tag nach dem Urteil erster Instanz, „entband“ Franziskus den Kardinal als Mitglied des C9-Kardinalsrates, den der Papst auf sechs Mitglieder zurückbaute, indem er die von ihm entlassenen Mitglieder nicht ersetzte.
Franziskus ließ im Frühjahr 2019 ein kanonisches Verfahren gegen Pell eröffnen. Der Zeitpunkt war denkbar ungünstig. Dieses Verfahren wäre eigenständig und sofort zu eröffnen gewesen und nicht gekoppelt an die staatliche Strafjustiz.
Zudem ersetzte Franziskus Pell als Präfekt des Wirtschaftssekretariats durch den Jesuiten Juan Antonio Guerrero Alves SJ.
Eine Demontage auf Raten.
Eine Rückkehr des Kardinals in den Kardinalsrat, der nach dem Freispruch nichts mehr im Wege stünde, wäre ein Signal durch Franziskus. Eine Nicht-Rückkehr auch.
Der Fall Pell hat viele Facetten. Die vielleicht bedeutendste spiegelt wider, was allgemein im Zusammenhang mit dem sexuellen Mißbrauchsskandal durch Kleriker seit Jahren spürbar ist: eine Bereitschaft zur unverhältnismäßigen Vorverurteilung der Kirche durch die Medien. Mehr eine Ironie der Geschichte ist dabei, daß ausgerechnet Papst Franziskus durch mangelndes Handeln gegen tatsächliche Schuldige diese Situation verschärfte, aber selbst von den Medien unangetastet bleibt.
An Bedeutung gleich danach folgt allerdings das innervatikanische Intrigenspiel um die Finanzen und den Kampf gegen konservative Kirchenvertreter. Es darf nicht vergessen werden: Kardinal Pell verteidigte im Herbst 2016 die Dubia seiner vier Mitbrüder, der Kardinäle Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner, zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia.
Im Juli 2017, auf dem ersten Höhepunkt des medialen Kesseltreibens gegen Pell und kurz nachdem der Kardinal den Vatikan in Richtung Australien verlassen hatte, begrüßte die New York Times, daß dadurch „der Widerstand“ gegen dessen Agenda geschwächt wurde. Zugleich signalisierte das progressive Weltleitmedium die Hoffnung auf eine „beschleunigte Revolution“ durch Franziskus.
Und nicht zuletzt: Vor der Amazonassnyode sprach Kardinal Pell aus dem Gefängnis eine Warnung aus. Er warnte vor einer weiteren „Verwirrung“ in der Kirche und durch die Kirche, nachdem er das Instrumentum laboris gelesen hatte, das Arbeitsgrundlage der Synode war.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Diese Welt mag katholische Bischöfe und Priester nicht die in Treue zu Christus und seiner Heiligen Kirche stehen. Die modernen Bischöfe und Priester werden zwar nicht geliebt aber sie sind sehr nützlich und deswegen brauchen sie sich keine Sorgen machen. Sie werden niemals vorverurteilt höchstens noch vorverteidigt. Wenn ich katholischer Bischof wäre und ich würde von dieser Welt mit Orden und Auszeichnungen überhäuft und überall würden sie Jubelgesänge anstimmen wo sie mich denn sehen würden dann würde ich mich ernsthaft überlegen ob ich gleich aus dem Fenster springe oder ob vielleicht doch noch eine „gute“ Zeit kommt wo ich auf alle nur möglicherweise beschimpft und verleumdet werde. Am Ende wartet ein Richter auf uns und der ist gerecht darauf können wir uns verlassen.
Per Mariam ad Christum.
Hintergründe sind spekulativ.
Fakt ist, das die Richter ihr Urteil nicht aufrecht erhalten konnten und es jetzt revidierten.
Das ist gut so und zeigt, allen Verschwörungstheorien zum Trotz, das es doch eine Gerechtigkeit gibt.
In der Haut des Richters, der einen höchst widerwärtigen Kommentar beim 1.Urteil abgab möchte ich jetzt nicht stecken.
Kardinal Pell muss Todfeinde im Vatikan haben, bis hinauf in allerhöchste Spitzen.
Andere, offensichtlich schuldige Personen werden gedeckt und verteidigt, an diesem schlimmen Vorgang beteiligt sich sogar der Papst.
Danke Herr, bitte beschütze diesen tapferen Mann weiterhin,
da draußen ist er weniger sicher als im Gefängnis.
Maria, Königin des Himmels und der himmlischen Heere, bitte für ihn, lass ihn mütterlich beschirmen
Amen
Enes der wenigen Ereignisse, das in diesen Tagen Freude macht.
Danke dem Himmel um die Freilaasung
des würdigen Herrn Kardinal Pell.
Er wurde Unschuldige verurteilt!
Wo bleibt Papst Franzikus, er schweigt.