(Rom) Papst Franziskus ernannte gestern einen neuen Präfekten des Wirtschaftssekretariats der Römischen Kurie. Fast zweieinhalb Jahre nach dem Rückzug von Kardinal George Pell wird dadurch die Spitze des Dikasteriums neu besetzt – genau am Tag, an dem der Oberste Gerichtshof von Australien den Einspruch Pells gegen seine Verurteilung für zulässig erklärte.
Neuer Wirtschaftsminister des Vatikans wird der Jesuit Juan Antonio Guerrero Alves, Mitglied der Generalleitung des Jesuitenordens. Der 60 Jahre alte Spanier war bisher Delegat des Ordensgenerals für die Jesuitenniederlassungen in Rom und für provinzübergreifende Werke.
„Als Jesuit ist es eine Freude, einen Auftrag direkt vom Papst zu erhalten“, sagte P. Guerrero gegenüber VaticanNews, der Nachrichtenplattform des Heiligen Stuhls. Bereits in seiner bisherigen Funktion hatte der neue Dikasterienleiter engen Kontakt mit dem Vatikan, da sein Aufgabenbereich neben der Päpstlichen Universität Gregoriana, der Specola Vaticana, dem Russicum und anderen Bildungseinrichtungen auch Medien wie die Civiltà Cattolica, das Kommunikationsdikasterium mit Radio Vatikan und weitere mehr umfaßte. Im September 2017 etwa wurden zwischen dem vatikanischen Kommunikationssekretariat und dem Jesuitenorden ein Abkommen unterzeichnet, mit dem der Orden starken Einfluß auf die vatikanischen Medien erhielt. Papst Franziskus hatte es so gewünscht.
P. Guerrero, geboren 1959, trat im Alter von 20 Jahren in den Jesuitenorden ein. Seine Ausbildung und seine Studien absolvierte er in Brasilien, Spanien, Frankreich und den USA. Er erwarb zwischen 1986 und 1994 Lizentiate in Wirtschaft, Philosophie und Theologie. Von 1994–2003 lehrte er Philosophie an der Päpstlichen Universität Comillas in Spanien. Zur Promotion kam es wegen anderer Aufgaben im Orden nicht. 2003 wurde er zum Novizenmeister in Spanien ernannt und 2008 zum Provinzial seines Ordens in Kastilien. 2014 entsandte ihn der damalige Generalobere für sechs Jahre als Ökonom und Projektkoordinator nach Mozambique. Der neue Ordensgeneral Arturo Sosa Abascal, seit Oktober 2016 im Amt, holte ihn nach nur drei Jahren zurück und berief ihn 2017 an die Generalleitung des Jesuitenordens nach Rom.
P. Guerrero spricht Spanisch, Portugiesisch, Italienisch, Französisch und Englisch.
Ordensgeneral Sosa zeigte sich sehr erfreut über die Berufung Guerreros durch den Papst. Er ersuchte Franziskus allerdings, mit der Beauftragung keine Bischofsernennung zu verknüpfen, damit P. Guerrero seinen Dienst mit dem normalen Leben eines Jesuiten erfüllen könne.
Wegen zweifelhafter Aussagen müßte der Ordensgeneral eigentlich auf Kollisionskurs mit dem Papst sein, doch dem ist nicht so. Als Franziskus vor drei Tagen in seiner morgendlichen Predigt in Santa Marta von der Realität des Teufels sprach, der „den Menschen zerstört, weil Gott sich uns gleichgemacht hat“, sahen darin einige katholische Medien eine „indirekte“ Ermahnung von General Sosa. Dieser hatte in einem Interview am 21. August 2019 geleugnet, daß der Teufel Person sei und real existiert. Er sei vielmehr eine „symbolische Realität“ so der Jesuitengeneral, der im Teufel nur eine menschliche Projektion für das Böse erkennen will.
Es hagelte Kritik. Die Kirche habe „immer vor Leuten gewarnt“, die solche Aussagen machen, so die Internationale Exorzistenvereinigung in einer Reaktion. „Wer den Teufel leugnet, ist schon auf der Seite Satans“, sagte der Zisterziensertheologe und Exorzist, P. Ildebrando Di Fulvio.
Der Vatikan aber schwieg zur Sache. Daß Franziskus mit seinen Worten vom Dienstag den „Schwarzen Papst“ ermahnen wollte, muß deshalb bezweifelt werden. Solche und ähnliche Aussagen wiederholte Franziskus bereits vielfach, was den Generaloberen der Jesuiten nicht daran hinderte, im Mai 2017 und nun erneut die Existenz des Leibhaftigen in Abrede zu stellen.
Von Konsequenzen für ihn, wegen dieser oder anderer nicht minder umstrittener Äußerungen, wurde bisher nichts bekannt. Vielmehr trat Sosa im Vorfeld der Amazonassynode als Interpret, Vertrauter und Verteidiger von Franziskus und der Amazonas-Agenda auf, indem er deren Kritiker antwortete: „Sie wissen, daß Papst Franziskus nicht Meinung ändern wird“. Die Gegner der Amazonas-Agenda hätten deshalb bereits die Nachfolge von Franziskus im Auge. Ihr wirklicher Angriff gelte aber der „Vision des Zweiten Vaticanum“.
Fest steht: Die Ernennung von P. Guerrero zum Wirtschaftsminister des Heiligen Stuhls bedeutet eine weitere Stärkung des Einflusses der Jesuiten an der Kirchenspitze.
Die Ernennung von P. Guerrero erfolgte kurz nachdem bekannt wurde, daß der Oberste Gerichtshof von Australien den Einspruch von Kardinal George Pell gegen seine Verurteilung für zulässig erklärte und demnächst verhandeln wird. Das Zusammenfallen beider Ereignisse wird ein unglücklicher Zufall sein Unglücklich, weil der Eindruck entstehen kann, der Vatikan wolle durch die Nachbesetzung seiner Stelle jede Möglichkeit zur Rückkehr für Kardinal Pell ausschließen, selbst wenn er freigesprochen und rehabilitiert werden sollte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Media/MiL (Screenshots)
Welche Angst muss der Papst davor haben, dass Kardinal Pell zurückkommt. Was hat der Kardinal im Vatikan entdeckt?