Von Roberto de Mattei*
In der Geschichte reisen Ideen nicht allein: Sie werden von Menschen verkörpert, und unter den Aposteln der „Kirche mit amazonischem Antlitz“ befindet sich er, Kardinal Claudio Hummes, emeritierter Erzbischof von São Paulo, Vorsitzender des Pan-amazonischen Kirchlichen Netzwerks (REPAM), der von Papst Franziskus zum Generalberichterstatter der Synode ernannt wurde, die am 6. Oktober im Vatikan begonnen hat.
„Die Sendung der Kirche heute im Amazonas ist die zentrale Frage der Synode“, erklärte Kardinal Claudio Hummes bei der Eröffnung der ersten Generalkongregation der Synode am 7. Oktober. „Der Papst hat deutlich gemacht, daß das Verhältnis der Kirche zu den indigenen Völkern und zum Amazonas-Regenwald eines ihrer zentralen Themen ist“, so der REPAM-Vorsitzende, laut dem „den indigenen Völker das Recht zurückgegeben und garantiert werden muß, Protagonisten ihrer eigenen Geschichte zu sein, Subjekte und nicht Objekte des Geistes und des Handelns des Kolonialismus von irgendwem. Ihre Kulturen, Sprachen, Geschichten, Identitäten und Spiritualitäten bilden Reichtümer der Menschheit und müssen respektiert und bewahrt und in die Weltkultur einbezogen werden.“ In seinem kürzlich erschienenen Buch „Il Sinodo per l’Amazzonia“ (dt. Die Amazonas-Synode, Edizioni San Paolo, 2019) erklärt Hummes, wie die Völker Amazoniens „seit jeher eingetaucht in einer unermeßlichen und faszinierenden Artenvielfalt leben. (…) Ihre Weisheit darf nicht verlorengehen, weder ihre Kultur noch ihre Sprache, ihre Spiritualität, ihre Geschichte, ihre Identität“ (ebd., S. 44–45). Der brasilianische Kardinal kämpft für eine „indigenistische Kirche“, die „die Indigenen und ihre Rechte, ihre Kultur, ihre Geschichte, ihre Identität verteidigt“ (S. 79), die „in verschiedenen indigenen Kulturen inkarniert und inkulturiert“ sind (S. 84).
Kardinal Hummes betonte am Montag das „Mantra“ von Papst Franziskus, wonach „alles miteinander verbunden ist“ (Instrumentum laboris, Nr. 25). „Die ganzheitliche Ökologie zeigt uns, daß alles miteinander verbunden ist, Mensch und Natur. Alle Lebewesen des Planeten sind Kinder der Erde.“ Aus diesem Grund findet die Synode „in einem Kontext schwerwiegender und dringender klimatischer und ökologischer Krisen statt, die unseren gesamten Planeten betreffen“. Die Kirche, fügte der Kardinal hinzu, „kann nicht zu Hause bleiben und nur für sich selbst sorgen, eingeschlossen in geschützten Mauern. Und noch weniger, indem sie mit Nostalgie für die Vergangenheit zurückschaut.“ Angesichts der „dringenden Bedürfnisse“ der katholischen Gemeinden im Amazonasgebiet erklärte Hummes, der sich seit jeher für die Abschaffung des priesterlichen Zölibats aussprach (La Stampa, 12. November 2007), daß es notwendig sei, „den Weg für die Priesterweihe von verheirateten Männer mit Wohnsitz in den Gemeinden zu ebnen. Gleichzeitig soll angesichts der großen Zahl von Frauen, die heute die Gemeinden im Amazonasgebiet leiten, dieser Dienst anerkannt werden und versucht werden, ihn mit einem Amt zu konsolidieren, der für die weiblichen Gemeindeleiter geeignet ist.“
Hummes bekräftigte die Dringlichkeit, den Prozeß der Inkulturation und Interkulturalität fortzusetzen, der „in der Liturgie, im interreligiösen und ökumenischen Dialog, in der Volksfrömmigkeit“ in Gang gesetzt wurde, und erinnerte an mehrere Aussagen von Papst Bergoglio zum Amazonas-Gebiet, seit er beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro (2013) davon sprach, „das amazonische Antlitz der Kirche zu festigen“. Hummes zitierte dann die Enzyklika Laudato sì des Papstes und dessen Rede, die er im Januar 2018 in Puerto Maldonado in Peru hielt, als er symbolisch die Synode im Amazonas eröffnete.
Claudio Hummes, 1934 in Brasilien geboren und im Franziskanerorden zum Priester geweiht, wurde von Kardinal Lorscheider, einem großen Beschützer der Befreiungstheologie, zum Bischof geweiht und leitete von 1975 bis 1996 die Diözese Santo André. Von Johannes Paul II. wurde er 1996 zum Erzbischof von Fortaleza und 1998 zum Erzbischof von São Paulo ernannt und 2001 zum Kardinal kreiert. Im Konklave von 2013 saß Hummes neben Kardinal Bergoglio und soll dem neugewählten Papst den Namen Franziskus vorgeschlagen haben, indem er ihm sagte: „Vergiß die Armen nicht“.
„Franziskus ist kein Name. Es ist das Projekt einer armen, einfachen und evangeliumsgemäßen Kirche“, schrieb ein Freund des Kardinals, Leonardo Boff, in seinem Buch „Francisco de Roma e Francisco de Assis – Uma nova primavera na Igreja?“ (dt. Franziskus von Rom und Franziskus von Assisi – Ein neuer Frühling in der Kirche?, Mar de Ideias, 2014). Der Slogan von Hummes lautet: „Der Schrei der Natur und der Schrei der Armen sind derselbe Schrei“ (Die Synode für den Amazonas, S. 29),womit er exakt den Titel des ultra-ökologischen Buches „Schrei der Erde, Schrei der Armen“ (dt. Ausgabe: Patmos, 2002) von Leonardo Boff wiederholt. [1]
Als heftiger Kritiker der Regierung Bolsonaro war Hummes am vergangenen 2. September in São Paulo, Brasilien, bei einem Treffen dabei, an dem alle Bereiche der brasilianischen Linken unter Beteiligung des amerikanischen Soziologen Noam Chomsky teilnahmen.
In der Stadt Santo André, in der Hummes bis 1996 Bischof war, wurde 1980 durch den Zusammenschluß von Gewerkschaftern, progressiven Intellektuellen der Universität von São Paulo und Katholiken der Befreiungstheologie die Arbeiterpartei (PT) gegründet. Hummes ist ein enger Freund von Luiz Inácio Lula da Silva, dem ehemaligen kommunistischen Präsidenten Brasiliens, der wegen Korruption, Geldwäsche und anderer Straftaten eine zwölfjährige Haftstrafe verbüßen muß. Während der Demonstrationen der Gewerkschaften 1979 und in den 1980er Jahren ermächtigte Hummes als Bischof von Santo André die Pfarreien, den Anhängern Unterschlupf zu gewähren. So schützte er auch Lula vor der Verhaftung durch die Polizei.
Während seiner Zeit in Santo André ernannte Hummes den Agitator aus dem Dominikanerorden, Frei Betto, zum Leiter der Arbeiterseelsorge und genehmigte dessen erste Reise nach Kuba (Américo Freire/Evanize Sydow: Frei Betto – Biografia, mit einem Vorwort von Fidel Castro, Civilização Brasileira, 2016 , S. 246–247). Aus dem Treffen zwischen Lula und Fidel Castro, das Frei Betto vermittelte, entstand 1990 das Foro de São Paulo, ein Treffen der lateinamerikanischen Linksparteien und Gruppierungen von den Sozialdemokraten über die Kommunisten bis zu Terrororganisationen wie den FARC, um nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende der Sowjetunion eine neue internationale Front zu schaffen. Dom Claudio Hummes erklärte, daß „Lula so katholisch ist wie alle anderen Katholiken in Brasilien“ (O Estado de San Paolo, 7. April 2005), und während einer Messe in der Alvorada-Kapelle in Brasilia verglich er ihn mit Jesus Christus und dem heiligen Franziskus (Folha de San Paolo, 28. Mai 2007).
Kardinal Walter Brandmüller drückte seine Meinung über den Einfluß von Kardinal Hummes in der Amazonassynode wie folgt aus:
„Die bloße Tatsache, daß Kardinal Hummes Präsident (Generalberichterstatter) der Synode ist, gibt ihm die Möglichkeit, einen schwerwiegenden Einfluß im negativen Sinn auszuüben, und das ist ausreichend, um unsere Sorge begründet und realistisch zu machen.“
Am Samstag, 5. Oktober, während im Stadtzentrum von Rom eine internationale Konferenz des Instituts Plinio Correa de Oliveira die pantheistische Ausrichtung der Amazonassynode anprangerte, fand in den Vatikanischen Gärten mit dem Segen von Kardinal Hummes und von Papst Franziskus eine Zeremonie zu Ehren heidnischer Erd- und Fruchtbarkeitsgötter statt.
Kardinal Hummes ist auf der Amazonassynode, was Kardinal Kasper auf der Familiensynode war. Beide sind Vertraute des Papstes, beide haben an dem geheimnisvollen Treffen am 25. Juni dieses Jahres teilgenommen, um die ultraprogressive Strategie für die nächsten Monate zu planen. Ihre Rolle in der Zerstörung der Kirche soll dokumentiert werden auch für künftige Generationen.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
[1] Das portugiesische Original ist erschienen unter dem Titel: Ecologia – Grito da Terra, Grito dos Pobres, Ática, 1995. Die Untertitel des Buches variieren in den verschiedenen Ausgaben: „Würde und Recht der Mutter Erde“; „Dignitas terrae“; „Für eine kosmische Ökologie“. Wörtlich spricht auch Papst Franziskus in seiner ökologischen Enzyklika Laudato sì vom „Schrei der Erde“, und Missionsbischof Erwin Kräutler, einer der treibenden Kräfte hinter der Amazonassynode, schrieb das Buch „Ich habe den Schrei Amazoniens gehört“ (ital. Originaltitel: Ho udito il grido dell’Amazonia, Emi, 2015).
Bereits 1993 hielt Kräutler in Wien einen Vortrag zum Thema: „Kirche mit indianischem Antlitz – eine Utopie?“. 1995 findet sich in einem Aufsatz des Augustiners und Befreiungstheologen Joaquin Garcia Sanchez die Überschrift „Eine Kirche mit amazonischer Seele und amazonischem Antlitz?“ Papst Franziskus übernahm diese Vorgaben in der Variante „Kirche mit amazonischem Antlitz“. Die Spur dieser Slogans führt direkt zur Befreiungstheologie und läßt sich inhaltlich bis zur II. Generalkonferenz des Lateinischen Bischofsrats 1968 in Medellín, Kolumbien, zurückverfolgen.
Der Spanier Joaquin Garcia Sanchez wurde wie Erwin Kräutler 1939 geboren. Wie Kräutler ging er im Jahr 1965 als Missionar nach Lateinamerika. Progressio populorum (1967) wurde zum entscheidenden Dokument seines Welt- und Geschichtsverständnisses. Wie Kräutler widmete er sich seit den späten 60er Jahren ganz dem Amazonas und den dortigen Indio-Stämmen. Es waren diese Europäer, die im Namen der Entkolonialisierung, die eine 500jährige europäische Unterdrückung der Indios und ihrer Kultur beenden soll, das Amazonas-Bild in Europa prägten. Im Amazonas wollen diese Europäer den europäischen Einfluß eliminieren. Ist ihr Einfluß auf die Indios kein Kolonialismus?, Anm. Giuseppe Nardi.
Solche Gruftis (oder schon Verwesis?) wollen das neue Gesicht der Kirche bestimmen?
Einfach nur zum Grausen!
Liebe Vera! Alte Menschen als „Gruftis“ oder „Verwesis“ zu bezeichnen, ist nicht mein Stil. Papst Benedikt XVI. z.B. ist ca. sieben Jahre älter als Kardinal Hummes. Und wer ihn, also den emeritierten Papst, als „Grufti“ oder „Verwesi“ bezeichnen sollte, der könnte in keiner Weise mit meinem Verständnis oder gar mit meiner Sympathie rechnen. Und was, bitte, verstehen Sie im gegebenen Zusammenhang eigentlich unter dem „neuen Gesicht“ der Kirche?
Papst Benedikt schätze und liebe ich über alles – er ist im Herzen jung und frisch geblieben und auch äußerlich hat er eine umwerfenden Ausstrahlung und Schönheit und ist bestimmt kein Grufti oder Verwesi. Diese Begriffe habe ich in Anlehnung auf das Aussehen und auf die antiquierten Ansichten von Kardinal Hummes gebraucht. Er will die Kirche nach seinen Vorstellungen verändern: Viri probati, Frauenpriestertum etcpp. Das ist Schnee von gestern.
So ist es. Der wahre Jungbrunnen der Menschheit kommt aus der überleferten Lehre (der Tradition), während die Neuerer mit Jugendsprache und Jungsprech arbeiten, aber der Menschheit Tod, Verderben und „Verwesung“ bringen. Eben eine Kultur des Todes.
Statthafte Polemik gegenüber einer Kirche, die dem Zeitgeist hinterherhechelt. Soviel Humor darf sein.
Gegen die „alten weißen Männer“ der Restauration haben wir schon genug Hähme und Spott hinnehmen müssen.
Man kann die Ereignisse im Vatikan, nur mit dem Rosenkranzgebet bekämpfen.
Ich liebe Papst Benedikt als Menschen und bete für ihn.
Aber er ist, so grausam das klingt, immer ein Kind des Konzils geblieben.
Ich glaube, er weiss durch seine überragende Intelligenz längst Bescheid, was dort angerichtet wurde, und was die Muttergottes in Fatima mit dem 3. Geheimnis gemeint hat.
Er war einer der maßgeblichen Männer der Verschleierung dessen.
Beten wir für ihn, dass er einen gnädigen Richter findet.
Papst Benedikt XVI. hat Erzbischof Lefebvre nie wirklich verstanden, da er doch sehr ein Kind der Aufklärung war.
Er forderte von Lefebvre die Religionsfreiheit anzuerkennen. L. ging das zu weit. Er wollte lieber von einer zugestandenen Toleranz gegenüber den anderen Religionen sprechen.
Benedikt sieht zwar, dass zur Liebe immer die Freiheit der Wahl gehört. Was er jedoch nicht sah, heute aber hoffentlich sieht, ist die Bedingtheit und Formung der Seele in einem Raum ohne Gott.
In diesen gottlosen Räumen kann sich die Person gar nicht mehr – oder kaum mehr – für gott frei entscheiden, weil der Glaube, der von außen auf uns zukommt, verstellt und verstopft ist von den tausend Angeboten der intrainierten Kultur des Todes.
Wo sich gottlose Gewohnheiten einmal ausgebreitet haben, haben die Menschen keine Freiheit mehr zu wählen.
Darum darf die Kirche heute vom Grundsatz des Evngeliums die Freiheit nicht mehr so vorbehaltlos predigen, wie sie es tut. Denn der Freiheitsbegriff entspringt dem Geist der Aufklärung und er führt in allen seinen Ausprägungen von Gott weg.
Sie hat sich zu einer Nichtverandelbarkeit der Wahrheit zu bekennen und hat sich gegen alle gottlosen Freiheitsbegriffe zu wenden.
Sie muss die geselleshchaftlichen Räume so mitgestalten, dass Moral und Sittlichkeit sich an Gottes Geboten anlehnen und nicht einer freien und beliebigen Situation zur Wahl gestellt sind. (Situationsethik)
In Gott und der Erfüllung seiner Gebote ist die wahre Freiheit zu finden. Der freimaurerische Geist der Aufklärung führt von Gott und der Berufung des Menschen als Kind Gottes weg.
Satan und Gott werden auf eine Stufe gestellt. Und der Mensch kann frei darüber verfügen. Das ist dann der Mensch, der sich an die Stelle Gottes setzt. Er ist damit tatsächlich frei -, frei von Gott, aber geknechtet von Teufel. Aus der Welt seiner Situationen macht er für sich und andere allmählich eine Hölle, in der der Wohlfühlteufel über wehrloses Leben herrscht und es mit einem kalten Grinsen nach Belieben tötet.