Corredemptrix – eine Klarstellung

Zur Frage eines fünften Mariendogmas


Prof. Miravalle: Franziskus hat seine Meinung zu Medjugorje geändert, vielleicht ändert er sie auch zur „Miterlöserin“.
Prof. Miravalle: Franziskus hat seine Meinung zu Medjugorje geändert, vielleicht ändert er sie auch zur „Miterlöserin“.

(Rom) Zu den Aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus gegen ein neu­es Mari­en­dog­ma erfolg­ten „Klar­stel­lun­gen“ des Vor­sit­zen­den einer der kirch­li­chen Bewe­gun­gen, die sich dar­um bemühen.

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Wie berich­tet, sprach sich Papst Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag gegen ein Mari­en­dog­ma aus, das die Stel­lung Mari­ens als Media­trix, Advo­ca­ta und Cor­re­demptrix defi­niert. Alle drei Anru­fun­gen und Titel der Got­tes­mut­ter als „Mitt­le­rin“, „Für­spre­che­rin“ und „Mit­erlö­se­rin“ wer­den seit alters in der kirch­li­chen Mari­en­ver­eh­rung ver­wen­det. Die bei­den ersten Titel seit früh­christ­li­cher Zeit, letz­te­rer Titel in Ansät­zen seit dem Hoch­mit­tel­al­ter, kon­kret seit dem Spätmittelalter. 

Fran­zis­kus bezeich­ne­te Wün­sche nach der Ver­kün­di­gung von Dog­men als „Unsin­nig­kei­ten“ und mein­te salopp, die Got­tes­mut­ter habe sich selbst „nie als Mit­erlö­se­rin“ bezeich­net. Am 13. Dezem­ber reagier­te Mark Mira­val­le, Theo­lo­gie­pro­fes­sor an der Fran­zis­kan­er­uni­ver­si­tät Steu­ben­ville, mit einer „Klar­stel­lung“ und ist um Zweck­op­ti­mis­mus bemüht. Hier der Wortlaut:

In Reak­ti­on auf die jüng­sten Arti­kel zu den Bemer­kun­gen unse­res Hei­li­gen Vaters zum Titel „Cor­re­demptrix“ und der Mög­lich­keit eines neu­en maria­ni­schen Dog­mas, die von ihm wäh­rend sei­ner Pre­digt am 12. Dezem­ber 2019 am Fest Unse­rer Lie­ben Frau von Gua­d­a­lu­pe gemacht wur­den, wer­den fol­gen­de Klar­stel­lun­gen vorgenommen.

Die genau­en Wor­te der wich­tig­sten Zei­len der Pre­digt von Papst Fran­zis­kus, die er auf spa­nisch ex tem­po­re gehal­ten hat­te, lau­ten wie folgt:

“Fiel a su Mae­stro, que es su Hijo, el úni­co Reden­tor, jamás qui­so para sí tomar algo de su Hijo. Jamás se pre­sen­tó como co-reden­to­ra. No, discípula.”

“Treu ihrem Mei­ster, der ihr Sohn ist, der ein­zi­ge Erlö­ser, woll­te sie nie­mals etwas von ihrem Sohn weg­neh­men. Nie­mals stell­te sie sich als Mit­erlö­se­rin vor. Nein, Jüngerin.“

Unser Hei­li­ger Vater hat damit völ­lig rich­tig fest­ge­stellt, daß Maria sich weder im Zusam­men­hang mit der Ver­kün­di­gung noch mit den histo­ri­schen Ereig­nis­sen in Gua­d­a­lu­pe, das The­ma sei­ner Pre­digt, als „Mit­erlö­se­rin“ „vor­ge­stellt“ hat.

Dies an sich leug­net jedoch nicht die dok­tri­nä­re Legi­ti­mi­tät des „Corredemptrix“-Titels, wenn er in sei­ner eigent­li­chen Bedeu­tung ver­wen­det wird, um auf die ein­zig­ar­ti­ge Teil­nah­me Mari­ens an der histo­ri­schen Erlö­sung durch Jesus Chri­stus, den ein­zi­gen gött­li­chen Erlö­ser, hinzuweisen.

Unser Hei­li­ger Vater ist am zutref­fend­sten, wenn er fest­stellt, daß „sie ihrem Sohn nie­mals etwas weg­neh­men woll­te“. Als Papst Johan­nes Paul II. (und Papst Pius XI. vor ihm) wie­der­holt den Titel „Cor­re­demptrix“ für die Mut­ter­got­tes benutz­ten, woll­te er auch nichts von Jesus weg­neh­men und es Maria geben, son­dern Mari­as ein­zig­ar­ti­ges Mit­ein­an­der in dem von Chri­stus voll­brach­ten Erlö­sungs­werk benen­nen. Der „Corredemptrix“-Titel für Unse­re Lie­be Frau ist seit dem 14. Jahr­hun­dert Teil der kirch­li­chen Tra­di­ti­on und wur­de kor­rekt ver­wen­det, um die bei­spiel­lo­se Zusam­men­ar­beit Unse­rer Lie­ben Frau bei der Erlö­sung zu bezeich­nen, durch Päp­ste, Hei­li­ge, Mysti­ker, Bischö­fe, Geist­li­che, Theo­lo­gen und das treue Volk Got­tes, ein­schließ­lich der Hei­li­gen der jüng­sten Zeit wie des hl. Pio von Piet­rel­ci­na, des hl. Maxi­mi­li­an Kol­be, der hl. Maria Bene­dic­ta vom Kreuz, des hl. Jose­ma­ría Escri­vá, der hl. Tere­sa von Kal­kut­ta und eben des hei­li­gen Pap­stes Johan­nes Paul II.

Der Cor­re­demptrix-Titel ver­sucht, in einem Wort die offi­zi­el­le Leh­re der Kir­che über Mari­as unüber­trof­fe­ne Teil­nah­me an der Erlö­sung dar­zu­stel­len, die Jesus Chri­stus, der ein­zi­ge gött­li­che Erlö­ser, voll­bracht hat und die wie­der­holt vom Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil (Lumen Gen­ti­um, 56–58; 61) und vom päpst­li­chen Lehr­amt der letz­ten drei Jahr­hun­der­te gelehrt wird.

Papst Fran­zis­kus bekräf­tig­te in sei­ner Pre­digt vom 12. Dezem­ber nach­drück­lich die Legi­ti­mi­tät des Titels „Mut­ter aller“, der im ver­gan­ge­nen Jahr­hun­dert (ab 1915) als Gesamt­ti­tel und Leh­re für eine mög­li­che maria­ni­sche Defi­ni­ti­on vor­ge­schla­gen wur­de, die in den vier bestehen­den Mari­en­dog­men (Got­tes­mut­ter, immer­wäh­ren­de Jung­fräu­lich­keit, Unbe­fleck­te Emp­fäng­nis und Auf­nah­me in den Him­mel) nicht aus­ge­drückt ist und sich auf Mari­as direk­te und müt­ter­li­che Bezie­hung zur Mensch­heit als unse­re gei­sti­ge Mut­ter bezieht. 

Bezüg­lich der Äuße­run­gen des Hei­li­gen Vaters zu neu­en Dog­men im All­ge­mei­nen kann er gegen­wär­tig eine bestimm­te Posi­ti­on inne­ha­ben. Er kann aber auch eine wei­te­re Ent­wick­lung in sei­ner Posi­ti­on erfah­ren. Dies war ein­deu­tig der Fall in Bezug auf die Hal­tung von Papst Fran­zis­kus zu den Erschei­nun­gen von Med­jug­or­je, die sich sicher­lich von frü­he­ren, etwas nega­ti­ven Kom­men­ta­ren und sei­ner jüng­sten posi­ti­ven und bei­spiel­lo­sen Erlaub­nis für offi­zi­el­le Pil­ger­rei­sen nach Med­jug­or­je ent­wickelt hat, noch bevor das letz­te Wort über die Echt­heit der Erschei­nun­gen gespro­chen wurde.

Die inter­na­tio­na­le Bewe­gung Vox Popu­li Mariae Media­tri­ci betet und arbei­tet wei­ter in freu­di­ger Erwar­tung der wei­te­ren Ent­wick­lung hin zu einer mög­li­chen fei­er­li­chen Defi­ni­ti­on der ein­zig­ar­ti­gen Mut­ter­rol­le Unse­rer Lie­ben Frau bei unse­rer Erlö­sung sowie ihrer all­ge­mei­nen dok­tri­nä­ren Rol­le als gei­sti­ge Mut­ter aller Völ­ker, in vol­lem Gehor­sam gegen­über unse­rem Hei­li­gen Vater und dem Lehr­amt der Kirche.

Dr. Mark Mira­val­le
Vor­sit­zen­der, Vox Popu­li Mariae Media­tri­ci
13. Dezem­ber 2019

In der Tat wur­de der Titel Cor­re­demptrix, „Mit­erlö­se­rin“, von Papst Johan­nes Paul II. bei der Gene­ral­au­di­enz vom 8. Sep­tem­ber 1982 gebraucht, als er sich mit Grü­ßen an die Kran­ken wandte.

Wört­lich sag­te er:

„Auch zu Euch, lie­be Kran­ke, möge mein lie­be­vol­les Wort und die Ein­la­dung gelan­gen, sich über die Geburt der Unbe­fleck­ten Mut­ter Got­tes zu freu­en. Maria, die ohne den Makel der Sün­de gezeugt und gebo­ren wur­de, hat auf wun­der­ba­re Wei­se am Lei­den ihres gött­li­chen Soh­nes teil­ge­nom­men, um Mit­erlö­se­rin der Mensch­heit zu sein. Ihr wißt es, wenn der Schmerz mit dem des Erlö­sers ver­eint wird, hat er einen gro­ßen und uner­setz­li­chen Heils­wert. Ihr erkennt dann die unschätz­ba­re Kost­bar­keit Eurer gro­ßen Mis­si­on, auf die ich die Trö­stun­gen Mari­ens her­ab­ru­fe, die tief­sten Freu­den, die das Herz Eurer rein­sten Mut­ter für Euch berei­tet hat.“

1953 schrieb „Der Spie­gel“ über­zeugt, daß Rom „schon in Kür­ze die Jung­frau Maria zur Cor­re­demptrix, zur Mit­erlö­se­rin der Mensch­heit, pro­kla­miert“. Dar­aus wur­de bis­her nichts, denn der per­sön­li­che Sekre­tär von Papst Pius XII., Robert Lei­ber SJ, sag­te spä­ter, die­ser Papst habe noch kurz vor sei­nem Tod 1958 die Fra­gen, ob Maria Media­trix und Cor­re­demptrix sei, als „zu unge­klärt und unreif“ bezeich­net, oder wie es in der ersten Aus­ga­be des Lexi­kons für Theo­lo­gie und Kir­che von 1963 heißt:

„In der Theo­lo­gie hat Pius XII. beson­ders die Mario­lo­gie wei­ter­ge­führt – Dog­ma­ti­sie­rung der Auf­nah­me Mari­as in den Him­mel (1.11.1950), Enzy­kli­ka Ad cae­li Regi­nam (11.10.1954) über die könig­li­che Wür­de Mari­as –, die Fra­gen der Media­trix und Cor­re­demptrix und die des leib­li­chen Todes Mari­as aber bewußt unent­schie­den gelassen.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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