Einladung mit Signalwirkung – oder ein Spiel mit dem Feuer?

Wir sind Kirche und Homo-Lobby werden hofiert. Was ist mit der Tradition?


Homo-Lobbyismus im Heiligen Jahr und mit kirchlicher Unterstützung
Homo-Lobbyismus im Heiligen Jahr und mit kirchlicher Unterstützung

Eine Ein­la­dung läßt auf­hor­chen. Beson­ders, wenn sie aus dem Vati­kan kommt – und in der ita­lie­ni­schen Nach­rich­ten­agen­tur ANSA, im „Land des Pap­stes“, Schlag­zei­len macht. Im Vati­kan hat man offen­bar wenig Berüh­rungs­äng­ste mit Grup­pie­run­gen, die dem Lehr­amt der Kir­che seit Jahr­zehn­ten die Stirn bieten.

Anzei­ge

So mel­det ANSA:

„Ende Okto­ber kehrt ‚Wir sind Kir­che‘, das inter­na­tio­na­le Netz­werk, das seit Jah­ren Druck auf den Hei­li­gen Stuhl in Fra­gen wie einer stär­ke­ren Ein­be­zie­hung von LGBT-Per­so­nen, der Frau­en­or­di­na­ti­on, der Ehe für Prie­ster und Finanz­re­for­mern aus­übt, zum ersten Mal seit neun Jah­ren in den Vati­kan zurück.“

Bemer­kens­wert – und irre­füh­rend. Denn ein Tref­fen die­ser Orga­ni­sa­ti­on im Vati­kan im Jahr 2016 ist weder doku­men­tiert noch bekannt. „Wir sind Kir­che“, Mit­te der 1990er-Jah­re als links­pro­gres­si­ve „kir­chen­kri­ti­sche“ Pro­test­be­we­gung gegrün­det, ver­folgt offen drei Haupt­an­lie­gen: die Frau­en­or­di­na­ti­on, die Abschaf­fung des Zöli­bats und die Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät durch und in der Kirche.

2014 wur­de Mit­grün­de­rin Mar­tha Hei­zer (Diö­ze­se Inns­bruck) zusam­men mit ihrem Ehe­mann exkom­mu­ni­ziert – wegen wie­der­hol­ter Meß­si­mu­la­tio­nen im pri­va­ten Wohn­zim­mer. Das Ver­fah­ren wur­de unter Bene­dikt XVI. ein­ge­lei­tet und unter Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, dem dama­li­gen Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, abge­schlos­sen. Gleich­wohl hielt die Bewe­gung trot­zig an Hei­zer fest – sie ist bis heu­te Vor­sit­zen­de in Österreich.

Nun also kommt es zu einer „Rück­kehr“ von „Wir sind Kir­che“ in den Schoß der Kir­che? Dem scheint nicht so, da kei­ne Posi­ti­ons­än­de­run­gen bekannt­ge­ge­ben wur­den. Viel­mehr liegt erst­mals eine offi­zi­el­le Ein­la­dung in den Vati­kan vor – ein­ge­la­den wird zu einem Tref­fen im Rah­men des Hei­li­gen Jah­res vom 24. bis 26. Okto­ber. Der Anlaß: das „Jubi­lä­um der Syn­oden­teams und Betei­li­gungs­or­ga­ne“ – also Gre­mi­en wie Prie­ster­rä­te, Pasto­ral­rä­te und ande­re „syn­oda­le Struk­tu­ren“ auf diö­ze­saner und natio­na­ler Ebe­ne, die eng in den umstrit­te­nen „syn­oda­len Pro­zeß“ ein­ge­bun­den sind.

Wer darf teilnehmen?

Vor­ran­gig zuge­las­sen sind offi­zi­ell aner­kann­te „Syn­oden­teams und Betei­li­gungs­or­ga­ne“. Dane­ben kön­nen sich auch Ein­zel­per­so­nen oder Grup­pen bewer­ben – vor­aus­ge­setzt, der zustän­di­ge Diö­ze­san­bi­schof geneh­migt die Teilnahme.

Offi­zi­ell ein­ge­la­den wur­de die acht­köp­fi­ge Dele­ga­ti­on von „Wir sind Kir­che“ von Kar­di­nal Mario Grech, Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­syn­ode. Pikant: Die­se Ein­la­dung erfolg­te offen­bar über den alter­na­ti­ven Weg – also durch diö­ze­san­bi­schöf­li­che Geneh­mi­gung. Nur: Wel­cher Bischof hat hier inter­ve­niert? Wer hat in Rom bei Kar­di­nal Grech – einem engen Ver­trau­ten von Papst Fran­zis­kus – für eine Teil­nah­me gewor­ben? Und mit wel­chem Ziel?

Erst­mals wird der „kir­chen­kri­ti­sche“ Ver­ein Wir sind Kir­che offi­zi­ell in den Vati­kan ein­ge­la­den. Wel­che Heu­che­lei macht es möglich?

Die Orga­ni­sa­ti­on selbst wer­tet die Ein­la­dung als Aner­ken­nung ihrer „30jährigen Arbeit“. Chri­sti­an Weis­ner, Mit­be­grün­der der bun­des­deut­schen Sek­ti­on, deu­tet das symbolträchtig:

„Ich sehe das Durch­schrei­ten der Hei­li­gen Pfor­te auch als Zei­chen für die gan­ze Kir­che: Feh­ler hin­ter sich las­sen und immer wie­der neu mit christ­li­cher Hoff­nung beginnen.“

Doch was als Geste der Hoff­nung ver­kauft wird, wirft ern­ste Fra­gen auf. Denn obwohl die acht Ver­tre­ter von „Wir sind Kir­che“ unter den Teil­neh­mer­mas­sen des Jubi­lä­ums kaum auf­fal­len wer­den, liegt in der Ein­la­dung eine deut­li­che Auf­wer­tung. Eine Auf­wer­tung, die von Tei­len der kirch­li­chen Hier­ar­chie – offen­bar ins­be­son­de­re im deut­schen Sprach­raum – vor­an­ge­trie­ben und von Kar­di­nal Grech unter­stüt­zend umge­setzt wird.

Dabei gilt: Die von „Wir sind Kir­che“ ver­tre­te­nen For­de­run­gen wur­den von Papst Leo XIV. – im Gegen­satz zu sei­nem Vor­gän­ger Fran­zis­kus – bis­her mit kei­nem Wort auf­ge­grif­fen. Geht hier also jemand hin­ter dem Rücken des neu­en Pap­stes vor? Wird ver­sucht, über sym­bo­li­sche Akte voll­ende­te Tat­sa­chen zu schaffen?

Erinnerungen an Benedikt XVI.

Die Ein­la­dung Grechs steht im Kon­trast zum Vor­ge­hen Bene­dikts XVI., der zum Auf­takt sei­nes Pon­ti­fi­kats sowohl den pro­gres­si­ven Theo­lo­gen Hans Küng als auch den Gene­ral­obe­ren der tra­di­tio­na­li­sti­schen Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. emp­fing. Wäh­rend Küng das Gesprächs­an­ge­bot durch demon­stra­ti­ves Fest­hal­ten an sei­ner Abwen­dung unge­nützt ließ, ent­stand mit der Pius­bru­der­schaft ein inter­es­san­ter Dia­log, der zwar bis heu­te kei­ne kano­ni­sche Aner­ken­nung brach­te, jedoch zu rea­len Annä­he­run­gen führ­te, die suk­zes­siv aus­ge­wei­tet wurden.

Ganz anders nun der Fall „Wir sind Kir­che“. Hier sieht vie­les nach einer eigen­mäch­ti­gen Akti­on pro­gres­si­ver Krei­se aus – getra­gen vom berg­o­glia­ni­schen Appa­rat und mög­li­cher­wei­se gegen den Wil­len des neu­en Papstes.

Auch medi­al schlägt die Ein­la­dung Wel­len – im deut­schen Sprach­raum eben­so wie bei gro­ßen Pres­se­agen­tu­ren. Und natür­lich weiß „Wir sind Kir­che“, wie man media­le Auf­merk­sam­keit insze­niert. Dar­an dürf­te man sogar vor­ran­gig inter­es­siert sein.

Fortsetzung der alten Agenda?

Han­delt es sich bei alle­dem um eine Träg­heits­be­we­gung – eine direk­te Wei­ter­füh­rung der Agen­da von Fran­zis­kus man­gels einer feh­len­den Neu­aus­rich­tung durch Papst Leo XIV.? Ein Appa­rat arbei­tet an den Vor­ga­ben wei­ter, solan­ge kei­ne neu­en aus­ge­ge­ben wer­den. Oder ist es eine geziel­te Geste des neu­en Pon­ti­fi­kats, um mög­li­che Brü­che im deut­schen Sprach­raum zu verhindern?

Aber: Hat je ein Nach­ge­ben gegen­über Irr­leh­ren ein Schis­ma verhindert?

Eine ähn­li­che Ent­wick­lung zeigt sich bei einer wei­te­ren, ins­ge­samt noch umstrit­te­ne­re Ver­an­stal­tung des Hei­li­gen Jah­res: Am 6. Sep­tem­ber wird La Ten­da di Gio­na­ta, ein hom­o­ak­ti­vi­sti­sches Netz­werk, ein zwei­fel­haf­tes „spi­ri­tu­el­les Tref­fen“ abhal­ten – eben­falls mit Durch­schrei­ten der Hei­li­gen Pfor­te, aller­dings – soweit bis­her bekannt – ohne Tref­fen mit dem Papst. Dazu wer­den eine Rei­he von Ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den, wenig zufäl­lig in der Mut­ter­kir­che des Jesui­ten­or­dens, Il Gesù in Rom – ein sym­bol­träch­ti­ger Ort, der auf das vor­he­ri­ge Pon­ti­fi­kat ver­weist. Mit dabei ist der Front­mann unter den homo­phi­len Kle­ri­kern: der Jesu­it P. James Mar­tin.

Die Homo-Lob­by La Ten­da di Gio­na­ta betreibt eine eige­ne mehr­spra­chi­ge Inter­net­sei­te, auf der sie für ihre Hei­lig-Jahr-Ver­an­stal­tung von Homo- und Trans­se­xu­el­len wirbt. Haupt­sym­pa­thi­sant war der ver­stor­be­ne Papst Franziskus

La Ten­da di Gio­na­ta ist die Homo-Lob­by-Orga­ni­sa­ti­on, mit der Papst Fran­zis­kus auf­fäl­lig engen Kon­takt pfleg­te. Sie wirbt offen für eine Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät durch die Kir­che, för­dert „Homo-Mes­sen“, behaupt die „Homo-Ehe“ als Sakra­ment. Die berg­o­glia­ni­sche Nomen­kla­tur scheint sich mit die­ser Rich­tung gut iden­ti­fi­zie­ren zu kön­nen. Fran­zis­kus war der Motor die­ser „Neu­r­ori­en­tie­rung“, die er der Kir­che ver­ord­nen woll­te (sie­he dazu: „Mach wei­ter mit Dei­ner Beru­fung, Du Schwuch­tel.“ Der unehr­li­che Umgang von Papst Fran­zis­kus mit Homo­se­xu­el­len – oder mit der Kir­che“; Papst Fran­zis­kus und ein Besuch in Ostia – bei Homo-Trans-Pro­sti­tu­ier­ten?; „Kei­ne Kin­der eines min­de­ren Got­tes“ – Am Tag nach dem Flan­dern-Skan­dal emp­fängt Fran­zis­kus eine Homo-Grup­pe).

Die Orga­ni­sa­to­ren beto­nen: „Es wird ein spi­ri­tu­el­ler Moment sein, kei­ne Pri­de-Ver­an­stal­tung”, und bit­ten dar­um, auf eine „über­mä­ßi­ge Ver­wen­dung von Fah­nen und Trans­pa­ren­ten zu ver­zich­ten, die eher für ande­re Arten von Ver­an­stal­tun­gen geeig­net sind“. Doch was wird wirk­lich pas­sie­ren? Wer­den Regen­bo­gen­fah­nen auf dem Peters­platz wehen? Drag Queens zur Hei­li­gen Pfor­te schreiten?

Sol­che Bil­der wären nicht nur ein Affront gegen­über der Sakra­men­ta­li­tät des Jubi­lä­ums, son­dern eine Ver­höh­nung der kirch­li­chen Buß­pra­xis. Ohne Reue, Beich­te und Umkehr ver­kommt das Durch­schrei­ten der Hei­li­gen Pfor­te zur blo­ßen Kulis­se – zu einer reli­gi­ös auf­ge­la­de­nen Insze­nie­rung für poli­ti­sche Zwecke.

Wallfahrt der Tradition

Par­al­lel zum „Jubi­lä­um der Syn­od­al­teams“ mit „Wir sind Kirche“-Anhang wird vom 24.–26. Okto­ber die dies­jäh­ri­ge inter­na­tio­na­le Wall­fahrt Ad Petri Sedem der Gemein­schaf­ten statt­fin­den, die sich auf Eccle­sia Dei und Sum­morum Pon­ti­fi­cum beru­fen. Bei­de Motu­pro­prien wur­den von Fran­zis­kus mit sei­nem tra­di­ti­ons­feind­li­chen Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des untergraben.

Am Sams­tag, dem 25. Okto­ber, wer­den, zu unter­schied­li­chen Tages­zei­ten, aber viel­leicht in Sicht­wei­te zuein­an­der, die Teil­neh­mer der Wall­fahrt der Tra­di­ti­on und die Teil­neh­mer des Tref­fens der Syn­od­al­teams mit „Wir sind Kirche“-Vertretern die Hei­li­ge Pfor­te des Peters­doms durchschreiten.

Zeigt sich hier die Groß­zü­gig­keit der hei­li­gen Kir­che? Erlaubt sich jemand einen beson­de­ren „Spaß“? Oder wird zusam­men­ge­preßt, was nicht zusammengehört?

Wäh­rend also die Homo-Lob­by am 6. Sep­tem­ber und „kir­chen­kri­ti­sche“ Ver­ei­ni­gung Wir sind Kir­che mit ihrer wegen schwer­ster häre­ti­scher Ver­ge­hen exkom­mu­ni­zier­ten Vor­sit­zen­den Mar­tha Hei­zer wohl­wol­len­de Gesten der Aner­ken­nung aus dem Vati­kan erfah­ren, war­ten die Gemein­schaf­ten der Tra­di­ti­on nach den berg­o­glia­ni­schen Prü­gel­jah­ren auf einen ver­söhn­li­chen Schritt.

Eine erste Geste wäre, an jenem 25. Okto­ber im Peters­dom wie­der die Zele­bra­ti­on eines Pon­ti­fi­kal­am­tes im über­lie­fer­ten Ritus zu erlau­ben. Eine sol­che war seit Ein­füh­rung der Wall­fahrt im Jahr 2012, also noch unter Bene­dikt XVI., vie­le Jah­re hin­durch mög­lich. Dann schob Fran­zis­kus einen Rie­gel vor und ver­bot alle Zele­bra­tio­nen im alten Ritus in der Haupt­kir­che der Chri­sten­heit. Nur im Kel­ler dar­un­ter, in den Vati­ka­ni­schen Grot­ten, ist der über­lie­fer­te Ritus noch erlaubt, aber nur für klei­ne Grup­pen möglich.

Ins­ge­samt war­tet die Tra­di­ti­on jedoch auf die Auf­he­bung des repres­si­ven Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des.

Fazit

Offen­bart sich in der Ein­la­dung an „Wir sind Kir­che“ mehr als eine sym­bo­li­sche Geste? Ist es ein Ver­such aus dem deut­schen Sprach­raum, das Pon­ti­fi­kat von Leo XIV. unter Druck zu setzen?

Wie lan­ge muß die Tra­di­ti­on war­ten, um eine Zei­chen des neu­en Pap­stes zu erhalten?

Auf alle Fäl­le sind die drei genann­ten Ereig­nis­se ein Test­fall für das neue Pon­ti­fi­kat: Bleibt es bei kla­rer Leh­re und Dis­zi­plin? Gilt die Wie­der­her­stel­lung, die Leo XIV. nach dem Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus zu betrei­ben scheint, auch für die moder­ni­sti­schen Dau­er­bren­ner: Zöli­bat, Frau­en­or­di­na­ti­on und Homo­se­xua­li­tät? Oder öff­net man den Hin­ter­ein­gang für eine Kir­che im Selbstum­bau? Für eine „ande­re“ Kirche?

Die näch­sten Mona­te – und nicht nur der Okto­ber – dürf­ten zei­gen, wie es um das Pon­ti­fi­kat von Leo XIV. steht.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: gio​na​ta​.org/​MiL (Screen­shots)

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