
Papst Franziskus hatte es bei seiner Begegnung mit den Jesuiten in Singapur offenherzig erklärt: „Ich tue mein Bestes, um ihn auf die Altäre zu bringen“. Gemeint ist der Baske Pedro Arrupe, der von 1965 bis 1981 der 28. Generalobere des Jesuitenordens war. Gestern gab das Vikariat Rom bekannt, daß die Untersuchungsphase im Seligsprechungsprozeß des Jesuitengenerals abgeschlossen wurde.
Für den Seligsprechungsprozeß Arrupes ist das Vikariat Rom zuständig. Die Diözese Rom, deren Bischof der Papst selbst ist, zerfällt in zwei Vikariate, eines für den Staat der Vatikanstadt und ein zweites für alle Teile der Diözese außerhalb des Vatikans. Seit dem 6. Oktober ist Titularerzbischof Baldassare Reina Generalvikar des Papstes für das Vikariat Rom, was kirchenrechtlich dem Rang eines Weihbischofs entspricht. Franziskus kündigte zugleich mit dieser Ernennung zugleich an, Msgr. Reina am kommenden 7. Dezember auch zum Kardinal zu kreieren und ihm am 8. Dezember das Kardinalsbirett zu überreichen.
Pedro Arrupe, der wie der Ordensgründer, der heilige Ignatius von Loyola, ein Baske war, ist am 5. Februar 1991 verstorben, Obwohl er auf Lebenszeit zum Ordensgeneral gewählt war, hatte ihm Johannes Paul II. bereits zehn Jahre vor seinem Tod die Ordensleitung entzogen. Der polnische Papst zog die Handbremse, um den Niedergang der Gesellschaft Jesu, so der eigentiche Ordensname, aufzuhalten.
Mit Jorge Mario Bergoglio wurde 2013 erstmals ein Jesuit auf den Stuhl Petri gewählt. Der Argentinier ließ nicht nur bald seine großen Sympathien für den einstigen Ordensgeneral erkennen, sondern läßt diesen Sympathien seit einigen Jahren ungehemmten Lauf. Pedro Arrupe wird von einem Teil des Ordens so verklärt, daß von einem Personenkult gesprochen werden kann. Auch Papst Franziskus hat einen sehr persönlichen Bezug, denn Arrupe war es, der ihn 1973 zum Provinzial der argentinischen Jesuitenprovinz ernannt hatte.
Dabei wird das Narrativ gehegt, Johannes Paul II. habe durch seinen Eingriff ein schweres Unrecht begangen und die Entwicklung des Ordens behindert. Das wurde dem polnischen Papst von vielen Jesuiten nie verziehen und trug ihm eine „unverhohlene Feindschaft“ ein. Arrupe hatte den Jesuitenorden, so Wolfram Schrems:
„von den katholischen und ursprünglich ignatianischen Wurzeln mehr oder weniger vollständig abgeschnitten und enorme Verwirrung gestiftet. Sein blinder Optimismus und sein übersteigertes Selbstbewußtsein haben großen Schaden angerichtet.“
Johannes Paul II. war bemüht gewesen, jene falsche Weichenstellung zu korrigieren, soweit er sie erkannte, die Arrupe dem Jesuitenorden durch völlig neue Konnotationen gegeben hatte. Diese Neuausrichtung war mit dem XXXII. Generalkapitel des Ordens 1974/75 verwirklicht worden, an dem auch Jorge Mario Bergoglio als Provinzial teilgenommen hatte.

George Neumayr, Herausgeber des Catholic World Report, sagte 2017 in einem Interview mit der Historikerin und Publizistin Maike Hickson über die Verbindung von P. Jorge Mario Bergoglio und General Arrupe:
„Deshalb machte er ihn im Alter von 36 Jahren zum Provinzial. Arrupe leitete den Orden während der intensivsten Periode der Liberalisierung und setzte Bergoglio bei der berüchtigten Generalkongregation der Jesuiten von 1974/75, bei der die sozialistische und modernistische Ausrichtung des Ordens beschlossen wurde, als einen der liberalen Vollstrecker ein.“
So wie Franziskus mit der wunderlosen Heiligsprechung von Johannes XXIII. vor allem den „Geist des Konzils“ zu den Altären erheben wollte, so, werfen ihm Kritiker vor, wolle er mit der Seligsprechung Arrupes vor allem dessen progressiven Kurs kanonisieren.
Mit der Unterstützung von Franziskus wurde am 5. Februar 2019 das Seligsprechungsverfahren eröffnet. Im selben Jahr sagte das Kirchenoberhaupt zu Jesuiten in Thailand:
„Pedro Arrupe war ein Prophet.“
Im Juni 2022 nahm Franziskus die Heiligsprechung Arrupes faktisch bereits vorweg, indem er zu zehn Chefredakteuren von Jesuitenzeitschriften in einem gemeinsamen Interview sagte:
„Wir müssen zu Pedro Arrupe zurückkehren. Arrupe ist ein Heiliger.“
Für den 14. November ist nun die Schlußsitzung der diözesanen Untersuchungskommission angesetzt, mit der beim Tribunal beim Lateran der formale Abschluß vollzogen wird.
Der Zeremonie wird der künftige Kardinalvikar Reina vorstehen. Mit dem Abschluß dieser ersten Etappe ist der Weg offiziell frei für die sogenannte ‚Positio‘, die in einem solchen Verfahren eine Zusammenfassung der gesammelten Zeugnisse und die Ausarbeitung einer Biographie der heroischen Tugenden des Dieners Gottes erfordert. Das Material wird dann an das Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse weitergeleitet, das einen Berichterstatter ernennen wird.
Arrupe, der am 14. November 1907 in Bilbao geboren wurde, war 1927 in den Jesuitenorden eingetreten.
Wer etwas über Arrupes Denken und seine Amtszeit als Generaloberer des Jesuitenordens erfahren will, sollte die Reihe von Wolfram Schrems lesen:
- Pedro Arrupe – Seligsprechung des Untergangs (1. Teil)
- Pedro Arrupe – Seligsprechung des Untergangs (2. Teil)
- Pedro Arrupe – Seligsprechung des Untergangs (3. Teil)
- Pedro Arrupe – Seligsprechung des Untergangs (4. Teil)
- Pedro Arrupe – Seligsprechung des Untergangs (5. Teil/Schluß)
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Kantod.com (Screenshot)
Nur Gott kann jemand zur Ehre der Altäre erheben, und kein Papst, der aus persönlichem und politischem Interesse sein „Bestes“ tut. An der Heiligkeit Arupes bestehen durchaus berechtigte Zweifel und schon allein die Tatsache, dass er eine umstrittene Figur ist, steht einer Selig- oder Heiligsprechung im Weg. An Heiligen sollen sich nicht die Geister scheiden und genau das wäre hier der Fall.