
(Rom) Durch die gesundheitlichen Beschwerden von Papst Franziskus nicht beeinträchtigt wurde seine jüngste Anweisung an die Kirche in der Bundesrepublik Deutschland. „Bis hierher und nicht weiter“, hallt es aus Rom und stellt eine interessante, wenn auch nicht ganz überraschende Wendung im römisch-deutschen Verhältnis dar.
Am vergangenen Freitag, dem 24. November, veröffentlichte die Tagespost ein Schreiben von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an die deutschen Bischöfe, in denen zwei Dinge festgehalten wurden: Die Priesterweihe ist Männern vorbehalten (also keine Priesterinnen), die Lehre zur Homosexualität ändert sich nicht (also keine Anerkennung der Homosexualität).
Damit steht der deutsche Synodale Weg vor einer Mauer. Vor dieser steht er allerdings schon, seit er sich 2019 in Bewegung setzte, nur merkten das in den rosaroten Träumen nur wenige. Die Mauer ist die überlieferte Lehre der Kirche.
Zunächst hatte Papst Franziskus einigen ehemaligen Synodalen geschrieben, die im Frühjahr den Synodalen Weg unter Protest verlassen hatten. Die Führung der Deutschen Bischofskonferenz reagierte gewohnt arrogant. Bischof Georg Bätzing antwortete auf Anfragen flapsig: Es gäbe nichts zu kommentieren, denn schließlich sei man nicht Adressat des päpstlichen Schreibens.
Doch dann wurde von Rom ein zweites Schreiben nachgeschoben, diesmal vom Kardinalstaatssekretär und direkt an das Generalsekretariat der Bischofskonferenz gerichtet. Die Adressaten sind also klar.
Kardinal Parolin erklärt darin unter Verweis auf Papst Franziskus, daß die von Johannes Paul II. in Ordinatio sacerdotalis von 1994 bekräftigte Lehre, daß das Priestertum ausschließlich Männern vorbehalten ist, nicht zur Debatte steht.
Dazu zitiert der Kardinalstaatssekretär das Apostolische Schreiben von Johannes Paul II. wörtlich:
„Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“
Kirchenrechtler vertreten seither die Position, daß der polnische Papst hier ex cathedra sprach, also eine verbindliche dogmatische Festschreibung vornahm, obwohl er das formal nicht ausdrücklich sagte.
Die Frage müsse daher, so Kardinalstaatssekretär Parolin, „heute in der gesamten Kirche als abgeschlossen betrachtet werden“. Feministische Akteurinnen befinden sich seither in Schnappatmung.

Ebenso hat die Ortskirche in der Bundesrepublik Deutschland zur Homosexualität „keinerlei Möglichkeit (…) eine andere Meinung zu vertreten“. Hierzu zitiert der Kardinalstaatssekretär eine Notifikation der römischen Glaubenskongregation von 2001 zu einigen Schriften von Marciano Vidal:
„Die beständige Lehre der Kirche betont, dass ‚die objektive moralische Bewertung sexueller Beziehungen zwischen Personen desselben Geschlechts genau und sicher feststeht“.
Was bedeutet das konkret?
Sehen wir uns den ersten Satz im Schreiben von Kardinal Parolin an:
„In Anbetracht des bisherigen Verlaufs des deutschen Synodalen Weges muss man sich zunächst vergegenwärtigen, dass gerade ein universaler synodaler Weg stattfindet, der vom Heiligen Vater einberufen worden ist.“
Der „synodale Prozeß“, den Franziskus der Weltkirche unter dem Druck des deutschen Synodalen Weges verordnete, wird hervorgehoben. Franziskus reagiert damit, wie es zu erwarten war. Er hatte bereits mehrfach die deutschen Hitzköpfe gewarnt, nicht aus der Reihe zu tanzen. Als nach dem McCarrick-Skandal in den USA die US-Bischöfe umgehend reagieren wollten, um Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit im Kampf gegen den sexuellen Mißbrauch zu beweisen, berief Franziskus einen Anti-Mißbrauchs-Gipfel für die ganze Weltkirche ein und untersagte den US-Bischöfen einen eigenen Vorstoß. Dabei wäre dieser wesentlich konkreter und effizienter gewesen, als das, was einige Monate später der vatikanische Anti-Mißbrauchs-Gipfel hervorbrachte. Doch damals nahm in der Bundesrepublik Deutschland kaum jemand Notiz von dem Vorgang, denn die modernistischen Deutschen empfanden durchaus eine Genugtuung darüber, daß der Papst die konservativen Amerikaner ausbremste. Dieses Freund-Feind-Muster erfaßte jedoch ein wesentliches Element im Denken von Franziskus nicht.
Er will sich von niemandem, jedenfalls von niemand in der Kirche, das Tempo diktieren lassen. Genau das ließ er die Macher hinter dem deutschen Synodalen Weg auch wissen, mehrfach.
Als die DBK-Mehrheit und das ZdK den Synodalen Weg begannen, kündigte Franziskus einen „synodalen Prozeß“ für die Weltkirche und eine Synodalitätssynode an. Und er erwartet sich – wie im Fall der US-Bischöfe –, daß sich die deutschen Bischöfe seinem Tempo anpassen und auf Sonderausritte verzichten. Das aber wollte man nördlich der Alpen nicht begreifen.
Franziskus akzeptierte die deutsche Rolle als Anstoßgeber, doch damit wollte man sich in Bonn nicht begnügen. „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, lautet die Zuspitzung eines mißverstandenen Gedichts aus dem Jahr 1861. Wer meinte, dabei gehe es um eine nationalsozialistisch umrissene Domäne, ist längst eines Besseren belehrt. Diese Parole wird heute von (nicht deutschem, aber) bundesrepublikanischem politisch korrektem Bessermenschentum ausgegeben, und das steht links, ob im ZdK, in der Deutschen Bischofskonferenz oder in Bundestag und Bundesregierung, dort vor allem repräsentiert durch die Grünen. Nicht von ungefähr steht die heutige deutsche Kirchenführung nicht mehr nur CDU/CSU, sondern vor allem den Grünen nahe – viel zu nahe.
Zunächst also: Die beiden Klarstellungen durch Kardinalstaatssekretär Parolin sind eine Erleichterung. Sie ziehen eine Grenzlinie, die nicht überschritten werden darf, eine rote Linie, die nun für alle sichtbar gemacht wurde.
Der Verweis Roms auf den von Franziskus der Weltkirche verordneten „synodalen Weg“ verdeutlicht allerdings nicht nur, daß der argentinische Papst das Tempo bestimmen und sich von niemand, auch nicht den Deutschen, dabei etwas vorschreiben lassen will. Es signalisiert aber auch, daß sich die Deutschen doch aufgehoben fühlen sollten, denn ihr „synodaler Weg“ werde ja global umgesetzt. Was könnten sie also noch mehr wollen?
Als Papst Johannes Paul II. 1994 einen Schlußstrich unter die Diskussion über ein eventuelles Frauenpriestertum zog, reagierte sein historischer Gegenspieler, der „Ante-Papa“ Kardinal Carlo Maria Martini, ein Jesuit wie Franziskus, mit einer „Empfehlung“. Er machte darauf aufmerksam, daß der polnische Papst das Frauenpriestertum ausgeschlossen, aber nichts über das (damals gar nicht zur Diskussion stehende) Frauendiakonat gesagt hatte. Martini lenkte damit die Aufmerksamkeit vom „Frauenpriestertum“ auf das „Frauendiakonat“ um und verlängerte damit genau jene fruchtlose Diskussion, die Johannes Paul II. beenden wollte.
In dem Parolin-Schreiben wird unter Verweis auf Franziskus die Aufmerksamkeit vom Weihesakrament auf die Machtfrage umgelenkt. Man wird sehen, was das nun für Folgen zeitigt.
Und bezüglich Homosexualität. Nach über zehn Jahren des bergoglianischen Herumlavierens erfolgte durch seinen Kardinalstaatssekretär die notwendige Klarstellung: Die objektive Sündhaftigkeit der Homosexualität steht außer Diskussion. Der Hinweis auf den „Grad der subjektiven moralischen Anrechenbarkeit“ scheint im konkreten Kontext ein überflüssiger Zusatz, denn er gilt immer und nicht nur im Zusammenhang mit der Homosexualität.
Was das nun alles im Zusammenhang mit dem deutschen Episkopat bedeutet, liegt auf der Hand. Franziskus ließ eine Breitseite abfeuern, weil die Mehrheit der deutschen Bischöfe, die den deutschen Kirchenapparat in Geiselhaft hält, nicht hören wollte. Die Ansage lautet: Achtung, Schisma!
Das vatikanische Schreiben ist erfreulich. Der Lackmustest für Franziskus ist jedoch ein anderer, und den hat er bisher nicht bestanden. Franziskus ist ein Machtmensch. Er weiß um seine Macht und demonstriert dies, wann immer er es will wie jüngst durch die Absetzung von Bischof Joseph Strickland in den USA und die De-facto-Absetzung von Bischof Dominique Rey in Frankreich. Beide haben sich nichts zuschulden kommen lassen, vielmehr haben sie die beständige und überlieferte Lehre der Kirche verteidigt.
Wann aber setzt Franziskus Bischöfe wie Bätzing, Bode, Dieser & Co. ab, die laufend mit ihren Aussagen und Handlungen Ärgernis geben und Verwirrung stiften? Ihre Entlassung wäre wohlbegründet. Doch ein solches Exempel, das Franziskus ohne Grund ständig gegen die Tradition statuiert, fehlt nach bald elf Jahren seines Pontifikats.
Und was ist mit den Homo-Segnungen, die einige deutsche Bischöfe kaum erwarten können und die von den flämischen Bischöfen bereits praktiziert wird – laut Bischof Bonnys Aussage mit Zustimmung von Papst Franziskus?
Was das vatikanische Schreiben für den „synodalen Prozeß“ der Weltkirche und die Synodalitätssynode bedeutet, steht also auf einem ganz anderen Blatt geschrieben. Die beiden Ebenen und Aspekte sollten strikt auseinandergehalten werden. Die Tragweite des Schreibens von Kardinalstaatssekretär Parolin (warum wurde es nicht von Franziskus gegengezeichnet wie die zweifelhafte Antwort von Glaubenspräfekt Fernández an Kardinal Duka?) muß sich erst noch zeigen. Vorerst ist der jüngste römische Schritt vor allem eine unmißverständliche Warnung an die deutschen Bischöfe, den Bogen der Eigenmächtigkeiten nicht zu überspannen.
Die ZdK-Vorsitzende Irme Stetter-Karp will, so ihre erste Reaktion, auch weiterhin unbedingt den Beweis erbringen, daß es eine deutsche Hybris gibt, und keinen Millimeter zurückweichen. Doch auch ZdK-Vorsitzende kommen und gehen. Interessanter wird die Reaktion des unsäglichen DBK-Vorsitzenden Bätzing. Wackelt sein Bischofsstuhl auch? Zumindest sollte es nicht schaden, sich daran zu erinnern, auf welche Weise seinerzeit in Limburg Platz für ihn gemacht wurde.
Natürlich steht auch die wahnwitzige Versuchung eines Schismas im Raum. Der „bombastische“ Martin Luther, wie ihn Kardinal Reinhard Marx nannte, lieferte die deutsche Blaupause dazu.
Den Takt in der Kirche, das sagt die Note nämlich mit Sicherheit, gibt noch immer der Papst an. Der derzeitige hat einen eindeutig definierten Feind, und das sind nicht die deutschen Modernisten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
Der Papst ist immer mehrdeutig. Warum sollte man dem aktuellen Schreiben Gauben schenken, wenn er situationselastisch-synodal etwas anderes tut. Er will nicht, dass die DBK vor den Weichenstellungen von Santa Martha nach der Synode 2024 und dem Hl.Jahr 2025 vorprescht.
Genau so ist es, wie Herr Nardi es schreibt.
Man kann aber auch sagen: Es läuft alles nach Plan. Aber nicht so wie man denken würde. Unter Aufopferung und Verleugnung seiner selbst hatte sich Papst Benedikt XVI. aus der Kirchenleitung zurückgezogen, damit sich die Anti-Kirche endlich ungeschminkt und maskenlos zeigen kann.
Es ist alles in Gottes Hand, nicht in der des Mächtigen im Vatikan.