Gedanken von Giuseppe Nardi
Mehrere deutsche Katholiken, die Professorinnen Katharina Westerhorstmann, Marianne Schlosser und Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz sowie Frau Dorothea Schmidt von Maria 1.0, haben am 6. November ein Schreiben an Papst Franziskus gerichtet. Die vier Unterzeichnerinnen waren Delegierte des deutschen Synodalen Wegs und hatten diesen im Frühjahr unter Protest verlassen. In ihrem Schreiben brachten sie ihre Bedenken zur aktuellen Entwicklung der Kirche in der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck, insbesondere zur Konstituierung eines sogenannten Synodalen Ausschusses und der Gefahr, sich immer weiter vom gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen. Bereits am 10. November antwortete Papst Franziskus mit einem Brief, in dem er betonte, die Einführung eines Beratungs- und Entscheidungsgremiums, sprich des Synodalen Ausschusses, bereits am 16. Januar 2023 untersagt zu haben. Manche katholische Kreise freuen sich über das Papstschreiben, das dem häretischen und schismatisierenden deutschen Treiben einen Riegel vorzuschieben scheint. Tut es das aber wirklich? Zurückhaltung scheint geboten, aus gutem Grund.
Zum Hintergrund
Die Synodalversammlung des deutschen Synodalen Wegs, einer offen häretisierenden Sonderversammlung, die von der Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz möglich gemacht wurde, hatte die Einrichtung eines Synodalen Ausschusses beschlossen.
Er soll „den bisherigen Prozess des Synodalen Weges fortsetzen, bereitet eine Evaluation der Beschlüsse vor und entwickelt die noch nicht beschlossenen Texte weiter. Er soll nach Beschluss der Synodalversammlung einen Synodalen Rat für die katholische Kirche in Deutschland vorbereiten und sich grundsätzlich mit Synodalität befassen.“
Mitglieder des Synodalen Ausschusses sind die 27 Diözesanbischöfe, 27 Delegierte des berüchtigten Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) „sowie weitere 20 Personen, die aus der Synodenversammlung gewählt werden“. Entgegen der hierarchischen Verfassung der Kirche befinden sich die Bischöfe, die allein nach dem Papst über eine Jurisdiktion in ihren Diözesen verfügen, in der Minderheit. Vorsitzender des Synodalen Ausschusses ist der klägliche Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing, Bischof von Limburg.
Der Synodale Ausschuß konstituierte sich am 10. und 11. November. Das erklärt das Schreiben der besorgten deutschen Katholikinnen und die Antwort von Papst Franziskus, die gestern von der Tageszeitung Die Welt veröffentlicht wurde.
Nun herrscht in manchen deutschen Kirchenkreisen einige Genugtuung über die römische Antwort. Nach den vielen Hiobs-Botschaften aus Rom wünscht man sich Beruhigung. Doch Vorsicht ist geboten. Zum einen ist es nicht untypisch für Papst Franziskus, immer dann, wenn er Überliefertes verteidigt, das eine zu sagen, aber gleichzeitig auch das Gegenteil davon.
Franziskus greift in seiner Antwort die „Sorge über die inzwischen zahlreichen konkreten Schritte, mit denen sich große Teile dieser Ortskirche immer weiter vom gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen drohen“, auf und erklärt, diese Sorge zu teilen.
Die Wahrheit ist jedoch, daß Franziskus dieses Abdriften seit seinem Amtsantritt gefördert hat. Mehrere der polemischen Themen des deutschen Synodalen Wegs haben Eingang in den Synodalen Prozeß gefunden, den Franziskus der ganzen Weltkirche verordnet hat, und daher auch in die Synodalitätssynode.
Geht es um Beschwichtigung?
Handelt es sich also nur um Beschwichtigung jener Besorgten, die sich gerne beschwichtigen lassen?
Jein.
Die Antwort könnte angesichts des Verhaltensmusters von Franziskus auch kaum anders ausfallen. In seinem Schreiben an die besorgten deutschen Professorinnen verweist er auf seinen „Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“. In der Tat liegt darin der Schlüssel. Doch welcher?
Den „Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ schrieb Franziskus im Juni 2019, nachdem die Deutsche Bischofskonferenz und das unsägliche Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) den Synodalen Weg in Gang gesetzt hatten. Dieser trat, trotz des päpstlichen Schreibens, am 1. Dezember 2019 in seine konkrete Phase ein. Von Januar 2020 bis März 2023 fanden dann fünf Sessionen der Synodenversammlung statt.
Zur Erinnerung: Den Anstoß zur „Synodalität“, ein Neologismus, den es im Sprachgebrauch der Kirche vor dem derzeitigen Pontifikat nicht gab, kam von Franziskus. Er war es, der den deutschen Rebellen den zu gehenden Weg aufzeigte. Die Ersterwähnung der „Synodalität“ in einem päpstlichen Dokument findet sich in dem am 24. November 2013 veröffentlichten Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium. Davor hatte er sie bereits mündlich genannt, wobei die vatikanischen Übersetzer anfangs darüber stolperten, da sie nicht wußten, was damit gemeint war.
Das deutsche Synoden-Narrativ
Der Anstoß zum Synodalen Weg, so das offizielle Narrativ, war der Abschlußbericht der sogenannten MHG-Studie über den sexuellen Mißbrauch in der Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, der im September 2018 von der Bischofskonferenz veröffentlicht wurde. Aus dem Mißbrauchsskandal werden alle subversiven Forderungen abgeleitet, die seither im Rahmen des Synodalen Wegs als Ziel definiert wurden.
Siehe dazu die Reihe Der deutsche Synodale Irrweg von Hubert Hecker.
Die Unglaubwürdigkeit des ganzen Unterfangens lag damit von Anfang an auf dem Tisch. Die Mißbrauchs-Studie, die der angeblich unaufschiebbare Anstoß war, „handeln zu müssen“, was zum Synodalen Weg führte, klammerte den zentralen Hauptgrund des Mißbrauchsskandals aus: die Homosexualität. Mindestens 80 Prozent der sexuellen Mißbrauchsfälle durch Kleriker sind homosexuelle Taten. Doch die MHG-Studie und die Bischofskonferenz und ihr Verbündeter auf dem Synodalen Weg, das ZdK, verschweigen dies – bis heute.
Die Prämissen des Synodalen Wegs stimmen daher nicht. Die gesamte Grundlage des deutschen Sonderwegs hat ein Glaubwürdigkeitsdefizit. Schon deshalb kann, geistlich betrachtet, kein Segen darauf liegen. Scheint die geistliche Dimension, jenseits recht esoterisch anmutender „Rituale“, keine wirkliche Bedeutung für treibende Synodal-Kräfte mehr zu haben?
Wir halten also fest: Der Anstoß zum Synodalen Weg und seinen Forderungen zur Änderung von Lehre und Disziplin kam durch den MHG-Bericht, jedoch unter Unterschlagung des Hauptgrundes für den sexuellen Mißbrauchsskandal: der Homosexualität. Man könnte also auch von einem Vorwand sprechen, unter dem der längst vorbereitete Vorstoß losgetreten wurde.
Papst Franziskus hatte am 29. Juni 2019, also fünf Monate vor dem Start des Synodalen Wegs, sein Schreiben an die deutschen Katholiken gerichtet. Am 16. Dezember 2019, dem Geburtstag von Papst Franziskus, und wenige Tage nach dem synodalen Start in Deutschland „hat Papst Franziskus die zweite Wende für die katholische Doktrin gestartet“, wie Yahoo News berichtete. Franziskus verkündete, verklausuliert – doch der homophile Mainstream verstand –, daß sein Vorsatz lautet, das Verhältnis der katholischen Kirche zur Homosexualität zu „normalisieren“. Tatsächlich zieht sich die Homo-Agenda als roter Faden wie ein Mühlstein durch das derzeitige Pontifikat.
Franziskus war es, der im Februar 2019 einen Anti-Mißbrauchs-Gipfel im Vatikan einberief, um auf den sexuellen Mißbrauchsskandal, insbesondere den McCarrick-Skandal, der die USA erschüttert hatte, zu reagieren. Auf Anweisung von Franziskus brachte es das Gipfeltreffen, an dem Vertreter aller Bischofskonferenzen teilnahmen, zustande, das Thema Homosexualität und das homosexuelle Päderastentum auszuklammern, sprich, zu verschweigen.
Franziskus war es, der im Frühjahr 2021 seinen eigenen Glaubenspräfekten, damals Kardinal Luis Ladaria SJ, zurückpfiff, als dieser sich gegen die Segnung von Homo-Paaren stellte. Damit kam Franziskus explizit den deutschen Bestrebungen entgegen, wo damals homosexuelle Kleriker den Aufstand probten. Franziskus war es, der in Sachen Homo-Segnung und Interkommunion Bischöfe vollendete Tatsachen schaffen läßt.
Der flämische Bischof Johan Bonny war es, der im März 2023 auf der fünften und bisher letzten Synodenversammlung des deutschen Synodalen Wegs enthüllte, daß die Segnung von Homo-Paaren, die von den flämischen Bischöfen beschlossen wurde, „mit Billigung von Papst Franziskus“ erfolgt war.
Was bedeuten also der „Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ von Papst Franziskus und sein nunmehriges Schreiben an besorgte katholische Professoren?
Die beiden Seiten reiben sich
Die Beschwichtigung wurde bereits erwähnt. Es geht jedoch um mehr. Stellen wir eine andere Frage: Was hat der Brief von 2019 bewirkt? Nichts. Der deutsche Synodale Weg wurde von Bischofskonferenz und Zentralkomitee planmäßig durchgezogen. Ist das auch das Omen für das jetzige Antwortschreiben an die Professorinnen und ehemaligen Synoden-Delegierten?
Auf einen zweiten Aspekt machte Katholisches.info bereits 2019 aufmerksam und wiederholt diese Einschätzung nun auch im Zusammenhang mit dem päpstlichen Antwortschreiben an besorgte deutsche Katholiken: Papst Franziskus mag es nicht, wenn ihm jemand den Weg diktieren will. Die inhaltliche Übereinstimmung zwischen Franziskus und den Promotoren des deutschen Synodalen Wegs ist unschwer zu belegen. Es ließe sich sogar der Nachweis erbringen, daß Franziskus und nicht die Deutschen in manchen Momenten und Punkten Motor der Entwicklung war. Dennoch reiben sich die beiden Seiten, und das hat einen Grund. Es ist derselbe Grund, der dazu führte, daß Kardinal Reinhard Marx sowohl im Kardinalsrat als auch als Vorsitzender der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) von Kardinal Jean-Claude Hollerich SJ, dem Erzbischof von Luxemburg, abgelöst wurde. Dieser Wechsel war ein deutliches Signal der Mißbilligung an die Deutsche Bischofskonferenz. So sind auch die beiden Schreiben von Franziskus von 2019 und 2023 zu sehen.
Katholisches.info schrieb dazu am 8. März 2023:
„Nun sind manche der Meinung, daß die Unterschiede zwischen dem Rheinfranken Marx und dem Moselfranken Hollerich nicht sonderlich groß sind und auch nicht jene zwischen den deutschen Unruhegeistern und Santa Marta. Der springende Punkt ist jedoch, daß Franziskus sich seinen Weg nicht diktieren lassen will, weder von Kardinal Marx noch von der Deutschen Bischofskonferenz oder einem deutschen ‚synodalen Weg‘. Das gab er schon früher zu verstehen, wurde in Deutschland aber offensichtlich nicht ausreichend verstanden. Franziskus hat das Gewicht nun auf Kardinal Hollerich verschoben, den er selbst in den Kardinalsrang erhoben hat und vor allem, von dem als Jesuiten er Gehorsam erwarten kann. Und darum geht es Franziskus. Er verlangt Loyalität. Die deutsche Eigenbrötelei nervt schon länger.“
Franziskus will Spielraum haben, in alle Richtungen. Er will sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen, von niemand, auch nicht von den Deutschen. Der Konflikt zwischen Bonn, wo sich der Sitz der Deutschen Bischofskonferenz befindet, und Santa Marta ist eine Frage der Strategie und Taktik. Das zu verstehen, fällt den deutschen Akteuren schwer. Das hat mit einem Mentalitätsunterschied zu tun. Das dogmatische Denken ist den Südländern ziemlich fern, während es typisch deutsch ist.
Man wird also sehen, wie sich dieser Konflikt unter Geistesverwandten entwickeln wird. Gutes für die Kirche kann daraus nur entstehen, wenn es zwischen beiden Seiten kracht.
Der Vorsehung das Wort.
Ich verstehen die Prozesse, die Papst Franziskus anstößt und von anderen verwirklicht sehen will, als Instrumente, die Agenda 2030 der antichristlichen UNO ins Ziel zu bringen. Das Ziel ist die antichristliche Welteinheitskirche. Störend auf dem Weg zu diesem Ziel sind gläubige Bischöfe, Priester, Laien, Traditionen, Anbetung, möglichst viele gefeierte hl. Opfermessen, die einen unendlichen Wert haben, Beichten und Sühne. Förderlich auf dem Weg zu diesem Ziel von der Lehre und Traditionen abweichende papsthörige Bischöfe und Priester, Laien, die sich Entscheidungen und Taten anmaßen, die ihnen nicht zustehen, Traditionsvergessenheit, möglichst wenig Anbetung, viele Konzelebrationen oder viele „Vorsteher“ von Hl. Messen, die nicht zelebrieren, zur Reduzierung der Anzahl, der für die Welt so wichtigen Hl. Opfermessen, Beichte und Sühne gegenstandslos zu machen durch die Predigt, daß alle in den Himmel kommen. Auf diesem Weg des Abbaus der Hl. Katholischen Kirche, darf aber niemand – selbst gleichen Geistes – so scheint es mir, den Papst überholen.