
Von Ferdinand Boischot
Das Bistum Gent in der belgischen Provinz Ostflandern ist mit dem Erzbistum Mecheln das älteste des flämischen Landesteils (vor 450 Jahren gegründet).
In der Neuzeit war Gent und sein Umland kontinuierlich Kriegsschauplatz zwischen Frankreich, England, den spanischen Habsburgern und den nördlichen niederländischen Provinzen, und geprägt von einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft auf recht sandigem Boden und einer Textil-Manufaktur mit einem französischsprachigen lokalen Patriziat, dann mit ausgeprägtem Sozialismus in den Arbeitervierteln von Gent und mit einer vom Episkopat argwöhnisch beäugten qualitätsvollen akonfessionellen Rijksuniversität war hier ein exzellenter Boden für eine breite und stark verflochtene Christdemokratie mit sehr einfachem und oberflächlichem Glaubensinhalt und extremen politischen Verflechtungen.
Der hier schon im voraus in die Praxis umgesetzte Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils mit der westlichen Kulturrevolution, dem berüchtigten „Mandement der belgischen Bischöfe“ im Mai 1966, der Enzyklika Humanae vitae von Papst Paul VI. und deren sofortiger Ablehnung durch Kardinal Suenens, den heftigen politischen und ökonomischen Wirren in Belgien und den Studentenunruhen führten zu einer plötzlichen, fast völligen Entleerung des Priesterseminars, zum Weggang eines Großteils der Gläubigen (die Flämischnationalen bildeten das intellektuelle und moralisch seriöse Rückgrat des Kirchenvolks) und einem weitgehenden Niveauverlust und einer Schwächung der katholischen Kirche in Flandern.
Der Bischof von Gent, Leonce Albert Van Peteghem (1961–1992), stammte aus dem ostflämischen Kleinbauernstand. Konzilsvater und damals schon kritisch, blieb er lebenslänglich der katholischen Wagenburgmentalität verhaftet. Konservativ, mutterseelenalleinstehend und von allen ausgebootet.
Mit seiner bischöflichen Autorität gab er für das Bistum einen gediegenen eigenen Katechismus aus und versuchte den Religionsunterricht zu strukturieren. Alle Kritik von außen wurde abgewiesen.
Als Dank wurde ihm von Papst Johannes Paul II. schon 1991 ein Koadjutor mit Nachfolgerecht (Arthur Luysterman, ein enger Freund von Kardinal Danneels, der 1996 die Weiterverwendung des pädophilen Religionsunterrichtsbuchs Roeach3 tolerierte) zur Seite gestellt. Sein Emeritierungsansuchen zum 75. Geburtstag wurde sofort bewilligt.
Noch in den letzten Tagen des Zweiten Vatikanischen Konzils Ende 1965 fing der Priester Wilfried Lammens im Bistum Gent mit einer speziellen Pastoral für „Menschen in besonderen Lebensumständen“ (man lese: für Homophile) an. Nach Intervention von Bischof Van Peteghem zog er 12 Kilometer weiter ins angrenzende Bistum Antwerpen, um dort weiterzumachen.
Der Klerus wurde durch Austritt und Laisierung der Heiratswilligen und durch eine quasi vollständige Homophilisierung der Priesterseminare fast komplett homophil. Die Öffentlichkeit fand diesen Murks uninteressant, nahm ihn nicht wahr, und in modern-kirchlichen Kreisen und bei den Christdemokraten und in den von ihnen dominierten Medien wurde zu diesem Geschehen eisern geschwiegen.
Am 17. Dezember 1981 wurde die Leiche von Pierre Mertens, Direktor der Christlichen Krankenkassen in Dendermonde (Bistum Gent), erschossen in einem Parkhaus in Brüssel aufgefunden. Es ging um nie aufgeklärte finanzielle Unregelmäßigkeiten, teils mit Immobilien und Renovierungen von Hotels der christlichen Krankenkassen. Es gab einen Revolver, eine Hülse, aber kein Geschoß. Das Opfer hatte sich als Rechtshändler mit der rechten Hand in die linke Schläfe geschossen, das Fahrzeug war zwischen dem angeblichen Suizid und dem Auffindungszeitpunkt verstellt worden. Der ganze Fall wurde dann sogleich als „Suizid“ erklärt und geschlossen. Die Hintergründe wurden nie aufgeklärt. Das „verschwundene Geld“ wurde nie zurückgefordert.
In der Nacht vom 3. auf den 4. März 1982 verschwand Schwester Gabrielle, geborene Germaine Robberechts, Jg. 1926, im Alter von 56 Jahren spurlos und für immer aus dem Kloster der Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Dendermonde (von den Schülerinnen auch „Schwester Gaby“ oder „die Gabbe“ genannt).
Am 7. Mai 1982 verschwand ebenso spurlos und für immer der 44jährige Priester Herman van Hiel, Seelsorger im Gefängnis von Gent.
Schwester Gabrielle unterrichtete bildende Kunst in der Mädchennormalschule St.-Vincentius, spielte Akkordeon, besaß als einzige des Konvents einen Führerschein, nahm nie ein Blatt vor den Mund und war nach 30 Jahren im Unterricht in Dendermonde sehr bekannt. Sehr temperamentvoll, extrovertiert, vielleicht etwas hysterisch. Und sie war die Fahrerin des Direktors des St.-Vincentiusinstituts und Priesters Gaston Mornie ( geb. 1935), den sie mit oft stundenlangen Wartezeiten auch an merkwürdige Adressen bringen mußte.
Gaston Mornie (nach seinem Gesicht „der Chinese“ genannt) war ursprünglich bei den Norbertinern (Prämonstratensern) der Abtei von Grimbergen (8 km nördlich von Brüssel, bekannt für sein Bier) eingetreten, aber dort wegen massiver sexueller Verfehlungen entfernt und an die Schule der Norbertiner in Vilvoorde (7 km entfernt) gesandt worden, wo er sich prompt an mehreren Buben und Mädchen jeglichen Alters verging.
Im Anschluß wurde er zur „Luftveränderung“ und ohne jegliche Befähigung und Ausbildung nach Dendermonde versetzt und zum Priester-Direktor der St.-Vincentiusschule ernannt.
Hier entwickelte er eine intensive Besuchstätigkeit in homosexuellen Bars und Hotels in Ostflandern, kombiniert mit engen Kontakten in das Drogenmilieu von Aalst (Ostflandern/Bistum Gent). Die ganze Sache war sehr zeitaufwendig (er brauchte einen Chauffeur…) und es waren sehr große Summen Geld im Spiel.
Am 3. März 1982 abends gab es eine laute Auseinandersetzung mit Schwester Gabrielle. Seitdem ist sie spurlos verschwunden.
Nach einem Monat ohne Nachricht und bei Omertà des Konvents – „Sie ist nicht mehr hier; wahrscheinlich hat sie den Habit über die Hecke geschmissen“ (sic) – erstattete ihre hochbetagte Mutter eine Vermißtenanzeige bei der Polizei. Nachforschungen wurden angestellt. Der Konvent öffnete die Tür nicht. Der zuständige den Christdemokraten nahestehende Untersuchungsrichter Guido de Saeger ließ alles gekonnt im Sande verlaufen. Beweismaterialien verschwanden usw.
Gaston Mornie wurde aber befragt und fing an sich zu verplappern. Vom Bistum dann erstmals weiterversetzt zu einer Einrichtung der in Ostflandern allmächtigen Broeders van Liefde, verging er sich dort sofort an Kindern und Erwachsenen von männlichem und weiblichem Geschlecht. Er wurde für „krank“ erklärt, so konnte er von der Polizei nicht weiter befragt werden…
Nach einem Aufenthalt in einer Klinik in Gent und weiteren Einrichtungen „zum Genesen“ wurde er wieder als „Inspektor von Klöstern“ eingesetzt. Hierbei belästigte er sofort einen alten Bruder Gärtner in einem Gartenschuppen in der Klausur.
Schließlich wurde er in Zelzate (Bistum Gent) in einer geschlossenen Einrichtung (ebenfalls der ominösen Broeders van Liefde) stationär festgesetzt und ist dort 2011 verstorben.
(Generaloberer dieser Gemeinschaft ist seit 2000 der Westflame René Stockman, „Spezialist für psychiatrische Pflege“, sic die niederländischsprachige Wikipedia, guter Freund von Papst Franziskus und Vertuscher von Kindesmißbrauch erster Klasse, siehe den „Fall Anneke“.)
Neun Jahre nach dem plötzlichen Verschwinden von Schwester Gabrielle kamen ihr Fall und Gaston Mornie erneut in die Nachrichten. Die Verbindungen von Gaston Mornie zum Drogen- und Sexmilieu waren 1991 aufgefallen. Die holländische Zeitschrift Aktueel publizierte ein substantiell untermauertes Heft, u. a. mit vielen Fotos von Mornie nackt und in blaßtürkis-weiblicher Lingerie.
Sofort ließ der Richter Guido de Saeger den Import und Vertrieb dieses Wochenblatts nach Belgien verbieten. Die christdemokratisch geführten Regierungen (Martens und Dehaene) deckten bis 1999 alles zu.
2001, fast 20 Jahre später, wurde der Fall Gabrielle noch einmal aufgewärmt.
Die Vertuschung, das Mauern und die Rechtsverdrehung im Fall Anneke („Das ist doch alles sehr unwahrscheinlich“, meinten beispielsweise die den Christdemokraten nahestehenden Richter am Berufungsgericht in Gent), das Gemurkse im Fall Dutroux, der Fall Roeach3 und Roger Borremans, die nicht-aufhörende Serie von aufgedeckten Kindesmißbrauchsfällen, kurzum: der Fall Danneels & Co, brachten eine Lehrerin aus Dendermonde und Mitarbeiterin des Parochialblatts Kerk & Leven dazu, etwas zu recherchieren. Das war ziemlich blauäugig. Sie wurde nämlich sofort entlassen und arbeitslos. Sie wurde auch von jeder weiteren Mitarbeit beim Kirchenblatt entbunden und drangsaliert.
Die Polizei untersuchte aber einen frisch eingebauten Heizungskessel auf Spuren. Der Orden und die ortskirchlichen diözesanen Behörden mauerten.
Nun, 40 Jahre später, kommt der Fall erneut in die Medien. Den Konvent gibt es schon seit längerem nicht mehr. Gaston Mornie ist seit elf Jahren tot und jetzt wird das alte Konventsgebäude abgerissen, um Platz für eine größere Schule zu machen.
Tabula rasa
Die Mainstreammedien suchen in den Schutthaufen nach Leichenresten.
Und die Familienangehörigen sind frustriert und wollen endlich Klarheit.
Menschlich verständlich, aber sehr naiv und auch dumm, denn alles ist doch seit mindestens 38 Jahren gut bekannt, sorgfältig dokumentiert und weltweit einsehbar.
Das Zweite Vatikanische Konzil war für das katholische Flandern eine Katastrophe. Wie bei einem Tsunami wurde alles Schöne, Edle, Spirituelle weggefegt und dem verunsicherten Kirchenvolk ein verblendeter, zu einem großen Teil pervers orientierter Restklerus vorgesetzt.
Ein eng geflochtenes mafiöses Netzwerk von christdemokratischer Politik, extremer Homo- und Pädophilie und christdemokratisch durchsetzten Justizbehörden hat mit gewaltiger krimineller Energie die Gesellschaft in Nordbelgien im eisernen Würgegriff gehalten und das eigene einfache Volk benutzt und mißbraucht.
Das reicht in seinen Verbindungen bis in die höchste Etagen, auch in der EU.
Einsicht, Reue und Umkehr und Buße kann man da nicht erwarten.
Die offizielle Kirche sagt nichts dazu (Kardinal De Kesel war ab Anfang der 90er Jahre selbst in den höchsten Ebenen des Bistums Gent tätig). Die Christdemokraten haben sich in Flandern das Genick gebrochen und „erfinden sich neu“.
Die Mainstreammedien, LGBTQ-orientiert, sind an bestimmten Wahrheiten nicht interessiert, und die kirchlichen Medien (kerknet und Kerk&Leven inzwischen fusioniert) schmelzen schneller dahin als die Schneekappe auf dem Kilimandscharo.
Und die Abteilung Religionswissenschaften der Universität Löwen (lassen wir der Ehrlichkeit wegen das Adjektiv „Katholisch“ weg) sagt natürlich auch nichts.
Kardinal De Kesel sagte zu Weihnachten, daß „er vom Evangelium Zeugnis geben will“.
Totale Heuchelei und das sogar noch laut ausposaunt.
Man soll kein Ärgernis geben.
Bild: Wikicommons
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