
Von Ferdinand Boischot
Seit Anfang der sechziger Jahre fanden in der katholischen Kirche viele abscheuliche Mißbrauchstaten an Kindern statt. Es wurde damals das komplette Gegenteil der Botschaft Unseres Herrn Jesus Christus betrieben. Es wurde vertuscht, beschönigt, toleriert und auch induziert und organisiert.
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Die kirchliche Obrigkeit, der Klerus, die Gläubigen: Es wurde sehr viel geschwiegen, eisern omertà betrieben, intimidiert und sabotiert.
Erst seit Anfang der neunziger Jahre wurde laut protestiert gegen den Mainstream, von den kirchlichen Autoritäten aber kaum wahrgenommen, von vielen Hirten bestritten und sabotiert und mit allen möglichen und unmöglichen Verteidigungsaktionen „behandelt“. Bis jetzt explodieren noch Skandale und spuken die „behandelten“ Fälle durch die Presse.
Inzwischen werden von den Bischofskonferenzen und Ordensleitungen viele Lippenbekenntnisse abgegeben und sehr viel heiße Luft mit Gremien, Ratgebern und auswärtigen „Spezialisten“ gemacht. Gerade im Vatikan und in Rom werden dieses abscheuliche Problem und besonders die damit betroffenen Oberhirten kaum angepackt.
Ein Paradebeispiel hierzu ist der Fall Luk Delft aus Gent (Belgien).
Belgien, insbesondere der nördliche Landesteil Flandern, ist wohl das einst tiefkatholische Gebiet, das nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil am tiefsten modernistisch indoktriniert und entkatholisiert und zugleich auch sexuell irregeführt unter Anwendung breit ausgeübter Pädophilie. Die gewaltigen Schandtaten sind inzwischen weltweit bekannt und detailliert beschrieben. Die Bevölkerung ist wütend, die Regierungen inzwischen sehr kritisch, der Umgang mit den Fällen von päderastischem Mißbrauch und mit den Tätern inzwischen mit Tonnen Papier und Bitten um Vergebung usw. dokumentiert und deutlich dargestellt.
Offensichtlich ist alles scheinheilig und nutzlos.
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Luk D., Salesianer von Don Bosco aus Ostflandern, hat offensichtlich als Vierzigjähriger 2001 im Don-Bosco-Internat von Sint-Denijs-Westrem zwei Knaben unsittlich betätschelt. Besonders schlimm: Dieses Heim war spezialisiert auf Kinder aus schwierigen sozialen Milieus und mit Auffälligkeiten bzw. Erziehungsproblemen. Die zwei Knaben waren dort auf Anordnung der belgischen Justiz untergebracht. Es bestand also ein staatlicher Unterbringungszwang, die Buben konnten sich nicht wehren. Das Gericht in Gent, christlich-demokratisch imprägniert, hatte zu dieser Zeit schon im Fall Anneke eklatanten Murks bei Pädophilie betrieben.
Abwimmeln, verschleppen, vertuschen: Erst einige Jahre später wurden die Klagen untersucht, 2009 eine Hausdurchsuchung gemacht und – o Wunder! – beim Pater ein Computer mit vielen pädopornographischen Fotos beschlagnahmt.
Die Salesianer mußten jetzt zum ersten Mal reagieren: Pater Luk D. wurde nach Brüssel (St.-Pieters-Woluwe) in eine andere Einrichtung versetzt, wo er weiter Kontakt mit Kindern haben konnte.
Erst nachdem ein Ex-Kollege (von den Salesianern Don Boscos 2001 entlassen, weil er unanständiges Verhalten von Luk D. innerbetrieblich gemeldet hatte) 2011 Meldung von seinem Wissen bei der Polizei machte (die Sensibilität für diese Abscheulichkeiten war in Belgien inzwischen u. a. durch die Vangheluwe-Affäre größer) wurde Luk D. zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung, einer Schmerzensgeldzahlung und einem Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen verurteilt. Der Salesianerorden versprach hoch und heilig, daß der Pater sich in psychologische Therapie begeben und der Orden ihn engmaschig kontrollieren würde.
„Zur Luftveränderung“ wurde Luk D. dann erst einmal nach Paris gesandt, wo er bei einer gutmenschlichen NGO untergebracht war. Von „engmaschiger Kontrolle“ keine Spur.
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2013 ging Luk D. dann im Auftrag des päpstlichen Wohltätigkeitswerks Caritas internationalis in die Zentralafrikanische Republik.
Das Fiat kam von der schon übelbekannten, murksenden belgischen Justiz (Gent), die berücksichtigte, daß der Salesianerorden ihn wohl kontrollieren würde, und vom damaligen Bischof von Gent Luc Van Looy, selbst Salesianer.
Salesianer und notorischer Alkoholiker. Der aufnehmende Bischof von Kaga-Bandoro in Zentralafrika war der belgische Salesianer Don Boscos und Missionsbischof Albert Vanbuel aus Zolder (Belgisch-Limburg).
Ganz wohl war der belgischen Salesianerleitung dann doch nicht bei der Sache. Inzwischen hatten nämlich zwei bekannte kritische Köpfe und „Spezialisten“ bei kirchlichem Kindesmißbrauch, Manu Keirse (KUL) und Rik Devillé, doch laut starke Bedenken geäußert.
So wurde in diesem Fall die Meinung und Zustimmung des Generalats des Ordens in Rom und der Leitung der Caritas Internationalis in Rom (Kardinal Tagle) eingeholt. Wie die Wortführer der belgischen Salesianer 2019 aussagten, hatten diese beiden obersten Gremien damals keine Bedenken gegen einen Einsatz von Luk D. in einem Gebiet, wo er de facto nicht kontrolliert werden konnte.
Der Rest der Geschichte war, wie zu erwarten, sehr traurig: Luk D. kam in Kaga-Bandoro in einem Zeltlager für Binnenflüchtlinge unter, freundete sich mit Buben an, gab etwas Geld und kleine Geschenke (5, 10, einmal 15 Euro und etwas Klamotten) und verging sich an ihnen. Nach einem Jahr wurde er zum Caritas-Direktor der Zentralafrikanischen Republik mit Sitz in Bangui ernannt und verging sich offensichtlich auch dort an Buben.
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2018 war die Welt, besonders die USA, sensibilisiert für die Abscheulichkeit des pädophilen Mißbrauchs und der sexuellen Belästigung. Dies im Gegensatz zum Vatikan, wo Papst Franziskus diesbezüglich einen sehr wirren und undeutlichen Kurs fuhr.
2019 hat dann der US-amerikanische Fernsehsender CNN Pater Luk Delft in der Zentralafrikanischen Republik gestellt und mit seiner Vergangenheit und den Opferaussagen von Kaga Bandoro konfrontiert.
Alles wurde weltweit ausgestrahlt.
Die Salesianer Don Boscos organisierten sofort die Flucht von Luk D. aus Afrika. Die Gazetten berichteten ausführlich.
Die belgischen Salesianer Don Boscos gerieten in Panik, versuchten sich zu verteidigen und gaben über ihren Wortführer Pater Carlo Loots SDB abstruse Erklärungen ab, die es nun wirklich in sich hatten:
„Der Pater ist jetzt sicher in einem Kloster untergebracht“ (sic).
„Wir können ihn nicht erschießen, obwohl wir es möchten“ (sic).
„Wir haben äußerst sorgfältig alles geprüft und das Einverständnis der belgischen Gerichtsbehörden und der Führungen der Salesianer und der Caritas internationalis in Rom eingeholt“.
Damit lag der Ball beim Vatikan in Rom, und wohl in den höchsten Gremien – und gerade bei den Freunden von Franziskus.
Bei den damals groß und lautstark angekündigten Maßnahmen des Vatikans und bei der extremen Brisanz der Personalie wäre der Fall Luk Delft also auf dem Schreibtisch von Kardinal Tagle gelandet – was natürlich nicht sein durfte.
Weitere Erklärungen sind dann nicht mehr gefolgt, weder von den Salesianern Don Boscos in Belgien noch dem Ordensgeneralat in Rom und auch nicht von der Caritas internationalis.
Von Kardinal Tagle sind hierzu gar keine Kommentare überliefert.
Wie die alten Römer schon sagten: „Der Sieg hat viele Väter, die Niederlage ist ein Waisenkind“.
Das traurige Fazit: Die Sensibilität in der vatikanischen Führung für den pädophilen Mißbrauch ist scheinheiliges Theater, Augenwischerei für nicht und wenig informierte Gläubige.
Und der kirchliche Umgang mit dem pädosexuellen Problem ist Murks – genauso murksig wie vor 20 und 30 Jahren.
Das ist gewaltig schlecht, weil hier das intrinsice malum vorliegt.
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NB: Pater Luk Delft wurde (noch) nicht an die Zentralafrikanische Republik ausgeliefert. Da liegt wohl ein ungutes Gemisch von weißen exkolonialen Superioritätsgefühlen, Verachtung und Angst vor schwarzafrikanischer Justiz, allgemeiner Feigheit und moralischer Verwirrung vor. Die belgische Justiz hat auch nicht weiter ermittelt. Der damalige liberale Vizepremier (und jetzige belgische Premierminister) De Croo war nur besorgt, daß keine Steuergelder bei den NGOs gelandet waren, bei denen Pater Luk D. tätig war.
Das Geld regiert eben die Welt.
Über kirchliche Strafen und Sanktionen ist nichts bekannt.
Hinweise:
- Catholic order moved pedophile priest to church property with summer camp after CNN investigation
- UN suspends work with Catholic charity in CAR after CNN investigation into pedophile priest
- Belgian Salesians defend decision to send convicted pedophile to Africa
- Belgische salesianen: ‘Luk D. naar Afrika laten gaan leek destijds redelijke oplossing’
- ‘Hij had nooit in Centraal-Afrika terecht mogen komen’: wat er mis ging in de zaak Luk D.
Bild: CNN (Screenshot)