(Rom) Am 13. März 2013, heute vor zehn Jahren, wurde Kardinal Jorge Mario Bergoglio nach dem überraschenden Amtsverzicht von Benedikt XVI. im Konklave zum Papst gewählt und nahm den Namen Franziskus an. In der Sonntagsausgabe der italienischen Tageszeitung Il Fatto Quotidiano (FQ) wurde zu seinem zehnjährigen Thronjubiläum ein Interview mit ihm veröffentlicht. Neben zahlreichen anderen Themen, besonders dem Ukraine-Konflikt und der Pädophilie, wurde dem Papst auch eine Frage zu seiner eigenen Zukunft gestellt.
Auf die Frage von Francesco Antonio Grana (FQ), wie seine Bilanz dieser Dekade ausfällt, sagte Franziskus:
„Der Herr wird darüber Bilanz ziehen, wenn er es will.“
Die Kirche sei „kein Unternehmen, aber auch keine Nichtregierungsorganisation, und der Papst ist kein Geschäftsführer, der am Ende des Jahres über die Runden kommen muß“.
„Die Kirche ist die Kirche des Herrn! Wir sind einfach aufgefordert, demütig auf seinen Willen zu hören und ihn in die Tat umzusetzen. Das mag wie eine sehr einfache Aufgabe klingen, ist es aber nicht. Wir müssen uns auf den Herrn einstimmen, nicht auf die Welt.“
Er sei in diesen zehn Jahren jedenfalls „nie um den Schlaf gebracht worden“.
„Die Kirche ist kein Orchester, in dem alle den gleichen Part spielen, sondern jeder spielt seine eigene Partitur, und das schafft Harmonie. Wir müssen uns um Einheit bemühen, was nicht Uniformität bedeutet. Wir sind Brüder! Wir müssen den Mut zu unseren Ideen haben, den Mut, sie einander direkt zu sagen, aber dann müssen wir uns an einen Tisch setzen.“
In all dem scheint der überlieferte Ritus und die Tradition aber keinen „Part“ zu haben. Deren „eigene Partitur, die Harmonie schafft“, wird von Franziskus bekämpft. Dazu gibt es für ihn offensichtlich auch kein „Einstimmen auf den Herrn“.
Am meisten habe er in den vergangenen Jahren an der „Korruption“ gelitten, konkret der „wirtschaftlichen Korruption innerhalb und außerhalb des Vatikans“, die Franziskus im selben Satz als „Korruption des Herzens“ bezeichnete.
„Wir sind alle Sünder, alle! Auch der Papst und er geht alle vierzehn Tage zur Beichte. Aber wir dürfen nicht von der Sünde in die Korruption abgleiten. Niemals!“
Für einen korrupten Menschen sei es nämlich „sehr schwer, umzukehren. Deshalb werden Mafiosi exkommuniziert.“
Von sich selbst sagte Franziskus, er habe als Kardinal und dann als Papst „mit aller Kraft gegen die Omertà und die Vertuschung“ beim sexuellen Mißbrauchsskandal gekämpft. „Entscheidend“ sei „der Weltgipfel über Pädophilie im Klerus“ gewesen, der im Februar 2019 im Vatikan stattfand.
Wie dies jedoch der Fall sein kann, da dabei das zentrale Thema Homosexualität, auf die 80 Prozent der Mißbrauchsfälle zurückgehen, ausgeklammert blieb, bleibt eines der zahlreichen Rätsel des derzeitigen Pontifikats.
Zur Ukraine sagte Franziskus auf die Frage, was er sich für die Zukunft wünsche:
„Frieden. Frieden in der gequälten Ukraine und in allen anderen Ländern, die unter den Schrecken des Krieges leiden, der immer eine Niederlage für alle ist. Krieg ist absurd und grausam. Er ist ein Unternehmen, das selbst während einer Pandemie keine Krise kennt: die Waffenfabrik. Für den Frieden arbeiten heißt, nicht in diese Fabriken des Todes zu investieren. Es schmerzt mich, wenn ich daran denke, daß der Hunger in der Welt aufhören würde, wenn ein Jahr lang keine Waffen hergestellt würden, denn die Waffenindustrie ist die größte Industrie auf dem Planeten. Am 8. Dezember habe ich auf der Piazza di Spagna geweint, als ich an das Drama dachte, das das ukrainische Volk gerade durchmacht. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine ist bereits mehr als ein Jahr vergangen. Im Februar war ich in Afrika, in der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan, und ich habe die Schrecken der Konflikte in diesen beiden Ländern mit der Verstümmelung von Menschen gesehen. Eine Sache, die mich sehr schmerzt, ist die Globalisierung der Gleichgültigkeit.“
Für die Kirche wünsche er sich, daß sie „hinausgehen muß, sie muß mitten unter den Menschen sein“. In diesem Zusammenhang nannte Franziskus den apulischen Bischof Tonino Bello einen „Propheten“.
„Ich träume von einer Kirche ohne Klerikalismus.“
Und schließlich:
Il Fatto Quotidiano: Und schließlich: Was erhoffen Sie sich für Ihre Zukunft?
Papst Franziskus: Möge der Herr mir gnädig sein. Papst zu sein ist keine leichte Aufgabe. Niemand hat zuvor studiert, um diese Aufgabe zu erfüllen. Aber der Herr weiß das: Es geschah auch mit dem heiligen Petrus. Er fischte in aller Stille, und eines Tages wählte Jesus ihn aus, ein Menschenfischer zu werden. Aber auch Petrus ist gefallen. Er, der Tag und Nacht mit dem Herrn gelebt hatte, der mit ihm gegessen hatte, der ihn hatte predigen hören und ihn Wunder tun sehen, leugnete es: „Ich kenne diesen Mann nicht!“ Wie war das möglich? Aber Jesus hat ihn nach der Auferstehung wieder erwählt. Hier zeigt sich die Barmherzigkeit Gottes mit uns. Sogar mit dem Papst. „Servus inutilis sum.“ Ich bin ein unnützer Diener, wie der heilige Paul VI. in seinen Gedanken über den Tod schrieb. Ein sehr schöner Text, den ich besonders den Priestern ans Herz lege, zu lesen und zu meditieren.
Text/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Il Fatto Quotidiano (Screenshot)
Der vorläufig letzte Papst war Papst Benedikt XVI., bis zum 31.12.2022.
Einen Papst Franziskus gibt es nicht.
Scheinbar eine neue Maxime: Kein Interview ohne Spitze gegen Papst Benedikt XVI.!
Er sei in diesen zehn Jahren jedenfalls „nie um den Schlaf gebracht worden“.
Was bedeutet das Wort „Klerikalismus“?
Dieser Papst hat keinen Zugang zur der Lehre, die sich durch das gesamte neue Testament erstreckt. Er ist in dieser Hinsicht blind. Lediglich, wenn er über seine eigene Agenda spricht, entsteht ein Sinnzusammenhang. Es scheint ihm zu dämmern, daß er zur Rechenschaft gezogen werden könnte.