(New York) Die Nachricht ist wie ein Hammerschlag: Kardinal Blase Cupich, der Erzbischof von Chicago und „Mann des Papstes“ in den USA, beabsichtigt, das altrituelle Institut Christus König und Hohepriester (ICRSS) aus seinem Erzbistum zu verbannen.
Gerüchte kursierten bereits seit der vergangenen Woche. Nun berichtete LifeSiteNews über konkrete Pläne des Kardinal-Erzbischofs. Blase Cupich, der „Außenseiter“, den Franziskus auf einen der einflußreichsten Bischofsstühle der Weltkirche berief, verdankt seinen Aufstieg, einschließlich der Kardinalswürde, nicht zuletzt dem in Ungnade gefallenen Kardinal Theodore McCarrick.
Die Absicht, das Institut Christus König und Hohepriester aus der Erzdiözese Chicago zu verbannen, enthält alle Elemente für einen ganzen Fahrplan, um sich gegen alle ehemaligen sogenannten Ecclesia-Dei-Gemeinschaften zu richten – die Petrusbruderschaft vielleicht ausgenommen.
Papst Franziskus erneuerte am vergangenen 19. Mai seine Ablehnung gegenüber den Gemeinschaften der Tradition, die er bei seiner Begegnung mit den Schriftleitern der europäischen Jesuitenzeitschriften abwertend „Restaurationisten“ nannte. Franziskus gab damals auch einen Wink für die Stoßrichtung des Vorgehens, indem er hinzufügte, daß es davon „zum Beispiel viele in den Vereinigten Staaten gibt“.
Zwei Monate später werden Pläne jenes Oberhirten bekannt, der seit dem unrühmlichen Sturz von Kardinal McCarrick als dessen Nachfolger der „Mann des Papstes“ in den USA ist und die Bergoglianer im US-Episkopat anführt. Mit gutem Grund fällt es schwer, darin bloßen Zufall am Werk zu sehen.
Die USA sind die Vormacht des Westens und zugleich die Weltmacht schlechthin. Papst Franziskus stellt diese Vormacht nicht in Frage, wie es ihm manchmal unterstellt wird, will sie aber in den „richtigen“ Händen sehen, womit er die linken Demokraten meint, während er den christlichen Republikanern die kalte Schulter zeigt.
Wie auch in anderen Bereichen sieht sich und handelt Franziskus als Teil des linken Establishments, dessen Agenda er weitgehend unterstützt. Ganz konkret in seinem Bereich bedeutet das, daß er die „religiöse Rechte“ in den USA schwächen, wenn nicht sogar zerschlagen will. Die USA sind das einzige Land des Westens, in dem der Kulturkampf noch im Gange und vor allem noch nicht entschieden ist. Die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA gegen die Abtreibung ist ein aufsehenerregender Beleg dafür. Eine Horrorvorstellung für das globalistische Establishment und seine kirchlichen Zuträger.
Der päpstliche Flirt mit den US-Evangelikalen am Beginn des Pontifikats blieb eine kurze Episode, denn nach dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump zog die vereinigte Linke aus linksliberalem Establishment und linken Fußtruppen in einen politischen Krieg. Franziskus tat es ebenso und ließ über die römische Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica der „religiösen Rechten“ in den USA die Kriegserklärung zukommen.
So verwundert es nicht, daß Franziskus, wenn er gegen die Tradition agitiert, seinen Blick fest auf die USA gerichtet hat. Nur logisch ist es, wenn Kardinal Cupich in der konkreten Umsetzung vorangeht und die Richtung vorgibt.
Als im Juli 2021 das Motu proprio Traditionis custodes veröffentlicht wurde, war es Cupich, der überraschend zurückhaltend reagierte und erklärte, in seinem Bistum ändere sich nichts – vorerst. Franziskus, ein gewiefter Taktiker, macht es durchaus Spaß, gefinkelte Punktesiege zu erringen. Er betrachtet die Täuschung als legitimes Mittel und wandte sie auch bereits an. Geradezu legendär ist seine Anweisung am Ende der Familiensynode 2015, umstrittene Punkte zu verschleiern.
So sandte auch Kardinal Cupich zu Traditionis custodes beruhigende Signale aus, die für Entspannung unter den Gemeinschaften sorgen sollten, die dem überlieferten Ritus verbunden sind. Doch dann geschah das Gegenteil. Gegen eine erste Gemeinschaft, ein Chorherrenkloster, wurden repressive Maßnahmen ergriffen. Nun scheint es das Institut Christus König und Hohepriester zu treffen. Die Entspannung war nur Schein.
Die inakzeptablen Bedingungen
Maike Hickson von LifeSiteNews beruft sich auf Keith Armato, „einen prominenten katholischen Laien“ im Erzbistum Chicago. Kardinal Cupich habe, so Armato, das Institut Christus König und Hohepriester angewiesen, bis Ende Juli alle Meßorte im Erzbistum zu schließen. Zum 1. August entzieht der Erzbischof den Priestern des Instituts alle Rechte.
Seit einigen Monaten verlangt Cupich, daß jeder Priester ein Dokument unterschreiben muß, mit dem er sich dazu bekennt, daß der Novus Ordo „der einzige wahre Ausdruck des Römischen Ritus ist“. Diese Forderung stammt direkt aus dem Motu proprio Traditionis custodes.
Priester und Laien treiben ernste Fragen um: Welcher Platz bleibt noch dem überlieferten Ritus? Was ist dieser dann überhaupt? Nur mehr ein Relikt aus vergangener Zeit, das verschwinden soll?
Eine weitere Forderung Cupichs lautet, daß jeder Priester des Instituts Christus König und Hohepriester eine Erlaubnis braucht, um weiterhin im überlieferten Ritus zelebrieren zu dürfen. Der Kardinal zeigt sich bereit, eine solche Erlaubnis zu erteilen, aber begrenzt auf zwei Jahre. Unklar ist, was nach den zwei Jahren sein wird. Stellen sie nur eine Gnadenfrist dar? Zudem behält sich Cupich vor, die Erlaubnis jederzeit zu widerrufen.
Die Priester des Instituts Christus König und Hohepriester sehen sich außerstande, das Dokument zu unterschreiben, da es dem Charisma ihres Instituts widerspricht, so Armato. Cupich wirft dem Institut deshalb Ungehorsam vor. Ein gewollter Teufelskreis.
Ab 1. August dürfen Priester des Instituts in der Erzdiözese nicht mehr die Beichte abnehmen. Mit solchen Sanktionen will Cupich die Priester in die Knie zwingen oder ihnen den priesterlichen Dienst unmöglich machen. In wenigen Tagen werden die von ihnen betreuten Gläubigen von den Sakramenten und der Heiligen Messe ausgeschlossen sein. Chicago ist nicht nur eine von mehr als 15 Niederlassungen, sondern der Hauptsitz des Instituts in den USA. Der Stoß richtet sich direkt gegen das Zentrum seiner Präsenz. Kardinal Francis George, der damalige Erzbischof von Chicago, hatte 2004 das Institut Christus König und Hohepriester in seine Diözese gerufen und ihm das geschlossene Christkönigsheiligtum anvertraut. Die Kirche wurde wieder geöffnet, mit großem Aufwand renoviert und zu einem geistlichen Zentrum der Tradition. 2015 brach dann ein Feuer aus und die Kirche wurde ein Raub der Flammen. Unter großer finanzieller Belastung baute das Institut die Kirche wieder auf. Allein in den ersten drei Jahren kostete das vier Millionen Dollar. 2019 war das Heiligtum prachtvoll wiederhergestellt. Und nun?
Hickson schreibt: „Angesichts der Bekanntheit des ICRSS-Heiligtums glauben viele, daß Papst Franziskus selbst über diese Entwicklung in Chicago informiert ist und sie gutheißt.“
Diese Annahme ist durchaus realistisch und deckt sich mit früheren Aktionen Cupichs, die in enger Absprache mit Santa Marta erfolgten, zuletzt die Ertrotzung des Kommunionzugangs für Joe Biden und Nancy Pelosi mit Hilfe von Papst Franziskus. Die Vorarbeit erfolgte aus den USA. Vor allen wichtigen Entscheidungen war Kardinal Cupich in Santa Marta anzutreffen.
Im vergangenen Februar hatte Franziskus überraschend der Petrusbruderschaft eine Dispens von Traditionis custodes gewährt. Das nährte die Hoffnung, daß zumindest die ehemaligen Ecclesia-Dei-Gemeinschaften von den päpstlichen Sanktionen verschont bleiben. In Wirklichkeit scheinen jene recht zu behalten, die darin ein „divide et impera“ erkannten.
Als das Institut Christus König und Hohepriester das Heiligtum, das von seinen Priestern betreut wird, von der Erzdiözese Chicago kaufte, wurden von dieser ausdrücklich das Charisma und der überlieferte Ritus anerkannt, wie Armato gegenüber LifeSiteNews betonte. Nun scheint alles vergessen. Gilt im kirchlichen Bereich keine Vertragstreue mehr?
Hickson schreibt:
„Armato versicherte LifeSite, daß die Verantwortlichen des Instituts in ihrer Korrespondenz mit Kardinal Cupich alles getan haben, um Lösungen und Kompromisse zu finden. Sie boten Kardinal Cupich sogar ihr Heiligtum an, damit andere Priester dort die Novus-Ordo-Messe feiern konnten, da mehrere Kirchen in der Gegend geschlossen worden waren und somit der Zugang zur Novus-Ordo-Messe erschwert wurde. Aber für Cupich sind die Diskussionen vorbei.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: ICRSS/MiL (Screenshot)