Papst Franziskus setzt auch 2021 auf Social Distancing

Wegen Corona keine Auslandsreisen des Papstes im Jahr 2021


Nach sechs Monaten der Corona-Unterbrechung wurde gestern die Generalaudienz wieder aufgenommen, allerdings eingeschränkt, mit Ortswechsel und strengen Auflagen.
Nach sechs Monaten der Corona-Unterbrechung wurde gestern die Generalaudienz wieder aufgenommen, allerdings eingeschränkt, mit Ortswechsel und strengen Auflagen.

(Rom) Das „Social Distan­cing”, mit dem die Regie­run­gen die Men­schen trak­tie­ren und das auch als Form der zwi­schen­mensch­li­chen Ent­frem­dung gese­hen wer­den kann, die bereits durch die Digi­ta­li­sie­rung ver­stärkt wur­de, wird von Papst Fran­zis­kus in aus­ge­präg­ter Form vor­ex­er­ziert. Dem katho­li­schen Kir­chen­ober­haupt scheint es nicht zu miß­fal­len, unter Ver­weis auf eine omi­nö­se Viren­be­dro­hung im Vati­kan zu blei­ben und die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Men­schen zu vir­tua­li­sie­ren. Durch die gestern erfolg­te Absa­ge aller Aus­lands­rei­sen für 2021 wird er im Herbst 2021 gan­ze zwei Jah­re lang den Vati­kan nicht mehr für inter­na­tio­na­le Rei­sen ver­las­sen haben. Ein Rekord seit langem.

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Fran­zis­kus erließ weni­ge Tage, nach­dem die Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz die öffent­li­chen Got­tes­dien­ste unter­sagt hat­te, die radi­kal­sten Maß­nah­men zur „Ein­däm­mung” des Coro­na­vi­rus, indem er am 12. März alle Kir­chen und Kapel­len sei­nes Bis­tums Rom zusper­ren ließ. Wegen des Wider­stands meh­re­rer Prie­ster wur­den die Maß­nah­men nach 24 Stun­den abge­schwächt. Zumin­dest die Pfarr­kir­chen durf­ten für den pri­va­ten Besuch von Gläu­bi­gen offen­blei­ben. Auch damit blieb aus­ge­rech­net das Bis­tum des Pap­stes welt­weit die Diö­ze­se mit den streng­sten Maß­re­geln. Woll­te der Papst signa­li­sie­ren, daß die Kir­che ver­läß­lich dem Coro­na-Nar­ra­tiv folgt? Wem woll­te er es signa­li­sie­ren: der ita­lie­ni­schen Regie­rung, der WHO, Bill Gates? Die Fra­ge bleibt unbe­ant­wor­tet. Tat­sa­che ist, daß Fran­zis­kus mit der Kir­che in der Coro­na­zeit kei­nen Kon­tra­punkt set­zen woll­te, son­dern den Gläu­bi­gen den Zugang zu den Sakra­men­ten erschwer­te, teils unmög­lich mach­te und ihnen in sei­nem Bis­tum sogar den Zugang zu den Kir­chen ent­zie­hen wollte.

Durch das päpst­li­che Vor­bild kam in der Coro­na­kri­se zum Ver­sa­gen von Poli­tik und Medi­en auch noch das der Kir­che hin­zu. Eine Dis­kus­si­on über die geist­li­che Dimen­si­on wur­de abge­würgt („Kei­ne Stra­fe Got­tes“, wäh­rend die Kir­chen­obe­ren den Staa­ten bedenk­li­che Signa­le sen­de­ten, als könn­ten die­se über den Kul­tus ver­fü­gen) und ern­ste Beden­ken zur Coro­na­kri­se, auch wenn sie von Kar­di­nä­len kamen, ein­fach igno­riert und abge­tan. Sie­he dazu auch:

Seit ver­gan­ge­nem Febru­ar fan­den kei­ne öffent­li­chen päpst­li­chen Zele­bra­tio­nen mehr statt. Man muß lan­ge in der Geschich­te zurück­ge­hen, um eine sol­che Unter­bre­chung des öffent­li­chen Kul­tus zu fin­den. Zuletzt war das vor mehr als 200 Jah­ren der Fall, als Napo­le­on in sei­nem All­machts­wahn zwei Päp­ste hin­ter­ein­an­der als Gefan­ge­ne aus Rom weg­schlep­pen ließ. Wegen der revo­lu­tio­nä­ren Unru­hen von 1848 konn­te Pius IX. zwar eini­ge Zeit nicht in Rom zele­brie­ren, tat es aber in Gaeta im König­reich Bei­der Sizilien.

Weder die Erobe­rung des Kir­chen­staa­tes durch die ita­lie­ni­schen Trup­pen 1870 noch der Erste oder der Zwei­te Welt­krieg, weder die Spa­ni­sche Grip­pe (1918–1920) noch die Asia­ti­sche Grip­pe oder Hong­kong-Grip­pe (1969) konn­te einen Papst dazu brin­gen, auf die öffent­li­che Fei­er der hei­li­gen Lit­ur­gie zu ver­zich­ten. Alle genann­ten Ereig­nis­se waren weit ein­schnei­den­der und gefähr­li­cher als das Coro­na­vi­rus 2020. 

Seit­her gab es auch kei­ne öffent­li­chen Gene­ral­au­di­en­zen mehr, die erst gestern in ein­ge­schränk­ter Form, mit einem Orts­wech­sel und unter stren­gen Auf­la­gen wie­der auf­ge­nom­men wur­den. Das Signal, das Fran­zis­kus der Kir­che vor­gab, die hei­li­ge Lit­ur­gie und beson­ders der Kom­mu­nion­emp­fang sei­en Momen­te der Krank­heit und der Gefahr und nicht des Segens und des Heils, kommt einer fata­len Selbst­de­mon­ta­ge der Heils­be­deu­tung und der Heils­in­stru­men­te gleich – und sie wird fortgesetzt.

Fort­ge­setzt wird auch das Ver­bar­ri­ka­die­ren des Pap­stes im Vati­kan. Nach­dem bereits alle Aus­lands­rei­sen des Jah­res 2020 abge­sagt wor­den waren, erfolg­te gestern auch die Absa­ge aller Aus­lands­rei­sen für das Jahr 2021. Auch dies­be­züg­lich stellt sich die Fra­ge, was Fran­zis­kus damit signa­li­sie­ren will. Kön­nen die Bewoh­ner von San­ta Mar­ta hell­se­hen? Erst am Tag zuvor hat­te der deut­sche Bun­des­ge­sund­heits­mi­ni­ster ein­ge­stan­den, daß es mit dem heu­ti­gen Kennt­nis­stand nie zu einem „Lock­down“ gekom­men wäre und es auch kei­nen zwei­ten geben wird. Die Zah­len zum Coro­na­vi­rus spre­chen schon seit April eine ein­deu­ti­ge Spra­che. Oder will Fran­zis­kus erneut Vor­bild sein für die näch­sten, von den Regie­run­gen geplan­ten Restrik­tio­nen, die sich zuletzt immer häu­fi­ger auf Über­wa­chung und Repres­si­on reim­ten (Kin­des­ent­zug, Regi­strie­rungs­pflicht für Gast­gär­ten, Ein­schrän­kung des Demon­stra­ti­ons­rechts, neue Beschrän­kung der Rei­se­frei­heit, Poli­zei­kon­trol­len in Privathaushalten)?

Damit steht für San­ta Mar­ta bereits fest, daß Papst Fran­zis­kus im Herbst 2021 gan­ze zwei Jah­re den Vati­kan zu kei­ner inter­na­tio­na­len Rei­se mehr ver­las­sen haben wird. Um eine ähn­lich lan­ge Pau­se zu fin­den, muß zwar nicht in Jahr­hun­der­ten gerech­net wer­den, aber immer­hin in meh­re­ren Jahr­zehn­ten. Paul VI. unter­nahm sei­ne letz­te inter­na­tio­na­le Rei­se 1970 nach Ozea­ni­en, Johan­nes Paul II. sei­ne erste 1979 in die Kari­bik und nach Mit­tel­ame­ri­ka. Dazwi­schen lagen neun Jahre.

Nicht die Dau­er der aktu­el­len Rei­se­pau­se ist dabei bemer­kens­wert, son­dern der Zusam­men­hang, in dem sie statt­fin­det. Fürch­tet man im Vati­kan, daß auf­grund der Regie­rungs­re­strik­tio­nen und der Panik­ma­che zu wenig Gläu­bi­ge zu den Papst-Ver­an­stal­tun­gen kämen? Dabei soll­te nicht die Quan­ti­tät aus­schlag­ge­bend sein, um den Auf­trag zu erfül­len, die Brü­der im Glau­ben zu stär­ken. Oder will San­ta Mar­ta kei­nen Kon­flikt mit regle­men­tie­rungs­wü­ti­gen Regie­run­gen ris­kie­ren, die eine Begeg­nung mit dem Volk durch Coro­na­maß­nah­men beschnei­den könnten?

Oder will San­ta Mar­ta sich ein­fach wei­ter­hin ver­läß­lich am offi­zi­el­len Coro­na­nar­ra­tiv betei­li­gen und an der Panik­ma­che mitwirken?

Fra­gen über Fra­gen, die das Virus auf­wirft, oder bes­ser, die durch das Ver­hal­ten der Ver­ant­wor­tungs­trä­ger auf­ge­wor­fen wer­den, ohne eine befrie­di­gen­de Ant­wort zu finden.

Tat­sa­che ist: Wür­den die Regie­run­gen sich nicht mit ihren Maß­nah­men und ihrer Angst­ma­che­rei ein­mi­schen, wür­de im deut­schen Sprach­raum das Coro­na­vi­rus seit Mit­te April kei­ne Rol­le mehr spie­len. Mehr noch, vie­le Men­schen hät­ten es schon längst wie­der vergessen. 

Wer­den die Regie­ren­den bereit sein, die Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men für das, was sie in öko­no­mi­scher, sozia­ler, medi­zi­ni­scher und kul­tu­rel­ler Hin­sicht ange­rich­tet haben? Wie steht es mit Papst Fran­zis­kus, was die Kir­che betrifft?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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