
Von S. Ex. Bischof Athanasius Schneider*
Wir befinden uns in einer einzigartigen, unerhörten Lage: Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche wurde die öffentliche Feier des eucharistischen Opfers nahezu weltweit verboten. Unter dem Vorwand der Covid-19-Epidemie wurde das unveräußerbare Recht von Christen zur öffentlichen Feier der Heiligen Messe auf unverhältnismäßige und ungerechtfertigte Weise missachtet. In vielen Ländern, vor allem in vorwiegend katholischen Ländern, wurde dieses Verbot derart systematisch und brutal aufgezwungen, dass es den Anschein hat, als seien die gnadenlosen Zeiten historischer Verfolgungen der Kirche zurückgekehrt. Es entstand eine Katakombenatmosphäre mit Priestern, die die Heilige Messe insgeheim mit einer Gruppe Gläubigen zelebrierten.
Unglaublicherweise untersagten mitten in diesem weltweiten Verbot der öffentlichen Heiligen Messe viele Bischöfe sogar noch vor der Regierung den öffentlichen Gottesdienst, sie erließen Verfügungen, die nicht nur die öffentliche Zelebration der Heiligen Messe, sondern auch die Spendung jedes anderen Sakraments untersagten. Mit solchen anti-pastoralen Maßnahmen beraubten diese Bischöfe die Schafe der geistigen Nahrung und Stärkung, die nur die Sakramente zu geben vermögen. Statt gute Hirten zu sein, verwandelten sich diese Bischöfe in rigide Regierungsbeamte. Sie offenbarten, dass sie von einer naturalistischen Weltsicht erfüllt sind, der es lediglich auf das zeitliche und leibliche Leben ankommt; ihre erste und unersetzliche Aufgabe jedoch, die Sorge um das ewige und geistige Leben, vergaßen sie. Sie vergaßen die Warnung unseres Herrn:
„Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele verwirkt? Oder was kann ein Mensch als Lösegeld geben für seine Seele?“ (Mt 16,26).
Bischöfe, die sich um ihre Gläubigen nicht nur nicht kümmerten, sondern ihnen ganz unmittelbar den Zugang zu den Sakramenten verboten, vor allem zum Sakrament der Heiligen Eucharistie und zum Sakrament der Buße, handelten wie falsche Hirten, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
Diese Bischöfe verschafften sich selbst jedoch durchaus Zugang zu den Sakramenten, sie feierten ja die Heilige Messe, sie hatten ihre persönlichen Beichtväter, sie konnten, falls notwendig, die Krankensalbung empfangen. Die folgenden ergreifenden Worte Gottes treffen zweifellos auf solche Bischöfe zu, die in dieser von der Hygiene-Diktatur verursachten Bedrängnis ihren Schafen die geistige Nahrung der Sakramente verweigerten, während sie sich selbst mit der Speise der Sakramente nährten:
„So spricht Gott, der Herr: Wehe den Hirten Israels, die nur sich selbst weiden! Sollen nicht die Hirten die Schafe weiden? Von der Milch habt ihr euch genährt, mit der Wolle euch bekleidet, die fetten Tiere geschlachtet, aber die Schafe habt ihr nicht geweidet. … Darum, ihr Hirten, hört das Wort des Herrn: Weil meine Schafe zur Beute wurden und weil meine Schafe allem Wild des Feldes zum Fraße dienten, weil da kein Hirt war und meine Hirten nicht nach meinen Schafen gesucht haben, weil die Hirten sich selbst und nicht meine Schafe geweidet haben, darum, ihr Hirten, hört das Wort des Herrn: So spricht Gott, der Herr: Jetzt komme ich über die Hirten und fordere meine Schafe aus ihrer Hand zurück. Ich mache ihrem Hirtenamt ein Ende; die Hirten sollen nicht länger nur sich selbst weiden“ (Ez 34,2–10).
Zur Zeit der Pest, als die Sterblichkeitsrate ungleich viel höher war als bei der gegenwärtigen Covid-19-Epidemie, erhöhte der heilige Karl Borromäus die Anzahl der öffentlichen Messfeiern. Zwar ließ er die Kirchen eine Zeitlang schließen, doch ordnete er gleichzeitig an, dass an vielen öffentlichen, offenen Orten – Plätzen, Kreuzungen, Straßenecken – Messen zu feiern waren. Er verpflichtete die Priester, die Kranken und Sterbenden zu besuchen, um ihnen die Sakramente der Buße und der letzten Ölung zu bringen. Er ließ öffentliche Prozessionen abhalten, bei denen die Menschen – in gehörigem Abstand voneinander – mitgingen, um für die Sünden Buße zu tun und die göttliche Barmherzigkeit anzuflehen. Der heilige Karl Borromäus vergaß auch nicht die Sorge um den Leib der angesteckten Menschen, doch seine oberste Sorge galt der geistigen Hilfe durch die Sakramente, mit denen die Kranken gestärkt werden sollten. Wir haben viele heroische Beispiele aus der Geschichte, dass Priester bewusst die Todesgefahr auf sich nahmen, welche damit verbunden war, dass sie Menschen, die unter einer tödlichen ansteckenden Krankheit litten, die Sakramente brachten.
Es gibt ein berührendes Zeugnis aus der Oxford-Bewegung innerhalb der anglikanischen Kirche im 19. Jahrhundert über den Wert der Schönheit der Liturgie und der eifrigen Verwaltung der Sakramente zur Zeit der gefährlichen und extrem ansteckenden Cholera-Epidemie in England. Die katholische Kirche erkennt diese Sakramente nicht als gültig an, doch die Tatsache, dass diese Geistlichen während einer Epidemie der pastoralen Sorge solche Bedeutung beimaßen, kann für uns heute vorbildlich sein.
„Die rituellen Erneuerungen, die ihnen vorgeworfen wurden, wurzelten ganz und gar in der verzweifelten pastoralen Notlage, in der sie sich befanden. Sisters of Mercy (Schwestern der Barmherzigkeit) arbeiteten während der Cholera-Epidemien der späten 1840er Jahre mit den Geistlichen von St. Peter‘s in Plymouth zusammen und baten den Gemeindepriester, Father George Rundle Prynne, jeden Morgen eine Eucharistie zu zelebrieren, die sie für ihre Arbeit stärken sollte. Das war seit der Reformation wieder der Anfang von täglichen Messen in der Church of England. Die Geistlichen von St. Saviour’s in Leeds legten die mitgebrachten Medikamente bei jeder morgendlichen Kommunion auf den Altar, bevor sie sie den vielen Dutzenden Gemeindemitgliedern brachten, die am selben Tag noch an der Cholera sterben würden. Diese Slum-Kirchen und ihre Priester sind zu zahlreich, als dass man sie alle aufführen könnte, doch ihre Kühnheit und ihre Frömmigkeit ist bewundernswert. Die Church of England schaute damals auf Rituale verächtlich herab, sie sah darin eine Nachäffung einer papistischen Kirche. Die Gewänder empfand die überwiegende Mehrheit der Church of England als fürchterlich. Dennoch wurden an Orten wie der Missionskirche St. George’s im Osten Weihrauchfässer geschwungen, es wurde zum Knien aufgefordert, man machte häufig das Kreuzzeichen, die Verehrung des heiligsten Sakraments war selbstverständlich. Es wurden Beichten gehört, und es wurde mit heiligem Öl gesalbt. Schönheit und Heiligkeit hielten inmitten von Ärmlichkeit und Niedergeschlagenheit Einzug: als Zeugnis für den katholischen Glauben an Jesus Christus, den menschgewordenen Gott, gegenwärtig und wirkend in seiner Welt. Und was möglicherweise am wichtigsten war: Die Kranken und Sterbenden sollten diese sakramentale Anwesenheit so weit wie irgend möglich erfahren können. Beichten am Sterbebett, Krankensalbung, sogar gelegentlich Kommunion vom aufbewahrten Sakrament wurden zu den Waffen der Priester, etwa gegen die entsetzliche Cholera-Epidemie in Ost-London im Jahr 1866.“
Der heilige Damien de Veuster ist ein leuchtendes Beispiel eines Priesters und Seelenhirten. Um den verlassenen Leprakranken auf der Insel Molokai die Feier der heiligen Messe und der anderen Sakramente zu bringen, nahm er es freiwillig auf sich, ihnen die Sakramente zu spenden, bei ihnen zu leben und sich dadurch selbst der tödlichen Krankheit auszusetzen. Der Besuch der Sonntagsmesse in der Kapelle der heiligen Philomena machte auf die Besucher einen unvergesslichen Eindruck. Pater Damien stand am Altar. Seine Leprakranken waren am Altar um ihn versammelt. Sie husteten ständig und hatten Auswurf. Der Gestank war überwältigend. Aber Pater Damien wankte nicht und zeigte keinerlei Anzeichen von Ekel. Seine Stärke kam aus der Eucharistie, was er es selbst so beschrieb:
„Am Fuß des Altars finden wir die Stärke, die wir in unserer Isolation brauchen …“
Dort fand er für sich selbst und für jene, denen er diente, die Unterstützung und Ermutigung, den Trost und die Hoffnung, die ihn, wie er es selbst von sich sagte, zum „glücklichsten Missionar der Welt“ machten. Mahatma Gandhi sagte, die Welt habe nur wenige Helden, die mit Pater Damien von Molokai vergleichbar wären. Belgien, das Geburtsland des heiligen Damien, erklärte ihn zum bedeutendsten Mann seiner nationalen Geschichte.
Unsere Gegenwart ist gekennzeichnet durch eine beispiellose, weitverbreitete liturgische und eucharistische Krise. Die Wahrheit, dass die Eucharistie, die heilige Kommunion der Schatz des Altares und von unsagbarer Majestät ist, ist praktisch ganz aus dem Blick geraten. Deshalb sind die folgenden Ermahnungen des Konzils von Trient so bedeutsam wie nie zuvor:
„Keine andere von gläubigen Christen unternommene Handlung ist so heilig und so göttlich wie dieses gewaltige Geheimnis, in welchem jeden Tag die lebenspendende Opfergabe, durch die wir mit Gott dem Vater versöhnt wurden, Gott von den Priestern auf dem Altar dargebracht wird, und es ist ebenso klar, dass jede Anstrengung und aller Eifer darauf verwendet werden muss, dass sie mit größter Reinheit und innerer Lauterkeit und einer äußeren Haltung von Hingabe und Frömmigkeit gefeiert wird“ (Konzil von Trient, Sitzung XXII, Decretum de observandis et vitandis).
Doch ist diese göttliche Majestät, die im Geheimnis der Allerheiligsten Eucharistie verborgen ist, eben eine verborgene Majestät. Unter den eucharistischen Gestalten ist die göttliche Majestät verborgen. Der heilige Pierre Julien Eymard, ein moderner Apostel der Eucharistie, sprach eindrucksvoll von der Wahrheit der verborgenen Majestät Christi im eucharistischen Geheimnis. Wir haben von ihm wunderbare Überlegungen wie die folgende:
„Jesus verbirgt seine Macht mit einem Schleier, andernfalls hätte ich Angst. Er verbirgt seine Heiligkeit, deren Erhabenheit uns mit unseren spärlichen Tugenden entmutigen würde, mit einem Schleier. Eine Mutter spricht mit ihrem Kind auf kindliche Weise, sie begibt sich auf seine Ebene herunter. Auf dieselbe Weise macht Jesus sich klein mit den Kleinen, um sie zu sich aufzuheben. Jesus verbirgt seine Liebe und Wärme. Seine Glut ist so groß, dass sie uns verzehren würde, wenn wir ihren Flammen unmittelbar ausgesetzt wären. Das Feuer verzehrt. Gott ist ein verzehrendes Feuer. Auf diese Weise gibt uns der verborgene Jesus Kraft gegen unsere Schwächen. … Diese Dunkelheit der verborgenen Majestät verlangt von uns ein ganz und gar würdiges Opfer, das Opfer unseres Verstandes. Wir sollen glauben gegen das Zeugnis unserer Sinne, gegen die Naturgesetze, gegen unsere Erfahrung. Wir sollen nur dem Wort Jesu Christi glauben. Es gibt nur eine einzige Frage: „Wer ist hier?“ – „Ich bin es“, antwortet Jesus Christus. Verneigt euch und betet Ihn an! … Dieser Schleier ist keine Prüfung, sondern wird vielmehr zu einem Ansporn, einer Ermutigung zu einem demütigen, aufrichtigen Glauben. Der Mensch will zu einer verhüllten Wahrheit vordringen, einen verborgenen Schatz entdecken, eine Schwierigkeit bewältigen. Auf ähnliche Weise sucht die gläubige Seele den Herrn in der Anwesenheit des eucharistischen Schleiers, so wie Magdalena Ihn vor dem Grab gesucht hat. Die Eucharistie ist für die Seele, was Gott für die Seligen im Himmel ist: eine immer alte und neue Wahrheit und Schönheit, die zu ergründen und zu erwägen der Mensch nicht müde wird. So wie in dieser Welt die Liebe von Glück und Sehnsucht lebt, so ist auch die Seele glücklich, und sie sehnt sich nach Glück durch die Eucharistie – die Seele isst und bleibt doch hungrig. Nur die Weisheit und Güte unseres Herrn konnten den eucharistischen Schleier erfinden“ (The Real Presence. Eucharistic Meditations, New York 1938, 92–94).
Derselbe Heilige hinterließ uns tiefe Gedanken über die Verehrung der Eucharistie:
„Ich liebe die Schönheit Deines Hauses. (Psalm 25,8) Eines Tages kam eine Frau, eine fromme Anbeterin, zu Jesus, um ihn anzubeten. Sie hatte ein Alabastergefäß voll kostbaren Salböls bei sich, das sie über Seine Füße ausgoss, um ihre Liebe zu Ihm zu zeigen und Seiner Gottheit und heiligen Menschheit zu huldigen. ‚Wozu soll diese Verschwendung gut sein?‘, sagte der Verräter Judas. ‚Dieses Salböl hätte man für viel Geld verkaufen und das Geld den Armen geben können.‘ Doch Jesus verteidigt Seine Magd: ‚Was diese Frau getan hat, ist ein gutes Werk. Und wo immer dieses Evangelium verkündet wird, da wird man auch rühmend von dem erzählen, was sie getan hat.‘ Diese Episode aus dem Evangelium kann auf die Eucharistie übertragen werden. Unser Herr ist im heiligsten Sakrament, um von den Menschen dieselbe Huldigung zu empfangen, die er von jenen empfing, die das Glück hatten, Ihm während Seines irdischen Lebens nahekommen zu können. Er ist da, um jedem die Möglichkeit anzubieten, Seine heilige Menschheit selbst zu verehren. Wäre das der einzige Grund für die Existenz der Eucharistie, könnte uns das schon sehr glücklich machen, denn die Eucharistie befähigt uns als Christen, unserem Herrn persönlich Achtung zu erweisen.
Diese Anwesenheit ist gleichzeitig die Rechtfertigung öffentlicher Verehrung und ihr Leben. Nimmt man die Realpräsenz weg, wie kann man dann Seiner heiligen Menschheit den Respekt und die Ehre zollen, die ihr zustehen? Als Mensch ist unser Herr nur im Himmel und im Allerheiligsten Sakrament gegenwärtig. Durch die Eucharistie können wir uns dem lebenden Retter in Person nahen, wir können Ihn sehen, mit Ihm sprechen. Ohne Seine Anwesenheit wird aus dem Gottesdienst eine Abstraktion. Durch diese Anwesenheit gehen wir direkt zu Gott und nahen uns Ihm wie während Seines sterblichen Lebens. Wie ungünstig wäre es, wenn wir, um die Menschheit Jesu Christi zu verehren, achtzehn Jahrhunderte zurückgehen müssten! Das mag dem Geist ja ganz gelegen kommen, doch wie soll man einer so fernen Vergangenheit huldigen? Wir würden uns damit zufriedengeben, für die Geheimnisse zu danken, ohne aktiv Anteil daran zu haben. In der Eucharistie jedoch können wir wirklich kommen und Ihn anbeten – wie die Hirten; wir können uns vor Ihm verneigen wie die Weisen; wir müssen nicht mehr bedauern, dass wir in Bethlehem oder auf Golgotha nicht dabei waren.
Am Tag des Gerichts werden wir das Recht haben, Ihm zu sagen: ‚Wir haben Dich nicht nur in den Armen besucht, sondern in Deiner erhabenen Person selbst. Was wirst du uns dafür geben?‘ Weltlich gesinnte Menschen werden das nie verstehen. ‚Gebt den Armen, und gebt ihnen viel‘, sagen sie. ‚Aber wozu soll es gut sein, den Kirchen zu geben? All dieser üppige Aufwand auf den Altären ist hinausgeworfenes Geld.‘ So wird man zum Protestanten. Nein! Die Kirche wünscht lebendige Verehrung, weil sie ihren lebenden Erlöser auf Erden besitzt. Ist das nicht viel wert? Aber es ist nicht alles. Dem eucharistischen Jesus etwas zu geben ist ein Trost und eine Freude, und es ist ein Bedürfnis. Ja, wir spüren die Notwendigkeit, unseren Herrn in unserer Nähe zu sehen und Ihn zu spüren und Ihn mit unseren Gaben zu ehren. Wenn unser Herr von uns nichts weiter als innerliche Verehrung verlangen würde, dann würde er nicht einem der mächtigsten Bedürfnisse des Menschen gerecht werden; wir können nicht lieben, ohne diese Liebe durch äußere Zeichen der Freundschaft und Zuneigung zu offenbaren.
Wenn die heiligen Tücher rein sind, wenn die Gewänder sauber und in einem guten Zustand sind, oh! das ist ein Zeichen des Glaubens. Wenn jedoch die Kirche nicht die angemessenen Gewänder für den Dienst an unserem Herrn hat und mehr wie ein Gefängnis als wie eine Kirche wirkt, dann fehlt der Glaube. Menschen spenden für alle möglichen wohltätigen Zwecke; bittet man jedoch für das Allerheiligste Sakrament, dann wissen sie nicht, wovon die Rede ist. Soll denn der König in Lumpen gehen, während Seine Diener reich gekleidet sind? Wir haben nicht die richtige Art Glauben, einen Glauben, der praktisch ist, einen Glauben, der liebt; wir haben nur einen negativen, spekulativen Glauben. Wir sind katholisch dem Namen nach, aber in der Praxis sind wir Protestanten.“ (The Real Presence. Eucharistic Meditations, New York 1938, 172ff).
Der heilige Pierre Julien Eymard sagte: „Im Gottesdienst ist alles groß, alles ist göttlich. … Die heilige Römische Liturgie ist deshalb im höchsten Maß erhaben und authentisch. Sie stammt von Petrus, dem Haupt der Apostel. Jeder Papst hat sich an sie gehalten und sie ehrfurchtsvoll an die folgenden Jahrhunderte weitergegeben, jeweils in dem Wissen, wie in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Glaubens, der Frömmigkeit und Dankbarkeit neue Formeln, Dienste und heilige Riten hinzuzufügen waren. […] Der liturgische Kult ist die Ausübung jeglicher Religion par excellence“ (Direttorio degli aggregati del Santissimo Sacramento, Ch. II, art. V, n. 1.)
Die gegenwärtige öffentliche Unterbindung der heiligen Messe und der sakramentalen heiligen Kommunion während der Covid-19-Epidemie ist so unerhört und ernst, dass man dahinter eine tiefere Bedeutung entdecken kann. Alles begann fast fünfzig Jahre nach der Einführung der Handkommunion (im Jahr 1969) und einer radikalen Reform des Messritus (1969/1970) mit ihren protestantisierenden Elementen (Offertoriumsgebete) und ihrem horizontalen, lehrhaften Zelebrationsstil (Freistilmomente, Zelebration in einem geschlossenen Kreis, zum Volk hin). Die Praxis der Handkommunion in den vergangenen fünfzig Jahren hat zu einer unbeabsichtigten und beabsichtigten Entweihung des eucharistischen Leibes Christi in einem bis damals ungekannten Ausmaß geführt. Über mehr als fünfzig Jahre wurde der Leib Christi (zumeist unbeabsichtigt) von Klerikern und Laien in katholischen Kirchen weltweit buchstäblich mit Füßen getreten. Der Diebstahl geweihter Hostien hat ebenfalls alarmierend zugenommen. Die Gewohnheit, sich die heilige Kommunion selbst mit eigenen Händen und Fingern zu nehmen, gleicht eher der Geste, mit der man gewöhnliche Nahrung zu sich nimmt. Bei nicht wenigen Katholiken hat die Praxis, die Kommunion in die Hand zu empfangen, den Glauben an die Realpräsenz, an die Transsubstantiation und an den göttlichen, erhabenen Charakter der konsekrierten Hostie geschwächt. Die eucharistische Anwesenheit Christi wurde im Lauf der Zeit zunehmend, und ohne dass es den Gläubigen bewusst war, für sie eine Art heiliges Brot oder ein Symbol. Nun hat der Herr eingegriffen und fast sämtliche Gläubigen der Möglichkeit beraubt, die heilige Messe zu besuchen und sakramental die heilige Kommunion zu empfangen.
Die gegenwärtige Aussetzung öffentlicher heiliger Messen und der heiligen Kommunion könnte vom Papst und den Bischöfen als göttlicher Vorwurf für die vergangenen fünfzig Jahre eucharistischer Entweihungen und Banalisierungen verstanden werden und gleichzeitig als barmherziger Aufruf zu einer echten eucharistischen Bekehrung der gesamten Kirche. Möge der Heilige Geist die Herzen des Papstes und der Bischöfe berühren und sie dazu bewegen, konkrete liturgische Normen zu erlassen, auf dass der eucharistische Kult der gesamten Kirche gereinigt und wieder auf Gott hin ausgerichtet werden möge. Denkbar wäre, dass der Papst zusammen mit Kardinälen und Bischöfen einen öffentlichen Akt der Sühne für die Sünden gegen die Eucharistie und für die Sünde der Akte religiöser Verehrung der Pachamama-Figuren vollzieht. Wenn die gegenwärtige Drangsal vorüber ist, könnte der Papst konkrete liturgische Normen formulieren, in welchen er die gesamte Kirche auffordert, sich in der Zelebrationsweise wieder dem Herrn zuzuwenden, das heißt, dass sich Zelebrant und Gläubige während des eucharistischen Gebets wieder in dieselbe Richtung wenden. Der Papst sollte außerdem die Praxis der Handkommunion verbieten, denn die Kirche kann nicht weiterhin ungestraft mit dem Allerheiligsten in der kleinen konsekrierten Hostie so minimalistisch und achtlos umgehen.
Und wir müssen auf die Stimme der Kleinen in der Kirche hören, die Stimme der zahllosen Gläubigen, Kinder, jungen Leute, Familienväter und ‑mütter und der älteren Menschen, die im sichtbaren Ausdruck ihrer Ehrfurcht und ihrer Liebe zum eucharistischen Herrn inmitten der Kirche durch einen arroganten und zweifellos pharisäischen Klerikalismus erniedrigt und verachtet wurden. Diese kleinen Liebhaber und Verteidiger der Eucharistie werden das Leben der Kirche in unserer Zeit erneuern, und so gelten diese Worte Jesu zu Recht und verdientermaßen ihnen:
„Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Klugen verborgen, den Kleinen aber offenbart hast“ (Mt 11,25).
Möge diese Wahrheit uns inmitten der Dunkelheit Hoffnung und Licht schenken und unseren Glauben und unsere Liebe zum eucharistischen Jesus vermehren, denn wenn wir den eucharistischen Jesus haben, dann haben wir alles, und nichts wird uns fehlen.
*Bischof Athanasius Schneider hielt diese Ansprache beim Rome Life Forum 2020 (20.–22. Mai), das wegen der staatlichen Corona-Maßnahmen in diesem Jahr nur virtuell stattfinden konnte. Siehe zum Rome Life Forum auch: „Das Gottesgericht in der Geschichte“ von Prof. Roberto de Mattei.
Bild: LifeSiteNews