(Rom) Der bekannte katholische Intellektuelle Roberto de Mattei fordert die Kirchenführung auf, aufzuhören, gay friendly zu sein. Sie solle stattdessen wieder souverän handeln. In einem ausführlichen Interview sagt er, warum der Anti-Mißbrauchsgipfel gescheitert ist und warum Papst Franziskus die Kirche auf einen falschen und vor allem einen gefährlichen Weg führt.
Der Universitätsprofessor für Geschichte ist Vorsitzender der Stiftung Lepanto und Chefredakteur der Monatszeitschrift Radici Cristiane (Christliche Wurzeln). Er gehörte zu den Initiatoren der Protestaktion Acies ordinata, die am 19. Februar in Rom die Teilnehmer des bevorstehenden Anti-Mißbrauchsgipfels im Vatikan aufforderte, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen und die wirklichen Ursachen des sexuellen Mißbrauchsskandals durch Kleriker beim Namen zu nennen, nämlich die homosexuellen Neigungen der Täter. Die römische Tageszeitung La Verità veröffentlichte am Montag das Interview mit Prof. de Mattei.
La Verità: Ist der Anti-Mißbrauchsgipfel im Vatikan gescheitert?
Roberto de Mattei: Ich denke schon. Das haben die wichtigsten Medienorgane festgestellt, indem sie von einer schwachen Botschaft sprachen und die Unzufriedenheit der Opfer betonten. Ich meine aber, daß die Erfolglosigkeit andere Gründe hat.
La Verità: Welche?
Roberto de Mattei: Man hat sich auf die Symptome konzentriert und nicht auf die Ursachen des Übels.
La Verità: Erklären Sie das näher.
Roberto de Mattei: Es wurde ein zentraler Punkt vernachlässigt, der bereits im Dossier Viganò aufgezeigt wurde: die Verbreitung der Homosexualität in der Kirche als organisiertes Phänomen.
La Verità: Gibt es eine Homo-Lobby in der Kirche?
Roberto de Mattei: Ja, das scheint mir offenkundig.
La Verità: Offenkundig?
Roberto de Mattei: Der Großteil der Mißbrauchsfälle durch Kleriker betraf männliche Jugendliche und nicht Kinder. Wenn also beim Gipfeltreffen nicht über Homosexualität gesprochen wurde, ist die einzige Erklärung dafür, daß es massiven Druck gab, damit dieses Argument gemieden wird.
La Verità: Äußerer oder innerer Druck auf die Kirche?
Roberto de Mattei: Sowohl äußerer als auch innerer. Die Medien wollen verhindern, daß die Kirche ihre überlieferte Lehre zur Homosexualität bekräftigt.
La Verità: Warum?
Roberto de Mattei: Weil die Pädophilie ein heute von allen weltlichen Staaten anerkanntes Verbrechen ist. Dieselben Staaten, die Pädophilie verurteilen, fördern aber die Homosexualität.
La Verità: Sie fördern sie?
Roberto de Mattei: Ja. Das geht soweit, daß sie die Straftat der „Homophobie“ einführen wollen, also ein Verbot, die Homosexualität zu kritisieren.
La Verità: Die Kirche hat also der LGBT-Propaganda nachgegeben?
Roberto de Mattei: Die Kirche sollte ihre prophetische Position einnehmen, eine Herausforderung für die Welt zu sein, indem sie nicht nur verurteilt, was die Welt verurteilt, also den sexuellen Mißbrauch, sondern auch verurteilt, was die Welt nicht verurteilt, also die Homosexualität.
„Man darf das Wort Homosexualität nicht einmal mehr aussprechen“
La Verità: Und der interne Druck?
Roberto de Mattei: Im Klerus gibt es heute eine Atmosphäre des Schweigens und einer Gay-friendly-Komplizenschaft, wie man das zu nennen pflegt. Es scheint, daß das Wort Homosexualität nicht einmal mehr ausgesprochen werden darf.
La Verità: Sogar?
Roberto de Mattei: Msgr. Charles Scicluna hat gesagt, daß es nicht legitim sei, die Homosexualität zu verurteilen, weil dieses Wort eine allgemeine Kategorie meint, und über eine „Kategorie“ von Personen dürfe man nicht verallgemeinern.
La Verità: Darf man hingegen doch?
Roberto de Mattei: Ist die Pädophilie vielleicht keine Kategorie? Oder ist die Pädophilie eine Sünde, die Homosexualität aber keine mehr?
La Verità: Pater Federico Lombardi sprach von „konkreten Maßnahmen“, die am Ende des Gipfeltreffens getroffen würden. Hatte er Unrecht?
Roberto de Mattei: Die angeblichen konkreten Maßnahmen sind eine Berufung auf die WHO, eine Organisation also, die Verhütung, Abtreibung und Sexualerziehung fördert… Es hat mich irritiert, wie der Gipfel sich der Agenda einer internationalen Organisation gefügt hat, die schon immer gegen die Lehren des kirchlichen Lehramtes war.
La Verità: Was hätte der Papst tun sollen?
Roberto de Mattei: Es gibt nichts Konkretes, als sich auf das Moralgesetz der Kirche zu berufen. Das ist keine abstrakte Regel, sondern das Naturrecht, das in das Herz und das Gewissen eines jeden Menschen eingeprägt ist. Vor allem aber hat eines beim Gipfel im Vatikan gefehlt: Eine übernatürliche Sichtweise der heutigen Probleme, die Raum läßt für Begriffe Gnade, Sünde, Moralgesetz und Naturrecht.
La Verità: Stattdessen?
Roberto de Mattei: Stattdessen fehlen diese Begriffe im Schlußdokument. Deshalb ist das Gipfeltreffen gescheitert. Das Explodieren des Falles Pell ist ein Symptom dafür.
„Die Kirche muß ihre Souveränität betonen“
La Verità: Apropos Kardinal George Pell: Welche Meinung haben Sie sich dazu gebildet?
Roberto de Mattei: ich denke, daß die Kirche bei Anklagen, die Kirchenmänner betreffen – da die Kirche über ihr eigenes kanonisches Recht und über ihre Gerichte verfügt und imstande ist, Untersuchungen durchzuführen –, sich nicht darauf beschränken kann, zu sagen: „Wir warten das Ergebnis der weltlichen Gerichte ab“.
La Verità: Soll man sich nicht der weltlichen Gerichtsbarkeit anvertrauen?
Roberto de Mattei: Ich halte ein solches Vertrauen in die weltlichen Gerichte für besorgniserregend.
La Verità: Warum?
Roberto de Mattei: Im Vatikan ist man entsetzt über die Verurteilung von Pell, weil man weiß, daß er unschuldig ist. Man ist zugleich in einer Verlegenheit, weil der Papst ihn zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats ernannt hatte. Wenn man entscheidet, wie es der Vatikan in diesem Fall getan hat, sich den weltlichen Gerichten anzuvertrauen, dann muß man auch die Konsequenzen tragen…
La Verità: Sollte die Kirche gegen Priester ermitteln, die des Mißbrauchs beschuldigt werden?
Roberto de Mattei: Die Kirche, die über ihre eigenes Strafrecht und ihre eigenen Gerichte verfügt, muß den Mut haben, das Urteil der Gerichte der Welt herauszufordern in der Überzeugung, daß nicht die Welt über die Kirche zu urteilen hat, sondern wenn schon die Kirche über die Welt. Sie sollte ihre Souveränität zur Geltung bringen.
La Verità: Auch die Kirche soll souveränistisch[1] werden?
Roberto de Mattei: Ja. Ich finde es sehr schwerwiegend, daß die Kirche auf ihre Souveränität verzichtet hat. Die Kirche ist eine souveräne Gesellschaft wie der Staat, auch wenn ihr Zweck im Gegensatz zu dem des Staates übernatürlich ist.
La Verità: Das heißt?
Roberto de Mattei: Wenn sie eine souveräne Gesellschaft ist, hat auch die Kirche alle Instrumente, um ihre eigene Ziele der Gerechtigkeit zu erreichen. Sie ist nicht nur ein ethischer Organismus, der sich seiner juridischen Dimension entkleidet und es dem Staat überläßt, alles zu entscheiden. Der Verzicht auf die Souveränität ist eine gefährliche Abirrung.
La Verità: Eine gefährliche Abirrung?
Roberto de Mattei: Die weltlichen Gerichte können auch zu Papst Franziskus gelangen…
La Verità: Was hat der Papst damit zu tun?
Roberto de Mattei: Wenn die Kirche auf ihre Souveränität verzichtet, wird sie zu einer Art „gemeinnütziges Unternehmen“. Diese Privatisierung macht potentiell die ganze Kirche, ganz oben angefangen, verantwortlich für die Handlungen ihrer Untergebenen. Das ist nicht der Fall, wenn man sie als souveräne Gesellschaft betrachtet.
„Es läuft auf eine neue Verfolgung hinaus“
La Verità: Wenn sie sich also wie ein Staat verhält?
Roberto de Mattei: Genau. Wenn ein italienischer Staatsbürger ein Verbrechen begeht, dann muß sich dafür nicht der Regierungschef oder das Staatsoberhaupt verantworten. Wenn man aber so weitermacht, wird es zu einer Verfolgung der Kirche kommen.
La Verità: Eine Verfolgung?
Roberto de Mattei: Ich fürchte ja. Mit dem Verzicht auf ihre Souveränität verliert die Kirche ihre Freiheit und ist gezwungen, sich dem Staat zu unterwerfen, oder sie wird verfolgt. Heute befinden wir uns in einem Regime der Unterwerfung. Früher einmal war der Staat der weltliche Arm der Kirche, nun läuft die Kirche Gefahr, zu einem weltlichen Arm der Mächtigen in Politik und Medien zu werden.
La Verità: In welchem Sinn?
Roberto de Mattei: In dem Sinn, daß sie den Anweisungen gehorcht, die ihr von nationalen und internationalen Organismen gegeben werden, die Positionen vertreten, die der christlichen Postion widersprechen.
La Verità: Und was hat die Verfolgung damit zu tun?
Roberto de Mattei: Wenn die Kirche sich diesem Mechanismus entziehen möchte, würde sie in einen offenen Widerspruch zu den politisch Mächtigen geraten. Jetzt wagt die Kirche das nicht zu tun. Wenn sie aber dazu gezwungen sein wird, wird sie sich in großen Schwierigkeiten wiederfinden, weil sie auf ihre vorderste Verteidigungslinie verzichtet hat: die Ausübung ihrer Freiheit und rechtlichen Unabhängigkeit.
La Verità: Kehren wir noch einmal zu Pell zurück: Es wurde darauf hingewiesen, daß die Anschuldigungen des sexuellen Mißbrauchs auftauchten, nachdem er als Präfekt des Wirtschaftssekretariats Geheimkonten entdeckt hatte…
Roberto de Mattei: Es ist möglich, daß die beiden Dinge in Verbindung stehen. Andererseits sagt man, daß die Quelle für die Anschuldigungen, die den Kardinal ins Gefängnis gebracht haben, nicht in Australien, sondern im Vatikan sitzt…
La Verità: Wenn Sie sagen, daß es in der Kirche daran fehlt, sich auf das Übernatürliche zu berufen: Was haben Sie damit gemeint?
Roberto de Mattei: Die Kirche verzichtet auf ihren Auftrag, der die Rettung der Seelen zum Ziel hat, um sich in eine Gesellschaft für das materielle Wohlergehen der Menschen zu verwandeln. Sie entfremdet sich ihrer Natur, sie entartet.
„Die Kirche entartet, sie wird zum revolutionären Organismus“
La Verità: Sie entartet?
Roberto de Mattei: Sie verabschiedet sich von ihrem Auftrag, der ihr von ihrem Stifter, Jesus Christus, anvertraut wurde. Auf diese Weise wird sie zu einem revolutionären Organismus.
La Verità: Das heißt?
Roberto de Mattei: Wenn die vertikale Beziehung zu Gott verlorengeht, wird die Kirche zu einer politischen Gesellschaft. Das ist das Wesensmerkmal dieses Pontifikats, das ein politisches Pontifikat ist anstatt ein religiöses.
La Verità: Das Pontifikat von Franziskus ist ein politisches Pontifikat?
Roberto de Mattei: Ja. Sein Leitmotiv ist die Einwanderung. Am 14. Februar fand beim Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklungen der UNO (IFAD) eine Begegnung mit einer Delegation indigener Völker statt, bei der Papst Franziskus die Hoffnung äußerte, daß es zwischen den „sogenannten zivilisierten Völkern“ zu einem „kulturellen Mestizentum“ kommt. Das heißt, die christlichen Wurzeln auszumerzen, auf die Johannes Paul II. und Benedikt XVI. so beharrt haben.
La Verità: Was meint er mit „Mestizentum“?
Roberto de Mattei: Das Mestizentum versteht Franziskus nicht nur kulturell, sondern auch ethnisch. Sein Projekt scheint eine ethnische Ersetzung der europäischen Völker, die sich im demographischen Niedergang befinden, durch neue Wellen afrikanischer Einwanderer zu sein.
La Verità: Aber warum das alles?
Roberto de Mattei: Franziskus hat eine ideologische Vision, die seiner kulturellen Formung entspringt.
La Verità: Und die wäre?
Roberto de Mattei: Die eines Menschen, der die progressive Theologie vermittelt durch die Befreiungstheologie in sich aufgesogen hat. Es geht um die Utopie einer „neuen Welt“. Nur, daß er sie 30–40 Jahre nach ihrem Scheitern wieder vorbringt.
La Verità: Wie würden Sie Papst Franziskus also definieren?
Roberto de Mattei: Eine bewußte Zweideutigkeit ist die Summe seiner Persönlichkeit. Sie ist auch der Grund seiner Probleme. Erlauben Sie mir aber nun eine Frage.
La Verità: Bitte.
Roberto de Mattei: Benedikt XVI. unternahm, obwohl er in seiner Heimat sehr angefeindet wurde, drei Reisen nach Deutschland. Johannes Paul II. reiste neunmal nach Polen. Wie kann es sein, daß Franziskus in sechs Jahren des Pontifikats, überall hingereist ist, sogar in die Vereinigten Arabischen Emirate, aber nie in sein Argentinien?
La Verità: Warum?
Roberto de Mattei: Die Frage ist bereits die Antwort…
Einleitung/Übersetzung/Fußnote: Giuseppe Nardi
Bild: Avvenire/La Verità (Screenshots)
Siehe auch:
- Marcello Pera, der Freund Benedikts XVI., über Papst Franziskus und die Migrationspolitik: „Er haßt den Westen und will ihn zerstören“
- Rassenvermischung, Marxismus, Politik – Der „Revolutionär“ Franziskus im Gespräch mit Eugenio Scalfari
- Die UNO will die katholische Kirche unter ihre Kontrolle bringen. Und Bergoglio …
[1] Souveränismus als politische Denkrichtung befürwortet die bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit zwischen den Staaten, hält aber an der Aufrechterhaltung der eigenen staatlichen Souveränität fest. Er richtet sich gegen Bestrebungen der Souveränitätsübertragung an übernationale Institutionen wie die EU oder die UNO. Er entstand aus EU-kritischen Positionen, die aus dem Widerstand gegen den Vertrag von Maastricht und Nachfolgeverträge erwachsen sind. Vertreterin des Souveränismus ist bspw. die in Italien regierende Lega von Matteo Salvini.
Die Abschlussfrage bereitet mir ein wenig Kopfzerbrechen. Was meint dieses Warum?
1.) Könnten Dinge aufgedeckt werden, wie es im Diktator-Papst dargestellt wird. Könnten ähnlich wie in Chile die Gläubigen fern bleiben bzw. sich ganze Opferverbände zu Wort melden?
2.) Meint dieses „Warum“ eine nicht vorhandene Notwendigkeit? Da Argentinien bereits progessiv vollkommen eingenordet ist?
Vielleicht weiß es einer besser als ich…
Der Papst ist Politiker und als solcher UNO-SKlave, weiter hege ich die Befürchtung, dass er Freimaurer ist; zumindest will er die Zerstörung der europäischen Völker, fördert er den Islam, neben dem Atheismus den größten Feind des Christentums.
Beten fuer einen Heiligen Papst, der den heiligen Gottesdienst, Opfer, Anbetung und Hingabe der Glaubigen wiederherstellt.
Der Nationalstaat in dem Sinne „eine Nation-ein Volk“ hat ausgedient. In dieser Ideologie liegen die Ursachen für zwei Weltkriege begründet. Das heißt aber nicht, dass die Nationen sich auflösen müssen oder für jede Art von Zuwanderung öffnen müssen. Insbesondere bilden die Nationalstaaten heutzutage noch ein Bollwerk gegen die supranationalen Ideologien von EU, UNO, u.ä. Letzteren sind sie wegen der noch bestehenden Souveränitsrechte ein Dorn im Auge. Vielleicht fehlt dem Papst auf Grund seiner doppelten Staatsangehörigkeit auch die emotionale Bindung an eine bestimmte Nation.
„Der Nationalstaat in dem Sinne „eine Nation-ein Volk“ hat ausgedient. In dieser Ideologie liegen die Ursachen für zwei Weltkriege begründet.“
Die Ursachen für zwei Weltkriege liegen sicher nicht in der ‚Ideologie‘ „eine Nation – ein Volk“. Das ist m.E. eine Übernahme aufoktryierter Nachkriegsgeschichtsschreibung. Sie sind wohl eher als Reaktionen auf aggressive und repressive Maßnahmen der Nachbarstaaten, der geopolitischen Lage Deutschlands, sowie dem globalen Schuldgeldsystemzwang anzusehen.
Leider ist unsere Geschichtsscheibung sehr tendenziös.
Weder der 1. Weltkrieg, noch der NS resultieren genuin aus dieser sogenannten Ideologie.