Das Ende eines verlorenen Pontifikats

Grablege, Sedisvakanz und Konklave


Das Grab, das sich Papst Franziskus in der Basilika Santa Maria Maggiore anlegen ließ
Das Grab, das sich Papst Franziskus in der Basilika Santa Maria Maggiore anlegen ließ

Von Giu­sep­pe Nardi

Papst Fran­zis­kus befin­det sich seit Frei­tag, dem 14. Febru­ar, in der römi­schen Gemel­li-Kli­nik. Sein Gesund­heits­zu­stand war zu die­sem Zeit­punkt bereits wesent­lich schlech­ter, als von den offi­zi­el­len vati­ka­ni­schen Stel­len kom­mu­ni­ziert. Inzwi­schen ist davon aus­zu­ge­hen, daß er das Kran­ken­haus wohl nicht mehr ver­las­sen dürf­te. Die Tage sei­nes Pon­ti­fi­kats, eines ver­lo­re­nen Pon­ti­fi­kats, sind gezählt. Das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt teil­te mit, daß die in Rom resi­die­ren­den Kar­di­nä­le und Mit­ar­bei­ter der Römi­schen Kurie und der Diö­ze­se Rom sich jeden Abend zum Gebet des Rosen­kran­zes für die Gesund­heit des Pap­stes ver­sam­meln werden.

Der römi­sche Volks­mund weiß aus jahr­hun­der­te­lan­ger Erfah­rung, daß Päp­ste sich bis zu ihrem Tod bester Gesund­heit erfreu­en und erst nach ihrem Able­ben grö­ße­re Beschwer­den auf­tre­ten. Päp­ste ster­ben an einem ein­fa­chen Schnup­fen, so wis­sen die Römer aus Rom zu berichten.

So wur­de es auch bei Fran­zis­kus kom­mu­ni­ziert. Die Rede war von einer Bron­chi­tis. Dar­an hielt man zwei Wochen stand­haft fest, obwohl seit Jah­ren bekannt ist, daß das Kir­chen­ober­haupt an Unter­leibs­krebs lei­det und des­halb – mit nur beding­tem Erfolg – von Spe­zia­li­sten von Welt­rang ope­riert wurde.

Nach­dem Anfang ver­gan­ge­ner Woche die Mär von „leich­ten Ver­bes­se­run­gen“ ver­brei­tet wor­den war, muß­te eine beid­sei­ti­ge Lun­gen­ent­zün­dung kom­mu­ni­ziert wer­den. Am Sams­tag kam es schließ­lich zu einer Blut­trans­fu­si­on. Eine sol­che ist weder bei Bron­chi­tis noch bei einer Lun­gen­ent­zün­dung not­wen­dig. Spä­te­stens zu die­sem Zeit­punkt stand indi­rekt auch öffent­lich fest, daß sein Gesund­heits­zu­stand sehr kri­tisch ist.

In Rom war bereits am Tag zuvor die Rede, daß Fran­zis­kus die Uni­ver­si­täts­kli­nik wohl nicht mehr lebend ver­las­sen wür­de. Besten­falls wird noch die Opti­on in Betracht gezo­gen, daß er wün­schen könn­te, zum Ster­ben in die Patri­ar­chal­ba­si­li­ka San­ta Maria Mag­gio­re über­ge­führt zu wer­den. Dort hat­te er sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren nicht nur sei­ne Grab­le­ge, son­dern auch ein Kran­ken­zim­mer mit Neben­zim­mern für das betreu­en­de Per­so­nal für sich ein­rich­ten las­sen, um, bei schwe­rer Krank­heit, die letz­ten Tage dort ver­brin­gen zu können.

Bekannt ist auch, wie­der­um mehr inof­fi­zi­ell als offi­zi­ell, daß Fran­zis­kus ver­füg­te, kei­ne lebens­ver­län­gern­den Maß­nah­men zu wün­schen. Details dazu wur­den aber nie kom­mu­ni­ziert. So lehn­te er es ab, einer wei­te­ren Ope­ra­ti­on unter Voll­nar­ko­se unter­zo­gen zu wer­den, nach­dem es beim letz­ten Ein­griff 2021 in der Auf­wach­pha­se zu Kom­pli­ka­tio­nen gekom­men war.

Mit dem Tod eines Pap­stes tritt die Sedis­va­kanz ein. Der Kar­di­nal­de­kan als rang­höch­ster Ver­tre­ter des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums über­nimmt dann die vor­über­ge­hen­de Lei­tung der Kir­che, um die Wahl eines neu­en Pap­stes durchzuführen.

Der Zeit­plan folgt kla­ren Vor­ga­ben. Ein Papst wird in der Regel inner­halb einer Woche nach sei­nem Tod bei­gesetzt. Kurz dar­auf begin­nen bereits die Gene­ral­kon­gre­ga­tio­nen, auf die direkt das Kon­kla­ve folgt.

Da es zu kei­ner Neu­wahl des Kar­di­nal­de­kans kom­men wird, wird der fast 92jährige Gio­van­ni Bat­ti­sta Kar­di­nal Re in der Sedis­va­kanz die Kir­chen­lei­tung inne­ha­ben. Er wird die Gene­ral­kon­gre­ga­tio­nen und das Kon­kla­ve ein­be­ru­fen. Die Gene­ral­kon­gre­ga­tio­nen, an denen alle leben­den Kar­di­nä­le teil­neh­men kön­nen, wird er selbst lei­ten. Im Kon­kla­ve, zu dem nur die der­zeit 138 Kar­di­nä­le, die das 80. Lebens­jahr noch nicht voll­endet haben, Zutritt erhal­ten, muß er sich auf­grund sei­nes Alters ver­tre­ten las­sen. Nach der­zei­ti­gem Stand wird Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin als dienst­äl­te­ster Kar­di­nal­bi­schof den Vor­sitz im Kon­kla­ve füh­ren. Die­ser gilt selbst als „Papa­bi­le“ und damit als ein mög­li­cher Anwär­ter auf den Papstthron.

Jeder Papst bestimmt selbst, sofern er eine sol­che Ver­fü­gung trifft, wo er bestat­tet wer­den möch­te. Seit Pius IX. wur­den alle Päp­ste in jün­ge­rer Zeit in den Vati­ka­ni­schen Grot­ten bei­gesetzt. Fran­zis­kus wird seit 150 Jah­ren die erste Aus­nah­me sein.

Nach einem für Fran­zis­kus wenig rühm­li­chen Grab­streit mit Bene­dikt XVI. um die Grab­le­ge in den Vati­ka­ni­schen Grot­ten dis­po­nier­te Fran­zis­kus nach dem Tod Bene­dikts völ­lig um und ver­füg­te, in San­ta Maria Mag­gio­re sei­ne letz­te Ruhe fin­den zu wol­len. Dabei hat­te er zuvor in den Vati­ka­ni­schen Grot­ten eigens einen neu­en Mar­mor­sar­ko­phag anfer­ti­gen und auf­rich­ten las­sen – aller­dings nicht für sich, son­dern für Bene­dikt XVI. Die­ser ging aber dar­auf nicht ein, da er bereits ver­fügt hat­te, im ehe­ma­li­gen Grab von Johan­nes Paul II. bestat­tet zu wer­den. Eben die­ses Grab hat­te jedoch auch Fran­zis­kus für sich gewollt: nicht wegen des in sei­nem Umfeld unge­lieb­ten pol­ni­schen Pap­stes, son­dern weil dort zuvor bereits Johan­nes XXIII. gele­gen hat­te, der in pro­gres­si­ven Krei­sen hoch­ge­schätzt ist. Durch die Kano­ni­sie­rungs­ver­fah­ren erfolg­ten Umbet­tun­gen in den Peters­dom, wes­halb das Grab mehr­fach wie­der frei wur­de. Gesten­po­li­tik bis ins Grab.

Das in der Geschich­te Roms bedeut­sa­me und hoch­ver­ehr­te Gna­den­bild Salus Popu­li Romani

Da Fran­zis­kus im Grab­streit wegen des­sen frü­he­ren Todes Bene­dikt XVI. unter­le­gen war, ließ er sich eine Sei­ten­ka­pel­le der Pau­li­ni­schen Kapel­le in San­ta Maria Mag­gio­re zur Grab­le­ge umbauen.

Die Pau­li­ni­sche Kapel­le wur­de vor mehr als 400 Jah­ren von Papst Paul V. aus dem römi­schen Für­sten­ge­schlecht der Borg­he­se errich­tet und beher­bergt in einem Taber­na­kel-Reli­qui­ar die bedeu­tend­ste römi­sche Mari­en­iko­ne Salus Popu­li Roma­ni, die Fran­zis­kus nach jeder Aus­lands­rei­se aufsuchte.

In der gegen­über­lie­gen­den Six­ti­ni­schen Kapel­le, die Six­tus V. in San­ta Maria Mag­gio­re erbau­en ließ, liegt nicht nur der Kir­chen­va­ter Hie­ro­ny­mus begra­ben, son­dern auch Pius V., jener Papst, der durch sei­ne Reform des Mis­sa­le Roma­num als „Vater“ des soge­nann­ten Triden­ti­ni­schen Ritus gilt, jenes Ritus, den Fran­zis­kus mit sei­nem Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des von 2021 bekämpft. 

Das Grab von Papst Pius V., der nach den Vor­ga­ben des Kon­zils von Tri­ent das Mis­sa­le Roma­num reformierte

Auch die Grä­ber­geo­gra­phie ver­schafft den Wider­sprü­chen des der­zeit noch wäh­ren­den, sich doch dem Ende zunei­gen­den Pon­ti­fi­kats Sichtbarkeit.

Die Bilanz der ver­gan­ge­nen zwölf Jah­re wird erst noch zu zie­hen sein. Bereits jetzt steht jedoch fest, daß es für die Kir­che und die Glau­bens­ver­tei­di­gung ein ver­lo­re­nes Pon­ti­fi­kat war.

Vor­erst aber sind die Gläu­bi­gen gefor­dert, für den schei­den­den Papst zu beten, dem bald das per­sön­li­che Gericht bevorsteht.

Das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt ver­öf­fent­lich­te heu­te fol­gen­de Mitteilung:

„Heu­te abend wer­den sich die in Rom resi­die­ren­den Kar­di­nä­le zusam­men mit allen Mit­ar­bei­tern der Römi­schen Kurie und der Diö­ze­se Rom um 21 Uhr auf dem Peters­platz ver­sam­meln, um den Rosen­kranz für die Gesund­heit des Hei­li­gen Vaters zu beten und die Gefüh­le des Got­tes­vol­kes zu sam­meln. Dem Gebet wird heu­te Sei­ne Emi­nenz Kard. Staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin vorstehen.“

Dann wird inten­si­ves Gebet von­nö­ten sein, um den Him­mel zu bestür­men, der hei­li­gen Kir­che einen hei­li­gen, star­ken und ent­schlos­se­nen Papst zu schen­ken, wenn es, sobald alle Papst­wäh­ler in die Six­ti­ni­sche Kapel­le des Vati­kans ein­ge­zo­gen sind, hei­ßen wird:

„Extra omnes!“

Bild: Giu­sep­pe Nardi

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