(Rom) Das Grab für Papst Franziskus sorgt erneut für Schlagzeilen. Seit Jahren ist es in unregelmäßigen Abständen ein Thema. Nun wurde die Angelegenheit um ein neues Kapitel reicher. Der mexikanischen Vatikanistin Valentina Alazraki sagte Franziskus in einem Interview für den Sender N+, er lasse bereits sein Grab vorbereiten, allerdings nicht in den Vatikanischen Grotten unterhalb des Petersdoms, sondern in der päpstlichen Marienbasilika Santa Maria Maggiore.
Zahlreiche Päpste haben bereits zu Lebzeiten Vorsorge für ihr Grab getroffen, manche unter sehr dramatischen Umständen wie Pius IX. Die Überführung seines Leichnams in die von ihm vorgesehene Grabstätte in der Basilika Sankt Laurentius vor den Mauern konnte erst einige Jahre nach seinem Tod und nur zu nächtlicher Stunde erfolgen. Selbst da lauerten gewalttätige freimaurerische Kirchenfeinde dem Leichenzug auf und der Sarg mit den sterblichen Überresten des verblichenen Papstes wäre fast in den Tiber gestoßen worden.
Längst nicht alle Päpste sind im Petersdom oder insgesamt im Vatikan bestattet. Hadrian VI., der letzte deutsche Papst vor Benedikt XVI., wurde 1523 in Santa Maria dell’Anima, der deutschen Nationalkirche in Rom, beigesetzt. So gesehen ist der von Franziskus geäußerte Wunsch, in Santa Maria Maggiore seine letzte Ruhe zu finden, nichts Ungewöhnliches – und doch.
Papst Franziskus ließ nämlich bereits 2016 einen Sarkophag anfertigen und in den Vatikanischen Grotten aufstellen. Dieser wurde jenem von Johannes Paul I. nachempfunden. Zunächst wurde angenommen, Franziskus habe ihn für sich errichten lassen. Dann stellte sich jedoch heraus, daß ihn Franziskus für Benedikt XVI. gedacht hatte. Dieser hatte aber seine eigenen Pläne und bezeichnete das ursprüngliche Grab seines Amtsvorgängers Johannes Paul II. als seine Grablege. Der polnische Papst wiederum war in jener Nische bestattet worden, in der vor ihm bereits Johannes XXIII. gelegen hatte.
Durch die jeweiligen Selig- und Heiligsprechungen, offenbar ein Quasi-Automatismus für Konzilspäpste, der mehr kirchenpolitischen Überlegungen unterschiedlicher Art geschuldet scheint, erfolgten mehrere Umbettungen, weshalb die genannte Grabstätte innerhalb kurzer Zeit schon zweimal wieder frei wurde.
Das Grab von Johannes XXIII. hatte allerdings auch Papst Franziskus für sich bestimmt. Genau aus diesem Grund hatte er für Benedikt XVI. als „Alternative“ den Sarkophag aufrichten lassen, der bis heute leer steht (siehe Bergoglio träumte von Benedikts Grab und auch Zwei Päpste, ein Grab). Benedikt XVI. starb vor Franziskus und wurde wunschgemäß in der Nische von Johannes Paul II. bzw. Johannes XXIII. beigesetzt.
Wer nun dachte, Franziskus würde doch noch den von ihm in Auftrag gegebenen Sarkophag für sich nützen, wurde nun eines Besseren belehrt. Vielmehr verzichtet er, zumindest nach derzeitigem Wunsch, ganz auf eine Beisetzung in der Nähe des Apostels Petrus und sucht – ganz der „Papst der Gesten“ – den aufsehenerregenden „Sonderweg“ und läßt sich eine Grablege außerhalb des Vatikans vorbereiten. „Sonderweg“ deshalb, weil, soweit sich die heute lebenden Menschen erinnern können, alle Päpste nach ihrem Tod in den Vatikanischen Grotten beigesetzt wurden.
Leo XIII. war der letzte Papst, der 1903 außerhalb der Vatikanischen Mauern sein Grab fand, nämlich in der Bischofskirche der Päpste, der Lateranbasilika. Seit Beginn der Neuzeit wurden die meisten Päpste im Petersdom beigesetzt, wobei Ausnahmen die Regel bestätigten. In den vergangenen 250 Jahren fanden nur zwei Päpste außerhalb der Leoninischen Mauern ihre letzte Ruhe, eben die bereits genannten Pius IX. und sein Nachfolger Leo XIII.
In Santa Maria Maggiore wurden bisher sechs Päpste bestattet. Es sind: Honorius III. (1227), Pius V. (1572), Sixtus V. (1590), Clemens VIII. (1605), Paul V. (1621) und Clemens IX. (1669). Franziskus könnte bald der siebte sein. Das Grab von Honorius III. existiert nicht mehr, alle anderen Gräber sind erhalten, darunter auch der Glassarg von Pius V., dem Papst der Schlacht von Lepanto. Es lassen sich in der Fülle der Kirchengeschichte immer Brücken schlagen, dennoch dürfte es nicht gerade leichtfallen, Parallelen zwischen Franziskus und den genannten Vorgängern zu finden.
Die Grab-Frage nährt allerlei Gerüchte über den Gesundheitszustand von Franziskus. Dieser war zuletzt im Juni einer Operation unterzogen worden. Damals betonte der behandelnde Arzt, daß Franziskus außer den genannten Beschwerden, die nicht genau definiert wurden – die Rede ist inoffiziell von Darmkrebs – an keinen anderen Krankheiten leide.
Gegenüber seiner mexikanischen Gesprächspartnerin sagte Franziskus nun, er habe bereits mit seinem Zeremonienmeister gesprochen, um den Begräbnisritus zu vereinfachen. Waren Papstbegräbnisse bis zum Konzil Ausdruck der Prachtentfaltung des Stellvertreters Christi auf Erden, werden sie seit Paul VI. durch besondere Schlichtheit charakterisiert. Paul VI. hatte im Testament ein „bescheidenes und würdiges“ Begräbnis und ein Grab „in der Erde“ ohne Denkmal angeordnet.
Bezeichnend für die neue Ausdrucksform wurde der Holzsarg von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Es gibt keine Erinnerung an ein schlichteres Requiem als jenes von Benedikt XVI., da er auf das Papstamt verzichtet hatte und daher auch nicht mit dem Zeremoniell eines Papstes verabschiedet wurde.
Gegenüber Alazraki rühmte sich Franziskus, ein „sehr enges“ Verhältnis zu Benedikt XVI. gehabt zu haben. Tatsächlich haben das viele noch etwas anders in Erinnerung und das betrifft auch das Begräbnis des deutschen Papstes. Mehrere nicht in Rom residierende Kardinäle hatten Franziskus gebeten, das Requiem auf Samstag, den 7. Januar 2023, zu legen, um ihnen die Teilnahme zu ermöglichen, doch Franziskus zog das von ihm festgelegte Programm am Donnerstag, dem 5. Januar, durch.
Dazu kam die von vielen als respektlos empfundene Überführung von Benedikts Leichnam in einem Lieferwagen aus der Kapelle im Kloster Mater Ecclesiae in den Petersdom. Es schien, als würden nur Erzbischof Georg Gänswein und die vier Memores Domini, die Benedikt den Haushalt geführt hatten, an seinem Totenbett wachen, nicht aber Papst Franziskus. Diese Distanz zeigte sich auch in der auffallend kurzen Predigt, die Franziskus beim Requiem hielt, ohne Benedikt XVI. jemals zu erwähnen. Vor allem Kardinal George Pell äußerte darüber seine Empörung, ehe er wenige Tage später überraschend und unerwartet verstarb.
Nun läßt Papst Franziskus jedenfalls bereits das zweite Grab seiner Amtszeit errichten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Wikicommons (Screenshot)