
(Rom) Ein Teil der katholischen Welt diskutiert auch siebeneinhalb Jahre nach der Wahl von Papst Franziskus über die Frage, ob der Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. gültig war oder nicht. Im Vatikan gibt es unterdessen ein ganz anderes Problem.
In den vergangenen Tagen wurde weltweit über den Gesundheitszustand des deutschen Papstes berichtet. Auslöser waren Aussagen seines Biographen und Gesprächspartners Peter Seewald in der Passauer Neuen Presse. Seewald hatte Benedikt XVI. am 1. August im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten besucht. Der bayerische Journalist und Buchautor berichtete von einem „geistlichen Testament“, in dem Benedikt XVI. das ursprüngliche Grab seines Vorgängers Johannes Paul II. in den Vatikanischen Grotten als letzte Ruhestätte bestimmt habe.
Johannes Paul II. war im Zuge seiner Heiligsprechung umgebettet und aus der Grablege der Päpste unterhalb des Petersdomes in die Patriarchalbasilika hinauf gelegt worden.
Der von Seewald genannte letzte Wille von Benedikt XVI. stößt allerdings auf ein Problem, über das am 4. August die argentinische Tageszeitung Clarín berichtete: Auch Papst Franziskus erklärte bereits, dort begraben werden zu wollen. Die Zeitung titelte am Dienstag:
„Ein Grab, zwei Päpste“.
Und weiter:
„Grab-Kabale im Vatikan: Die unglaubliche Geschichte, wie Papst Franziskus sich das Grab reservierte, das Benedikt XVI. für sich wünscht.“
In den Vatikanischen Grotten stehen zwei Grabstätten zur Verfügung, zwei Grabstätten für die beiden lebenden Päpste: Benedikt XVI. und Franziskus. Doch beide reklamieren dasselbe Grab für sich.
Ursprünglich waren in den beiden einzigen derzeit zur Verfügung stehenden Grabstätten die Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. beigesetzt. Ihre sterblichen Überreste wurden für die Verehrung durch die Gläubigen in den Petersdom übergeführt. Beide wurden am 27. April 2014 von Papst Franziskus heiliggesprochen.

Benedikt XVI. deponierte frühzeitig, in der Grablege seines Vorgängers beigesetzt werden zu wollen, dem er fast ein Vierteljahrhundert als Glaubenspräfekt gedient hatte. Papst Franziskus wird von seinen Anhängern hingegen mit Johannes XXIII. in Verbindung gebracht, der die Tür zum Zweiten Vatikanischen Konzil aufgestoßen hatte. Doch auch der argentinische Papst will in dem ersten Grab von Johannes Paul II. bestattet werden.
Im März 2016 berichtete die französische Presseagentur I media, spezialisiert auf Nachrichten aus dem Vatikan, daß in den Vatikanischen Grotten ein neuer, namenloser Sarkophag aufgestellt wurde.
„Das neue Grab wurde nahe jenem des seligen Paul VI. aufgestellt und ähnelt in seinem Aussehen dem von Johannes Paul I., der nur 33 Tage auf dem Stuhl Petri saß.“
Weiter hieß es, daß dieser Sarkophag für Benedikt XVI. bestimmt sei, während Franziskus nach seinem Ableben „im Grab beigesetzt wird, das von Johannes Paul II. war“.
Der damalige Vatikansprecher P. Federico Lombardi SJ bemühte sich 2016 um Beruhigung. Es brauche in den Grotten Platz für die künftigen Päpste. Es sei nur eine Nische frei, weshalb zusätzlich der Sarkophag ohne Aufschrift und Name bereitgestellt wurde.
Laut Carlo Di Cicco, bis Ende 2018 stellvertretender Chefredakteur des Osservatore Romano, will der argentinische Papst „in der Nische“ begraben werden, in der sich 38 Jahre lang das Grab von Johannes XXIII. befand und wo von 2005 bis 2011 Johannes Paul II. beigesetzt war. Laut Di Cicco habe Franziskus dem Erzpriester des Petersdomes entsprechende Anweisung erteilt. Nische, Grab und Boden wurden bereits für die Beisetzung vorbereitet.
Die außergewöhnliche Situation zweier lebender Päpste bereitet der Kirche seit 2013 nicht geringe Schwierigkeiten – auch was ihre letzte Ruhestätte betrifft.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Clarín (Screenshots)