(Rom) Die sterblichen Überreste des seligen Papstes Pius IX., die sich in der römischen Basilika San Lorenzo al Verano (auch als San Lorenzo fuori le mura bekannt) befinden, wurden notumgebettet. Der am 13. Mai 1792 als Giovanni Maria Graf Mastai-Ferretti geborene Papst proklamierte am 8. Dezember 1854 das Dogma der Unbefleckten Empfängnis, das von der katholischen Kirche als gebotener Festtag begangen wird.
Pius IX., dessen Pontifikat von 1846–1878 dauerte, und damit eines der längsten der Kirchengeschichte war, wurde auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin im antiken Narthex von Papst Pelagius II. (579–590), der heutigen Kapelle Pio IX, beigesetzt. 1881 wurden die sterblichen Überreste feierlich in die Basilika San Lorenzo fuori le mura überführt trotz mehrerer Attentate von Antiklerikalen auf die Prozession. Italien war damals von kirchenfeindlichen und freimaurerischen Kräften beherrscht. In das Pontifikat Pius IX. fiel 1870 auch nach mehr als tausendjährigem Bestand die Zerschlagung des Kirchenstaates und die Eroberung Roms durch die garibaldinisch-piemontesische geprägte italienische Nationalbewegung.
Mit der Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 wurde der erstaunlich unverweste Körper in einen Glassarg umgebettet. Bereits bei einer ersten Erkundung, die 80 Jahre nach dem Tod des Papstes erfolgte, überzeugte man sich, daß der Körper völlig intakt war. Die Überreste des Seligen waren seither für die ihn verehrenden Gläubigen sichtbar unter einem Altar eingelassen. Auch Papst Benedikt XVI. besuchte seinen Vorgänger (siehe Foto).
Als nun Gläubige ohne einen Hinweis vor dem leeren Glasschrein standen, entstand erhebliche Aufregung. Die Kapuziner, von denen die Basilika betreut wird, teilten mit, daß die Leiche nach dem letzten Hochwasser in Rom vom Oktober entfernt werden mußte. Das eingedrungene Wasser hatte auch die Kapelle überflutet. Durch die Feuchtigkeit drohte den Kleidern des Seligen Schimmelbefall, wie die Kapuziner auf Nachfrage bestätigten.
Seit seiner Notumbettung befindet sich die sterbliche Hülle des seligen Pius IX. in einer der Klosterzellen. Er liege auf dem Bett, „als würde er schlafen“. Die Reliquie des Papstes soll bis zum 7. Februar 2012, seinem liturgischen Gedenktag, wieder an ihren Platz in der Basilika zurückkehren.
Nicht bestätigt wurde hingegen, daß der Leichnam für eine kanonische Untersuchung entfernt wurde, die mit der eventuellen Heiligsprechung Pius IX. zusammenhänge. Dem verstorbenen Papst wird insgesamt wenig Aufmerksamkeit zuteil. Auf der Homepage der Basilika San Lorenzo in Verano muß man genau suchen, um wenige Zeilen zu entdecken, die Auskunft über den in der Basilika begrabenen Papst geben.
Messa in Latino stellte in diesem Zusammenhang die Frage, ob es sich um ein absichtliches Vergessen eines „starken und unbequemen“ Papstes handle.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino